Danke schön, Frau Korter. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Voigtländer zur gleichen Eingabe.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Petentin und andere Eltern bitten um eine einkommensabhängige Förderung der Kosten für Fahrkarten für die Schuljahrgänge 11 und höher ebenso wie um die Mitfinanzierung der Lernmittel. Da das Schüler-BAföG für viele nicht mehr reicht und die einkommensschwachen Familien Hilfe benötigen, sehen sie ihre Forderung als gerechtfertigt an. Sie verweisen auf positive Regelungen in anderen Ländern wie Bayern, BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz. Chancengleichheit in der Bildung sei ihrer Ansicht nach für Kinder aus ärmeren Familien in Niedersachsen nicht gegeben.
Nach den Bestimmungen des Niedersächsischen Schulgesetzes besteht ein Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung lediglich bis zum Ende der 10. Klasse. Nach der 10. Klasse müssen die Eltern die Schülerbeförderungskosten aus eigenen Mitteln finanzieren. Studienreisen, zusätzliche Bildungsangebote und der Kauf von Lernmitteln sind insbesondere von Empfängern von Arbeitslosenund Sozialhilfe nicht leistbar. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sind ehemalige Unterstützungen für Hilfeempfänger weggefallen. Die Petentin und die Eltern aus Hildesheim wollen eine Mitfinanzierung. Es entstehen zusätzliche Kosten von zusätzlich über 600 Euro pro Jahr, wie wir soeben von Frau Kollegin Korter gehört haben. Die Erziehungsberechtigten können sich das nicht leisten. Im Übrigen ist die Situation in vielen Landkreisen inzwischen gleich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann nicht sein, dass Kindern aus armen Familien höhere Bildungsabschlüsse deshalb verwehrt sind, weil sie sich die Fahrkarte zur Schule nicht mehr leisten können. Insbesondere nach PISA kann sich diese Gesellschaft ein größeres Armutszeugnis nicht ausstellen.
Ich weiß nicht, ob die Landesregierung untätig bleibt. Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Kultusminister, wissen, wie man helfen kann. Im Kultusausschuss
haben, wenn ich mich richtig erinnere, alle Fraktionen dieses Thema zumindest für dringlich gehalten.
Eigentlich ist es ganz einfach: Erstens. 2008 wird in Niedersachsen die Lehr- und Lernmittelfreiheit wieder eingeführt.
Zweitens. Der § 114 Niedersächsisches Schulgesetz wird geändert. Es muss in Absatz 1 eingefügt werden: „Dies gilt auch für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 11 bis 13, die Sozialgeld nach § 28 SGB II erhalten.
Drittens. Wenn Sie das nicht wollen, wofür es aus Ihrer Sicht sicherlich Gründe gibt, starten Sie mit unserer Unterstützung eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, das SGB II so zu ändern, dass die Schülerbeförderungskosten als abweichende Leistung nach § 13 SGB II anerkannt werden.
Die Niedersächsische Landesregierung ist verpflichtet, den formalen Zugang zu Bildung nicht nur offenzuhalten, sondern auch die materiellen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Angebote auch realisiert werden können. Bildung darf in Zukunft nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.
Danke schön. - Zur gleichen Petition spricht Frau Kollegin Körtner von der CDU-Fraktion. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Petition, die die Kollegen vorgestellt haben, geht es um zwei Sachverhalte: erstens um die Lernmittelfreiheit und zweitens um die Übernahme von Anteilen der Schülerbeförderungskosten. Wir haben seit 2005 die entgeltliche Lernmittelausleihe. Eltern müssen von daher nicht in vollem Umfang für die Kosten für Schulbücher einstehen, sondern haben Angebote erhalten, mit denen sie um bis zu zwei Drittel von den Kosten für Lernmittel entlastet werden können.
In dieser Petition geht es aber um etwas anderes. Leistungsberechtigte nach den SGB II, VIII und XII werden von dem Entgelt für die Lernmittelausleihe vollständig befreit. Dieses trifft für die Petenten zu. Von daher ist der Bereich Lernmittel abgearbeitet.
