Herr Minister, wenn man Sie so reden hört, hat man den Eindruck, dass alle bisher Eingebürgerten schlechtere Deutsche sind als die, die es künftig werden sollen. Ich habe weiter den Eindruck, dass bisher noch gar nicht analysiert worden ist, warum jetzt auf einmal ein solch riesiger Fragenkatalog entwickelt werden muss. Ich frage Sie allerdings: Können Sie sich vorstellen, dass sich auch Menschen, die etwa als Geschäftsleute, als Unternehmer, als Unternehmensgründer hier seit vielen Jahren leben oder als Professoren an unseren Universitäten lehren, genau diesem Prüfverfahren einschließlich der entsprechenden Kurse, die Sie eben als obligatorisch bezeichnet haben, ebenfalls unterziehen sollen?
Über Ihre Einschätzung kann ich nichts sagen. Das ist Ihre persönliche Angelegenheit, und das will ich auch nicht bewerten.
Zu dem zweiten Punkt. Ich habe gerade dargestellt, dass es durchaus im öffentlichen Interesse sein kann, dass es Ausnahmen gibt. Dazu habe ich ausdrücklich gesagt, das muss sich nicht nur auf Sportler beziehen.
(Heidrun Merk [SPD]: Das habe ich nicht gefragt! Sie drücken sich ganz schön weg! Es sind sehr präzise Fra- gen gewesen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich stelle Ihnen eine Frage, die Ihnen Gelegenheit gibt, an Ihrem Image positiv zu feilen,
und zwar das Image, das bereits Herr Möllring dominant besetzt hat, nämlich das des harten Hundes, für Ihren Bereich abzustreifen und sich sozusagen etwas in die Mitte zu bewegen.
Die aktuelle Diskussion und die aktuelle neue Praxis sind im Grunde in zwei unterschiedlichen Richtungen dokumentiert. Die eine Richtung ist das, was Hessen vorgeschlagen hat. Da sind Sie zweifellos entbürokratisierend, wenn Sie sagen, Sie wollten nicht 100, sondern nur 80 Fragen. Sie liegen also auf jeden Fall unter Hessen. Das ist schon einmal etwas Entbürokratisierendes.
Die zweite Richtung ist der Gesprächsleitfaden, der in Baden-Württemberg praktiziert wird. Sie haben eben gesagt, Sie seien für einen Wissenstest. Kann ich davon ausgehen, dass Sie damit zugleich die Praxis, die in Baden-Württemberg eingeführt worden ist, nämlich einen Gesprächsleitfaden anzuwenden, in dem sozusagen Gesin
Ich freue mich sehr, dass Sie sich über mein Image Gedanken machen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich immer nur zielorientiert arbeite. Wenn sich daraus das eine oder andere ergibt, dann ist das halt so. Mir geht es darum, Lösungen für Probleme zu finden.
Zu dem zweiten Punkt. Ich habe gesagt, mir ist wichtig, dass wir dieses Wissen vermitteln und dass wir anschließend auch einen Test durchführen. Allerdings soll den Bundesländern freigestellt werden, wie sie dies umsetzen. Insofern werden wir, wenn wir die Standards festgelegt haben, auf der Arbeitsebene entscheiden, wie wir dieses Wissen abfragen werden. Ob so, wie BadenWürttemberg es macht, oder so, wie Hessen es macht, ist Sache der Länder. Wir werden Ihnen über die Arbeitsebene darstellen, wie wir es für richtig halten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innenminister hat ausgeführt, dass er nicht über einzelne Fragen diskutieren will, sondern dass er Inhalte und Standards festlegen will. Die interessieren mich natürlich, weil sie sehr entscheidend sind. Da ist die Rede von der Vermittlung unserer deutschen Grundwerte. Meine konkrete Frage lautet: Können wir uns darauf einigen, dass sich das auf die Vermittlung der Werte, wie sie in unserem Grundgesetz formuliert sind, beschränkt? Oder wollen Sie darüber hinausgehen, nämlich, ich sage mal, in Richtung deutsche Traditionen, deut
Das Wichtigste ist die Vermittlung der Grundwerte unserer Verfassung: Menschenwürde, Freiheitsrechte, Gleichheitsrechte und Unverletzlichkeitsrechte, allerdings auch die Realisierung und Sicherung der Demokratie.
Ich habe nichts dagegen - das ist meiner Ansicht nach sogar sinnvoll -, wenn in diesen Staatsbürgerkursen auch etwas über die Geschichte unseres Landes vermittelt wird. Ich halte es schon für notwendig, dass man, wenn man deutscher Staatsbürger werden will, etwas über die Geschichte dieses Landes weiß. Zu den Kleingartenvereinen - ohne sie jetzt in irgendeiner Weise abwerten zu wollen - würde ich sicherlich keine Testfrage stellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Welchen Erkenntniswert verspricht sie sich von dem Test, wenn die Fragebögen standardisiert und zum Teil auch veröffentlicht werden? Wir kennen so etwas ja von dem Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Da muss im Prinzip nur ein Formblatt ausgefüllt werden, und dann ist man schon anerkannt.
