Protocol of the Session on January 21, 2004

Haben Sie richtig gelesen, was der Oberbürgermeister von Braunschweig gesagt hat? - Er hat sich sehr konstruktiv eingebracht. Seine Gedanken werden sicherlich in die Überlegungen einbezogen. Aber natürlich kann nicht jeder in vollem Umfang Recht bekommen. Wir werden uns schon darauf einigen müssen, damit wir zu einem vernünftigen Ergebnis kommen. Dieses Ergebnis wird in einem Monat bis zwei Monaten hier vorgestellt werden. Von daher gilt: Aktuelle Stunde in allerletzter Sekunde, allerdings ohne besonderen Anlass.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dr. Rösler das Wort. Herr Dr. Rösler, bitte!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lennartz, man denkt sich so: Viel ist in dieser Plenarsitzungswoche nicht los. – Das ist zugegebenermaßen der Fall. Wenn Sie deswegen aber glauben, Sie müssten eine witzige Frage stellen, und damit sei die Arbeit schon getan, dann muss ich Sie enttäuschen.

(Beifall bei der FDP)

Das einzig wirklich Interessante war der Titel Ihres Antrages zur Aktuellen Stunde. Dabei ist doch eigentlich ganz einfach, was sich die Koalition vorgenommen und was sie bisher umgesetzt hat. Wir haben ganz klar gesagt und im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die Bezirksregierungen abgeschafft werden. Auch wenn Sie immer wieder versuchen, eine solche oder ähnliche Mittelinstanz durch alle möglichen Hintertürchen wieder einzuführen, sage ich Ihnen: Der Beschluss, die Bezirksregierungen abzuschaffen, ist für diese Koalition unumkehrbar!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sigrid Leuschner [SPD]: Aber er ist falsch!)

Wir bekämpfen hier keine Institution und schon gar nicht die Menschen, die dort arbeiten. Aber sehr wohl bekämpfen wir Aufgaben, Vorschriften, Gesetze und Verordnungen. Die Menschen in unserem Lande werden doch den Erfolg von Verwaltungsreformen nicht daran messen, wie viele Instanzen es in Niedersachsen gibt, sondern die

Menschen messen den Erfolg von Verwaltungsreform daran, ob sie für den einen oder anderen Vorgang überhaupt noch eine Genehmigung brauchen, und daran, wie lange so etwas dauert, wenn sie denn eine Genehmigung brauchen, und was das kostet.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Wir haben doch Verwaltungsvorschriften abge- baut!)

Deswegen, meine Damen und Herren, haben sich diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen auf die Fahnen geschrieben, dass an erster Stelle die Aufgabenkritik steht. Welche staatlichen Aufgaben müssen überhaupt noch wahrgenommen werden? Welche Aufgaben können wir womöglich privatisieren, und welche müssen wir womöglich kommunalisieren?

Wenn Sie so schön Zeitung lesen, dann frage ich mich, warum Sie die Ergebnisse, die klar und deutlich vorgestellt worden sind, nicht verstanden haben. Aktuelles Beispiel ist die Reform im Bereich der Sozialverwaltung, dem Bürokratischsten, was es momentan auf Landesebene gibt. Es sind klare Konzepte vorgelegt worden. Wir tun einen klaren Schritt in Richtung auf Abschaffung der Bezirksregierungen und vor allem hin zu einer schlanken, effizienten Verwaltung. Die Menschen wollen keine Mittelinstanzdiskussion, sondern eine effiziente und schnelle Verwaltung. Das, was vorgelegt worden ist, das, was wir bisher sehen, ist genau das, was wir den Menschen vor der Wahl versprochen haben. Anders als Sie haben wir unsere Versprechen nach der Wahl gehalten. Die Menschen werden überrascht sein, wie positiv die Verwaltungsreform im Frühjahr dieses Jahres abgeschlossen werden kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Althusmann noch einmal das Wort. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Kollegin Leuschner, Herr Dr. Lennartz, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich SPD und Grüne offenbar immer noch im Dschungel befinden. Viele Men

schen hoffen, dass wir sie dort nie wieder herausholen.

