Protocol of the Session on January 26, 2007

Es gibt einfach so ein inneres Gefühl, das man in sich tragen muss, sodass man weiß, wann man nach vorne geht und wann man lieber aus der Defensive mit etwas Demut abwartet. Dieses Thema gehört zu denen, bei denen Sie etwas demütiger auftreten sollten, als Sie es beim Thema JadeWeserPort tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Harden [SPD]: Arroganz!)

Nun zur Substanz. Der JadeWeserPort ist das Erfolgsrezept für den Nordwesten unseres Landes, und er ist die Antwort auf die Globalisierung, wie wir sie anderenorts beklagen.

Ich verstehe die Grünen-Fraktion nicht, dass man einerseits gegen die Vertiefung von Weser und Elbe ist, da dann, wenn sie nicht vorgenommen wird, die Erreichbarkeit mit großen Schiffen nicht mehr gewährleistet ist. Jetzt bauen wir für die großen Containerschiffe der neuen Generation, damit sie nicht mehr elbaufwärts nach Hamburg fahren müssen - sie dürfen oder können dort zum Teil nämlich auch gar nicht mehr fahren -, einen Tiefwasserhafen, der Antwerpen und Rotterdam Konkurrenz machen wird, der Arbeit, Beschäftigung und Ausbildung nach Niedersachsen bringen wird, und Sie sagen: Nein, wir kritteln weiter herum. Wir wollen den Hafen in Wilhelmshaven nicht. Das ist verfehlte Hafenpolitik.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieser Hafen in Wilhelmshaven hat herausragende Alleinstellungsmerkmale. Er ist mit idealen Abfertigungsmöglichkeiten versehen. Er ist bei der Re

vierfahrt tideunabhängig, er hat das tiefe Wasser über eine nahezu einzigartige Länge, er ist übrigens bereits heute ein Tiefwasserhafen für bestimmte Rohstoffe - Schweröle, Kohle und anderes -, und er wird jetzt auch ein Tiefwasserhafen für Containerverkehre, was sich dort optimal machen lässt, wie die Gutachten ergeben haben. Den Megacontainerschiffen gehört die Zukunft. Diese werden in Zukunft in Niedersachsen gelöscht.

Die Unzulänglichkeiten im Planungsverlauf muss ich in der notwendigen Ausführlichkeit schildern. Wir haben leider eine Reihe von Planungsunzulänglichkeiten festgestellt.

(Zurufe von der SPD: Weil die Be- zirksregierung weg ist!)

Als Erstes hat uns die Vorgängerregierung eine Finanzierung hinterlassen, die auf Luftbuchungen aufbaute; denn die 90 Millionen Euro, die in Ihrer Finanzierung standen, hatte der Bund bereits abgelehnt. Es war schon in den Akten, dass sich der Bund hieran nicht beteiligen würde. Sie aber haben weiterhin die 90 Millionen Euro als Finanzierungsbestandteil vorgesehen, den wir erst einmal ausgleichen mussten.

(Zurufe von der CDU: Unerhört!)

Das Zweite ist hier noch nicht thematisiert worden, weil wir nicht ständig alle unsere Erfolge hier darlegen können; dann hätten wir hier noch mehr zu tun. Wir haben eine völlig unzuträgliche Lastenverteilung zwischen Bremen und Niedersachsen vorgefunden. Sie haben den Bremern viel zu viel zugestanden, was für Niedersachsen nicht erträglich gewesen wäre. Wir haben beispielsweise für die Nutzung der Hafenflächen einen Erbbauzins ausgehandelt, der wesentlich zur Finanzierung in den nächsten 40 Jahren beitragen wird.

Sie haben bei den verkehrlichen Anbindungen des Hafens im Hinterland nichts vorangebracht, während die Langsamfahrstellen - nicht die Einspurigkeit an einzelnen Stellen, aber die Langsamfahrstellen - bereits seit Ende 2005 beseitigt sind. Ich meine, dass man das in dem Antrag der SPDFraktion aus dem Jahre 2007 nachbessern sollte.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das sind sie nicht!)

