Protocol of the Session on January 26, 2007

Auch die SPD-Fraktion hat nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Jüttner, ich erteile Ihnen eine Redezeit von drei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Erstens. Weder Herr Wulff noch Herr McAllister haben eine Bemerkung zu unserem Hauptvorwurf gemacht, dass die Wirtschaftsflächen erst im Jahre 2011 zur Verfügung gestellt werden. Das mehrt bei uns den Verdacht, dass es da in der Tat offene Flanken gibt und dass unsere Vorbehalte stimmen.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Sie haben ein Problem mit den Ohren!)

Zweitens. Ich kannte das Zitat von Olaf Lies nicht. Ich stelle fest: Herr Lies glaubt Ihnen augenscheinlich, und zwar deshalb, weil er Sie noch nicht kennt.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Im Gegenteil! - Weite- re Zurufe - Unruhe - Glocke des Prä- sidenten)

Es geht um das Thema der Umgehung von Sande. Herr Wulff erklärt, gemeinsam mit Herrn Mehdorn habe er ein Paket von knapp 30 Millionen Euro zusammengepackt. Festzustellen ist - ich zitiere aus einem Vermerk des Bundesverkehrsministeriums -: Bei den genannten Kosten handelt es sich um annähernd den Betrag, der für die signaltechnische Ausrüstung der sogenannten Nordstrecke von Sande bis Wilhelmshaven-Nord benötigt wird.... Weitere 80 Millionen Euro sind für den durchgehenden zweigleisigen Ausbau Oldenburg – Wilhelmshaven und für die Elektrifizierung erforderlich. - Sie haben das zusammengepackt und den Eindruck erweckt, das sei davon zu finanzieren. Das ist nachweislich nicht der Fall, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Da Sie dem Verkehrsministerium ja nicht glauben, sondern sich auf die Bahn AG zurückgezogen haben, möchte ich kurz zitieren, wie die Bahn AG das sieht. Sie sagt nämlich: Für derartige Lärmsanierungen gibt es überhaupt keine Rechtsgrundlage. - Das ist in der Tat der Fall. Ein kleiner Topf für freiwillige Maßnahmen setzte allerdings voraus, dass überhaupt ein rechtliches Verfahren für die Umgehung eingeleitet würde.

Ich zitiere zum Schluss noch einen Satz, um das Ganze plausibel und deutlich zu machen:

„Die Notwendigkeit des Baus einer Umgehungsstraße im Bereich der Gemeinde Sande ist sowohl kapazitiv als auch wirtschaftlich nicht zu begründen.“

Hören Sie auf, die Bevölkerung dort für dumm zu verkaufen! Sie erwecken den Eindruck, als setzten Sie sich für die Leute ein. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Das ist unredlich und nicht in Ordnung!

(Starker Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Das ist glatt gelogen!)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, dass Herr Jüttner mit wenig Kenntnis bzw. trotz besserer Faktenkenntnis hier Dinge vorträgt. Ich werde gleich noch etwas Interessantes dazu ausführen.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Natürlich haben die Planungsverfahren für die Hafenmaßnahmen Vorrang, meine Damen und Herren. Deswegen haben wir das Betreiberverfahren durchgeführt und den Entscheid dafür bekommen. Das ist im Übrigen eine bessere Voraussetzung für das Planfeststellungsverfahren, weil nach der Zusage des Betreibers für die Planfeststellungsbehörde klar ist, dass ein Bedarf besteht; denn sonst würde ein Betreiber dort nicht mehrere Hundert Millionen Euro investieren. Trotzdem gibt es eine Verschiebung des Beschlusses, wie leider

bei jedem Infrastrukturprojekt in Deutschland, meine Damen und Herren.

Herr Jüttner, unsere Gesetzeslage - das müssten Sie als ehemaliger Umweltminister wissen - erlaubt es in bestimmten Fällen, im eigenen Hause Weisungen zu geben, auch wenn sie der Einsicht der Fachebene widersprechen. Aber es gibt kein Weisungsrecht gegenüber der Planfeststellungsbehörde. Das hat noch nicht einmal der Chef der Planfeststellungsbehörde.

Hier geht es darum, alle Bedenken sehr genau abzuarbeiten. Denn die Monate, die wir möglicherweise hinterher sind, sind nichts gegenüber den Jahren, die wir bei einem unsauberen Planfeststellungsbeschluss verlieren würden, der uns vor Gericht Probleme bereiten würde. Wir bekommen einen Beschluss mit Sofortvollzug. Das ist das Entscheidende an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn Klagen aus Bremen mit Hinweisen bezüglich der Flächen hinter dem Hafen kommen, dann hat das in der Tat mit den Erfahrungen eingeschränkter Verfügbarkeit in Bremen zu tun. Das müssten Sie aus den damaligen Entscheidungen ja gut wissen.

Die Entscheidung ist pro Wilhelmshaven und gegen Cuxhaven gefallen, weil dort Ausbauflächen in größerem Umfang zur Verfügung stehen. Wir wären in Cuxhaven möglicherweise sogar schneller am Zuge gewesen als in Wilhelmshaven. Aber perspektivisch - das hat die damalige Regierung aus meiner Sicht völlig richtig entschieden - ist die Entscheidung für Wilhelmshaven gefallen, weil wir dort im Wettbewerb mit Rotterdam eine bessere Chance haben.