Die von den Petenten geforderte Erstattung der Schülerbeförderungskosten ab Klasse 11, also Sekundarstufe II, stellt in der Tat für die einkommensschwachen Petenten ein großes Problem dar, weil es sich auf das Jahr bezogen - bei 570 Euro für ein Jahresabo - um wirklich hohe Beträge handelt. Wir haben dieses Thema im Kultusausschuss eingehend beraten. Von daher kann ich das, was Frau Korter und Herr Voigtländer gesagt haben, nicht nachvollziehen; denn dem Anliegen der Petenten - die Opposition fordert Berücksichtigung - kann gar nicht entsprochen werden, weil es gesetzliche Regelungen gibt, die auf Bundesebene, bei Ihrem Herrn Müntefering, liebe Kolleginnen und Kollegen, angesiedelt sind.
Unser Kultusministerium steht in einem regen schriftlichen Austausch mit besagtem Herrn Müntefering aus dem Bundesarbeitsministerium. Dabei geht es darum, dass mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des SGB II weitergehende Sonderleistungen, also auch die Übernahme der Schülerbeförderung, für Leistungsempfänger ausdrücklich ausgeschlossen worden sind. Dies ist ein Gesetz des Herrn Müntefering. Nun bedürfte es einer Änderung des Sozialgesetzbuches II auf Bundesebene, um die Schülerbeförderungskosten als abweichende Leistung anzuerkennen.
Meine Damen und Herren, Sie sind dann auf den Landkreis Hildesheim zu sprechen gekommen, der Träger der Schülerbeförderung ist. Dieser Landkreis ist angewiesen worden, die Konsolidierung seines Haushalts fortzuführen. Sie reden immer von Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Aber Schuldenmachen - dies haben wir hier am eigenen Leibe erfahren - zulasten der jungen Generation ist wohl das Unsolideste und Unsozialste, was es überhaupt gibt.
Ihr könnt doch jetzt nicht wirklich sagen, dass wir das, was die in Berlin nicht gebacken kriegen, hier im Land regeln müssten. Das kann die Opposition von uns nun doch wirklich nicht fordern. Wir bleiben mit Berlin, mit besagtem Herrn Müntefering und seinem Ministerium, weiterhin in einem regen Meinungsaustausch und hoffen, dass wir es hin
bekommen. Das Kultusministerium bemüht sich. Sie wollen doch nicht ernsthaft sagen, dass wir das, was auf Bundesebene zu beschließen ist, hier in Länderverantwortung regeln müssen.
Danke schön. - Zu Wort gemeldet hat sich noch einmal Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Körtner, ich muss mit einem Missverständnis aufräumen und Sie an einer Stelle aufklären. Sie sagten, die Eltern bekämen selbstverständlich die Schulbücher umsonst
oder die Mietgebühr erlassen. In der 12. und 13. Klasse gibt es keine Pflicht, eine Schulbuchmiete an den Schulen einzuführen. Sie reicht nur bis Klasse 11, und die Oberstufe geht bis zur Klasse 13. Das trifft also an dieser Stelle überhaupt nicht zu.
Dann haben Sie sich vollständig auf das SGB II zurückgezogen, Frau Körtner. Ich habe ausdrücklich gesagt: Die einzige und schnellste Möglichkeit für das Land Niedersachsen, hier aktiv zu werden und Hilfe zu leisten, besteht in der umgehenden Einführung eines Sozialfonds. Damit könnten wir bedarfsgerecht helfen.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Dann schla- gen Sie ihn für den nächsten Haushalt vor! Wir haben ihn heute aber nicht!)
Das machen einige Kommunen, auch wenn sie es nicht dürfen, weil sie z. B. den Haushalt nicht genehmigt bekommen. Wir haben dies bereits vorgeschlagen.
