Protocol of the Session on May 19, 2005

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Ergebnisse der abgeschlossenen und noch laufenden Versuche zur gemeinsamen Erfassung von Restmüll und Verpackungsabfällen?

2. Welche Konzeption steht hinter dem von der Landesregierung angekündigten Müllgroßversuch?

3. Worauf stützt sie die Erwartung, dass im Ergebnis die Müllgebühren drastisch sinken werden?

Für die Landesregierung antwortet Herr Ehlen. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Trotz separater Erfassung von Verkaufsverpackungen über das DSD-System sind nach wie vor nicht unerhebliche Mengen von Verkaufsverpackungen im Restabfall sowie Restabfall und stoffgleiche Nichtverpackungen im Gelben Sack vorzufinden. Gleichzeitig hat es in den letzten Jahren eine Weiterentwicklung der Trenntechnologie für gemischte Abfälle gegeben. Vor diesem Hintergrund befürwortet die Niedersächsische Landesregierung Projekte zur gemeinsamen Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll, um Kostensenkungspotenziale aufzeigen zu lassen und dabei gleichzeitig die Erfassungssysteme bürgerfreundlicher zu gestalten.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die bisherigen Versuche - hier sind vor allem die Modellversuche in Nordrhein-Westfalen zu nennen - haben als Zwischenergebnis gezeigt, dass eine gemeinsame wie auch getrennte Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll sowohl ökonomisch als auch ökologisch mit Vorteilen, aber auch mit Nachteilen behaftet ist. Dies ist abhängig davon, welche abfallwirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor Ort vorherrschen. Die Zwischenergebnisse deuten darauf hin, dass diese örtlichen Rahmenbedingungen zum Teil sehr sensibel reagieren und Einfluss darauf haben, ob sich für eine Variante Einsparungen oder Mehrkosten ergeben. Die Landesregierung plädiert daher dafür, dass die vorliegenden Ergebnisse durch entsprechende Dauerversuche unter realistischen Bedingungen in möglichst unterschiedlichen Siedlungsstrukturen vertieft und untersucht werden. Danach sollte die Frage beantwortet werden, ob und unter welchen Randbedingungen für einzelne Kommunen die gemeinsame Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll das wirtschaftlichere und für die Umwelt bessere System ist.

Zu 2: Der Landesregierung sind Analysen bekannt, nach denen es weiterhin zu erheblichen Fehlwürfen sowohl im Restmüll als auch im Gelben Sack kommt. Die Landesregierung verspricht sich von den Versuchen zur gemeinsamen Sammlung von Leichtverpackungen und Restmüll mit anschließender Sortierung Erkenntnisse darüber, unter welchen Randbedingungen dies zu einer Reduzie

rung der Entsorgungskosten und zu mehr Bürgerfreundlichkeit führen könnte. In diesem Zusammenhang sind aus Sicht der Landesregierung die Qualität und Verwertbarkeit der erzeugten Stoffströme zu belegen.

Zu 3: Die Zwischenergebnisse in NordrheinWestfalen haben gezeigt, dass unter bestimmten abfallwirtschaftlichen Strukturen ökonomische wie auch ökologische Vorteile einer gemeinsamen Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll zu realisieren sind. Es gilt, diese Rahmenbedingungen in Pilotversuchen zu konkretisieren und für einzelne Kommunen anwendbar zu machen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die erste Zusatzfrage stellt Frau Steiner.

Herr Minister, ich möchte an die Antwort auf die dritte Frage anknüpfen. Sie als Landesregierung haben in der Presse drastische Gebührensenkungen in Aussicht gestellt. In der Presse werden reihenweise Abfallwirtschaftsfachleute zitiert, die aussagen, dass ein Anstieg der Müllgebühren unvermeidlich sei, wenn man sich vom DSDSystem und vom Gelben Sack verabschieden würde. Wie stehen Sie zu diesen Aussagen?

Herr Minister!

Diese Frage haben wir eigentlich schon beantwortet. Wir müssen feststellen, wie es läuft und ob mehr oder weniger Kosten - Personalkosten, Transportkosten - entstehen. Wir wollen gerade bei diesen Versuchen herausfinden, inwieweit sich das realisieren lässt. Ich glaube schon, dass es wichtig ist, die Müllkosten nicht in die Höhe gehen zu lassen. Wenn wir sowohl durch bessere Erfassung und Sortierung zu besseren Ergebnissen kommen - sodass die heraussortierten Stoffe letztendlich einer besseren Verwertung zugeführt werden können als in der Vergangenheit - als auch die Arbeitsbedingungen der Menschen, die in der Sortie

rung tätig sind, verbessern, dann haben wir noch sehr viel mehr getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Meihsies, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat ja ein sehr ungewöhnliches Verfahren entwickelt, um die Städte für einen Großversuch zu gewinnen. Hannover und Oldenburg wurden über die Medien aufgefordert, sich an diesem Großversuch zu beteiligen. Sie haben abgelehnt und dafür Argumente angeführt. Wie beurteilt die Landesregierung die ablehnenden Argumente dieser beiden Städte?

Herr Minister!