Meine Damen und Herren, Herr Jüttner hat sich in einem zweiten Teil sehr mit dem Thema Hinterlandanbindung auseinandergesetzt. Da ja freundlicherweise auch wir gelegentlich von Dritten informiert werden, wenn sie sich angegriffen fühlen, möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Mir liegt ein Schreiben der Deutschen Bahn vom 12. Januar an Herrn Jüttner vor, also noch vor Ihren öffentlichen Äußerungen, die Sie an der Küste gemacht haben. In diesem Schreiben steht: Sehr geehrter Herr Jüttner, verwundert bin ich jedoch über die heutige dpa-Meldung, in der berichtet wird, dass die SPD die rechtzeitige Fertigstellung der Bahnstrecke zum Tiefwasserhafen als gefährdet ansieht. Wie Sie aber dem beigelegten Papier entnehmen kön

nen, sind die Hafenhinterlandverkehre aus dem JadeWeserPort mit dem geplanten Maßnahmenkatalog problemlos zu bewältigen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, zu diesem Schreiben gibt es eine fünfseitige Anlage mit den Darlegungen der einzelnen Maßnahmen, die sich die Bahn vorgenommen hat, wie es hier aussehen soll.

(Hermann Eppers [CDU]: Das ist nicht zu glauben!)

Ich stelle fest, dass Sie, Herr Jüttner, Luftblasen in den Raum stellen,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Aus diesem Papier habe ich eben zitiert!)

die die Bevölkerung verunsichern und die im Widerspruch zu den Fakten stehen, die die Bahn für sich als verbindlich erklärt. Das ist der eigentliche Punkt.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Grund dafür, dass der Unterbezirksvorsitzende der SPD und übrigens Landtagskandidat der SPD, wie ich höre, erklärt, er habe volles Vertrauen in die Landesregierung.

(Heiterkeit und starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat Herr Kollege Jüttner eine zusätzliche Redezeit von zwei Minuten. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe in meiner Rede vorhin ausgeführt, dass sich die Bahn dazu in der Lage sieht, die Verkehre über Dieseltransport zu gewährleisten. Das ist genau die Aussage von Herrn Meyer. Aus diesem Brief hat Herr Hirche eben zitiert. Herr Meyer hat mir in einem Gespräch deutlich gesagt, dass sie das schaffen würden. Er meinte, das sei zwar ein organisatorischer Mehraufwand, aber zwei, drei Jahre sei das durchhaltbar. Dann müsse aber die

Elektrifizierung gewährleistet sein. - Aber eines, sagt Herr Meyer, ginge auf keinen Fall: Bis zum Jahre 2010 würde weder die Elektrifizierung noch die Umgehung von Sande kommen. - Beides haben Herr Wulff und Herr Hirche in den letzten Wochen öffentlich erklärt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Inse- Marie Ortgies [CDU]: Reden Sie uns nicht so kaputt!)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Es wird empfohlen, den Antrag zur federführenden Beratung dem Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu überweisen, mitberatend sollen der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen tätig werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung: Kahlschlag beim ÖPNV verhindern - Kürzung der Regionalisierungsmittel durch Landesgelder ausgleichen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3468

(Unruhe)

- Ich warte darauf, dass alle, die sich unterhalten wollen, den Raum verlassen. - Danke schön.

Zu Wort gemeldet hat sich seitens der SPDFraktion Herr Kollege Will. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anhörung zum Thema „Kürzung der Regionalisierungsmittel“ am 12. Januar im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat nur zu deutlich gemacht, welche Folgen die Weitergabe dieser Kürzungen durch die Landesregierung

für die Aufgabenträger in den Regionen haben wird. Niedersachsen als Flächenland mit Ballungsräumen auf der einen und ländlichen Regionen auf der anderen Seite wird von dieser Landesregierung einfach im Stich gelassen.

Die Kürzungen, denen Sie im Bundesrat selbst zugestimmt haben, sollen wieder einmal die Region Hannover, der Zweckverband Großraum Braunschweig und die Landkreise, die damit neue kommunale Aufgabe übernehmen sollen, ausgleichen. Viele Landkreise, die bei ihren kommunalen Haushalten verzweifelt um die Genehmigung durch das Innenministerium kämpfen, sollen wie selbstverständlich zur Aufrechterhaltung der Qualität und Dichte des ÖPNV kommunale Mittel einsetzen. Da, wo es haushaltsrechtlich nicht möglich ist, wo die Mittel fehlen, wird es unweigerlich zu schmerzhaften Kürzungen kommen.

Bereits heute stellen die Kommunen in Niedersachsen jährlich über 200 Millionen Euro aus originären kommunalen Mitteln zum Beispiel für die Schülerbeförderung zur Verfügung. Zum Teil werden Regionen wie zum Beispiel der Großraumverband Braunschweig gezwungen sein, die mit Regionalisierungsmitteln finanzierten Leistungen im ÖPNV und im SPNV abzubestellen. Alternativen bestehen kaum, da der Großteil der Regionalisierungsmittel in Fahrleistungen geflossen ist. Das hat zur Folge, dass die Kürzungen fast 1 : 1 beim Ausdünnen der Verkehrsleistungen gesucht werden. Das heißt, über 300 000 Zugkilometer müssen sofort eingespart werden; weitere Kürzungen drohen in den nächsten Jahren. Letztlich ist das gesamte Projekt der RegioStadtBahn Braunschweig durch die Streckenausdünnungen gefährdet.

Auch die Region Hannover hat in der Anhörung deutlich gemacht, dass bei den absehbaren Planungen intelligente Lösungen der Landesregierung fehlen. Allein durch den Einsatz kommunaler Mittel in Höhe von ca. 8,5 Millionen Euro gelänge es, 2006/2007 die Kürzungen nicht voll durchschlagen zu lassen. Dennoch käme es auch hier zu Abbestellungen von über 120 000 Zugkilometern, zu Einschränkungen von Wochenendverkehren und zur Abbestellung von Busverkehren in Höhe von ca. 1,8 Millionen Euro.