Über die Reaktion von Bündnis 90/Die Grünen auf unsere Vorschläge am Montag habe ich mich natürlich schon gewundert. Da wurde gesagt, der Korruption würde damit Tür und Tor geöffnet. Meine Damen und Herren, das finde ich ungeheuerlich. Nur weil wir kommunalisieren und die Heimaufsicht auf Kommunen übertragen, unterstellen Sie, Kommunalbeamte seien vielleicht anfälliger
als andere. Was haben Sie eigentlich für ein Weltbild von Kommunalbeamten? - Ich finde solche Aussagen ungeheuerlich und muss solche Unterstellungen wirklich zurückweisen.
Ich will auch gern auf das Interview mit Oberbürgermeister Hoffmann aus Braunschweig eingehen, der dort in Braunschweig hervorragende Arbeit leistet.
Als Oberbürgermeister muss er natürlich darauf achten, dass möglichst viele Verwaltungsarbeitskräfte in seiner Region Braunschweig bleiben. Das ist doch überhaupt keine Frage.
Deshalb hat er natürlich auch eigene Vorstellungen dafür, wie man so etwas organisieren kann. Wie geht man mit einer solchen Situation um? Man spricht miteinander. Ich habe am Montag oder Dienstag ein Gespräch mit ihm geführt. Es ist völlig klar, dass wir das, was wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, auch umsetzen. Wir werden Verwaltungsarbeitsplätze gerade in der Fläche, in Braunschweig, in Oldenburg, in Lüneburg und auch im übrigen Lande erhalten, möglichst sogar ausbauen, wir werden sie aber nicht in Hannover zentralisieren. Das haben wir mit dem Beispiel der Sozialverwaltung bewiesen. Genauso werden wir die Verwaltungsreform auch in anderen Bereichen umsetzen.
Ein letzter Punkt, weil er hier angesprochen worden ist. Natürlich gibt es bei der Verwaltungsreform eine Ressortfixierung. Das ist überhaupt keine Frage. Aber die Verwaltungsmodernisierung hat die Aufgabe, jeden Bereich und jede Aufgabe einzeln zu analysieren. Für die Aufgaben, die in der Landesverwaltung bleiben, stellt sich dann die Frage: Wo können sie am wirtschaftlichsten, am effektivsten und vor allem am kundenfreundlichsten für die Wirtschaft erfüllt werden? Darüber gibt es natürlich manchmal unterschiedliche Auffassungen, oder es entwickelt sich ein Streitpunkt. Auch das ist keine Frage. Aber wie ist es bei uns im Kabinett? - Ich habe diesen Brief kurz vor Weihnachten bekommen und habe sofort angerufen. Wir haben uns „frohe Weihnachten“ ge
wünscht, sofort einen Termin vereinbart und uns im Januar getroffen. Wir haben alles vernünftig auf den Weg gebracht, und Sie werden in drei, vier Wochen erleben, dass alle Minister, die bei der Abschaffung der Bezirksregierungen betroffen sind, mit dem Innenminister vor die Presse treten und einmütig ein hervorragendes Konzept vorlegen: zweistufige Verwaltung in Niedersachsen, Bürokratieabbau, 30 % weniger Gesetze.
Meine Damen und Herren, es wird ein schönes Jahr für diese Landesregierung, und es wird ein schönes Jahr für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande.
d) Vorsatz oder Unwissenheit? Umweltminister Sander riskiert Strafzahlungen und Verlust von EU-Fördermitteln in Millionenhöhe - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/733
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit fast einem Jahr müssen wir erleben, wie in der Umweltpolitik unseres Landes die Wahrung der Interessen der Menschen in diesem Lande systematisch an Bedeutung verliert bzw. dass gegen sie verstoßen wird. Der Umweltminister läuft anlässlich eines Besuches des Schachtes Konrad mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Kerngesund“ durch die Gegend.
