Protocol of the Session on September 16, 2004

Meine Damen und Herren, nichts anderes tun FDP und CDU. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich nunmehr Herrn Kollegen Bartling das Wort.

(David McAllister [CDU]: Muss das sein?)

Herr McAllister, ich kann Ihnen nicht alles ersparen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will auch im Hinblick auf NegerKalle und Himbeer-Toni noch einmal meine Zusage bekräftigen, dass ich mich mit Verdächtigungen heute etwas zurückhalten und mich nur mit dem auseinandersetzen will, was Sie hier vorgelegt haben.

Meine Damen und Herren, den Entwurf zur Änderung des Spielbankengesetzes haben zwar die Regierungsfraktionen vorgelegt. Das Kabinett hat allerdings beschlossen. Also können wir die Verantwortlichkeit von Finanzminister und Innenminister wohl nicht außer Acht lassen, wenn es um die Veränderung dieser Situation geht.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf ist in seinem wirtschaftlichen Teil aus unserer Sicht überhaupt nicht nachvollziehbar. Dem Parlament wird eine gesamtwirtschaftliche Rechnung vorenthalten, wobei die starke Vermutung besteht, dass man dies aus rein ideologischen Motiven macht. Vorgelegt wurde uns ein Gesetzentwurf, der ausschließlich dem Interesse der Privatisierung der niedersächsischen Spielbanken dient und dabei die Interessen der öffentlichen Hand völlig vernachlässigt. Man muss eine Privatisierung nicht von vornherein ablehnen; insoweit stimme ich Herrn Lennartz ausdrücklich zu. Aber dieser Gesetzentwurf setzt sich nicht einmal ansatzweise mit der Frage auseinander, ob eine Privatisierung wirtschaftlich vernünftig und ordnungspolitisch vertretbar ist. In dieser Frage bietet die Begründung des Gesetzentwurfes leider nicht einmal annähernd die Transparenz, die man bei einem solchen Vorhaben eigentlich erwarten darf.

Ich habe aber nicht nur aus diesem Grund erhebliche Kritik an diesem Gesetzentwurf. Ich fange einmal mit dem Thema Kommunen an.

Mit diesem Gesetzentwurf greifen Sie erneut in die kommunalen Kassen.

(David McAllister [CDU]: Was heißt hier „erneut“?)

Bereits im letzten Jahr haben Sie die Hälfte des den Standortkommunen zustehenden Anteils an der Spielbankenabgabe gestrichen. Jetzt wird auch der Rest vom Finanzminister einkassiert.

Punkt 2. Sie ordnen das Gemeinwohl privaten Wirtschaftsinteressen unter und verweisen zur Begründung - Herr Althusmann hat das getan - auch noch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Darin heißt es aber ausdrücklich, dass Beschränkungen des Zugangs möglich sind, wenn wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibt. Deshalb kommen andere Landesregierungen - wie die in Bayern - und dortige Gerichte auch zu dem Ergebnis, dass der staatliche Betrieb von Spielbanken nicht nur rechtlich zulässig, sondern im Gemeinwohlinteresse ist.

Sie folgen hier - das ist wohl der FDP geschuldet der fixen Idee der Privatisierung und des Wettbewerbs, die aber gerade im Glücksspielwesen schädlich, gefährlich und die Spielsucht fördernd ist. Im Übrigen ist Ihre Annahme, eine Gesellschaft ohne staatliche Einwirkung sei erfolgreicher, falsch, wie die Antwort auf die Große Anfrage aus dem April ergibt.

Nun unser dritter Kritikpunkt. Sie erwecken den Eindruck, dass jedermann, soweit er die Zulassungsvoraussetzung mitbringt, nur für eine der zehn Spielbanken eine Zulassung bekommen könne. Hinter den Kulissen oder auch vor den Kulissen wird verhandelt mit Toto/Lotto, WestSpiel, Austria Casinos und ein paar anderen ausländischen Investoren, um die Spielbanken Niedersachsen GmbH mit den Zulassungen für alle Spielbanken über Jahrzehnte an einen einzigen Investor zu verkaufen.

Damit sind wir bei dem eigentlichen Thema: dem Verkauf. Der alleinige Zweck dieses Gesetzentwurfes besteht darin, Herrn Möllring beim kurzfristigen und aus meiner Sicht kurzsichtigen Stopfen von Haushaltslöchern zu helfen. Wir haben immer wieder betont, dass der angestrebte Verkaufserlös - seien es 100 oder gar 200 Millionen Euro - nur über eine dramatische Senkung der Abgaben der Spielbanken an das Land möglich ist. Genau dies trifft nun mit der Folge ein, dass künftig Bund, die

Länder, das Land Niedersachsen und die Gemeinden weniger Einnahmen haben werden.

