Protocol of the Session on May 14, 2003

Dazu muss ich sagen: Der Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig ist auf diesem Gebiet sehr fleißig, emsig und kreativ. Er steht im Kontakt mit der Landesregierung. Der Oberbürgermeister meiner Heimatstadt Salzgitter und die der SPD angehörenden Landräte haben sich bisher, wie ich es

sehe, noch gar nicht konstruktiv gemeldet. Das war übrigens schon vor dem 2. Februar so. Der Ball liegt zurzeit also nicht bei der Landesregierung, sondern in der Region. Wenn die Beteiligten dort es bislang nicht geschafft haben, sich auf eine Konzeption zu einigen, kann das ja nicht in Vorwürfe gegen die Landesregierung münden. Es kann auch nicht sein – das werden wir zumindest nicht zulassen –, dass die Stadt Braunschweig, die einen guten, pfiffigen Oberbürgermeister hat, warten muss, weil z. B. der Oberbürgermeister von Salzgitter und andere nicht in die Puschen kommen.

Als Abschlussbemerkung will ich noch sagen: Wenn der Oberbürgermeister von Salzgitter dem Oberbürgermeister von Braunschweig erklärt, er wolle mit ihm nicht sprechen, weil sich die Hauptverwaltungsbeamten der SPD darauf verständigt haben, dass der Landrat von Wolfenbüttel ihr Sprecher ist, dann frage ich mich, welches Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung Sie haben.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Sagen Sie uns mal, was Sie ei- gentlich wollen!)

Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Salzgitter Oberzentrum wird. Deswegen werden wir die Region unterstützen, denn sie hat Chancen, aber wir werden das nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten tun und nicht so, wie Sie es hier vorgetragen haben.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Und was heißt das konkret?)

Als nächster Rednerin erteile ich Frau Dr. HeinenKljajić das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, das Problem aus einer etwas anderen Perspektive zu skizzieren, als mein Vorredner dies gerade getan hat. Zwei Dinge sind unstrittig. Zum einen benötigt die Region Braunschweig dringend einen Strukturwandel. Die Arbeitslosenzahlen sprechen dafür. Zum anderen hat es für das Land Niedersachsen ein Gutachten gegeben, das für die Region Braunschweig ein großes Wachstumspotential ausgewiesen hat. Das wird bei den gegebenen Strukturen aber nicht ausgenutzt.

Es wurde ein Lösungsansatz nach dem Beispiel der Wolfsburg AG aufs Gleis gesetzt. Inzwischen sitzen die Unternehmen, die Wissenschaft und die Gewerkschaften längst an einem Tisch, haben sich in die regionale Verantwortung nehmen lassen und warten eigentlich nur darauf, dass es endlich losgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Einzigen, die das Ganze im Moment hemmen, sind maßgebliche Akteure aus der Politik, obwohl gerade sie eigentlich zumindest Moderatoren oder Motoren dieses Prozesses sein sollten. Der Hauptbremser auf kommunaler Seite ist eindeutig der Bürgermeister von Braunschweig, Herr Dr. Hoffmann, seines Zeichens CDU,

(Zurufe von der CDU: Das ist ja wohl ein starkes Stück! Das ist ein Mann mit Weitblick!)

der das Ganze im Januar vorerst mit einem Eklat hat enden lassen, als er seinen Kollegen aus den umliegenden Kommunen schlicht abgesagt hat mit der Begründung, Braunschweig brauche kein Gutachten, da schon genügend vorlägen,

(Zuruf von der CDU: Das stimmt doch!)

und man brauche auch die Zusammenarbeit mit McKinsey nicht. Außerdem war er gegen die Einbeziehung der regionalen Marketing-GmbH mit dem Argument, Braunschweig habe dort keinen direkten Sitz.

Mit dem Antritt der neuen Landesregierung ist das Ganze politisch endgültig auf Eis gelegt worden. Wenn sich das Land in dieser Frage nicht schnellstmöglich positioniert, werden die ersten Akteure aus der Wirtschaft abspringen. Davon bin ich fest überzeugt. VW hat dies schon angedroht.

In einem ersten Schritt benötigen wir eine Zusage, wonach sich das Land für die Finanzierung der Mitarbeit von McKinsey ausspricht. Es soll nicht darum gehen, noch einmal ein Gutachten im Sinne einer Bedarfsanalyse in Auftrag zu geben, das dann viel kostet und in der Schublade landet. Es geht um die konkrete praktische Begleitung eines Prozesses, der nach Meinung der Experten der Wirtschaft in der Region notwendig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, diesen Punkt endlich auf die Tagesordnung zu setzen. Nur so wird es möglich sein, die Kommunen wieder an einen Tisch zu bringen.

