Protocol of the Session on June 5, 2007

(Beifall bei der SPD)

Die Forderungen der Verbände sind nicht einfach aus dem Gefühl heraus genannt worden, sondern sie sind alle im Landespflegebericht begründet. Es sind die Forderungen von Experten, die wissen, wovon sie reden. Wir sollten ihren Forderungen entsprechen.

Mit der Wiedereinführung der Umlagefinanzierung für die praktische Ausbildung zum Altenpfleger und zur Altenpflegerin würde dem bereits heute absehbaren Mangel an Fachkräften frühzeitig gegengesteuert werden. Ich sage das noch einmal zur Erinnerung und mit großer Geduld, da ich die Hoffnung nicht aufgebe, Sie mit der Wiedereinführung der gesetzlichen Umlagefinanzierung für den praktischen Teil der Ausbildung zum Altenpfleger bzw. zur Altenpflegerin auf den richtigen Weg zu bringen.

(Zuruf von der CDU)

- Doch, heute noch! - Mit der gesetzlichen Umlagefinanzierung war nämlich die Zielsetzung verbunden, dass landesweit alle Pflegeeinrichtungen solidarisch einen Beitrag entrichten, in einen gemeinsamen Topf einzahlen. Die ausbildenden Betriebe sollten dann entsprechend ihrem tatsächlichen Ausbildungsumfang von der Umlage profitieren, diejenigen Unternehmen hingegen, die nicht selbst ausbilden, sollten außen vor bleiben.

Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP - und natürlich auch von der CDU. Herr Riese von der FDP ist mir sehr angenehm in Erinnerung. Seine Aussage hat mir gut gefallen. Deswegen habe ich eben automatisch zunächst nur die FDP angesprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU und der FDP, alles, was ich gesagt habe, wurde im

Landespflegebericht vom Kultusministerium schwarz auf weiß geschrieben. Schwarz ist doch sonst Ihre Farbe. Warum gehen Sie in diesem Fall so achtlos damit um? Das ist unverantwortlich. Sie haben zurzeit die Verantwortung in Niedersachsen. Da hilft nur eines: Sie müssen aus der Verantwortung entlassen werden,

(Beifall bei der SPD)

damit die Menschen in Niedersachsen endlich wieder auf eine Sozialpolitik vertrauen können, die das Wort „sozial“ verdient und die die Menschen in Niedersachsen verdienen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Helmhold zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir dieses Thema wiederholt diskutiert haben und vonseiten der Regierungskoalition überhaupt keine Bereitschaft besteht, auf unsere Argumente einzugehen, werde ich meine Redezeit im Wesentlichen dazu nutzen, aus der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen vor der Enquete-Kommission vorzutragen. Diese Verbände repräsentieren einen großen Teil der ausbildenden Einrichtungen in Niedersachsen.

Ich zitiere mit der Genehmigung der Präsidentin:

„Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der jährlich aufgenommenen Schüler um 20 % gesunken, was dazu führte, in mehreren Schulen Klassen abzusagen. Die Ursache für den Rückgang der Ausbildungszahlen ist nicht etwa darin zu suchen, dass junge Leute kein Interesse daran hätten, eine Ausbildung zu beginnen, sondern es fehlt an Plätzen für die praktische Ausbildung. Die vorhandenen Schulplätze bleiben frei, weil die Bewerber keinen Ausbildungsvertrag in einer ambulanten oder stationären Ausbildung bekommen und deswegen nicht

ausgebildet werden dürfen. Die Einrichtungen bilden deswegen nicht aus, weil sie die Kosten dafür über das Pflegeentgelt refinanzieren müssen und sie dadurch einen Wettbewerbsnachteil aufgrund der höheren Preise haben.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege plädiert daher mit allem Nachdruck für die Wiedereinführung der Ausbildungsumlage, denn es darf doch wohl nicht sein, dass ausgerechnet die Einrichtungen, die sich verantwortungsvoll um den Pflegenachwuchs kümmern, die Dummen im Wettbewerb sind.“

