Protocol of the Session on May 15, 2003

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Dr. von der Leyen.

Sie haben ja die Diskussion verfolgt: Zunächst kam die Ankündigung, dass dieser Paradigmenwechsel stattfindet. Das nehmen wir zur Kenntnis. Dann wurde klar, was das an der Basis ausmacht.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Genau so war es!)

Und dann kam rückwirkend vom Wirtschaftsminister die Ankündigung „Stopp, wir machen an diesem Punkt mit den genannten Zahlen weiter.“ Jetzt warten wir mal ab, was schlussendlich die Richtung ist.

(Dr. Gitta Trauernicht-Jordan [SPD]: Abwarten geht nicht!)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Nahrstedt.

Frau Ministerin, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie die Förderprogramme für die jungen Menschen zusammenlegen wollen. Dann haben Sie gesagt: Hilfen aus einer Hand. Ich habe dazu zwei Fragen. Wie soll die Zusammenlegung konkret aussehen?

Wenn Sie Hilfen aus einer Hand anbieten wollen: Im Landkreis Lüneburg z. B. werden diese Hilfen von mehreren Trägern angeboten. Können sich die Träger darauf einrichten, dass das künftig nur noch einer macht, sodass die anderen ihre Mitarbeiter entlassen müssen? - Das ist eine konkrete Frage, und darauf möchte ich eine konkrete Antwort von Ihnen haben.

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin von der Leyen.

Wir nehmen jetzt zwar die Diskussion von morgen vorweg, aber das ist in Ordnung.

Für die verschiedenen Programme in den verschiedenen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es in der Tat verschiedene Träger. Das ist richtig. Das zeigt aber auch schon, dass es eine Vielzahl von Aktivitäten gibt, die durchaus gebündelt werden können. Stellen Sie sich eine Holding darüber vor, die eine Steuerungsfunktion ausübt und die die Verwaltung zentral und effizient regelt. Selbstverständlich machen das die einzelnen Glieder vor Ort mit den bewährten Trägern und mit den bewährten Programmen weiter. Aber wenn Sie in der Thematik drin sind, wissen Sie auch, dass oft die linke Hand dann doch nicht wusste, was die rechte machte. Dieses wollen wir verändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Frage stellt der Kollege Möhrmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, wir wären natürlich zu der Handwerkskammer gekommen, nur lag uns keine Einladung vor.

Jetzt zu meiner Frage. Herr Minister Hirche und Herr Wulff haben eben erklärt, dass die Kürzungen nicht so zu verstehen seien, wie Herr Schwarz sie hier angekündigt hat. Ich habe dem Entwurf entnommen, dass Sie im Bereich der überbetrieblichen Ausbildung 700 000 Euro kürzen wollen. Verstehe ich Ihre Antworten richtig, dass die Lan

desregierung eine Ergänzungsvorlage in den Haushaltsausschuss einbringen wird, mit der diese Kürzungen zurückgenommen werden?

Für die Landesregierung spricht Herr Ministerpräsident Christian Wulff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da gestern verschiedene Abgeordnete verschiedener Parlamente da waren, gehe ich davon aus, dass die hannoverschen Abgeordneten eingeladen waren.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war nicht der Fall!)

Aber ich weiß natürlich nicht, wer im Einzelnen eingeladen war. Wir können das sicherlich noch einmal nacharbeiten.

Umso wichtiger ist, hier Folgendes vorzutragen: Ich habe gestern darauf hingewiesen, dass wir in Niedersachsen, aber auch in der Bundesrepublik Deutschland ein absolutes Finanzchaos vorgefunden haben. Es ist weniger Geld eingenommen worden, als hätte eingenommen werden sollen, und es ist in vielen Positionen mehr ausgegeben worden, als hätte ausgegeben werden können. Die Erwartungen verschlechtern sich nahezu stündlich. Vor dem Hintergrund bleibt nichts anderes übrig, als dass die Landesregierung in allen Bereichen das Prinzip der Sparsamkeit und der Bescheidenheit praktiziert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt eine Kürzung, die das Handwerk trifft. Das ist diese Position überbetriebliche Ausbildung, wobei ich im Moment davon ausgehe, dass es etwa 500 000 Euro sind.