Aus Sicht der Grünen möchte ich ausdrücklich sagen, dass dieses Projekt nur funktionieren kann, wenn der regionale Ansatz nicht aufgegeben wird. Dies ist aus wirtschaftstechnologischen Gründen der Fall, weil Braunschweig mit seinem sicherlich nicht zu unterschätzenden Wirtschaftspotential ohne die Region nicht in der Lage sein wird, mit anderen Regionen erfolgreich in den Wettbewerb zu treten.

Außerdem ist es aus regionalpolitischen Gesichtspunkten der Fall. Das ist auch nicht ganz unerheblich. Wenn dieses Projekt stirbt, sind all die Regionalisierungsbemühungen um Jahre zurückgeworfen, die im Moment im Großraum Braunschweig laufen.

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, nicht nur über Wirtschaftsförderung zu reden, sondern auch aktiv zu werden. Das Problem duldet angesichts der brennenden Probleme vor Ort keinen Aufschub. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Lehmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es heute schon mehrfach gehört. So ist es auch in diesem Fall: Es ist eine Frage der Sichtweisen und eine Frage, wie weit man ist. Ich gebe der Kollegin Frau Dr. Heinen-Kljajić Recht. Es ist sicherlich richtig, dass in der Region alle gerne loslegen wollen. Es ist aber natürlich nicht so, dass man sagen kann, jetzt brauchen wir nur noch das Geld von der Landesregierung, und dann geht es los.

Es müssen auch noch Hausaufgaben vor Ort erledigt werden. Die Region, die Kommunen und die sonstigen Beteiligten vor Ort müssen klären, was sie eigentlich wollen. Es ist richtig, was Kollege Eppers gesagt hat: Das Ganze muss von unten wachsen. Man kann nicht als ehemaliger - damals noch amtierender - Ministerpräsident kommen und sagen, wir machen in Braunschweig so etwas Ähnliches wie in Wolfsburg und würden dafür

auch gerne Geld geben. Der Ball wird damit an die Handelnden vor Ort zurückgegeben, damit etwas von unten entwickelt wird.

Es ist richtig, es gibt im Großraum Braunschweig viele Cluster. Es gibt die so genannte Biotechnologie, es gibt den Forschungsflughafen, es gibt die Verkehrstechnologie. Es ist jetzt schon möglich, dass die Kommunen untereinander versuchen, Gespräche aufzunehmen. Braunschweig kann beispielsweise sagen: Wir haben einen Cluster im Forschungsflughafen, der eine europaweit führende Stellung einnimmt, und entwickeln ihn zusammen mit Wolfsburg weiter. Dann werden wir in Braunschweig auch den Kontakt im Rahmen der Verkehrstechnik aufnehmen und zusammen mit Salzgitter etwas machen. Auch dort sind kompetente Firmen vor Ort. Auch dort kann man eine Verzahnung in die Fläche hinbekommen.

Das alles kann man aufnehmen. Man muss nicht warten, bis die Landesregierung auf einen zukommt. Man kann vor Ort aktiv werden. Vor einiger Zeit war ich zusammen mit einigen Kollegen beim Betriebsrat von VW in Braunschweig. Unter uns Abgeordneten haben wir uns verständigt, das Gespräch untereinander zu suchen und zu klären, was wir für Braunschweig in der Richtung schon einmal anschieben können.

Es ist der richtige Ansatz, zu sagen, wir warten nicht darauf, dass etwas von oben kommt, sondern versuchen, von unten etwas anzuschieben und zusammenzubringen. Ich habe schon einmal mit dem Oberbürgermeister von Braunschweig darüber gesprochen. Er sagte, es bestehe die Bereitschaft, auch in kleinerem Kreise etwas zu unternehmen. Es ist nicht notwendig, sofort den gesamten Großraum Braunschweig einzubeziehen. Wir fangen Stück für Stück an, die Bereiche weiterzuentwickeln, in denen wir stark sind.

Wenn wir so anfangen, bekommen wir auch die Unterstützung des Ministeriums, das dann sicherlich sagen wird: Wenn ihr jetzt ein klares Konzept vorlegt, dann legen wir los.

Wir müssen nicht in großen Mengen Geld verbraten. Das McKinsey-Gutachten ist mit 2,5 Millionen Euro veranschlagt. Wir können ganz vernünftig von unten herauf die Arbeit aufnehmen. Das sollten wir tun, anstatt darauf zu warten, dass etwas von oben kommt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile Herrn Minister Hirche das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es sehr gut, wenn die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Regionalentwicklung gelenkt wird. Es sind Potenziale vorhanden. Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass die Probleme in jeder Region des Landes unterschiedlich sind. Deswegen lässt sich Wolfsburg nicht mit Braunschweig oder Hannover vergleichen, Herr Oppermann.

