Protocol of the Session on October 28, 2004

schuss fast 15 Jahre lang angehört und weiß, wie ernsthaft er arbeitet und gearbeitet hat. Ich bin gefragt worden, ob es im Landtag Abstimmungen zur Frage der Privatisierung der Spielbanken gegeben hat. Es hat Empfehlungen des Unterausschusses und des Haushaltsausschusses auf Vorschlag des Landesrechnungshofes gegeben. Sie haben die Abstimmung streitig gestellt. Sie waren also diejenigen, die aus der Einstimmigkeit ausgebrochen sind und sich enthalten haben. Ich habe dargestellt, dass dankenswerterweise die SPD, die FDP und die CDU dem Vorschlag bezüglich der Prüfung einer Privatisierung der Spielbanken zugestimmt haben. Wenn man sagt, dass man das grundsätzlich nicht will, dann muss man es auch gar nicht erst prüfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

- Ja, Frau Merk, das mag ja vielleicht sein. Ich bin der Meinung - und so handeln wir in dieser Regierung auch -, wenn wir etwas von vornherein ausschließen, dann lassen wir den Weg dorthin nicht vorher durch unsere Beamten prüfen. Diese haben etwas Besseres zu tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dieter Möhrmann [SPD]: Jetzt zur zweiten Frage von Herrn Wenzel! Dann wird es interessant!)

Zur zweiten Frage von Herrn Wenzel: Herr Wenzel, ich bin überzeugt, dass diese Spielbankgesellschaft 15 Jahre lang Gelegenheit hatte, zu zeigen, dass sie es kann. Sie hat 15 Jahre lang bewiesen, dass sie es nicht kann. Deshalb muss die Privatisierung jetzt kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Hans-Albert Lennartz [GRÜNE]: Das ist doch völliger Quatsch!)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Briese.

Kann uns die Landesregierung vielleicht einmal den Unterschied zwischen einem Prüfauftrag und einem Beschluss erklären?

Herr Minister Möllring!

Wenn der Landtag die Landesregierung bittet, zu prüfen, wie eine Privatisierung durchzuführen ist, dann wird die Landesregierung das tun. Das hat sie auch getan.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Ob und nicht wie!)

- Das Ob haben wir geprüft, und das Wie haben wir geprüft. Bei der Frage nach dem Ob sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass es geht, und zur Frage nach dem Wie haben wir jetzt vorgelegt, wie man es richtig macht.

(Heinrich Aller [SPD]: Jetzt zeigen Sie einmal die Ergebnisse!)

Der Landtag muss selbstverständlich - das hatte ich ganz am Anfang meiner Beantwortung der Dringlichen Anfrage mitgeteilt - vorher das Gesetz ändern und der Veräußerung der Spielbankanteile zustimmen. Das ist dann der Beschluss, der am Ende der Prüfung steht. So ist das: erst nachdenken und sich dann entscheiden - und nicht umgekehrt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heinrich Aller [SPD]: Sie springen auch erst vom Dreimeterbrett und stellen dann fest, ob Wasser im Be- cken ist! - Gegenruf von Bernd Althusmann [CDU]: Haben Sie das so gemacht?)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest und rufe auf

b) Umweltminister Sander verweigert sich europäischem Naturschutzrecht, gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung in Norddeutschland und riskiert den Ruin des Landeshaushalts Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1381

Die Anfrage wird von der Abgeordneten Steiner eingebracht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 5. Oktober 2004 hat die Landesregierung die Nachmeldung von 253 FFH-Gebieten mit einer Gesamtfläche von ca. 53 500 ha beschlossen. Mit einem Anteil von insgesamt unter 7 % der Landfläche erreicht das Flächenland Niedersachsen nicht einmal den Bundesdurchschnitt des Anteils von FFH-Gebieten an der Landfläche von 7,4 %. Der EU-Durchschnitt von über 14 % wird etwa zur Hälfte erreicht.

Bereits im November letzten Jahres hat die Landesregierung der EU-Kommission 233 Gebiete als Nachmeldevorschläge des Landes Niedersachsen vorgestellt. Der Stand der FFH-Gebietsmeldungen wurde im Rahmen eines Arbeitsgespräches zwischen Bund, Ländern und der EU-Kommission am 21./22. Januar 2004 in Bonn erörtert. Das Protokoll dieses Gespräches listet den Nachmelde- und Ergänzungsbedarf auch für Niedersachsen für jeden Lebensraumtyp und jede Art im Einzelnen auf. Die von der Landesregierung im November 2003 vorgelegten Nachmeldevorschläge waren dabei bereits berücksichtigt.