Herr Meihsies, wir haben zum einen versucht, einige große Städte dazu zu animieren mitzumachen. Einige haben abgelehnt. Hannover hat nicht abgelehnt. Es finden Gespräche statt; das will ich hier klarstellen. Zum anderen sind im Moment in Göttingen die Firma REMONDIS und in der Region Landkreis Wesermarsch und Landkreis Osterholz die Firma Nehlsen, die über Trennkapazitäten verfügen, dabei, um beurteilen zu können, wie man in einem Flächenlandkreis oder in einem Verdichtungsgebiet - in der Nähe von Bremen - Müll erfasst. Wir wollen gerade an solchen Stellen, die für solche Versuche prädestiniert sind, zu ordentlichen Ergebnissen kommen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Mit diesen Antworten kommen Sie doch nicht durch!)

Frau Janssen-Kucz, bitte!

Ich frage die Landesregierung: Wie sieht die finanzielle und/oder ideelle Beteiligung vonseiten des Landes an dem Dauer- bzw. Großversuch aus?

Herr Minister!

Frau Janssen-Kucz, wir begleiten diese Versuche personell und versuchen auch, die Steuerung zu übernehmen. Außerdem ist geplant und Teil dieses Versuches, dass die wissenschaftliche Begleitung gesichert ist. Ich sage einmal: Richtig mit Geld gehen wir da nicht hinein, sondern wir machen praktisch das Overhead dafür, dass das letztendlich läuft und wissenschaftlich ausgewertet wird.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Also ideelle Unterstützung!)

- Das ist etwas mehr als ideelle Unterstützung. Warum sollen wir darum herumreden: Wenn man Manpower einsetzt, dann entstehen auch Personalkosten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Heinen-Kljajić!

Der groß angelegte Versuch in NordrheinWestfalen hat als Ergebnis gezeigt, dass es keine wirklichen Preissenkungen gibt bzw. dass die Spannen sehr gering sind, und Minister Ehlen hat eben ausgeführt, dass die Ergebnisse eines solchen Versuches auch von den jeweiligen abfallwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig sind. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: An welcher Stelle unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die Rahmenbedingungen bzw. die abfallwirtschaftlichen Daten in Niedersachsen so sehr von den Versuchsbedingungen in Nordrhein-Westfalen, dass auch hier ein Versuch gestartet wird?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Vorhin hatte ich vielleicht vergessen zu sagen, dass die Versuche in Nordrhein-Westfalen nicht abgeschlossen sind und dass auch dort, wenn ich das so platt sagen darf, die Gefechtslage in den verschiedenen Versuchssegmenten nicht klar ist. Von daher meinen wir, dass wir in Niedersachsen zu Ergebnissen kommen sollten, die dann für ganz Niedersachsen gelten.

Wir stellen in den verschiedenen Siedlungsstrukturen unterschiedliche Trennverhalten der Bevölkerung fest. Darum müssen wir für die verschiedenen Siedlungsgebiete zu Ergebnissen kommen, die gerade für diese Strukturen aussagefähig sind. Von daher glaube ich schon, dass es richtig ist, aufgrund der Verhältnisse in Niedersachsen unsere eigenen Erfahrungen zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Hagenah!

Ich frage die Landesregierung, wie sie angesichts der Erfahrungen andernorts ihr Argument der Kostenersparnis allein schon bei so einem Versuch aufrechterhalten will. So hat das Beispiel Leipzig deutlich gemacht, dass die Sortiermenge von 29 kg pro Einwohner und Jahr auf 150 kg pro Einwohner und Jahr hochgeschnellt ist. Neue Sortieranlagen mit enormer Kapazität müssten gebaut werden, und im innerstädtischen Bereich müsste von privater Seite für die Hausbewohner, die bisher mit der Biotonne für den zusätzlichen Müll Platz schafften, der jetzt in die Restmülltonne muss, also für das, was bisher der Gelbe Sack fasst, zusätzliche Tonnenkapazität geschaffen werden. Mithin würden auf öffentlicher und auch auf privater Seite für einen bloßen Versuch Kosten entstehen. Wie soll das im Versuch sinnvoll organisiert sein, und wie soll sich das anschließend auf die Gebühren sinnvoll, nämlich Kosten sparend, auswirken?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Ehlen!

Herr Hagenah, sicherlich sind wir uns darüber einig, dass der Müll insgesamt nicht mehr wird. Hier geht es eigentlich nur darum: Trennt die Hausfrau, trennt der Hausmann, oder trennen wir das am Ende durch dieses Verfahren?

(Walter Meinhold [SPD]: Das hat Herr Hagenah ja gefragt!)

In der momentanen Situation haben wir den Gelben Sack und die graue Tonne. In diesem Versuch wird nichts geändert. Es wird weiterhin im Gelben Sack gesammelt, und die graue Tonne wird ebenfalls bleiben. Das heißt, der Müll, der vorher getrennt wird, wird zusammengekippt

(Lachen bei der SPD)

- Sie können ruhig darüber lachen; Sie wollen das ja anscheinend nicht hören -, um festzustellen, wie die Technik funktioniert, und um dann, wenn wir die Ergebnisse haben, zu konkreten Ergebnissen zu kommen.

(Heidrun Merk [SPD]: Das kann doch nicht wahr sein!)

- Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch bei Versuchen muss man dafür sorgen, dass man Kosten spart. Bei diesem Trennversuch werden keinem Haushalt Kosten aufgedrückt. Von daher sollten wir das sachlich sehen und nicht nur ideologisch versuchen, diesen sinnvollen Versuch lächerlich zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Briese!

Die Landesregierung hat die Frage meines Kollegen Meihsies noch nicht ausreichend beantwortet.