Protocol of the Session on April 27, 2007

Dazu müssen wir aber mit den falschen Frühverrentungsprogrammen aufhören.

(Zustimmung bei der FDP)

Wir brauchen gut qualifizierte Menschen, die wir zurzeit nicht in ausreichender Zahl bekommen können, die wir aber bei den älteren, zum Teil arbeitslosen Menschen finden können. Sie sollen ihr Wissen und ihre Erfahrung weiter in die Betriebe einbringen und an die Jüngeren weitergeben, um sie zu motivieren und um bei ihrer Aus- und Fort

bildung Vorbild und Stütze zu sein. Das ist wichtig: Die Alten und die Jungen gemeinsam für die Zukunft in Niedersachsen und in Deutschland - das ist der richtige Weg, um qualifizierte Arbeitskräfte für die Zukunft aufzubauen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Hagenah das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau König, wenn ich Sie gerade richtig verstanden habe, wollten Sie dem Hohen Haus just erklären, die Arbeitsagenturen seien daran schuld, dass die älteren Arbeitnehmer nicht mehr in Arbeit kämen. Sie würden denen - das haben Sie wörtlich gesagt - suggerieren, sie würden nicht mehr gebraucht. - Entschuldigung! So habe ich das von der FDP erwartet. Dass die Firmen die Leute nicht einstellen, sondern freisetzen, wenn sie 50 werden, und sich Jüngere suchen, das legitimieren Sie, indem Sie behaupten, die Arbeitsagenturen kümmerten sich nicht genug um sie. Tolle Argumentation! Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

CDU und FDP versuchen mit ihrer Initiative „Berufschance 50plus“ zugleich, eine Antwort auf den im vergangenen Plenum auch von uns abgelehnten Antrag der SPD-Fraktion zur Fortsetzung geförderter Altersteilzeit zu geben und eine erneute Legitimation für ihr Modell des NiedersachsenKombis zu formulieren. Das kann nur schief gehen. Hat nicht Ihr Niedersachsen-Kombi, der besonders für Junge und Ältere geschaffen wurde, doch bisher gerade dort kläglich versagt, Herr Hoppenbrock?

(Zustimmung bei der SPD)

Die Zahlen älterer Arbeitsloser zeigen, dass trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs zu wenige Menschen dieser Altersgruppe neu in Arbeit kommen. Trotz Ihres Kombi-Modells haben die älteren Arbeitnehmer nach den Arbeitslosenstatistiken für Niedersachsen vom März 2007 die geringste Verbesserung zum Vorjahr zu verzeichnen und sind damit neben den Schwerbehinderten die Verlierer des Aufschwungs. Ich möchte daran erinnern, dass die Erwerbsuchenden über 50 mit 23,9 % fast

ein Viertel der Arbeitslosen in Niedersachsen stellen. Hier hat die Landesregierung trotz des Niedersachsen-Kombis bisher versagt. Die neue Initiative ist leider auch eher rhetorische Schönmalerei als ein glaubwürdiger Versuch, die Situation der Betroffenen wirklich zu verbessern. Fakt ist, Frau König, dass Unternehmen immer noch dazu neigen, ihre erfahrenen Mitarbeiter mit zunehmendem Alter durch günstigere und jüngere Kräfte zu ersetzen.

(Gabriela König [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Im Gegenteil!)

Das ist kurzsichtig und unsozial, da so nicht nur eine gesellschaftliche Schieflage entsteht, sondern den Unternehmen auch Wissen und Erfahrung verloren gehen. Dagegen jetzt nur mit einem Gipfel, einem neuen Pakt und einem schmissigen Motto anzugehen, ist nicht allein blauäugig, sondern nichts weiter als Wahlkampfshow ohne praktischen Nutzwert. Tatsächlich werden hier keine neuen Programme entwickelt. Es ist ähnlich wie mit dem Medienantrag, der vorher auf der Tagesordnung stand. Alles, was vorgestellt wird - seien es das Thema Fort- und Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer oder die Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen in der Weiterbildung ihrer Arbeitnehmer, seien es das Thema lebenslanges Lernen oder der Pakt für Qualifizierung -, wird schon lange auf der politischen Bühne diskutiert und auch schon umgesetzt. Hier wildern Sie munter in den Vorschlägen anderer, nicht zuletzt bei Bundesarbeitsminister Müntefering - da gebe ich der Kollegin von der SPD Recht -, aber eben auch in Anträgen der Grünen auf Bundesebene. Das ist auch kein Wunder, haben doch gerade wir Grünen lange vor allen anderen erkannt, dass die bisherigen Konzepte der arbeitsmarktpolitischen Programme auf unsere veränderten Lebensbedingungen keine ausreichenden Antworten bieten. Da müssen wir auf Bundesebene noch einige Stellschrauben verändern. Alle Vorschläge, die Sie machen, sind doch eigentlich nur schmückendes Beiwerk, um Ihren Niedersachsen-Kombi, der seine eigentliche Zielgruppe nicht erreicht, wieder ins Spiel zu bringen, ihn hier noch einmal schönzureden.