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Heiner Bartling [SPD])

Meine Damen und Herren, wenn Sie uns schon nicht glauben, dann glauben Sie doch wenigstens den Wohlfahrtsverbänden. Das ist die Situation, und darauf haben wir zu reagieren, wenn die Zukunft der Pflege in Niedersachsen gesichert werden soll, insbesondere auch im ambulanten Bereich, dessen Bedeutung in Zukunft zunehmen wird. Sie spielen hier leichtfertig mit der Versorgungssicherheit der zukünftigen Pflegebedürftigen.

Das von Ihnen in den Ausschussberatungen vorgebrachte Argument, das Umlageverfahren könne nicht wieder eingeführt werden, weil keine Mangelsituation herrsche, ist nicht zutreffend. Das Land kann auf der Grundlage der vorliegenden Zahlen jederzeit einen Notstand erklären, wie dies in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bereits erfolgte. Das Umlageverfahren würde endlich den Missstand beheben, dass die ausbildenden Betriebe gegenüber denen, die dies nicht tun, einen erheblichen Wettbewerbsnachteil haben.

Warum diese Wettbewerbsverzerrung von der FDP so hingenommen wird, lässt sich doch wohl nur damit erklären, dass diese Partei Lobbyvertreterin von gewerblich betriebenen Altenpflegeeinrichtungen ist; denn insbesondere von dort ist in der Vergangenheit eine Fülle von Prozessen gegen die Umlage und damit gegen das Land gestartet worden. Das Bundesverfassungsgericht hat aber entschieden, dass eine solche Regelung im Einklang mit dem geltenden Recht steht.

2003 sprach die CDU hier im Plenum noch vom Pflegenotstand. Heute wollen Sie davon nichts

mehr hören, obwohl sich die Situation seither verschärft hat und aufgrund der demografischen Entwicklung noch weiter verschärfen wird. Warum Sie jetzt nicht handeln, ist mir völlig unverständlich. Offensichtlich hat Sie der Mut verlassen, hier die Weichen für eine Versorgungssicherheit in der Zukunft zu stellen. Die von Ihnen angekündigten Imagekampagnen für den Altenpflegeberuf nützen doch nichts, wenn die Bewerberinnen und Bewerber zwar einen Schulplatz, aber keinen Ausbildungsplatz erhalten. Sie stecken hier den Kopf zum Schaden der heute und besonders der künftig pflegebedürftigen Menschen in Niedersachsen in den Sand.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Kohlenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erneut steht heute das Thema der Wiedereinführung der Umlagefinanzierung in der Altenpflegeausbildung auf der Tagesordnung. Dieses Thema haben wir bereits in aller Ausführlichkeit anlässlich der Großen Anfrage zur Altenpflegeausbildung besprochen. Die Problematik ist offensichtlich. Der demografische Wandel führt zu einem wachsenden Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung und damit langfristig auch zu mehr Pflegebedürftigen. Zugleich wissen wir, dass parallel dazu in fast allen Bereichen ein Mangel an Nachwuchskräften entstehen wird, weil die jungen Menschen fehlen. Wie allerdings eine bürokratische Umlage, die auf Arbeitgeber eher abschreckend wirkt, diesen Mangel beheben soll, erschließt sich mir auch bei der erneuten Beratung nicht. Oder wollen Sie generell eine Ausbildungsabgabe einführen? Glauben Sie wirklich, dass dies das richtige Instrument ist, um eine Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft zu geben?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was wir stattdessen brauchen, sind zukunftsweisende Ausbildungskonzepte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Während Sie unverdrossen alte Rezepte aus der Mottenkiste hervorkramen, ist diese Landesregierung schon längst aktiv gewesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir beteiligen uns an dem Modellversuch des Bundes zur integrativen Pflegeausbildung z. B. in der Henriettenstiftung hier in Hannover. Diese Ausbildung bedeutet, dass zwei Jahre gemeinsam gelernt wird und es im dritten Jahr zu einer Spezialisierung in Alten- und Krankenpflege kommt. Nach Abschluss des Modellversuches wird es von der Auswertung abhängen, ob es zu einer Zusammenführung dieser beiden Berufsbilder kommen wird. Die Federführung liegt beim Bund.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das stimmt! Und wie viele neue Ausbildungsplätze sind das?)