Die Kommission machte im Januar 2004 deutlich, dass sie davon ausgehe, „dass Deutschland mindestens die in Bonn diskutierten Gebiete offiziell vorschlagen wird“. Weiter heißt es im Protokoll: „Jede erhebliche Reduzierung der Gebietskulisse würde im anschließenden offiziellen Meldeprozess die Ergebnisse des bilateralen Gespräches infrage stellen“. Unter dieser Maßgabe wurde von der Kommission das laufende, bußgeldbewehrte Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ausgesetzt.

Anknüpfend an das Bonner Arbeitsgespräch, fand am 25. März 2004 ein Termin der EU-Kommission mit den Küstenländern Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein statt. Im Protokoll dieses Gespräches wird nochmals eindeutig die Erwartung der EU-Kommission formuliert, dass die Ästuare von Ems, Weser und Elbe als FFHGebiete gemeldet werden müssen.

Dem Beschluss des Landeskabinetts zur FFHNachmeldung ist ein Beteiligungsverfahren vorausgegangen. In dieses Verfahren waren 252 Gebiete eingebracht worden. Wie die Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens umgesetzt worden sind, bleibt allerdings für die Fachöffentlichkeit, Umweltverbände und Bürgerinnen und Bürger undurchsichtig. Im Ergebnis wurden die Flächenku

lissen des Entwurfs um 1 600 ha reduziert und u. a. sieben Gebiete vollständig gestrichen, und Gebietsgrenzen wurden teilweise willkürlich festgelegt.

Umweltminister Sander provoziert durch diese Missachtung europäischen Naturschutzrechts ein empfindliches Zwangsgeld der Europäischen Kommission für die Bundesrepublik Deutschland, indem er erneut einen fachlich angreifbaren Vorschlag abgibt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Aufgrund welcher bisher nicht bekannten Vereinbarungen oder Absprachen mit der EUKommission geht die Landesregierung davon aus, entgegen allen bisher bekannten Aussagen der Kommission die Ästuare von Ems und Weser nicht als FFH-Gebiete melden zu müssen?

2. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung, wenn sie fachlich unzureichende Gebietsvorschläge abgibt, die erkennbar von der EU-Kommission nicht akzeptiert werden?

3. Wie wird die Landesregierung reagieren, wenn sie von der Bundesregierung zur anteiligen Übernahme eines Zwangsgeldes wegen der Nichtumsetzung der FFH-Richtlinie verpflichtet wird?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Frage beantwortet für die Landesregierung Herr Minister Sander.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 5. Oktober 2004 hat die Niedersächsische Landesregierung entschieden, der Europäischen Kommission zur Beseitigung der bestehenden Meldedefizite weitere 253 Gebietsvorschläge mit einer Gesamtfläche von 54 000 ha nachzumelden.

Mit der Meldung von insgesamt ca. 11 % der Landesfläche leistet Niedersachsen einen hervorragenden Beitrag zur Umsetzung der FFH-Richtlinie und zur Sicherung des Naturerbes. Zuvor hatte das Niedersächsische Umweltministerium im Rahmen des sechsmonatigen öffentlichen Beteiligungsverfahrens über 1 000 Stellungnahmen mit zahlreichen konstruktiven Hinweisen zur Optimierung und Aktualisierung der Gebietsvorschläge er

halten. Daher war es möglich, bestehende Konflikte im Rahmen der EU-rechtlichen Vorgaben zu minimieren und die Abgrenzungen aufgrund aktueller Fachdaten zu verbessern.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen betroffenen Bürgern, Kommunen, Verbänden und Institutionen, die dem Umweltministerium geschrieben oder dort angerufen und mitgeteilt haben, dass sie andere Vorschläge oder bessere Daten hätten, herzlich für ihr Engagement bedanken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich darf Ihnen versichern, dass das Land die für die Beseitigung der bestehenden Meldedefizite notwendigen Gebiete ausgewählt hat und den mit der Kommission vereinbarten Zeitplan einhalten wird. Wir werden bis Ende Januar 2005 offiziell nachmelden. Die Meldung an die Bundesregierung ist am 18. Oktober erfolgt.

Zur Ihrer ersten Frage nach Vereinbarungen oder Absprachen mit der EU-Kommission bezüglich der Meldung von Ästuaren möchte ich an dieser Stelle klarstellen: Maßgeblich für die FFH-Gebietsauswahl sind nicht Vereinbarungen oder Absprachen, sondern die in der FFH-Richtlinie genannten Auswahlkriterien. Danach müssen nicht sämtliche Vorkommen von FFH-Lebensräumen und -arten gemeldet werden, sondern lediglich eine repräsentative Auswahl geeigneter Gebiete. Da die Elbe das naturnächste Ästuar und damit in Niedersachsen am besten geeignet ist, werden wir der oben genannten Forderung folgen und die Elbe durchgehend melden. Weser und Ems sind dann für eine Meldung als Ästuar nicht mehr erforderlich.