Damit das aber nicht deutlich wird, werden im Gesetzentwurf nur die Einbußen beim Land in Höhe von 5 bis 6 Millionen Euro pro Jahr dargestellt, die allerdings durch die Streichung bei den Kommunen zulasten von Kindergärten und Schulen kompensiert werden.

Der Gesetzentwurf verschweigt, dass die Absenkung der Spielbankenabgabe auf fast die Hälfte auch die Einnahmen der anderen Länder reduziert, weil die Spielbankenabgabe in den Länderfinanzausgleich einfließt. Dies wird nicht dargestellt. Der private Käufer des Unternehmens dagegen darf sich darüber freuen, dass die Abgabensenkung in Wahrheit etwa doppelt so hoch ausfällt, wie im Gesetzentwurf unter den haushaltsmäßigen Auswirkungen ausgewiesen wird. Das freut natürlich das zukünftige Unternehmerherz.

Meine Damen und Herren, wenn Sie die im Gesetzentwurf festgelegten Abgabesätze der jetzigen Spielbankengesellschaft eingeräumt hätten, dann hätte das Unternehmen überhaupt keine finanziellen Probleme.

(Beifall bei der SPD)

Die Beteiligungsgesellschaft und damit das Land hätte Gewinne erzielt, und die notwendige Sicherheit, Seriosität und die Zuverlässigkeit wären weiterhin gegeben.

(Widerspruch bei der CDU - Brigitte Somfleth [SPD]: Und es wären 100 Leute weniger auf der Straße!)

- Frau Somfleth, da stimme ich Ihnen ausdrücklich: Dann wären auch die 100 Arbeitsplätze gesichert.

Dies wäre eine Entscheidung für das Gemeinwohl und für die Menschen in unserem Lande gewesen. Wenn Sie also die Spielbankenabgabe für einen privaten Betreiber absenken, erwarte ich eine Begründung, warum dies nicht auch für die landeseigene Spielbankengesellschaft gemacht werden kann.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Diese Begründung erwarte ich zumindest in den Ausschusssitzungen.

Meine Damen und Herren, die Spielbanken haben zurzeit einen Bruttospielertrag von rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Das ist - dies für die Kolleginnen und Kollegen, die sich damit nicht so genau auskennen - so etwas wie der Umsatz. Bei einem Verkaufserlös von 100 Millionen Euro können Sie kurzfristig Haushaltslöcher stopfen und sparen so round about 4 % Zinsen. Für einen privaten Investor lohnt sich ein Engagement in einer Spielbank nur bei einem Return on Investment von mindestens 7 % pro Jahr. 7 % sind 7 Millionen Euro pro Jahr. Es ist also geradezu zwangsläufig, dass Sie die Spielbankabgabe senken müssen, um den privaten Investoren einen ordentlichen Gewinn zu ermöglichen. Sie verringern die Einnahmen der öffentlichen Hand, um die Spielbankgesellschaft für einen privaten Käufer attraktiv zu machen.

Für einen Privaten machen Sie also genau das, was Sie der landeseigenen Gesellschaft verweigert haben. Wenn die Gesellschaft in ihrer jetzigen Rechtsform mit diesen Abgabesätzen arbeiten würde, dann hätten Sie nicht nur 4 % Zinsersparnis erwirtschaft, die sich die Landesregierung vom Verkauf verspricht, sondern Sie hätten satte 7 % Mehreinnahmen aus der Spielbankabgabe. Das ist für mich der zentrale Punkt, von dem ich erwartet hätte, dass Sie einige Ausführen dazu machen.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, weil er für die Beschäftigten von großer Bedeutung ist. Wenn Sie schon einen privaten Geldgeber suchen, dann muss es auch darum gehen, ob derjenige die ordnungspolitische Komponente gewährleistet und ob auch die nicht unwichtige strukturpolitische Komponente hinreichend berücksichtigt wird. Es gibt in Niedersachsen gewachsene und funktionierende Spielbankstandorte, die wir aus meiner Sicht erhalten müssen. Wenn man verkauft, dann darf man nicht in Kauf nehmen, dass Standorte geschlossen und Arbeitsplätze abgebaut werden. Ich vermisse hier ein klares Bekenntnis der Landesregierung.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass der Verkauf der Spielbanken - wenn es denn dazu kommt - auf keinen Fall am Parlament vorbeigehen darf. Die Entscheidung, wer hier in Niedersachsen künftig die Spielbanken betreibt, muss im Landtag getroffen werden. Wir haben Erfahrungen gesammelt - darauf haben einige Zwischenrufe hingewiesen -, die es uns unmöglich machen, insbesondere der jetzt amtierenden Landesregierung einen Freibrief für