Da Sie in Ihrem Antrag teilweise grüne Ansätze übernommen haben, könnte man diesen Teilen möglicherweise sogar zustimmen. Doch es ist zu durchsichtig, dass der Antrag lediglich dazu dienen soll, neue Begründungen für den Niedersachsen

Kombi zu liefern. Das überzeugt uns weiterhin nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Immerhin gibt es nach diesen Wortbeiträgen einen gemeinsamen Punkt: Wir sind uns einig, dass wir mehr tun müssen, um dafür zu sorgen, dass auch Ältere weiter beschäftigt werden. Das ist immerhin eine gemeinsame Zielvorstellung. Das ist sehr schön.

Ich habe schon gestaunt, wie Sie, Frau Hartmann, die Tatsachen verdreht haben. Wir haben uns doch hier im Landtag - Herr Hagenah hat noch einmal darauf hingewiesen - gegen Ihren Vorstoß gewehrt, mit einer Fortsetzung des Gesetzes zur Altersteilzeitförderung Ältere weiter aus dem Markt herauszudrängen.

(Zustimmung von Gabriela König [FDP])

Sie haben sich damit gegen Müntefering gestellt. Wir sind auf der Linie, die durchaus auch der Bundesarbeitsminister für richtig hält, der für die Rente mit 67 einerseits und die Beendigung dieser Frühverrentungs- und Altersteilzeitförderungsmodelle eintritt. Die SPD Niedersachsen versucht doch, dem Bundesarbeitsminister diese Vorhaben kaputt zu machen. Sie versuchen hier doch eine geradezu tolle Verdrehung der Tatsachen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Ich vermute, das war auch der Grund dafür, dass Herr Jüttner Ihnen nach Ihrer Rede gratuliert hat. Das ist ein Wahlkampfszenario, das aber den Älteren, um die es hier geht, wirklich nicht hilft.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Tatsachen sind deutlich. Mittelgroße Betriebe haben im vergangenen Jahr im Schnitt 15 Arbeitskräfte neu eingestellt, darunter war aber nur einer über 50 Jahre alt. Bei den Großbetrieben mit mehr als 500 Beschäftigten waren unter 50 Neueinstel

lungen gerade einmal zwei Ältere. Da die Gewerkschaften ja stolz darauf sind, in den Großbetrieben mehr Einfluss zu haben als in den kleineren, kann man durchaus darüber diskutieren, ob es hier nicht Möglichkeiten gibt, auch von der Arbeitnehmerseite und nicht nur von der Wirtschaftsseite her mehr für die Beschäftigung Älterer zu tun. Da sollten Sie einmal einen Dialog anfangen, Frau Hartmann. Aber diesen Punkt haben Sie wohlgemerkt ausgeklammert.

(Zustimmung bei der FDP)

Wir sind uns nicht nur darin einig, dass mehr Ältere beschäftigt werden sollen, weil sie qualifiziert sind und in bestimmten Bereichen Erfahrung haben, sondern auch darin, dass wir in diesem Zusammenhang für mehr Weiterbildung etwas tun müssen. Das ist natürlich keine neue Erkenntnis und wird auch nicht etwa heute neu erdacht. Wir haben in den letzten Jahren seit 2004 zum Beispiel 35 Millionen Euro ESF- und Landesmittel für die Förderung der Weiterbildung in den mittelständischen Unternehmen bereitgestellt und 200 Projekte mit insgesamt 40 000 Teilnehmern in den Programmen „Weiterbildungsoffensive für den Mittelstand“ oder „Individuelle Weiterbildung in Niedersachsen“ gefördert. Im neuen EU-Förderzeitraum bis 2013 werden es 93 Millionen Euro sein. Damit erhöhen wir die Mittel im Vergleich zu den letzten Jahren.

