Protocol of the Session on March 23, 2006

(Zuruf: Der berühmte Klaps!)

Frau Kollegin, jetzt müssen Sie bitte fragen.

Wie soll dieses Problem der Abgrenzung zur Meinungsfreiheit bei einem Test, der die Gesinnung bzw. die Auffassung zu bestimmten gesellschaftlichen Konsensmodellen, die gesetzlich festgelegt sind, abprüft, eigentlich am Ende gelöst werden?

Herr Minister!

Ich habe doch deutlich gesagt: Es geht um einen Wissenstest, um Wissensvermittlung, und nicht um einen Gewissenstest.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist natürlich ein sehr, sehr wichtiges Gut. Darüber brauchen wir auch gar nicht lange zu diskutieren.

Noch einmal zur Klarstellung: Es geht um Wissensvermittlung.

Vielen Dank. - Frau Steiner, bitte schön!

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung, in diesem Fall Minister Schünemann - -

Das können Sie nicht. Aber wir belassen es bei „Landesregierung“.

Gut, dann frage ich anders.

Wenn der Wissenstest, die Meinungsabfrage und die Sprachprüfung - wenn ich mir den hessischen Test anschaue, dann kann ich mir schon vorstellen, dass man auch eine Sprachprüfung sehr schikanös gestalten kann miteinander kombiniert werden, kann man den Eindruck gewinnen, dass es hier nicht darum geht, die Zuwanderung in einem bestimmten Maße vernünftig zu regeln, sondern darum, die Hürden möglichst so hoch zu hängen, dass die Zuwanderung hochgradig beschränkt wird. Auf die Art und Weise könnte die CDU, nachdem sie dem Zuwanderungsgesetz hat zustimmen müssen, Zuwanderung möglichst beschränken. So habe ich jedenfalls Herrn Innenminister Schäuble verstanden.

Sie müssen jetzt fragen!

Was antwortet die Landesregierung - wenn sie solche Tests befürwortet - einem Einbürgerungswilligen, der das genauso sieht?

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte sehr!

Dass das Unterstellungen sind, die nicht zutreffen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Janßen!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, dass ein Deutscher die Grundrechte und das Grundgesetz der Bundesrepublik kennen sollte. Ich frage die Landesregierung gleichwohl, welche Relevanz sie im Hinblick dar

auf, ob jemand eingebürgert werden kann oder nicht, der Antwort auf Fragen beimisst, die Einzelereignisse aus dem Bereich Beiträge deutscher Wissenschaftler oder deutscher Künstler betreffen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Minister!

Wenn man deutscher Staatsbürger werden will, ist ein Mindestmaß an Wissen über Deutschland, die deutsche Geschichte, die deutsche Kultur sicherlich nicht schädlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe aber schon einmal gesagt, dass ich mich im Moment nicht über jede einzelne Frage, die bei diesem Test gestellt werden soll, unterhalten will; denn das ist gar nicht der Punkt. Wir werden die Inhalte festlegen, die vermittelt werden sollen. Dann werden diejenigen, die das besser können als ich, die einzelnen Tests auch hier in Niedersachsen zur Verfügung stellen, und dann kann man sich darüber sicherlich unterhalten.

Aber es ist doch völlig klar: Wer deutscher Staatsbürger werden will, muss schon ein paar Grundkenntnisse in den verschiedensten Wissensbereichen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Korter, bitte sehr!

Herr Minister Schünemann, Sie haben vorhin geantwortet, dass für Sie nicht 100 Fragen, so wie in Hessen, infrage kämen, sondern vielleicht nur 80. Darunter werden sicherlich eine Menge Fragen zur deutschen Geschichte, zu Schriftstellern, Musikern und Komponisten usw. sein. Ich frage Sie: Was geschieht eigentlich mit den Einbürgerungswilligen, die den Test nicht bestehen, weil sie keine deutschen Komponisten, weil sie nicht genügend Philosophen oder weil sie den Kreidefelsen auf Rügen nicht kennen? Sollen diese Menschen dann

nachgeschult werden? Welche Konsequenzen planen Sie für solche Fälle?

Herr Minister!

Bei einer Einbürgerung muss natürlich ein Kanon an Maßnahmen ergriffen werden. Man muss ein Bündel an Kriterien erfüllen. Aber es ist wichtig - das kann ich hier nur ständig wiederholen -, dass man Wissen vermittelt. Das heißt: Wenn man den Anspruch in einem Bereich überhaupt nicht erfüllt und z. B. die Deutschkenntnisse sich beim ersten Test als nicht ausreichend erweisen, muss man die Möglichkeit haben, diesen Test ein zweites, drittes, viertes oder fünftes Mal zu wiederholen. Bevor man den nächsten Test antritt, wird es sicherlich sinnvoll sein, dass man sich noch einmal ein wenig auf den Hosenboden setzt und ein bisschen lernt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, vielen Dank. - Es liegen keine weiteren Fragen vor. Damit ist die Dringliche Anfrage beantwortet.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 16: Zweite Beratung: Einsatz von Erntehelfern bedarfsgerecht und unbürokratisch ermöglichen - deutsche Arbeitskräfte für die landwirtschaftliche Saisonarbeit gewinnen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/2621 Beschlussempfehlung des Ausschusses für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drs. 15/2742

Das Wort dazu hat der Kollege Biestmann.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 1. Januar 2006 ist die neue Eckpunkteregelung zur Zulassung ausländischer Saisonar

beitskräfte in Kraft. Diese von der neuen Bundesregierung beschlossene Regelung wird von uns in besonderer Weise begrüßt.

