Herr Gansäuer, ich konnte dieser Bemerkung keine Frage entnehmen. Das ist nicht in Ordnung. Frau Helmhold hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Er kennt ja die Geschäftsordnung! - Weitere Zu- rufe von der SPD - Zuruf von den GRÜNEN)
(Weitere Zurufe von der SPD und den Grünen - Hans-Christian Biallas [CDU]: Alles Pharisäer! - Weitere Ge- genrufe von der CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu der eben von Herrn Gansäuer begonnenen Debatte werde ich mich hier jetzt nicht äußern; denn dazu hat Frau Helmhold am Ende dieser Aussprache noch Gelegenheit. Ich war außerdem bei den Beratungen nicht dabei. Von daher werde ich mich dazu nicht äußern. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass die Intention so gewesen ist, dass es einen Bereich gibt, der nicht in irgendeiner Form abgetrennt ist und von daher einen gewissen Nichtraucherschutz bietet.
Das ist auch der Punkt, zu dem ich meine Frage an die Landesregierung stellen wollte. Die bisherigen Ausführungen von Frau Ross-Luttmann gehen eindeutig davon aus, dass Passivrauchen schädlich ist. Ich denke, da sind wir uns hier im Parlament alle einig. Vor dem Hintergrund ist es für mich völlig unverständlich, warum gerade das Land Niedersachsen in der Regelung eine Protokollnotiz eingefordert hat, abweichende Möglichkeiten zuzulassen, so wie Sie es ausgeführt haben, z. B. für Eckkneipen und anderes.
Vor dem Hintergrund, dass auch dort Personal arbeitet, das nicht freiwillig in diese Kneipen hineingeht, sondern dort beschäftigt ist, ist es mir völlig unverständlich, wie eine solche Ausnahmeregelung zu einer künftigen Auslegung des Arbeitsstättenschutzgesetzes kompatibel sein soll,
das im Bezug auf das Passivrauchen Schutz bieten soll. Das ist ein völliger Widerspruch in sich. Sie machen hier inkonsistente Politik. Bitte erklären Sie mir diesen Widerspruch.
Wir drehen uns langsam im Kreis, glaube ich. All diese Fragen sind schon gestellt und beantwortet worden. Wir haben bei dem Nichtrauchergipfel eine Protokollnotiz angefügt, die einen Prüfauftrag beinhaltet - nicht mehr und nicht weniger. Diesem Prüfauftrag haben nicht nur Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in der damaligen Sitzung der Gesundheitsminister zugestimmt, sondern inzwischen denken auch weitere Länder darüber nach.
Letzten Endes bleibt, glaube ich, insgesamt abzuwarten, wie sich die Gesetzentwürfe der einzelnen Länder darstellen werden. Wir sind im Moment in der Phase, dass wir aus diesem Nichtrauchergipfel heraus die Gesetzentwürfe erarbeiten, über die dann hier im Landtag zu entscheiden sein wird. Dabei hat insgesamt der Arbeitnehmerschutz eine hohe Priorität wie auch der Schutz jedes einzelnen Besuchers und jeder einzelnen Besucherin einer Gaststätte. Die Änderung der Arbeitsstättenverordnung wird auf der Bundesebene vorangetrieben.
Herzlichen Dank. - Frau Kollegin Korter stellt eine weitere Frage. Ich gehe davon aus, dass es eine Frage ist und Sie die persönliche Erklärung nachher abgeben. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ross-Luttmann hat vorhin die Einheitlichkeit im Vorgehen betont. Wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es bei solchen Fragen, die im Moment die Meinungsbildung sehr stark beeinflussen und die Öffentlichkeit interessieren, richtig ist, über die Fraktionsgrenzen hinweg zu
vernünftigen Lösungen zu kommen und auch länderübergreifend, bundesweit zu einer sinnvollen Lösung zu kommen. Frau Ross-Luttmann, Sie sind als Fachministerin für den Gesundheitsschutz sowohl der Menschen, die sich in Gaststätten als Gäste aufhalten, als auch der Menschen, die dort arbeiten, verantwortlich. Deshalb frage ich mich:
Warum nehmen Sie mit Ihrer Landesregierung billigend in Kauf - ich frage Sie -, dass Sie mit Ihrer geplanten Ausnahmeregelung eine bundesweit vernünftige, einheitliche Regelung für den Schutz vor dem Passivrauchen torpedieren? Das erschließt sich mir nicht.
Sie haben gesagt, in den Eckkneipen sei das nicht möglich, weil das nur Einraumkneipen seien. In ganz Italien ist das möglich. Ist das dort nur möglich, weil es dort wärmer ist, weil die Leute vor die Tür gehen?
Wir müssen, glaube ich, endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass es bei dieser Frage keine bundesweit einheitliche Meinung und Auffassung gibt.