(Sigmar Gabriel [SPD]: 700 000 Eu- ro!)

Das Landeskabinett wird am 17. Juni eine gemeinsame Sitzung mit den Präsidenten aller Handwerkskammern durchführen und über diese Position diskutieren. Damit wird es ein Signal setzen, dass uns der Bereich des Mittelstands, des Handwerks, in besonderer Weise wichtig ist. Wir werden darüber reden, ob und wie das verkraftbar ist, weil wir gerne alle Bereiche daran beteiligen wol

len, die Landesfinanzen in absehbarer Zeit wieder in vernünftige Strukturen zu bringen.

Unabhängig davon sind in wenigen Positionen etwa 3 Millionen Euro von den insgesamt 87 Millionen Euro abgesetzt worden. Diese Positionen sind eben vorgetragen worden. Das wird aber dadurch überkompensiert, dass wir bestimmte Programme stärker auf Jugendliche ausrichten, damit sie nicht mit dem Frust der Arbeitslosigkeit ins Leben gehen müssen, sondern die Chance auf eine solide Ausbildung, zumindest auf ein Beschäftigungsangebot oder ein Angebot auf eine vollzeitschulische Ausbildung haben. Auch da haben wir allerdings das Problem, das Frau Ministerin von der Leyen und Herr Minister Hirche mehrfach angesprochen haben, nämlich dass wir hier mehr Jugendliche als in vermutlich jedem anderen Bundesland in der Warteschleife vollzeitschulischer Berufsausbildung haben. Die kommen jetzt natürlich zusätzlich zu denen auf den Ausbildungsmarkt, die die Schulen - von der Jahrgangsstärke her - ohnehin verlassen. Deswegen haben wir zum 1. August, zum 1. September ein dramatisches Problem in Niedersachsen; dieses erfordert Anstrengungen aller Fraktionen und der gesamten Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Dr. Trauernicht stellt eine weitere Frage.

Herr Minsterpräsident! In den vergangenen Jahren haben Sie uns jedes Jahr mit einem Entschließungsantrag mit dem Titel „Zehn Punkte zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit” befasst. In diesem Entschließungsantrag haben Sie die Landesregierung aufgefordert, die Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ganz generell zu erhöhen und die Mittel auf die jungen Menschen zu konzentrieren. Ich frage Sie: Warum haben Sie das mit dem Beschluss des Kabinetts von dieser Woche nicht umgesetzt?

Ich möchte noch eine zweite Frage stellen. Die Herzog-Kommission hat den Präsidien von CDU und CSU vorgeschlagen, zweifelhafte Maßnahmen, wie z. B. das JUMP-Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, vollständig zu streichen, um damit Geld einzusparen. Teilen

Sie diese Auffassung? Haben Sie diesem Beschluss ebenfalls zugestimmt?

Herzlichen Dank. - Das waren zwei Fragen. Für die Landesregierung spricht der Ministerpräsident Christian Wulff.

Zu Letzterem verweise ich auf Äußerungen, die Kollege Gabriel hier im Hause auch schon einmal gemacht hat, und zwar, dass es eine Reihe von Programmen gibt, die den so genannten Drehtüreffekt umschreiben: Rein in die Maßnahme, zurück, raus in die Arbeitslosigkeit. Bei einer Reihe von Programmen gibt es genau dieses Phänomen, nämlich dass es sich um beschäftigungstherapeutische Maßnahmen handelt, die nicht in den ersten Arbeitsmarkt, sondern zurück in die Arbeitslosigkeit führen. Daher sind alle Programme des zweiten Arbeitsmarktes nachhaltig zu überprüfen.

Zur ersten Frage. Für mich gibt es ein Leitbild, beispielsweise den Landkreis Emsland. Darüber herrschte ja im Grundsatz Einigkeit. Jedenfalls immer dann, wenn Vertreter Ihrer Fraktion ins Emsland kamen, haben die gesagt: Ihr seid Spitze; ihr seid die Besten; ihr seid Vorbild für uns alle. Dort kümmert man sich um jeden Schulabgänger, dass er eine Maßnahme empfohlen bekommt und ihm eine Maßnahme vermittelt wird, damit niemand auf dem Arbeitsmarkt des Emslands ohne Maßnahme bleibt. Man fühlt sich der jungen Generation gegenüber in besonderer Weise verantwortlich.