Zu der Umfahrung von Sande gibt es klare Zusagen von Herrn Mehdorn. Es mag Sie treffen, Herr Kollege Jüttner. Aber der Kollege Tiefensee, der

sich überwiegend für den Aufbau Ost engagiert, ist in dieser Frage weiß Gott nicht so wichtig wie der Deutsche Bundestag mit seinem Bundesverkehrswegeplan und die Zusage von Herrn Mehdorn mit dem Finanzinvestitionsplan der Deutschen Bahn. Herr Mehdorn hat Herrn Hirche und mir in dem schwierigen Gespräch am Ende zugesagt, dass die Mittel hier jetzt eingesetzt werden und dass, wenn vor Ort bei der Trassenführung und in den Genehmigungsverfahren mitgemacht wird und wenn es wenig Widersprüche und Klagen gibt - das haben die örtlich Beteiligten in der Hand -, alles bis 2010 fertiggestellt werden kann, und zwar mit der ausgewogenen Drittelfinanzierung, bei der der kommunale Anteil mit bis zu 75 % GVFGMitteln aufgefüllt werden kann. Das haben wir ja in hohem Maße vor, damit die örtlichen Träger ihre finanziellen Anteile erbringen können. Sie sind, wie wir alle wissen, finanzschwach.

Die Ertüchtigung der Nordbahn kommt, indem die Beschränkung von 20 km/h auf 80 km/h angehoben wird. Wir werden auch die Zweigleisigkeit und die Elektrifizierung bekommen. Diese war 1988/89 das zentrale Wahlkampfthema von Gerhard Schröder, und zwar nach dem Motto: Wenn ich Ministerpräsident werde, kommt in der nächsten Wahlperiode die Elektrifizierung. - Sie ist in der ersten Wahlperiode nicht gekommen, auch nicht in der zweiten und dritten. Angesichts dessen hier solche Reden zu halten, wie wir sie gehört haben, ist schlicht unanständig; das kann ich nur so sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die A 29 wird zeitgerecht verlängert. Dadurch wird eine leistungsfähige Anbindung hergestellt.

Die Planung der Küstenautobahn wird mit unseren Mitteln privat vorfinanziert. Sie ist auch im Bundesverkehrswegeplan, allerdings nicht im vordringlichen Bedarf. Wir haben die Betreiberkonzession vergeben. Sie ist inzwischen ohne Anfechtungsmöglichkeit durch Dritte rechtskräftig geworden. Wir haben die Vermarktungs- und Immobilienmanagementgesellschaft gegründet. Wir haben bereits 10 % der Flächen reserviert. Vorrangig bauen wir allerdings die Hafenflächen aus; denn es ist schlichtweg ein Grundsatz der Logik, dass ein Hafen von vorn nach hinten entwickelt wird und nicht von hinten nach vorn. Das wird Ihnen jeder sagen, der jemals in der Welt einen Hafen gebaut hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt gibt es ein Problem - auch das gibt es in dieser Zeit -, nämlich das Problem, dass für einen Planfeststellungsbeschluss vom Parlament nicht ein bestimmter Tag festgelegt werden kann. Ein Parlament kann nur sagen, dass es ihn bis dann und dann haben will. Aber ob er bis dahin kommt, hängt von den Einwendungen ab, und mit denen muss angemessen umgegangen werden. Da gibt es eben - Gott sei es geklagt, oder vielleicht sollten wir auch froh darüber sein, dass wir eine solche Vielfalt haben - den Verantwortungsbereich der Landesregierung für alles zu Bedenkende. Ich habe von dem griechischen EU-Umweltkommissar Dimas jetzt sogar die griechische Übersetzung für „Rohrdommel“ gelernt. Das hört sich noch lieblicher an als in unserer Sprache. Es ist ja sehr umstritten, ob die Rohrdommel, nachdem sie dort vor vielen Jahren einmal gesichtet wurde, in den letzten Jahren noch dort gewesen ist. Jedenfalls gibt es wegen der Rohrdommel in diesem Bereich eine besondere Problematik, die zu beachten war und ist. Sie haben es in Ihrer Zeit als Umweltminister nicht geschafft, mit der EU-Kommission streitfrei die Frage der Anmeldung von FFH- und Vogelschutzgebieten zu klären. Auch das haben Sie uns überlassen. Wir haben es jetzt geregelt. Es sind also Aufräumarbeiten aus Ihrer Regierungszeit erforderlich gewesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun gibt es unglaublich viele Klagen zum Mühlenberger Loch, zur Frage der DASA/EADS-Startbahnverlängerung, und es gab einen Baustopp beim Emssperrwerk. Interessanterweise hatten Sie damals bei der Emsvertiefung den Umweltverbänden einen 10-Millionen-Fonds zugesagt. Die Umweltverbände haben uns darauf hingewiesen, dass die Zusage jahrelang nie erfüllt wurde. Sie hatten 10 Millionen zugesagt, haben dafür aber nicht einen Euro in den Haushalt eingestellt. Wir haben jetzt 1 Million in den Haushalt eingestellt und damit die Klage zum Emssperrwerk erledigt. Auch das ist eine Aufräumarbeit, die Sie uns hinterlassen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt haben wir die aberwitzige Situation, dass der ehemalige Regierungspräsident Theilen in Interviews erklärt, wie toll das alles zu seiner Zeit gewesen wäre. Der Baustopp beim Emssperrwerk aber fällt in die Zeit von Herrn Theilen. Wir wollen nicht, dass wieder so etwas passiert wie in Ihrer Regierungszeit. Wir wollen keinen vorläufigen