- Nein! Ich torpediere gar nicht. - Wir sind mitten in einem Diskussionsprozess. Wir sind im Moment dabei, Gesetzesentwürfe zu erarbeiten. Sie stellen sich doch hier hin, als ob schon Paragrafen auf dem Tisch lägen. Soweit sind wir doch noch gar nicht. Warten Sie die einzelnen Gesetzentwürfe ab. Dann werden wir sehen, wie wir es erreichen. Unser Ziel muss sein, dass wir künftig einen umfassenden Nichtraucherschutz gewährleisten. Das wird das Ziel Niedersachsens wie auch aller anderen Bundesländer sein. Diesem Ziel sind wir verpflichtet.
Frau Präsidentin! Eine Vorbemerkung kann ich mir nicht verkneifen: Herr Gansäuer, wenn Sie für sich in Anspruch nehmen, die Geschäftsordnung zu kennen, dann sollten Sie Ihre persönlichen Erklärungen ebenfalls am Schluss abgeben.
Ich habe noch eine Frage an Frau Ross-Luttmann. Sie haben eben gesagt, es sei niemand gezwungen, eine Gaststätte oder ein Restaurant zu betreten. Grundsätzlich ist dies richtig; gleichwohl nimmt jeder für sich in Anspruch, in jeder Stadt und in jedem Dorf die Möglichkeiten einer Gaststätte oder eines Restaurants zu nutzen. Ich kann Ihnen einmal sagen, wie Kinder auf Rauch reagieren. Kinder reagieren darauf viel sensibler als wir Erwachsenen, die wir uns vielleicht schon länger an bestimmte Zustände gewöhnt haben. Wenn ich z. B. mit meiner zweitältesten Tochter in ein Restaurant gehe, in dem geraucht wird, dann sagt sie: Papa, hier stinkt‘s, ich gehe vor die Tür und warte, bis du aufgegessen hast; dann können wir wieder nach Hause gehen.
Nur ist die Situation so, dass in Deutschland und in Niedersachsen 99 % aller Kneipen und Restaurants nicht rauchfrei sind.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Sind Sie tatsächlich der Meinung, dass der freie Markt dies regeln wird, wenn wir zugleich feststellen müssen, dass es in der Vergangenheit auf freiwilligem Wege kaum dazu gekommen ist, dass es rauchfreie Gaststätten und Restaurants gibt?
Herzlichen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin RossLuttmann.
Ich gebe Ihnen insofern recht, als Kinder ganz empfindliche Gradmesser und natürlich besonders gefährdet sind. Da sind wir d’accord. Aber wissen Sie, ich habe auch drei Kinder. Ich entscheide mich dann nicht dafür, mein Kind allein vor die Tür zu schicken,
Vor Kurzem hat es eine Umfrage der Bild-Zeitung gegeben, nach der sich 50 % der Gastwirte dazu bekannt haben, dass ihre Gaststätten künftig rauchfrei sein werden. Dies wird eine enorme Sogwirkung entfalten. Es ist die freie Entscheidung des Bürgers, und natürlich entscheiden sich dann Familien für rauchfreie Gaststätten. Wenn wir in einem Gesetz regeln, dass unsere Gaststätten grundsätzlich rauchfrei und damit für Nichtraucher die richtige Wahl sind und dass nur in getrennten Räumlichkeiten noch geraucht werden darf, dann wird dies eine ganz andere Sogwirkung entfalten, als wenn wir darauf warten würden, dass die freiwillige DEHOGA-Selbstverpflichtung eine Wirkung entfalten wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine gesetzliche Verpflichtung, dass Gaststätten künftig rauchfrei zu sein haben, diese Sogwirkungen entfalten wird. Dies hat mir auch die Umfrage der Bild-Zeitung sehr deutlich gezeigt, in der immerhin schon 50 % der Gaststätten entsprechend votiert haben. Ich gehe davon aus, dass es künftig deutlich mehr sein werden, weil - genau, wie Sie gesagt haben - Kinder nicht in eine Kneipe gehen möchten, in der geraucht wird. Diese Meinung wird von sehr viel mehr Bürgern geteilt werden. Bei
einer Studie hat sich gezeigt, dass sich 2005 53 % der Menschen für rauchfreie Gaststätten ausgesprochen haben, diese Zahl aber 2006 deutlich gestiegen ist. Im letzten Jahr waren es nämlich schon 63 %. Weil die Bürger dieser Frage eine hohe Priorität einräumen, werden sie entsprechend votieren und die Gaststätten aufsuchen, die rauchfrei sind.
Danke schön. - Eine letzte Zusatzfrage liegt mir von Herrn Kollegen Schwarz vor; es ist seine zweite und damit die für ihn letzte. - Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Moment läuft der Versuch, dass sich eine Fraktion als Verfechterin des Nichtraucherschutzes darstellt und behauptet, die jeweils andere sei dagegen. Wenn wir alle miteinander ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass wir seit 20 Jahren fraktionenübergreifend einen Nichtraucherschutz in diesem Hause nicht realisiert haben. In diesem Kontext ist auch das zu sehen, was Herr Gansäuer gesagt hat. Allerdings ist diese Zeit nun vorbei; wir können uns dies nicht mehr leisten. Ich bin mir absolut sicher, dass die Lobby rechts hinten relativ schnell verschwinden muss, wenn wir halbwegs glaubwürdig bleiben wollen. - Dies nur als Eingangsbemerkung!