Er lehnt es ab, sich für eine bundesweite Endlagerstandortsuche einzusetzen, ist aber dafür, das Landesamt für Ökologie schnellstmöglich abzuschaffen. Als große Tat gibt er dann seine Brenntageverordnung heraus. Diese Politik können wir seit fast einem Jahr verfolgen. Diese Politik setzt er konsequent fort. Trotz einer klaren Warnung im Rahmen einer Dringlichen Anfrage zum Thema der
FFH-Gebiete, die nach Europa zu melden sind, ist er der Meinung, er müsse diese Politik des Nichthandelns konsequent fortführen. Dass er dabei Bußgelder in Kauf nimmt bzw. Kürzungen von EUFördermitteln riskiert, scheint ihm nicht von großer Bedeutung zu sein. Er verfährt nach dem Motto: Wir haben zwar verfassungswidrige Haushalte, das ist richtig, aber dennoch haben wir ja noch irgendwo Mittel.
Worum geht es denn eigentlich? - Seit längerer Zeit fordert die EU, dass bestimmte Naturschutzgebiete gemeldet werden. Es geht darum, Gebiete mit einer Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen sowie Landschaftsgebiete, die für die Nachhaltigkeit von Umweltpolitik in diesem Land stehen, zu schützen. Dies zeigt, dass wir auch über den Tag hinaus denken. Der Minister allerdings hat bis heute kein einziges konkretes Projekt nachgemeldet. Das Dreiste an der ganzen Geschichte ist: Wer ist wieder einmal schuld? - Die Bundesregierung und der Bundesumweltminister! Dabei hat unser Umweltminister mit dem Bundesumweltminister und den Umweltministern der anderen Länder ein Verfahren vereinbart. Dieses Verfahren sieht vor, dass klargemacht werden muss, um welche konkreten Gebiete es für Niedersachsen gehen wird. Aber man bleibt bei der Position, die im November letzten Jahres vertreten worden ist: Wir halten uns zwar nicht an Fristen, aber wir werden das schon irgendwie hinkriegen. - Gleichzeitig sieht man gelassen zu, wie andere Bundesländer, die ebenfalls gegen Fristen verstoßen haben - da sind wir in Deutschland nicht allein -, den Anforderungen der EU nachkommen.
(Anneliese Zachow [CDU]: Das ist falsch! - Ursula Körtner [CDU]: Walter, du hast dich schon so oft geirrt!)
Von daher muss man die Frage stellen: Nach welchem Motto verfährt der Umweltminister? Ist es das Motto „Wir kommen irgendwie durch!“?
- Mit den Menschen, das ist eine ganz tolle Sache. - Ist das hier ein Vorsatz oder ist das hier das Motto „Unwissenheit“?
(Anneliese Zachow [CDU]: Vorsatz liegt ganz woanders! - Gegenruf von Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist schon Vorsatz!)
Wir können uns nicht so ganz entscheiden. Aber eines von beiden trifft aus unserer Sicht allemal zu.
Wenn man die knappen Fristen einhalten will, dann braucht man dafür auch funktionierende Behörden. Frau Zachow, das wissen Sie. Die funktionierenden Behörden, die für die Meldungen, die nachzuliefern sind, zuständig sind, sind das Landesamt für Ökologie und die Bezirksregierungen. Wir haben gerade die Debatte zum Thema Verwaltungsreform geführt. Ihr Ansatz ist, zu sagen: Lassen wir das einmal auf uns zukommen. Mal sehen, vielleicht kommen wir durch, vielleicht kommen wir nicht durch. - Ich kann Ihnen nur sagen: Mit dieser Position kommen Sie erstens nicht durch, zweitens schaden Sie eindeutig dem Land Niedersachsen.