Ich habe mit diesen zehn Punkten jahrelang die Einrichtung von Jugendbüros - in Form von Schaltstellen, die sich genau um diese Fragestellung kümmern und die die Jugendlichen in den Arbeitsmarkt überführen - gefordert. Ich kann nur begrüßen, dass Sie, verehrte Kollegen, mit dieser Maßnahme wirklich angefangen und damit auch Erfolge erzielt haben. In bestimmten Bereichen haben Sie gerade in den vergangenen Monaten über solche Instrumente Erfolge erzielt. Wir fühlen uns verpflichtet, diese Erfolge zu effektuieren und fortzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Frage stellt die Abgeordnete Frau Janssen-Kucz.

Frau Ministerin von der Leyen, Sie haben von einem neuen Dach, von einer Holding gesprochen. Was bedeutet das konkret? Ein neues Dach kostet Geld. Wie sieht die Gesamtkonzeption aus, wie soll die Umsetzung erfolgen, und wer übernimmt welche Kosten?

(Dieter Möhrmann [SPD]: Was tragen die Kommunen davon?)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin von der Leyen.

Ein neues Dach muss nicht immer Geld kosten. Das ist das Prinizip, das wir hier verfolgen. Wir wollen bewährte Strukturen nutzen. Stichwort: Kommunen, die genau wissen, was vor Ort läuft. Ich habe einen vorbildlichen Fall in Osnabrück zum Thema Maßarbeit erlebt; alles, was vor Ort im Landkreis läuft, wird gebündelt. Die Arbeitsverwaltung ist auch in der Lage, diese Funktionen örtlich wahrzunehmen. - Unsere Aufgabe ist es, die Steuerungselemente zu verbessern.

Ich möchte noch etwas zum Thema HerzogKommission sagen, weil das eben angesprochen worden ist. Wenn Sie den gesamten Beschluss gelesen hätten, dann hätten Sie darin auch gelesen, dass das JUMP-Programm sein Ziel an sich nicht erreicht hat - darüber besteht doch wohl Einigkeit -, und deshalb nicht so weiter finanziert werden soll, aber - das ist der entscheidene Anschlusssatz - diese Maßnahmen in Mischfinanzierung wieterhin finanziert werden müssen. Die Verantwortung des Bundes wird nicht aufgegeben, sondern der Bund ist weiterhin in der Verantwortung für die Arbeitslosigkeit, die er u. a. durch seine verfehlte Wirtschaftspolitik hervorgerufen hat. 58 % der jugendlichen Arbeitslosen in diesem Land haben eine abgeschlossene Ausbildung. Sie finden einfach nur keine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt. Dafür ist der Bund in der Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu seiner zweiten Zusatzfrage hat der Abgeordnete Schwarz das Wort.

Frau Ministerin, teilen Sie die Ansicht, dass in dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen zu diesem Thema, den wir heute Nachmittag behandeln werden, ambulante Pflegefachkräfte in einem Atemzug mit Bodenlegern und Baustreichern als niedrig qualifizierte Berufe angegeben werden?

Die Ministerin Frau Dr. von der Leyen spricht für die Landesregierung.

Ich meine, diesen Punkt können wir heute Nachmittag klären.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Rübke.

Herr Ministerpräsident, es ist ja löblich, dass Sie Ausbildungsplätze in der Staatskanzlei und in den Ministerien schaffen wollen. Meine Frage ist: Wie sieht es nach der Ausbildung mit der Übernahme aus? Sie wollen schließlich 6 000 Stellen abbauen. - Ich möchte eine Anmerkung zu der Frage machen. Bitte gehen Sie nicht nur auf das Beispiel Bürokauffrau oder Bürokaufmann ein. Ich denke eher an die anderen Ausbildungsplätze, die Sie anvisieren.