Baustopp. Deshalb machen wir ein ordentliches Planfeststellungsverfahren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der verehrte Herr Theilen und viele von Ihnen sind für mich klassische Belege dafür, dass es offenkundig zum Menschsein dazu gehört, dass man sich überwiegend an die positiven Teile seiner Vergangenheit erinnert und die negativen verdrängt. Dafür sind Sie ein ständiger Beleg hier im Parlament.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sehen den JadeWeserPort auf Kurs. Einstweilige Baustopps und Ähnliches vermeiden wir, indem wir ordentliche Verfahren machen. Wir halten die Inbetriebnahme 2010 für realistisch, übrigens auch Herr Theilen, wie er in seinem Interview dargelegt hat. Der Nordwesten des Landes wird gute wirtschaftliche Perspektiven haben wie seit Jahrzehnten nicht mehr. ConocoPhillips wird die Raffinerie wesentlich ausbauen. Das schafft Tausende Arbeitsplätze in der Region während der Bauphase und sichert Hunderte danach. INEOS will zwar seine Planungen überdenken, aber Bundesregierung und Landesregierung haben alles Erforderliche getan. Die DFTG wird in Hooksiel ein Flüssiggasterminal errichten. E.ON oder Electrabel oder gar beide werden in absehbarer Zeit neue leistungsstarke Kohleblöcke in Wilhelmshaven bauen. Der Kohleumschlag wird über die instand gesetzte Niedersachsenbrücke erheblich zunehmen.

Ich komme zum Schluss. Wilhelmshaven, der Nordwesten und Niedersachsen haben glänzende Perspektiven, und die SPD hat ein Kandidatenproblem.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile Ihnen zwei Minuten. Herr Janßen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich muss doch noch einige Ausführungen zu dem

machen, was Sie in Bezug auf unsere Position zum JadeWeserPort gesagt haben.

(Björn Thümler [CDU]: Da hat er recht!)

Sie müssen schon bereit sein, genau zuzuhören. Wir kritisieren, dass es beim JadeWeserPort keine privatwirtschaftliche Anteilsfinanzierung bei der Infrastruktur gibt. Das haben wir die ganze Zeit über getan. Zu dieser Kritik stehen wir auch. Die ehemalige SPD-Landesregierung hatte das 2001 gemeinsam mit Bremen und Hamburg so avisiert. Davon hat man sich sukzessive entfernt. Das geht zulasten der öffentlichen Hand. Dies ist ein Problem, das wir insbesondere im Hinblick auf die Haushaltslage sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viel gravierender oder mindestens genauso gravierend ist aber, dass dieses Hafenprojekt nicht in ein norddeutsches Hafenkonzept einbezogen wird.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch falsch!)

- Das ist aber tatsächlich der Fall. Sie stellen sich hier doch nicht hin und sagen nicht: Wir sind gegen die Elbvertiefung, weil wir einen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven haben wollen. - Das tun Sie nicht, sondern Sie eiern bei diesem Thema herum.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es läuft nach dem Motto: „Jeder kriegt alles, lässt den anderen aber bitte in Ruhe“, und bezahlen tut es der Steuerzahler,

(Zustimmung von Dorothea Steiner [GRÜNE])

indem eine dreifache Infrastruktur hergestellt wird und indem es zu einer Konkurrenz bei den Gebührenzahlungen in den einzelnen Häfen kommt mit dem Ergebnis, dass ein Containerumschlag in China ungefähr 300 Euro kostet und hier ungefähr 100 Euro; denn jeder Container wird bei uns mit 200 Euro subventioniert.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Toller Plan!)

Gestatten Sie mir noch ein Wort zu den Zahlungen an die Umweltverbände. Diese leistet die Landesregierung nicht, weil sie plötzlich ein Herz für die Umweltverbände gefunden hat, sondern zur Ab

wendung einer weiteren Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch die SPD-Fraktion hat nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Jüttner, ich erteile Ihnen eine Redezeit von drei Minuten.