Protocol of the Session on September 17, 2004

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Behr um das Wort gebeten. Ich erteile es ihm.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als einer der lokal betroffenen Abgeordneten freue ich mich natürlich über jede Unterstützung, die wir an dieser Stelle bekommen können natürlich auch über die Unterstützung durch die Grünen und durch den Kollegen Klein. Allerdings, Herr Kollege Klein, lassen Sie mich an dieser Stelle auch sagen, dass uns Emotionen nicht weiterhelfen. Deswegen fand ich es nicht besonders glücklich, dass Sie den Begriff „Fälschung“ gebraucht haben. Wir brauchen an dieser Stelle fundierte Sachargumente. Darauf legen wir auch Wert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte an dieser Stelle den Umweltminister ausdrücklich in Schutz nehmen,

(Ina Korter [GRÜNE]: Der braucht das!)

denn er hat uns sofort, als bekannt wurde, dass es ein Problem gibt, bei der Stellungnahme eine Fristverlängerung bis zum 30. August zugesagt. Es war sehr positiv, wie er mit diesem Thema umgegangen ist.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Klein, auch Begriffe wie „Giftmüll“ sollten Sie in diesem Zusammenhang nicht nennen. Es geht um Filterstäube,

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Was ist da drin?)

die im Rahmen der Luftreinhaltung anfallen. Es geht also um das Resultat von Umweltschutz, den wir praktisch betreiben. Das ist das Thema, und das sollte man an dieser Stelle nicht verteufeln. Ich meine, wir alle sind für reine Luft. Dabei fallen diese Filterstäube nun einmal an, Herr Kollege Klein.

Meine Damen und Herren, ich möchte nur zwei konkrete Argumente aus unserer Sicht nennen.

Das erste Argument bezieht sich auf das Abfallgesetz. Im Abfallgesetz ist ganz klar ein Vorrang vorgegeben, nämlich ein Vorrang, Abfälle einer Verwertung zuzuführen und nicht zur Beseitigung vorzusehen. In Stade soll eine Deponie zur Beseitigung von Abfällen eingerichtet werden. Das entspricht definitiv nicht dem Verwertungsgebot des Abfallgesetzes.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zweitens ist aus unserer Sicht zurzeit überhaupt kein Bedarf für eine derartige Sondermülldeponie gegeben, denn es gibt bereits ausreichend Deponiekapazitäten. Wir haben einen Deponieraum mit einer Beseitigungskapazität von 2,7 Millionen t jährlich und einen Deponieraum mit Verwertungskapazitäten von ca. 2 Millionen t jährlich. Diese Deponien befinden sich vielfach in direkter Nähe zu Niedersachsen und insbesondere auch zu den Anlagen, in denen Filterstäube anfallen. Ich meine, vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass wirklich kein akuter Bedarf an einer neuen Deponie besteht. Im Übrigen betragen die Restlaufzeiten der von mir genannten Deponien bis zu 40 Jahre.

Eine letzte Anmerkung, meine Damen und Herren: Ein Papier des Projektträgers für Wassertechnologie und Entsorgung, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit macht deutlich, dass ein erheblicher Anteil der versetzten Abfälle - davon sind ungefähr 50 % besonders überwachungsbedürftig - aus Ländern importiert wird, in denen keine untertägigen Entsorgungseinrichtungen vorhanden sind. Es kann also nicht sein, dass wir neue Deponien einrichten, damit mehr Sonderabfälle aus dem Ausland bei uns aufgenommen werden können. Vor diesem Hintergrund halte ich es persönlich für nicht machbar, dem Antrag, den die NGS zusammen mit der BKB und der Akzo Nobel zum Sonderabfallwirtschaftsplan des Landes Niedersachsen gestellt hat, zu entsprechen.

Wir werden dieses Thema im Ausschuss weiter vertiefen können, Herr Kollege Klein. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Sander um das Wort gebeten. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob die Kavernen in Stade für die Ablagerung von Filterstäuben und anderem geeignet sind, werden wir in einem klaren rechtsstaatlichen Verfahren prüfen. In diesem Verfahren werden die Argumente der Bürger, der Kommunen, der Betroffenen vor Ort gegen die Interessen und Argumente der Antragsteller, der Industrie- und Handelskammer und der Unternehmen abgewogen.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

Ich glaube, es ist wenig sinnvoll, Herr Klein, dass wir in dieser Frage ein politisches Zeichen setzen. Es ist die Politik von Rot-Grün, den Rechtsstaat auszuhebeln, indem man mit politischen Mitteln, bevor ein Verfahren abgeschlossen ist, Abstimmungen herbeiführt

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch von der SPD)

Herr Minister Sander, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Klein?