Von daher können wir an dieser Stelle nur noch einmal deutlich sagen: Herr Minister, Sie werden nicht einmal behaupten können, Sie hätten nicht gewusst, in welche Gefahrensituation Sie dieses Land bringen. Insofern kann man am Ende nur die Frage stellen: Ist das tatsächlich Vorsatz, Herr Minister? - Das will ich Ihnen nicht unterstellen, da Sie vor dem Landtag erklärt haben, dass Sie sich besonders dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen verpflichtet fühlen. Ist das denn nun Unwissenheit? - Wenn es Unwissenheit ist, Herr Minister, dann kann ich Ihnen dazu nur einen ganz schlichten Satz sagen, der lautet: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ministerpräsident a. D., der dieses Verfahren in der Vergangenheit selber zu verantworten hatte, hat gestern wieder einmal mit einem großen Aufschlag von sich reden gemacht hat, wird aber wahrscheinlich heute nach alter Methode wieder zurückrudern. Nun ist er aber Gott sei Dank wenigstens im Saal anwesend, nachdem er im September und November, als dieses Thema schon einmal auf der Tagesordnung stand, wahrscheinlich durch Abwesenheit geglänzt hat.
Die sporadischen Auftritte des ehemaligen Ministerpräsidenten entschuldigen alles in dieser Frage, auch betreffs der Anfrage.
- Jawohl, Herr Kollege Meinhold. - Das sozialdemokratisch geführte Land Niedersachsen hat sechs Jahre gebraucht, um der Kommission erste FFH-Gebiete zu melden.
Meine Damen und Herren, Sie haben dann - das ist ein starkes Stück - nach Eingang der Klage noch einmal fast ein Jahr gebraucht, um eine zweite Meldung nachzuschieben. Aber, Herr Kollege Meinhold, warum ist gemeldet worden? - Es ist eigentlich schon ein starkes Stück, was in Ihrer Anfrage und in der Pressemitteilung des Ministerpräsidenten a. D. steht. - Weil die Kommission Druck gemacht hat, und zwar mit dem Argument, dass es keine EU-Fördermittel gibt, wenn nicht schnellstens Klarheit über FFH-Gebiete herbeigeführt wird. Meine Damen und Herren, das war der so genannte europapolitische Weckruf, den Sie gehört haben.
Dann kam es im Jahre 2001 zur Verurteilung des Bundes wegen unvollständiger Gebietsmeldungen. Ab Juni 2002 fanden dann aufgrund dieser unvollständigen Gebietsmeldungen so genannte wissenschaftliche Seminare statt. Die ersten Protokolle für die atlantische Region, Herr Ministerpräsident a. D., sind Ihnen bereits am 26. August 2002 übersandt worden.
Die Protokolle für die kontinentale Region sind Ihnen im Dezember 2002 übersandt worden. Das zum Sachverhalt. Meine Beamten - das sind noch die gleichen, die schon damals mit dieser Sache befasst waren – haben mir gesagt, dass es eine Weisung des Umweltministers gegeben habe, das liegen zu lassen und abzuwarten, wie das Wahlergebnis ausfällt, um die Meldungen nach der Wahl zu machen. Ich verstehe dieses Vorgehen. Das ist kein Vorwurf, Herr Kollege Jüttner. Aber das hat dazu geführt, dass die neue Landesregierung sofort im März daran gegangen ist, dieses Verfahren in Gang zu setzen, und zwar in folgender Weise: Im März haben wir dem BMU das NiedersachsenKonzept - später wurde das Kabinett damit befasst - zur Vorbereitung von vertraulichen Gesprächen mit der Kommission gegeben.
Wir haben also ein Konzept dafür vorgelegt, wie wir eine Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens gewährleisten können. Wir wollten diese Gespräche mit dem BMU und der Kommission schon im November führen, diese sind aber auf Wunsch der Kommission auf heute und morgen verschoben worden. Wir haben dann vereinbart, diese Gespräche möglichst im Einvernehmen zu führen, damit wir nicht unnötigerweise Unruhe hineinbringen. Die Gebietsmeldungen müssen fachlich korrekt und nachvollziehbar sein. Meine Beamten sagen mir jedoch, dass das im Augenblick nicht gewährleistet ist.