- Das werden wir sehen. - Was machen Sie denn? Sie wollen weiterhin all das machen, was Sie bisher gemacht haben.

(Zurufe von der SPD: Sie wissen es nicht besser! Das ist am Thema vor- bei!)

- Nein, das ist nicht am Thema vorbei. Das passt genau zum Thema. Es geht um die Zukunft. Sie wissen es halt nicht besser. Wie gesagt: Mottenkiste.

Meiner Meinung nach bietet das angesprochene Modell eine gute Chance, die Attraktivität dieses Ausbildungsganges zu steigern.

Wir führen weiterhin den Schulversuch „Pflegehilfe“ durch. Die Zuständigkeit liegt hier beim Land. Mit dieser zweijährigen Ausbildung können die Auszubildenden den Realschulabschluss erreichen und anschließend mit der Ausbildung in der Altenoder Krankenpflege beginnen. Wenn dieser Schulversuch hinreichend ausgewertet worden ist, werden wir die richtigen Schritte einleiten. Meine Damen und Herren, das sind zukunftsfähige Perspektiven für den Pflegeberuf.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auf Initiative des Landes wurde die Landesarbeitsgemeinschaft „Personalinitiative Pflege“ gegründet. In ihr sind alle Akteure, die mit Aus- und Weiterbildung im Pflegebereich befasst sind, vertreten.

Frau Kollegin Kohlenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bachmann?

Sie berichtet regelmäßig im Landespflegeausschuss über die Entwicklung des Angebotes von Ausbildungsplätzen und geben Anregungen zur Erhöhung der Ausbildungsbereitschaft. - Davon haben Sie anscheinend auch noch nichts gehört.

Der hohen Bereitschaft der Einrichtungen ist es zu verdanken, dass zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden konnten, da der Rückgang aufgrund der veränderten Praxis der Bundesagentur für Arbeit bei der Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen kompensiert werden musste.

Gerade durch die Umschulung konnten ältere Kräfte, die sich ganz bewusst für diesen Beruf entschieden haben, gewonnen werden. Sie blieben auch länger im Beruf, im Gegensatz zu den Berufsanfängern nach der Erstausbildung. Auch die Abbrecherquote von Umschülern ist wesentlich geringer.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Die Förderung der Bundesagentur für Arbeit gibt es nur noch für zweijährige Ausbildungen. Der Bund hat eine Bundesratsinitiative der Länder 2004 leider nicht aufgegriffen; diese sah weiterhin die dreijährige Förderung vor.

Betrachten wir jetzt einmal die Ausbildungszahlen; denn sie sind nach § 25 des Altenpflegegesetzes des Bundes die Grundlage, damit ein Umlageverfahren durchgeführt werden kann. Das Land ist hier als Verordnungsgeber für den drohenden Mangel an Ausbildungsplätzen nachweispflichtig. Im Jahr 2002 waren es 4 048, in 2006 4 698 Schülerinnen und Schüler.

Die Ausbildungszahlen im Bereich Altenpflege darf man allerdings auch nicht isoliert sehen, da es heute in den Einrichtungen multiprofessionelle Teams gibt, die durch die gestiegene Pflegebedürftigkeit der Bewohner notwendig sind. Feststellen kann man außerdem, dass immer mehr Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger, die bisher überwiegend in Behinderteneinrichtungen tätig waren, in der Altenpflege arbeiten. Wenn man

diese Zahlen betrachtet - die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der Altenpflege, in der Krankenpflege und in der Heilerziehungspflege -, kommt man auf ganz andere Zahlen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Hört, hört!)