Wir haben in Braunschweig eine andere Situation. Es ist hier nicht so, dass es nur ein Oberzentrum in der Region gibt. Wir haben mindestens drei Großstädte in der Region. Deswegen stellen sich die Beziehungen anders dar. Ins Stocken geraten ist das Projekt - das muss man sagen - vor der Landtagswahl im Januar dieses Jahres. Dies geschah völlig unabhängig von dem, was die Landesregierung gesagt hat. Interkommunale Dinge waren nicht geklärt. Ich warne vor einseitigen Schuldzuweisungen. Die Schuld liegt bei allen Akteuren im Raum.

Eines geht aber nicht, Herr Oppermann: Der frühere Ministerpräsident kann sich nicht im Dezember in einer Versammlung hinstellen und sagen, ihr macht das jetzt. In der Versammlung hat ihm keiner widersprochen. Er ist davon ausgegangen, dass alles läuft. Unsere Vorstellung von Regionalpolitik ist anders. Die Landesregierung soll in der Region nicht als Gouvernante auftreten und sagen, so und so müsst ihr das machen. Es muss von unten wachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Landesregierung ist bereit, die als Phase 1 und 2 definierten Phasen zu unterstützen. Zuerst einmal müssen aber die Bedingungen für einen Start erfüllt sein. Dies ist die Einigung der Akteure vor Ort. Das ist das A und O. Deswegen möchte ich zweigleisig vorgehen. In bestimmten Situationen können wir nicht ewig warten.

Von Herrn Lehmann und Herrn Eppers wurde schon angekündigt, dass wir sehr konkrete Projekte unterstützen werden, die sich vor Ort für Braunschweig und Salzgitter stellen. Für Braunschweig ist es der Forschungsflughafen. Das darf nicht lie

gen bleiben. Im Rahmen der Clusterbildung sind es der Verkehr und Biowissenschaften. Dies müssen wir angehen. Mit der Wirtschaft, mit den Betroffenen vor Ort einschließlich der Gewerkschaften werden wir das diskutieren und definieren. Im einzelnen werden wir das aber mit den kommunalen Gebietskörperschaften tun.

Es hat keinen Sinn, wenn das Land irgendetwas erfindet und das dann von oben verkündet. Wenn die Einigung vor Ort vorhanden ist, sind wir bereit, zwar kein neues Gutachten, aber das, was in diesem Zusammenhang als Businessplan bezeichnet wird, zu finanzieren. Darin soll geklärt werden, wie wir Managementkapazitäten in eine Region für Wirtschaftsförderung bringen und unterstützen können. Das Modell, wonach je ein Drittel von den Kommunen, vom Land und von der Wirtschaft getragen wird, ist nicht das schlechteste.

(Thomas Oppermann (SPD): Ist das eine Zusage?)

In diesem Zusammenhang müssen sich aber alle Partner einig sein. Wir als Landesregierung wollen die Unterstützung regionaler Entwicklung dort, wo die Region selbst bestimmte Vorschläge hat und nach vorne geht. In dieser Situation finden Sie die Landesregierung kommunalund wirtschaftsfreundlich, um die Chance auf neue Arbeitsplätze zu nutzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldung zu diesem Thema der Aktuellen Stunde liegen mir nicht mehr vor. - Ich rufe deshalb auf

b) Spielbanken schnellstmöglich privatisieren! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/153

Herr Rösler!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 1998 erwirtschaften unsere Spielbanken jährliche Verluste in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Diese Verluste, meine sehr verehrten Damen und Herren, können und dürfen wir nicht akzeptie

ren. Wir können aber gern darüber reden, woran das liegen kann. Liegt es daran, dass zu spät vom klassischen Roulettespiel auf moderneres Automatenspiel umgestellt worden ist? Oder liegt es daran, dass wenig attraktive Angebote für eine geänderte Spielerklientel geschaffen worden sind? Oder liegt es vielleicht daran, dass wir die bundesweit teuersten Croupiers haben oder dass aufgrund von ver.di-Tarifverträgen mithin auch im Bereich der Spielbanken ein Auswuchs von öffentlichem Betrieb stattfindet?

Bevor wir uns darüber Gedanken machen, muss ich deutlich darauf hinweisen, dass es gar nicht unsere Aufgabe sein kann, unsere Minister, unsere Verwaltung damit zu beauftragen, ständig an der Attraktivität von Spielbanken zu arbeiten. Denn das ist das eigentliche Problem. Diese Arbeitskraft und auch die 1,5 Millionen Euro an jährlichen Steuergeldern könnten in andere Bereiche wesentlich besser investiert werden als in staatlich organisiertes Glücksspiel.