Sie haben doch gemerkt, dass ich hinsichtlich der Bewertung von Fragebögen durchaus zurückhaltend bin. Ich bin da kein Fachmann. Es gibt aber
Pädagogen und Erwachsenenbildungseinrichtungen, die genau wissen, wie man Wissen tatsächlich abfragt. Ich will mir entsprechende Vorschläge erarbeiten lassen. Deshalb sollte diese ganze Diskussion auch auf der Arbeitsebene fortgesetzt werden.
Also, es spricht sicherlich einiges dafür, das Verfahren zu standardisieren und auch zu veröffentlichen. Aber ob sich damit am Ende das Erlernte abfragen lässt, muss hinterfragt werden. Führerscheinprüfungen sind ja ähnlich angelegt; das ist schon einmal dargestellt worden.
Aber wie gesagt: Das heute schon abschließend zu bewerten, dazu sehe ich mich nicht in der Lage, und darauf kommt es zum jetzigen Zeitpunkt ja auch noch gar nicht an. Jetzt muss erst einmal festgelegt werden, was vermittelt werden soll. Als Nächstes müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, dass das über Erwachsenbildungseinrichtungen und andere Anbieter vermittelt werden kann. Und der letzte Schritt wäre herauszufinden, wie der Test am besten aufgebaut werden sollte. Aber da bin ich als Innenminister überfragt; das gebe ich auch gerne zu. Dafür gibt es Fachleute.
Herr Minister, Sie machen sich hier ein bisschen einen schlanken Fuß, nachdem Ihre Bundeskanzlerin, verschiedene Repräsentanten und Ministerpräsidenten der Union einiges in die Welt gesetzt haben. Nachdem selbst Herr Reich-Ranicki sagt, er könne das wahrscheinlich nicht beantworten, muss man ja befürchten, dass 50 % der Deutschen ausgebürgert werden müssen, wenn man Ihre Testverfahren hier Wirklichkeit werden lässt.
Auf der anderen Seite streiten Sie ab, dass es hier um Gewissens-, Gesinnungs- und Glaubensfragen geht. Mich erinnert das so ein bisschen an die Diskussion über die Gewissensprüfung für Wehrdienstverweigerer, die sich damals auch als rechtlich fragwürdig erwiesen hat.
Ich komme jetzt zu meiner Frage. - Herr Minister, können Sie ausschließen, dass es zu einer Gewissensprüfung kommen wird analog dem Verfahren bei der Gewissensprüfung für Wehrdienstverweigerer, die mit Fug und Recht im Orkus der Geschichte gelandet ist?
Die Bundeskanzlerin hat sich genauso wie ich für Tests ausgesprochen. Zwischen uns beiden gibt es insofern also keinen Unterschied. Das ist aus meiner Sicht auch richtig. Das wird auch von den meisten Landesinnenministern, und zwar auch von denen der SPD, so gesehen. Bei Herrn Stegner weiß ich immer nicht genau, welche Meinung er hat. Der prescht manchmal ein bisschen vor. Aber das gehört zur Profilbildung. Das muss man, wenn man neu ist, halt so machen. Ich habe aber nicht vor, einen Gewissenstest vergleichbar dem zur Anerkennung als Wehrdienstverweigerer einzurichten. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge.
Herr Minister, das Problem scheint aus meiner Sicht nicht darin zu bestehen, welchen Fragenkatalog man wählt. Schließlich dürfte es egal sein, ob man den Kreidefelsen auf Rügen oder den Mann mit dem Goldhelm kennt. Die Fragen, die hier ausgewählt werden, scheinen mir insofern sehr willkürlich zu sein. Das Problem besteht meines Erachtens auch weniger darin, welche Inhalte man wählt.
Das Kernproblem ist doch vielmehr die genaue Zielbestimmung: Was soll so ein Test bezwecken? Soll er tatsächlich Grundansprüche an Wissen
dokumentieren, die wir von jedem deutschen Menschen erwarten? Wenn ja, dann müsste er allerdings auch sozusagen für die Allgemeinheit der Deutschen operationalisierbar sein bzw. dann müsste nachweisbar sein, dass auch wirklich jedermann über dieses Grundwissen verfügt.
Oder soll der Test dazu dienen herauszufinden, ob sich ein Mensch zu den Grundwerten der Verfassung bekennt? - Wenn ja, fürchte ich, dass wir mit Blick auf die Meinungsfreiheit in ein großes Dilemma geraten. Wie wollen Sie beispielsweise reagieren, wenn jemand auf die Frage „Finden Sie es richtig, dass man sein Kind schlägt?“ in aller Freiheit mit „Ja“ antwortet? Meines Erachtens gibt es auch viele Deutsche, die das tun.