Protocol of the Session on October 11, 2006

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Albers.

Herr Präsident! Herr Minister, zum Stand der Dinge. Wer aus dem produzierenden Gewerbe bzw. aus der Industrie kommt, der weiß, dass dort bereits vor zehn Jahren Sicherungen auf Laufbändern, auf Beförderungsstraßen dergestalt eingebaut worden sind, dass der zuständige Maschinenführer dort, wo eine Stelle quasi verstopft oder blockiert ist, nicht nur eine Meldung kriegt - schon gar nicht mit einer grünen Lampe, sondern wenn, dann mit einer roten und mit einem akustischen Signal -; vielmehr muss er dann noch zusätzlich quittieren. Das heißt, er muss bestätigen: Jawohl, ich habe die Blockierung mitbekommen. Trotzdem gebe ich die Strecke bzw. das Produkt - egal, welches - frei; es darf weiterlaufen. Diesen Zustand gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren in der Wirtschaft. Jetzt frage ich: Gibt es diese Sicherungsmaßnahmen in diesem wichtigen Bereich wie der Personenbeförderung beim Transrapid auch, und wurde dagegen verstoßen?

Herr Minister Hirche!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier liegt ja das Problem, mit dem sich die Staatsanwaltschaft weiter beschäftigt. Die Existenz des Wartungsfahrzeugs auf der Strecke war in das Betriebsbuch eingetragen.

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

(Zustimmung der CDU und bei der FDP)

Ich gehe davon aus, dass jetzt weitere Wortmeldungen kommen. Wir kommen jetzt nämlich zur zweiten Dringlichen Anfrage mit dem Thema

b) Gesundheitsreform: Was kommt auf die niedersächsischen Krankenversicherten und Patientinnen und Patienten zu? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/3221

Eingebracht wird die Anfrage von der Abgeordneten Dörthe Weddige-Degenhard.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Unruhe)

Augenblick mal, Frau Weddige-Degenhard. Wir warten einen Augenblick. - Meine Damen und Herren, wenn es nicht sofort ruhig ist, werde ich die Sitzung unterbrechen.

(Monika Wörmer-Zimmermann [SPD]: Das gilt vor allem für die Regierungs- bänke!)

- Frau Wörmer-Zimmermann, halten Sie sich zurück.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Anhaltende Unruhe - Glocke des Prä- sidenten)

Frau Weddige-Degenhard, fahren Sie fort.

Schönen Dank, Herr Präsident! - Mit dem Kompromiss zur Gesundheitsreform sind zahlreiche Änderungen sowohl bei der künftigen Finanzierung des Gesundheitswesens als auch bei der Erbringung medizinischer Leistungen geplant. Unklar bleibt dabei, was die verabredeten Regelungen für die niedersächsischen Versicherten, Patientinnen und Patienten und Arbeitgeber bedeuten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. In welchem Umfang würden niedersächsische Versicherte und Arbeitgeber durch die vor dem

Start des Gesundheitsfonds vorgesehene Entschuldung der gesetzlichen Krankenkassen, insbesondere durch den Abfluss von Versichertengeldern der schuldenfreien AOK Niedersachsen an andere, verschuldete Landes-AOKs belastet?

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

2. Welche finanziellen Folgen hätte die im Zuge der Gesundheitsreform vorgesehene Änderung im Risikostrukturausgleich für die niedersächsischen Krankenversicherten und Arbeitgeber?

3. Welche Konsequenzen hätten die im Zuge der Gesundheitsreform vorgesehenen organisatorischen und finanziellen Veränderungen für die medizinische Versorgung in Niedersachsen, insbesondere für den Krankenhausbereich?

Vielen Dank. - Wenn ich richtig informiert bin, möchte jetzt die Ministerin antworten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die von den Koalitionsspitzen im Bund verabredeten Eckpunkte zu einer Gesundheitsreform 2006 haben zu erheblichen Diskussionen in der Fachöffentlichkeit, bei den betroffenen Partnern im Gesundheitswesen und in den Medien geführt. Die Niedersächsische Landesregierung hat sich auf der Fachebene beteiligt und sich insbesondere auf Punkte konzentriert, die unmittelbare Auswirkungen auf das Land Niedersachsen haben könnten.

Wir haben angeregt, gemeinsam ausgehandelte Punkte auch gemeinsam richtig umzusetzen. Die Eckpunkte ließen z. B. den dezentralen Beitragseinzug zu. Die Landesregierung hat sich dafür ausgesprochen, den Beitragseinzug dauerhaft bei den Krankenkassen zu belassen. Dies wurde erreicht.