(Ina Korter [GRÜNE]: Das müssen Sie zurücknehmen, Herr Minister! - Zuruf von der SPD: Rechtsstaat aushebeln, das ist wirklich ein starkes Stück! - Ina Korter [GRÜNE]: Das nehmen Sie zu- rück!)

Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Klein moniert, dass eine Kleine Anfrage von ihm noch nicht beantwortet sei.

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

- Frau Kollegin Merk, ich habe Sie seit Beginn meiner Tätigkeit im Landtag immer wieder erlebt. Ihre Zwischenrufe haben genau die gleiche Qualität wie Ihre Reden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister Sander, fahren Sie im Thema fort.

Herr Kollege Klein, wenn Sie bemängeln, dass Sie auf Ihre Kleine Anfrage noch keine Antwort bekommen haben, dann muss ich dazu erstens feststellen, dass die Frist erst am 23. September ausläuft. Es ist ein ganz normales Verfahren. Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Landtag die Anfrage zuleitet.

Zweitens sage ich Ihnen auch Folgendes. Sie wollen doch eine klare Antwort von uns haben. Diese klare Antwort kann ich Ihnen erst dann geben, wenn all die Fragen, die im Erörterungstermin aufgeworfen und aufgegriffen worden sind, von uns bewertet worden sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich bitte Sie daher: Lassen Sie uns die Auswertung machen und dann zu einer klaren Position kommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Der Mann hat Recht!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Klein um das Wort gebeten. Ich erteile es ihm für zwei Minuten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nehmen Sie mal zu Ihren Fälschungen Stel- lung!)

Herr Minister, die Unterstellung, dass die Grünen eine Politik machen, die den Rechtsstaat aushebelt, weise ich entschieden zurück. Das ist eine unmögliche Unterstellung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Wis- sen Sie, das erleben wir in Gorleben Tag um Tag!)

Aber wenn wir auf dieser Ebene diskutieren wollen, frage ich Sie einmal, ob es rechtsstaatlich verantwortbar ist, wenn in dieser Frage sowohl ein Umweltstaatssekretär Eberl als auch ein Vorsitzender des Aufsichtsrats der NGS Eberl in dieser Frage zu entscheiden hat. Dahinter setze ich zumindest ein ganz großes Fragezeichen. Das kann nun wirklich nicht rechtsstaatlich sein.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Wir kommen zur Ausschussüberweisung!)

Meine Damen und Herren, es ist sofortige Abstimmung beantragt worden. Dies kann der Landtag gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung beschließen, sofern nicht mindestens 30 Mitglieder des Landtags für eine Überweisung des Antrags an einen oder an andere Ausschüsse stimmen. Die CDU-Fraktion hat durch ihren Abgeordneten Miesner Ausschussüberweisung beantragt. Ich gehe davon aus, dass das Quorum von 30 gegeben ist. Das Präsidium ist sich darin einig.

Wir kommen jetzt zur Überweisung an den federführenden Umweltausschuss. Mitberatend sollen der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie der Ausschuss für Inneres und Sport sein. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Direkte Demokratie ins Grundgesetz - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1256

Eingebracht wird der Antrag von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Langhans, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Initiative verfolgen wir zwei wichtige Ziele: erstens die Wei

terentwicklung unseres demokratischen Systems mit Elementen der direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungen von bundesweiter Bedeutung und zweitens die Stärkung der europäischen Integration. Meine Damen und Herren, das sind zwei große Ziele, die nur in einem Zusammenwirken aller demokratischen Parteien realisiert werden können. Deshalb müssen alle politischen Parteien bereit sein, den Bürgerinnen und Bürgern mehr direkten Einfluss zu ermöglichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beide Vorhaben - direkte Demokratie und europäische Integration - sind von großer politischer Bedeutung, für die wir eine fundierte und möglichst polemikfreie Debatte in Deutschland brauchen.

Meine Damen und Herren, die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben bereits im Grundgesetz das Grundprinzip der direkten Demokratie verankert. In Artikel 20 heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Im Unterschied zu den Wahlen sind die Abstimmungen bis heute nicht geregelt. Allerdings bestand auch damals schon die Auffassung, dass der Begriff „Abstimmung“ später durch den Gesetzgeber ausgefüllt werden müsse. Die Zeit ist reif, das zu tun.