die Vergabe von Konzessionen zu geben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Meine Damen und Herren, von der Landesregierung hat sich Herr Minister Möllring zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal muss man sich wirklich wundern, was Sie in der SPD für Ratgeber haben. Einen ehemaligen Minister zum innenpolitischen Sprecher zu machen, der zwar Langstreckenläufer ist, aber offensichtlich noch nicht einmal ein Kurzzeitgedächtnis hat, ist schon problematisch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Bartling, Sie stellen sich hier hin und reden vom Gemeinwohl und davon, dass die staatliche Ordnung eingehalten werden muss. - Alles, was von Herrn Althusmann vorgetragen worden ist, ist doch in Ihrer Zeit, unter Ihrem Staatssekretär Lichtenberg passiert!

Herr Lennartz hat gesagt, es wären Unregelmäßigkeiten aufgetreten. So nennt man das ja wohl, wenn eimerweise Geld geklaut wird bzw. wenn auf Wunsch der Spieler ein Kessel wieder eingebaut wird, nachdem man festgestellt hat, dass er Fehler hat.

(Zuruf von der SPD - Gegenruf von Bernd Althusmann [CDU]: Wir haben uns das vor Ort angeguckt!)

Damit sind ehrliche Spieler betrogen und Spieler, die von dem Kesselfehler wussten, bevorteilt worden. Das hat nichts mit dem zu tun, was 1987/1988 passiert ist. Hier ist zulasten der ehrlichen Spieler betrogen worden. Das ist von dem damaligen Innenminister und seinem Staatssekretär gedeckt worden, obwohl es entsprechende Hinweise gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Das ist un- glaublich! - Zuruf von Heiner Bartling [SPD] - Zuruf von der CDU: Das ist unerhört!)

- Nein, Herr Bartling, Himbeer-Toni, hat damals eingesessen, weil er seine Verlobte umgebracht hatte. Der hat nicht an diesem Kessel gespielt.

Wenn ich daran denke, dass Herr Lichtenberg, Ihr Staatssekretär, einen Tarifvertrag unterschrieben hat, der die Spielbankengesellschaft in diese finanzielle Situation gebracht hat, dann würde ich mich als damaliger Innenminister nicht hier hinstellen und das kritisieren, sondern dann würde ich solange nach draußen gehen, damit die anderen Leute nicht sehen, wie rot ich werde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Der Spielbankengesetzentwurf wurde von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizministeriums durchleuchtet, und die haben festgestellt: Das ist ein exzellentes Gesetz, das weder eine Situation wie in 1988/1989 noch wie in den 90er-Jahren ermöglicht, weil inzwischen nämlich eine Aufsicht eingestellt wird. Diese hätten Sie auch einstellen sollen. Das haben Sie aber nicht getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte zu einigen Punkten etwas sagen, Herr Bartling. Zunächst zu den kommunalen Kassen:

Ab Januar 1990 lag der Gemeindeanteil an der Spielbankabgabe bei 20 % des Bruttospielertrags. Ab September 1994 haben Sie, SPD und Grüne, ihn auf 10 % reduziert. Ab Januar 1995 lag der Gemeindeanteil zwar weiterhin bei 10 %, aber Sie haben eine Erhöhung des maximalen Betrages je Einwohner auf 30 DM, also 15 Euro, festgelegt.

Ab Januar 1999 - da waren Sie Innenminister wurde der Gemeindeanteil an der Spielbankabgabe beim kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt. Das hat die Kommunen praktisch 90 % der gesamten Spielbankabgabe gekostet. Das haben Sie als Innenminister zu verantworten; denn das Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich ist nun einmal ein Gesetz, das der Innenminister vorlegt. Sie haben sich entschieden, das so zu machen. Also tun Sie bitte jetzt nicht so, als wenn Sie den Kommunen auch nur annähernd einen Gefallen getan hätten. Sie haben es ihnen weggenommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Brigitte Somfleth [SPD])

Sie müssen dann auch zuhören. Herr Althusmann hat dargestellt, dass die Fraktionen der CDU und