Meine Damen und Herren, in Sachen Verwaltungsreform haben wir seit 1993 eine Odyssee erlebt, eine Odyssee der Aktivierung, der Modernisierung, der Reformierung der Landesverwaltung in Niedersachsen. In mehr als 200 Projekten wurde reformiert, wurden Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräche ausprobiert, wurden kontinuierliche Verbesserungsprozesse angeregt. Was ist als Ergebnis herausgekommen? – Überhaupt nichts! Das ist Ihre Bilanz nach mehr als zehn Jahren Verwaltungsreform in Niedersachsen gewesen.

Wenn Sie beklagen, dass es hier und da zu einzelnen Fragen auch mal unterschiedliche Ansichten geben kann, dann erinnere ich, sehr geehrter Herr Gabriel, an den 12 August 1999: SPDLandesregierung streitet über Verwaltungsreform – Agrarämter vor dem Aus? – Intern kündigt der damalige Landwirtschaftsminister Bartels heftigsten Widerstand gegen die Pläne der Landesregierung an.

Sie, Herr Gabriel, haben – ich habe eine schöne Sammlung dabei - am 9. Juli 1998 erklärt: Wir von der SPD nennen es Verwaltungsreform, aber gemessen an den Maßstäben des preußischen Beamtenrechts ist doch vieles, was wir machen wollen, eher eine Verwaltungsrevolution. - Meine Damen und Herren, wo ist die Verwaltungsrevolution in Niedersachsen geblieben? Wo ist denn dieses Land in der Frage des Personalabbaus, in der Frage des Ämterabbaus, bei der Reduzierung der Personalkosten, bei der Abschaffung von Vorschriften und Gesetzen vorangekommen?

Meine Damen und Herren, nun noch ein schönes Zitat zur Frage der Bezirksregierungen. Am 25. April 1998 sagte Herr Gabriel:

„Ich denke nicht, dass wir permanent alles durch Bezirksregierungen“

man höre, und man staune –

„kontrollieren lassen müssen. Dies ist ein Hinweis. Ich bin nicht gegen die Bezirksregierung, aber ich würde sie mir eher als Regionalbehörde vorstellen, regionales Management usw.“

Meine Damen und Herren, es gibt in Sachen Verwaltungsreform in Deutschland, nicht nur in Niedersachsen, mit Sicherheit keine Wissensdefizite,

und mit Sicherheit gibt es in Baden-Württemberg auch andere Überlegungen. Wir wissen aber auch, dass aus Baden-Württemberg sehr genau darauf geschaut wird, was wir in Niedersachsen machen. Wir sind fest davon überzeugt, dass unser Weg Aufgabenkritik, Prüfung der Notwendigkeit, Gesetzesabbau, Vorschriftenabbau, Bürokratieabbau, Personalabbau und Ämterabbau - richtig ist. Diese Landesregierung und dieser Innenminister haben damit endlich die notwendige Entbürokratisierung in Niedersachsen auf den Weg gebracht. Sie haben dazu elf Jahre gebraucht, wir haben nicht einmal elf Monate benötigt. - Vielen Dank, Herr Innenminister.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Leuschner noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Althusmann, Ihre Aussagen provozieren doch ein bisschen. Wir haben in dem Zeitraum, in dem wir Verwaltungsreform gemacht haben, Stellen in einer Größenordnung von weit über 10 000 abgebaut. Das hat Herr Staatssekretär Meyerding bestätigt. Unsere Verwaltungsreform kann sich im Ländervergleich sehen lassen. Das ignorieren Sie einfach.

Herr Dr. Rösler, ein Hinweis: Wenn die Landesregierung eine ergebnisoffene Aufgabenkritik voranstellen würde, könnten wir den Weg auch unterstützen. Aber nein, sie zerschlägt erst und löst Institutionen auf, die sich bewährt haben. Das tragen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Schünemann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Verwaltungsreform der Landesregierung gibt es keine wirkliche Alternative.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe gestern einem Interview des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt anlässlich seines 85. Geburtstages gelauscht, in dem er ungefähr Folgendes gesagt hat: Die überschäumende Bürokratie ist unerträglich und mittlerweile gefährlich. Alleinschuldiger ist die Politik. Sie ist leider nicht in der Lage, gegenzusteuern.