- Wir haben es im letzten Jahr für den Mittagstisch vorgeschlagen; das ist Ihnen vielleicht entgangen.
Das wollten Sie nicht. Ich halte dies für skandalös: Entweder will man, dass auch Kinder aus armen Familien an Bildung teilhaben, oder man will es nicht. Wenn man es will, dann muss man dafür auch etwas tun.
Danke schön. - Zu den Eingaben 3677 und 3766 (01-02) hat sich von der SPD-Fraktion Frau Kollegin Somfleth zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen drei Eingaben geht es um die geplante Elbvertiefung. Der Einsender der Eingabe 3677 (01) hat für den NABU Niedersachsen sehr detailliert und überzeugend die ablehnende Haltung seines Verbandes, der sich auch die beiden anderen Petenten vollinhaltlich angeschlossen haben, begründet und die Forderung erhoben, dass das Parlament und nicht allein das Kabinett über die Erteilung des Versagens oder die Erteilung des notwendigen Einvernehmens entscheiden solle.
Wenn es die Mitglieder der Regierungsfraktionen, vor allem die aus der betroffenen Region, mit ihrer kritischen Position zur Elbvertiefung ernst meinen und ihre Glaubwürdigkeit wahren wollen, dann müssen sie bezüglich der NABU-Petitionen vor allem auch wegen des sogenannten Parlamentsvorbehalts für „Berücksichtigung“ und nicht für „Material“ votieren. Es geht doch wirklich nicht anders. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass die Landesregierung auch gegen den erklärten Willen des Parlaments einer erneuten Elbvertiefung zustimmt,
obwohl doch lediglich ein Bruchteil der im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Beweissicherungspflicht für die letzte Fahrrinnenanpassung erfüllt worden ist.
Wenn Sie also die Befürchtung, die vor Ort immer häufiger geäußert wird, dass sich die Landesregierung nur über den Wahltermin hinaus retten will, bevor sie ihr Einvernehmen erteilt,
nachhaltig entkräften wollen, dann stimmen auch Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, für „Berücksichtigung“. - Schönen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die drei vorliegenden Petitionen sind zur vom Bund geplanten Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe gestellt. Die SPD hat diese Eingaben strittig gestellt. Nachher werden wir dieses Thema erneut auf der Tagesordnung haben; es ist manchmal schon ermüdend, wenn man sich zu diesem Thema ständig wiederholen muss.
Frau Somfleth, was Sie eben zum wesentlichen Inhalt dieser Petitionen vorgetragen haben, ist falsch. Sie können es gerne noch einmal nachlesen. Das Ziel der Petitionen ist, dass das Land Niedersachsen grundsätzlich sein Einvernehmen zur Elbvertiefung verweigert. Fakt ist: Wir können unser Einvernehmen pauschal gar nicht versagen. Dies wissen auch Sie. Es ist nur dann möglich und damit auch rechtlich vertretbar, wenn gravierende Fragen der Landeskultur und der Wasserwirtschaft erheblich verletzt sind. Deswegen haben wir im Ausschuss auch nicht „Berücksichtigung“ beschlossen, sondern uns dafür ausgesprochen, die Petition als Material an die Landesregierung zu geben. Einen Beschluss „Berücksichtigung“ durch den Landtag würde die Landesregierung binden. Dann hätte die Landesregierung keinen Entscheidungsspielraum mehr und müsste eventuell rechtswidrig handeln.
Meine Damen und Herren von der SPD, wären Sie heute in der Verantwortung, was Sie ja Gott sei Dank nicht sind, hätten Sie diesen Antrag nicht gestellt. Aber Opposition ist eben immer so viel einfacher, weil man keine Verantwortung zu tragen braucht.
Petitionen viele richtige und gute Argumente aufgeführt sind, die berücksichtigt und beachtet werden müssen. Die Landesregierung wird diese Argumente in ihren Entscheidungsprozess einbeziehen. Darum haben wir im Ausschuss „Material“ empfohlen; dabei werden wir auch heute im Landtag bleiben.