Es wurde auch erreicht, dass sich die Vertragskompetenzen des Spitzenverbandes Bund auf Kollektivverträge und die einheitlich zu gestaltenden Inhalte und Rahmenregelungen beschränken. Damit erhalten Kassen und Landesverbände die ihnen zukommenden wettbewerblichen Ausgestaltungsmöglichkeiten und Handlungskompetenzen. Wir haben aber auch betont, dass valide Da

ten erhoben werden müssen, um die Folgewirkungen der Eckpunkte sowohl für den Bund als auch für die Länder exakt abschätzen zu können. Dies gilt einerseits für die Verteilungswirkung der Einnahmen im Gesundheitsfonds und andererseits auch für die noch festzulegenden Morbiditätsfaktoren im Gesundheitsfonds. Das gilt nicht zuletzt auch im Bereich der Krankenhausausgaben. Dort waren zunächst lineare Kürzungen verabredet. Diese wurden modifiziert. So sieht die OktoberEinigung vor, dass jetzt die Mindererlösquote von 40 % auf 20 % abgesenkt werden soll, dass die nicht verbrauchte Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung von den Krankenkassen nicht zurückgezahlt wird und dass sich die lineare Kürzung von 1 % auf 0,7 % verringert.

Weil gegenwärtig valide Zahlen über die Steuerungswirkung der Einnahmen und Zuweisungen im Gesundheitsfonds und die zukünftigen Mittelflüsse über die morbiditätsorientierten Zuschläge vom Bund erst noch zu berechnen sind, ist die Einführung - ich glaube, zu Recht - auf den 1. Januar 2009 verschoben worden. Dies berücksichtigt auch, dass eine Reihe von Ortskrankenkassen zum Teil erheblich verschuldet ist. Nur 5 von 16 AOKen im Bundesgebiet weisen einen positiven Finanzsaldo auf, u. a. die AOK Niedersachsen. Die Altschulden sind weiterhin - wie nach der bisher und heute geltenden Rechtslage - bis zum 31. Dezember 2007 abzubauen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1: Neben den Altschulden sind auch für die Neuverschuldung bundesweit im ersten Schritt zunächst eigene Anstrengungen der verschuldeten Kassen gefordert. Die Instrumente können sein: Anhebung der Beitragssätze, Rationalisierungsmaßnahmen oder Überprüfung bestehender Verträge. Bei diesem ersten Schritt sehe ich die AOK Niedersachsen zunächst nicht gefordert.

Erst danach stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach kassenübergreifender Verbandssolidarität. Ob und inwieweit sich hieraus eine Mitfinanzierung der AOK Niedersachsen ergibt, lässt sich erst nach Abstimmung und Einleitung des Entschuldungsverfahrens bundesweit beurteilen. Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die AOK Niedersachsen nicht ungerechtfertigt in Anspruch genommen wird. Ich kann Ihnen versichern, dass Niedersachsen neben seinen bisherigen Aktivitäten auch weiterhin seine Verantwor

tung wahrnehmen wird. Letztlich bleibt aber das Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.

Zu 2: Der neue Risikostrukturausgleich wird zum 1. Januar 2009 eingeführt. Er ist noch auszugestalten. Der Bund will entsprechende Gutachtenaufträge unverzüglich erteilen. Nach dem gegenwärtigen Stand ist vorgesehen, für 50 bis 80 schwerwiegende und kostenintensive chronische Krankheiten Morbiditätszuschläge zu ermitteln. Die Folgewirkungen für die niedersächsischen Krankenversicherten und Arbeitgeber werden sich auch erst nach der Vorlage dieser Gutachten bewerten lassen.

Zu 3: Vorbehaltlich der gesetzlichen Regelung auf der Bundesebene gemäß den Eckpunkten vom 27. September 2006 haben wir vorläufige, erste Berechnungen zu den möglichen Belastungen der niedersächsischen Krankenhäuser durchgeführt. Ich bitte dabei auch zu berücksichtigen, dass wir ganz am Anfang eines Verfahrens stehen und dass es sich nur um vorläufige Berechnungen handeln kann.

Aus den Eckpunkten könnten sich folgende Kürzungen ergeben:

Die Kürzungen der Krankenhausrechnungen für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 0,7 % ab dem Jahr 2007 würden die niedersächsischen Krankenhäuser jährlich in Höhe von 34,3 Millionen Euro belasten. Die Absenkung des Mindererlösausgleiches in den Krankenhäusern von 40 % auf 20 % ab 2008 würde für Niedersachsen ein Einsparvolumen von ca. 18 Millionen Euro pro Jahr bedeuten. Infolge des Ablaufs der Konvergenzphase in 2009 würde nach derzeitiger Rechtslage somit dieser Beitrag für 2008 und 2009 eingespart werden müssen.

