Protocol of the Session on April 2, 2003

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung, bevor wir zu den Mitteilungen der Schriftführerin kommen. Wenn Sie links an mir vorbeischauen, erkennen Sie neben der von meinem Vorgänger im Amt Horst Milde aufgestellten Fahne Niedersachsens unschwer die der Europäischen Union. Diese Fahne symbolisiert unser gemeinsames Streben nach einem freien, sozialen und friedlichen Zusammenleben der Staaten unseres Kontinents als Konsequenz aus der europäischen, aber vor allem auch aus der deutschen Geschichte. Ich habe dies, wie Sie wissen, bereits in meiner Antrittsrede während der konstituierenden Sitzung des Landtages zum

Ausdruck gebracht. Folgerichtig heißt es auch in Artikel 1 Abs. 2 unserer Verfassung: Das Land Niedersachsen ist ein Teil der europäischen Völkergemeinschaft.

Gerade in den vergangenen Wochen sollte uns wieder leidvoll bewusst geworden sein, das wir zum Schaden aller europäischen Staaten nicht zu viel, sondern in Wahrheit eher zu wenig Europa haben. Ich wünsche mir jedenfalls, dass diese Fahne uns alle ein wenig daran erinnert, dass wir trotz aller Rückschläge gemeinsam weiter an der europäischen Integration arbeiten müssen. Da ich heute nicht darum bitte, dass wir gemeinsam singen, habe ich die Hoffnung, dass ich mit dem Aufstellen dieser Fahne niemanden überfordere.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es folgen jetzt geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin. Bitte schön!

Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der CDU Frau Klopp, Herr Ripke und Herr Dr. Winn und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Langhans. Ferner werden ab 18 Uhr Herr Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ehlen und Herr Minister für Inneres und Sport Schünemann nicht mehr anwesend sein, weil sie in Berlin an einer für das Land wichtigen Veranstaltung in der Vertretung des Landes teilnehmen werden.

(Sigmar Gabriel [SPD] - zu Minister Schünemann -: Seilt ihr euch ab? - Dieter Möhrmann [SPD] meldet sich zur Geschäftsordnung)

Zur Geschäftsordnung spricht Herr Kollege Möhrmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe große Fraktion, so geht das nicht!

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Sie haben sich hier auf den Kopf gestellt, wenn wir vorher gefragt haben, ob Minister vielleicht die Chance bekommen können, einmal an einer Plenarsitzung nicht teilnehmen zu müssen. Jetzt erfahren wir das durch eine Mitteilung der Schriftführerin. Das ist ein nicht parlamentarisches Verhalten, und ich finde das, was Sie hier mit uns machen, ungehörig!

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit Sie wissen, wie das hier in diesem Landtag abläuft, kann ich Ihnen mitteilen, dass die Frau Justizministerin mich hat anrufen lassen und darum gebeten hat, hier am Donnerstag, und zwar am Nachmittag, nicht anwesend sein zu müssen. Dem habe ich zugestimmt. Das ist das Verfahren, das wir uns wünschen. Alle Ihre Sprüche, Herr McAllister, Sie machten das anders als wir vorher, erweisen sich als unwahr und nicht realistisch. So machen Sie nur weiter.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU] meldet sich zur Geschäfts- ordnung)

Herr Kollege Althusmann, bitte schön!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Möhrmann, hätten Sie sich in der Vergangenheit so sehr erregt und sich für die Angelegenheiten des Landes Niedersachsens so engagiert, wie es in diesen wenigen Tagen diese neue Landesregierung gemacht hat,

(Beifall bei der CDU)

dann wären wir hier im Lande vielleicht ein wenig weiter. Ich meine, dass wir einen Weg finden werden, wie solche Informationsflüsse künftig verbessert werden können, damit auch Sie und wir alle rechtzeitig informiert werden. Ich glaube, dass das zukünftig besser werden wird. Aber bitte, wer im Glashaus sitzt, sollte bekanntlich nicht mit Steinen schmeißen.

(Beifall bei der CDU)

Sie, Herr Gabriel, und die gesamte Ministerriege waren so oft nicht hier im Parlament, sondern haben andere Termine wahrgenommen. Ich erinnere an viele Veranstaltungen des Herrn Bartling, bei der Polizeigewerkschaft oder sonstwo. Ich bitte um etwas mehr Ruhe und Mäßigung in dieser Frage. Wir werden das zukünftig besser regeln.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Herr Kollege Gabriel!

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ich möchte auch noch etwas sagen!)

- Ich kann doch nicht alle auf einmal sprechen lassen, Herr Hagenah. Das geht doch nicht.