Die Anregung eines Qualifizierungsgipfels insbesondere für Ältere kann ich nur begrüßen. Dass Ihnen das nicht schmeckt, kann ich mir gut vorstellen, weil Sie am liebsten natürlich selber auf die Idee gekommen wären.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Aber richtig ist: Egal, ob Sie darauf kommen oder ob jemand anders darauf kommt, das ist in jedem Fall ein richtiges Instrument. Bei allen Unterschieden in den einzelnen Redebeiträgen in dieser Debatte wollen wir doch gemeinsam mit Arbeitgebern, mit Gewerkschaften, mit der Bundesanstalt für Arbeit und mit der Politik den Versuch machen, mehr Beschäftigungschancen für Ältere zu schaffen. Da sollten Sie nicht herumnölen, sondern jetzt müssen wir uns gemeinsam an den Tisch setzen, um dieses wichtige Ziel zu erreichen, damit insofern - ich fand den Begriff in diesem Zusammenhang interessant, Frau Hartmann - der Jugendwahn in der Gesellschaft aufhört. Dem stimme ich

unter bestimmten Gesichtspunkten ja zu, aber wichtiger finde ich das, was Frau König, danach Herr Hagenah und in der Eingangsbemerkung auch Herr Hoppenbrock gesagt haben: Wir sollten nicht die Generationen gegeneinander ausspielen, sondern wir sollten versuchen, für alle Generationen Arbeitsmöglichkeiten zu finden. Wenn wir uns trotz aller Polemik in diesem Ziel einig sind, wäre das der größte Fortschritt in dieser Debatte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Antrag soll in den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überwiesen werden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich rufe nun verabredungsgemäß zusammen auf

Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung: Den Klimawandel ernst nehmen - Erforderliche Investitionen in den Küstenschutz nicht länger verhindern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3704

und

Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Klimaschutz auch in Niedersachsen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3718

Eingebracht wird der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen durch den Abgeordneten Janßen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Klimawandel ist kein Zukunftsszenario mehr; wir sind mitten drin. Uns steht ein Fenster von vielleicht 10 bis 15 Jahren offen, um energisch gegensteuern zu können. Verhindern können wir ihn

auch dann nicht. Wir müssen uns darauf einstellen, dass bis zum Ende dieses Jahrhundert die Temperatur günstigstenfalls um 2 º Celsius zunehmen wird. Um das zu erreichen, muss man allerdings auch etwas tun und darf nicht nur davon reden.

Wir haben vorhin hier über einen Antrag von uns diskutiert, in dem es darum ging, was die Landesregierung im eigenen Wirkungskreis tun muss, um Vorbild zu werden. Bis jetzt ist es erbärmlich. Die Landesregierung redet von der Notwendigkeit, CO2-Freisetzungen zu vermeiden, regenerative Energien zu fördern usw. - heute Morgen auch wieder -, aber in der Realität passiert so gut wie nichts.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Unsere zahlreichen Anträge zu diesem Thema haben Sie alle abgelehnt. Einige Beispiele kann ich gerne nennen: Förderung von Bioenergiedörfern - abgelehnt -, Auslobung eines Preises „Energiesparendste Kommune Niedersachsens“ - abgelehnt -, unsere Initiativen für den bedarfsabhängigen Gebäudeenergiepass - abgelehnt -, Klimainnovationsfonds - abgelehnt -, energetische Gebäudesanierung - bis jetzt abgelehnt.

(Anneliese Zachow [CDU]: Nein! Wir haben schon einen eigenen Antrag!)

Warten wir einmal ab, wie die Beratung dieses Antrages weitergeht.

Stattdessen erschweren Sie den Ausbau der erneuerbaren Energien, wo es nur geht. Ich erinnere an Ihren Abstandserlass für Windkraftanlagen oder an die hohen Gebühren für die Genehmigung von Windkraftanlagen. Bis zu 120 000 Euro kostet eine solche Genehmigung in Niedersachsen. Solche Gebührensätze sind in anderen Bundesländern undenkbar. Repowering, also der Ersatz kleiner Windkraftanlagen durch größere, bringen Sie so zum Stillstand.

(Christian Dürr [FDP]: Das liegt doch im Planungsbereich der Kommunen! Wir können doch nicht die Kommunen entmachten!)