Zur Verfahrensvereinfachung hatte die Bundesregierung der Bundesagentur für Arbeit eine Eckpunkteregelung für die Zulassung der ausländischen Saisonarbeitskräfte vorgegeben, die bis zum 31. Dezember 2005 befristet war. Für die Zulassung für die Jahre 2006 und 2007 hat die Bundesregierung die Eckpunkteregelung modifiziert verlängert. Dabei musste sichergestellt werden, dass die Landwirtschaft ihren saisonalen Arbeitskräftebedarf ausreichend decken kann.

Angesichts der unverändert hohen Arbeitslosigkeit war es aber auch ein Ziel, vor allem arbeitslose Leistungsbezieher verstärkt auch in kurzfristige Saisonbeschäftigungen zu vermitteln. Dazu ist es zum einen erforderlich, die Vermittlungsbemühungen durch die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeit Suchende in den Branchen mit Saisonbeschäftigung zu intensivieren. Zum anderen war es notwendig, die Eckpunkte über eine betriebliche Begrenzung der Zulassungen so zu modifizieren, dass der Arbeitskräftezugang aus dem Ausland gegenüber dem in den letzten Jahren erreichten Umfang der mittelund osteuropäischen Saisonkräfte reduziert und so weit wie möglich durch Vermittlung inländischer Arbeitskräfte ersetzt wird.

Die neue Eckpunkteregelung sieht vor, dass für jeden Betrieb mittel- und osteuropäische Beschäftigte in Höhe von 80 % der Zulassungen des Jahres 2005 ohne individuelle Prüfung der Vermittlungsmöglichkeit inländischer Arbeitsuchender zur Beschäftigung zugelassen werden. Die Zahl der in den Betrieben insgesamt beschäftigten mittel- und osteuropäischen Saisonarbeitnehmer darf 90 % der Zulassungen des Jahres 2005 nicht überschreiten.

Um den landwirtschaftlichen Betrieben in ausreichender Zahl Saisonarbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, wird die Umsetzung der neuen Eckpunkte durch ein Maßnahmenpaket der Bundesagentur für Arbeit zur Intensivierung der Vermittlung inländischer Arbeitsuchender flankiert. Die ausreichende Vermittlung inländischer Arbeitskräfte soll nach einer Vereinbarung mit den Sozialpartnern durch ein begleitendes Monitoring überprüft und unterstützt werden. Mit Blick auf die im April beginnende Ernte sollen in einem ersten Monitoring im März mögliche Schwachstellen erörtert werden, um ins

besondere inländische Arbeitskräfte in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen.

Betriebe, die durch die Übernahme von Anbauflächen eines anderen Betriebes expandieren, haben nach der neuen Eckpunkteregelung das Recht, bis zu 90 % der dort von dem Voreigentümer eingesetzten ausländischen Saisonarbeitnehmer weiterbeschäftigen zu können. Soweit einzelne Betriebe plausibel begründen, dass sich insbesondere aufgrund sonstiger Erweiterungen der Anbauflächen oder des Anbaus personalintensiver Sonderkulturen ein Mehrbedarf an Arbeitskräften gegenüber dem Jahr 2005 ergibt, werden die Agenturen für Arbeit in diesen Fällen flexibel auf den zusätzlichen Bedarf eingehen und in der generellen Weise nach den Eckpunkten dabei helfen, Lösungen zu finden. Der Mehrbedarf wird danach auch in diesen Fällen zu 80 % mit ausländischen Saisonbeschäftigten ohne Vorrangsprüfung, für weitere 10 % mit ausländischen Saisonkräften nach Prüfung der Vermittlungsmöglichkeiten inländischer Arbeit Suchender sowie zu 10 % durch Vermittlung inländischer Arbeitskräfte gedeckt. Härtefalllösungen können in solchen Einzelfällen in Betracht kommen, in denen trotz nachdrücklicher seriöser Anstrengungen aller Seiten eine 10-prozentige Inländerquote nicht erreichbar ist.

Hiermit konnte eine Regelung getroffen werden, die das Interesse der Landwirte, ihre Ernte zuverlässig und ohne Schaden einbringen zu können, genauso berücksichtigt wie die Erfüllung der Inländerquote von 10 % durch hier lebende Arbeitslose.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Damit wird beiden Zielen der Koalitionsvereinbarung ausreichend Rechnung getragen, nämlich der Sicherstellung der Ernte für die Landwirte auf der einen und einem verstärkten Einsatz inländischer Arbeitskräfte auf der anderen Seite. Mit der erfolgten Flexibilisierung wurde in diesem schwierigen Spannungsfeld eine sehr sachgerechte Lösung gefunden, die in der Praxis funktionieren wird.

Die Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen, die Niedersächsische Landesregierung und die landund forstwirtschaftliche Arbeitgebervereinigung intensiveren gemeinsam die Bemühungen für mehr Beschäftigung deutscher Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Nur durch gemeinsame Anstrengungen wird es gelingen, mehr einheimische Ar

beitnehmer in der Landwirtschaft zu beschäftigen. Dazu brauchen wir die Kreativität und das Engagement aller Beteiligten vor Ort. Mit der gezielten Ansprache der Arbeit Suchenden bieten wir ihnen in der Saison, zumindest auf Zeit, die Chance auf Beschäftigung.

Die Bundesagentur meldet aus ihren Schulungen und Anwerbungsgesprächen eine stärkere Nachfrage von deutschen Arbeitslosen nach Saisonarbeit. Die Initiative, niedrige Grundlöhne durch Tagesprämien aufzustocken, wirkt hier offenbar gut. Es ist allemal besser, nach dem Grundsatz des Kombilohnmodells Arbeitsentgelte zu fördern, als Langzeitarbeitslosen Unterstützung zu zahlen.