Ich bin ganz sicher, dass er dabei linke Seite des Hauses im Auge gehabt hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn die Landesregierung und rechte Seite des Hauses gehen mutig Reformen an. Wir werden den Staat auf seine Kernaufgaben beschränken; das ist in der heutigen Zeit notwendig. Die Ankündigung, die Bezirksregierungen abzuschaffen, hat zur größten Aufgabenkritik dieses Landes geführt.

Meine Damen und Herren, wir werden diese Verwaltungsreform in einer Rekordzeit umsetzen. Am 1. April letzten Jahres hat die Stabsstelle Meyerding die Arbeit aufgenommen. Wir werden bis zu den Osterferien alle Bereiche präsentieren und vorstellen, und wir werden es schaffen, grundsätzlich einen zweistufigen Verwaltungaufbau in Niedersachsen umzusetzen. Das ist einmalig, und das ist wichtig für die bürgerfreundliche Verwaltung in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Polizeireform ist durchgesetzt. Aus Bayern wurde das Konzept sogar schon angefordert, weil es dort genau umgesetzt werden soll. Das Reformkonzept für die Sportverwaltung ist umgesetzt worden. Wir erleben, dass der Landessportbund und die Fachverbände sehr froh über das sind, was wir dort gemeinsam erarbeitet haben.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Aller?

Ich habe nur fünf Minuten. Wenn ich mehr Redezeit bekomme, kann ich sie gern zulassen.

(Heinrich Aller [SPD]: Ja oder nein?)

- Ich soll weiterreden. - Am Montag habe ich mit der Kollegin Frau Dr. von der Leyen ein Musterbei

spiel für Verwaltungsreform der Landesregierung vorgestellt: größte Aufgabenkritik, 30 % aller Aufgaben in der Sozialverwaltung fallen weg, 20 % werden privatisiert und kommunalisiert, lediglich 50 % der Aufgaben bleiben übrig. Wie gehen wir da vor? - Wir gucken uns jede Aufgabe an und fragen: Wie kann diese Aufgabe wirtschaftlich und effizient umgesetzt werden? Dadurch stellt man fest, ob im Landesamt für Soziale Aufgaben etwas parallel gemacht wird. Wir werden die Aufgaben, die dort bisher schon mit erledigt worden sind, noch weiter stärken und 70 Stellen dorthin überführen. Gleichzeitig haben wir gesagt, dass wir die Landesämter nicht aufblähen. Deshalb wird das Landesamt für Soziale Aufgaben am Ende der Reform nicht 950 Mitarbeiter haben, sondern 780. Auch hier, meine Damen und Herren, haben wir Wort gehalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben gesagt, dass wir uns auch regional präsentieren müssen, dass wir für die Bürger und die Kunden ansprechbar sein müssen. Deshalb werden wir insgesamt sieben Standorte des NLZSA haben. Wir werden einen zusätzlichen Standort in Lüneburg einrichten. Meine Damen und Herren, die Presseberichte aus Lüneburg und Osnabrück zeigen: Die Verwaltung und die Menschen dort sind froh, dass es jetzt endlich klare Zuständigkeiten gibt. Dies ist ein Musterbeispiel dafür, wie wir uns Verwaltungsreform vorstellen.

Meine Damen und Herren, alle zwei, drei Wochen werden wir für andere Bereiche ähnliche Pressekonferenzen veranstalten. Es wird jedes Mal ein wunderbarer Tag für Niedersachsen sein und ein schwarzer Tag für linke Seite,

(Bernd Althusmann [CDU]: Ein wahr- lich schwarzer Tag!)

weil Sie erkennen werden: Na gut, das haben die vernünftig hinbekommen, das ist eine schlanke Verwaltung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)