(Ina Korter [GRÜNE]: Das ist eine in- teressante Interpretation!)

Ich möchte Ihnen allerdings nicht vorenthalten, dass die Kommission auch Erwartungen an die Bundesregierung ausgesprochen hat, alle Ästuare vollständig zu melden, also auch Weser und Ems. Dies steht aber nach meiner und unserer Auffassung und nach der Auffassung unserer Fachleute und Juristen nicht mit der FFH-Richtlinie in Einklang, die die Möglichkeit der fachlichen Auswahl von repräsentativen Gebieten einräumt. Es ist nicht hinnehmbar, dass die EU-Kommission die Mitgliedstaaten bei der Meldung der Ästuare nicht einheitlich behandelt. Nach Informationen meiner Fachleute haben z. B. die Niederlande nicht alle Ästuare an Rhein und Ems gemeldet. Das ist akzeptiert worden!

Zu Ihrer zweiten Frage stelle ich fest: Ich bin überzeugt, dass durch die jetzt vorliegende Nachmeldung alle von der EU-Kommission gerügten Defizite beseitigt sind. Damit hat Niedersachsen seine Verpflichtungen aus der FFH-Richtlinie 1 : 1 umgesetzt. Nicht mehr und nicht weniger.

Es ist offen, ob gegebenenfalls Meldungen innerhalb der Zwölfseemeilenzone erforderlich werden, da die Definition der EU-Kommission zu den Meereslebensräumen noch nicht vorliegt. Deshalb kann es hier noch zu Nachmeldungen kommen. Diese sind jedoch nicht Gegenstand der jetzigen Nachmeldungsaufforderung der Kommission.

Nun zu Ihrer dritten Frage. Die Behauptung des Bundesumweltministers Trittin, durch die Nichtmeldung von Weser und Ems als Ästuar könnte die EU Deutschland - nicht Niedersachsen - mit einem Zwangsgeld in Höhe von bis zu 790 000 Euro täglich belegen, ist falsch. Erstens meldet Niedersachsen zusätzliche FFH-Gebiete zur Defizitbeseitigung bis zum 31. Januar 2005 der EU. Danach entscheidet sie, ob es ausreichend ist. Zweitens - auch das wäre für Juristen sehr wichtig -: Durch die Verurteilung Deutschlands 2001 durch den EuGH ist eine pauschale Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland wegen nicht ausreichend gemeldeter FFH-Gebiete erfolgt. Dies war im Zeitpunkt des Urteils auch offensichtlich der Fall, da damals einige Bundesländer - bei entsprechenden Nachfragen werde ich sie gerne nennen diesen Verpflichtungen noch nicht nachgekommen waren.

Ein Zwangsgeld wird vom Europäischen Gerichtshof auf Antrag der Kommission verhängt, wenn der EuGH in einem zweiten Gerichtsverfahren - man könnte auch sagen, in einem ersten Verfahren, weil jetzt wiederum eine andere Sachlage entstanden ist - feststellt, dass Deutschland seine Pflichten aus dem im Jahre 2001 ergangenen Urteil nicht erfüllt hat. Im Falle einer Verurteilung wäre dieses Zwangsgeld sozusagen von ganz Deutschland umzusetzen. Einen solchen Antrag hat die Kommission bisher nicht gestellt, sodass es bisher auch kein entsprechendes Urteil gibt.

Die Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2001 bezog sich nicht auf einzelne Gebiete, sondern pauschal auf eine offensichtlich unzureichende Gesamtmeldung von Gebieten. Daher kann dieses Urteil nicht als Grundlage für ein solches zweites Verfahren - Zwangsgeldverfahren dienen.

Bei der Meldepflicht für die Ästuare handelt es sich um ein Einzelproblem, zu dem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahre 2001 keine Aussagen macht. Es handelt sich nunmehr lediglich um Meinungsverschiedenheiten über zwei Flächen von mehr als 400 in Niedersachsen bzw. von mehr als 2 000 in Deutschland.

Die Kommission müsste hierzu zunächst ein neues Vertragsverletzungsverfahren beim Gericht einleiten. Ziel dieses neuen Verfahrens wäre es festzustellen, dass durch die Nichtmeldung zweier Ästuare die Pflichten aus der FFH-Richtlinie nicht erfüllt worden seien. Vorausgesetzt, dies wäre der Fall, dann müsste nach erfolgreicher Verurteilung dem Mitgliedstaat eine angemessene Frist zur Befolgung dieses Urteils eingeräumt werden. Erst danach könnte ein Zwangsgeld von der Kommission beim EuGH beantragt werden.

Also, meine Damen und Herren, wir sind meilenweit von einem Zwangsgeld entfernt. Eine Abwahl von Herrn Trittin - das muss ich Ihnen allerdings sagen - wäre in kürzerer Zeit möglich.