Herr Präsident! Ich finde, dass wir einige Dinge auseinander halten müssen. Erstens. Das normale Verfahren ist, dass ein Mitglied der Regierung die Parlamentarier fragt oder der Ältestenrat darüber berät. Das haben wir früher getan, und das haben Sie dort immer abgelehnt. Diesmal beantragen Sie das noch nicht einmal mehr im Ältestenrat, sondern lassen das hier zu Beginn der Plenarsitzung über den Schriftführer mitteilen. Das ist schlicht ein Missbrauch des parlamentarischen Verfahrens. Sie wissen, dass Sie in den Ältestenrat gehen müssen, um das zu besprechen. - Das ist der eine Teil.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nun zum zweiten Teil, Herr Kollege Althusmann. Wahrscheinlich sagt Ihnen jetzt der Kollege, dass er da nicht hinfährt, sondern hier bleibt. Es geht gar nicht um die Frage, ob jemand hier ist oder nicht, sondern es geht darum, mit welcher Begründung jemand nicht hier ist. Wenn Ihr Innenminister das nächste Mal zur Gewerkschaft der Polizei will, dann wird die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag anders als Ihre Fraktion in der Vergangenheit - ihn daran nicht hindern,

(Beifall bei der SPD - Lothar Koch [CDU]: Und wenn er zu ver.di fährt?)

sondern wir werden sagen, dass wir es selbstverständlich gut finden, wenn der Niedersächsische

Innenminister auf einer Veranstaltung der größten Polizeigewerkschaft des Landes mit den Bediensteten diskutiert. Das finden wir wichtig. Wir sind bereit, mit Ihnen die Tagesordnung so zu gestalten, dass die Punkte, bei deren Beratung Ihr Innenminister anwesend sein muss, so terminiert werden, dass die Beratungen nicht mit den Terminen der GdP kollidieren.

Wir machen aber Folgendes nicht mit: Wir wissen gar nicht, wohin Ihre Minister eigentlich wollen. Das sagen Sie uns heute doch mal. Ist das z. B. der Elbe-Weser-Abend heute Abend in Berlin? Das möchten wir gerne wissen. Ist das vielleicht der Grund, warum Sie den Antrag der SPD-Fraktion im Ältestenrat abgelehnt haben, die Sitzung heute Abend bis 20 Uhr oder bis 20.30 Uhr zu verlängern, damit wir Freitag Geld und Zeit sparen, weil die Sitzung am Freitag angesichts der Tagesordnung überflüssig ist? Das möchten wir gerne wissen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist doch ganz einfach. Wie ist das, Herr Regierungschef? Ehrlich in die neue Zeit? Sagen Sie also, wohin Ihre Jungen und Mädel wollen. Wenn das vernünftige Termine sind, sagen wir Ja. Sonst gehört es sich nicht, in dieser Art und Weise mit dem Parlament umzugehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das war klasse eben! - Zuruf von der CDU: So geht das nicht!)

Meine Damen und Herren, jetzt muss ich etwas zur Sache sagen. Erstens - damit das klar ist -, was das Verhältnis von Regierung und Parlament angeht, werde ich dies zum Anlass nehmen, mit der Regierung über ein geregeltes Verfahren zu sprechen, auf das sich das gesamte Parlament verlassen kann. Es liegt dies auch im Interesse des Präsidenten dieses Hauses. Wer immer er ist, glaube ich, er hätte genauso gehandelt.

Zweitens. Herr Kollege Gabriel, in dem Entwurf der Tagesordnung war vorgesehen, bis 17.30 Uhr zu tagen. Deshalb hätte sich diese Frage erübrigt. Ich möchte nur darauf hinweisen; ich verstehe alles, gebe jetzt auch sofort Herrn Hagenah das Wort. Wenn die Beratung nur bis 17.30 Uhr gedauert hätte - das war die Annahme im Ältestenrat;

ich habe das selber vorgetragen -, hätte sich die Frage, ob die Minister im Parlament sein können oder sollen, erübrigt, weil sie nämlich um 17.30 Uhr noch nach Berlin hätten fahren können.

(Zuruf von der CDU: So war es! - Bernd Althusmann [CDU]: Große Augen macht er da! - Sigmar Gabriel [SPD]: Tut mir Leid!)

Das war der Sachstand im Ältestenrat.

(Zuruf)

- Sie waren doch gar nicht da. Es ist doch nicht zu bezweifeln, was ich hier sage. Das können Sie doch im Protokoll nachlesen.

Jetzt hat Herr Hagenah das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilt haben.

Herr Althusmann, Ihr Beitrag war eben ein beredtes Beispiel dafür, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hätten wir vor drei Monaten diese Frage hier zu diskutieren gehabt, wären Sie der Erste gewesen, der nach vorne geeilt wäre und genau in der Form, wie jetzt von Herrn Möhrmann dargestellt,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Aber deut- lich lauter!)

das heftigst kritisiert hätte. Sie hätten Recht gehabt. Wir sitzen nicht im Glashaus. Wir saßen vor drei Monaten in der Opposition und sitzen da heute noch.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich glaube, dass dieser Vorwurf, dass sich eine Fraktion beschwert, die neu in der Opposition sitzt und vielleicht an der einen oder anderen Stelle vorher anders mit der Opposition umgegangen ist, für Sie so nicht gelten kann. Sie haben in Ihrer parlamentarischen Oppositionszeit so häufig dieses Thema in den Landtag geholt, so häufig die Regierung zitiert, dass Sie die Letzten sind, die die Hände in Unschuld waschen können. Sie müssen auf jeden Fall akzeptieren, dass hier eine Opposition das Recht hat, informiert zu werden.