Durch den Verzicht der Rückzahlungspflicht der Krankenkassen an die Krankenhäuser für einbehaltene, aber nach drei Jahren nicht verausgabte Mittel aus der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung rechnen wir für Niedersachsen mit einem einmaligen Einsparvolumen im Jahr 2007 von ca. 10 Millionen Euro.

Insgesamt könnten sich somit Mehrbelastungen aus der Gesundheitsreform für den stationären Bereich in Niedersachsen im Jahr 2007 aus der Einbehaltung der Mittel für die integrierte Versorgung und der Kürzung der Krankenhausrechnung um 0,7 % in Höhe von 44,3 Millionen Euro ergeben. Im Jahre 2008 würden nach derzeitigem

Stand die Krankenhäuser durch die Kürzung der Krankenhausrechnung um 0,7 % und die Halbierung des Mindererlösausgleichs belastet werden. Vorbehaltlich der weiteren Entwicklung in der Gesetzgebung und im Krankenhausbereich im nächsten Jahr könnten sich im Jahr 2008 für die Krankenhäuser somit Belastungen in Höhe von 52,3 Millionen Euro ergeben.

Ich möchte trotzdem darauf hinweisen - ich glaube, das ist auch der Gesamtdiskussion geschuldet -, dass die Mehrbelastungen der Krankenhäuser, die sich nicht aus der Gesundheitsreform ergeben, die also nicht in diesen Schritten begründet sind, auch mögliche andere Kostenauswirkungen ergeben. Wir haben die folgenden möglichen Kostenauswirkungen berechnet. Die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 %: ca. 45 Millionen Euro. Personalkostensteigerungen durch Tarifabschlüsse: ca. 137 Millionen Euro. Energiekostensteigerungen: ca. 67,5 Millionen Euro. Über mögliche organisatorische Konsequenzen in den Krankenhäusern liegen derzeit noch keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Die Krankenhäuser für hoch spezialisierte Leistungen werden zur Stärkung des Wettbewerbs geöffnet und können künftig stärker an der ambulanten Versorgung teilnehmen; zudem wird auch die integrierte Versorgung verstärkt.

Die Sanierungsbeiträge in Höhe von 0,7 %, die Absenkung der Mindererlösausgleichsquote auf 20 % und die Streichung der Rückzahlungspflicht der Krankenkassen für nicht verwendete Mittel der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung sind gegenüber der ursprünglichen Absicht die fachlich sinnvollere Alternative. Wie weit sich das auf die einzelnen niedersächsischen Krankenhäuser auswirken wird, ist noch zu erheben.

Ich weise noch darauf hin, dass wir zum 1. Januar 2007 die Mehrwertsteuererhöhung und steigende Personalkosten im ärztlichen Dienst zu berücksichtigen haben. All diese Maßnahmen wird die Landesregierung beobachten; sie wird das weitere Verfahren eng begleiten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Eine Zusatzfrage hat die Kollegin Weddige-Degenhard. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, Sie haben gerade die hohen Belastungen der Krankenhäuser in Niedersachsen geschildert, d. h. die Belastungen, die jetzt noch auf die Krankenhäuser zukommen werden. Die Krankenhäuser sind in den letzten Jahren zu vielen Einsparungen genötigt worden und haben wirklich ihre Einsparpotenziale ausgeschöpft.

Wie versucht die Landesregierung angesichts der Kürzungen, die auf die Kliniken zukommen, weiterhin eine gute, flächendeckende stationäre Versorgung in Niedersachsen zu gewährleisten? Sie haben noch nicht von der Entwicklung der Bettenpauschale gesprochen, welche die Landesregierung offenbar auch noch plant.

Vielen Dank. - Frau Ministerin, bitte schön!

Es ist richtig, dass die niedersächsischen Krankenhäuser wie auch bundesweit alle anderen Krankenhäuser in den letzten zehn Jahren Wirtschaftlichkeitsreserven gehoben haben. Das Budget war gedeckelt, die Kostensteigerungen waren höher als die Steigerung im Budget. Aber wir müssen auch feststellen, dass unsere niedersächsischen Landeskrankenhäuser und unsere niedersächsischen Krankenhäuser gut aufgestellt sind.