Protocol of the Session on October 10, 2006

dieser Frage endlich Klarheit zu schaffen; denn freiwilliges Bürgerengagement ist ein hohes Gut.

(Zustimmung von Heinz Rolfes [CDU])

Das Gutachten des Bundesfinanzministeriums hat in vielen Punkten zu erheblicher Verunsicherung beigetragen. Wer wie wir in den letzten Tagen auf Versammlungen bei Sportlern, z. B. bei ihren Kreissporttagen oder wo auch immer, war, wird feststellen, dass die Sportler auf Ebene des Ehrenamtes bei uns in den Landkreisen nur noch den Kopf darüber schütteln, wie man überhaupt auf solche Gedanken kommen kann.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der grundsätzliche Wegfall der Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit im Bereich des Gesundheitswesens wird vorgeschlagen und auch erwogen. Wer das so will, der muss sagen, dass die ambulanten Pflegedienste ihre Leistungen in Niedersachsen zukünftig teurer anbieten werden. Den Wegfall der Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit für die Förderung des Sports habe ich angesprochen. Auch die Übungsleiterpauschale im Bereich des Sports habe ich angesprochen. Es geht um die Frage, ob man den Spendenabzug insgesamt generell etwas enger fasst. Man muss dazu sagen, dass es auch die Spenden für die SOSKinderdörfer, für die Johanniter-Unfallhilfe, für Caritas oder für Brot für die Welt betrifft. Meine Damen und Herren, diese Einschränkungen, die auf Bundesebene erwogen werden, gilt es im Keim von vornherein zu ersticken, weil sie eindeutig gegen das Ehrenamt in Niedersachsen und in Deutschland gerichtet sind.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister darf sich mit solchen Vorschlägen nicht durchsetzen. Allein durch die Diskussion über diese Frage ist in den letzten Tagen und Wochen ein erheblicher Flurschaden entstanden.

Diese Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements die Aktiven deutlich unterstützt. In Niedersachsen sind 2,4 Millionen Menschen bürgerschaftlich aktiv. Das sind 6 % mehr als 1999. Das ist bundesweit der größte Anstieg von Ehrenamtlichen. Wir haben mit dem Freiwilligenserver im Internet die entsprechenden Initiativen gestartet. Wir haben uns gemeinsam mit

den VGH-Versicherungen und den niedersächsischen Sparkassen zum dritten Mal für einen Niedersachsen-Preis für Bürgerengagement ausgesprochen. Wir haben die Lücke beim Versicherungsschutz für Ehrenamtliche geschlossen. Noch ein weiterer Erfolg in diesen Tagen: 30 Bürger in Niedersachsen haben sich zu sogenannten Engagementlotsen ausbilden lassen. Das sind die Erfolge der Landesregierung im Ehrenamt, die durch solche Planungen auf Bundesebene nicht gefährdet und schon gar nicht zerstört werden dürfen.

Wir hoffen sehr, dass die Vorschläge, die im Bundesfinanzministerium kursieren, am Ende in keiner Weise Realität werden können; denn sie konterkarieren im Übrigen jegliches Engagement auf ehrenamtlicher Ebene, ob nun in Niedersachsen oder in Deutschland insgesamt. Das ist ein wichtiges Thema für die Kulturschaffenden, für die Gemeinnützigen, für die Sozialen, für den Sport oder für wen auch immer, die sich in diesen Bereichen betätigen. Wehret den Anfängen! - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Emmerich-Kopatsch das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Um es kurz zu machen: Eine Benachteiligung des Ehrenamtes oder steuerrechtliche Nachteile bei Vereinen und Verbänden wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Sagen Sie das Herrn Steinbrück!)

Herr Althusmann, man kann sich nur wundern, wie Sie darauf kommen, diesen Punkt als Thema der Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung zu nehmen. Sie wissen doch bestens, dass sich die Große Koalition in Berlin und alle dort beteiligten Parteien darin einig sind, dass den genannten Vorschlägen - dies ist übrigens kein Gutachten des Finanzministeriums, sondern des Wissenschaftlichen Beirats beim Finanzministerium - überhaupt nicht gefolgt werden soll.

(David McAllister [CDU]: Warum hat Frau Hendricks das dann so gelobt?)

- Ich kann Ihnen das alles geben. Frau Hendricks hat sich stark davon distanziert. Sie benehmen sich auf jeden Fall wie Herr Stoiber: Sie sind ein Brandstifter, der sich zum Feuerwehrmann aufspielt.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Was? Das ist ja uner- hört!)

Der Wahlkampf ist auch in Lüneburg vorbei. Sie haben das dort ja immer erzählt. Sie machen Menschen mit Dingen, die gar nicht zur Diskussion stehen, Angst, um sich dann als Retter aus einer imaginären, nur von Ihnen selbst herbeigeredeten Notlage darstellen zu können.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Erzählen Sie das einmal den Sportvereinen in Niedersachsen!)

Sie haben ja schon etwas anderes erzählt. Das ist in höchstem Maße unredlich und sollte in Zukunft unterbleiben.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD in Niedersachsen hat bereits 2004 einen Entschließungsantrag gegen die Steuervereinfachung zulasten von Ehrenamt und Vereinen eingebracht. Diesen Antrag haben Sie damals, 2004, abgelehnt. Das war die Drucksache 788.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Aha!)

Grundlage unserer Entschließung waren seinerzeit die Ideen Ihres Parteikollegen Friedrich Merz, der sämtliche Steuervergünstigungen, also auch die für Vereine und Verbände, streichen wollte.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein, die Übungsleiterpauschale hat er aus- drücklich ausgenommen!)

Übrigens hat sich auch der von Ihnen sehr geschätzte und inzwischen fast vergessene Professor aus Heidelberg, Herr Kirchhoff, in gleicher Weise geäußert. Damals haben Sie jedoch mit Herrn Noack und anderen auf Parteitagen vor Freude auf den Tischen getanzt, weil Ihnen die Vorschläge so gut gefallen haben.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein, nein!)

Niedersachsen braucht gerade heute ein starkes Ehrenamt. Wir wollen es möglichst gemeinsam stärken - dies umso mehr, als Ihre reale Politik in

Niedersachsen unsere Vereine und Verbände in eine bedrohliche Lage gebracht hat.

(Beifall bei der SPD)

Es sind doch Ihre Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich, die bis 2007 ein Minus von fast 500 Millionen Euro bei den Kommunen ausmachen werden. Diese Kürzungen werden von den Kommunen natürlich an Vereine und Verbände weitergegeben. Anderenfalls genehmigte Ihr Innenminister die Kommunalhaushalte nicht.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von der CDU: Unerhört!)

Es ist doch Ihr Finanzminister, der sich für die Absenkung der freiwilligen Ausgaben auf null ausspricht. Machen Sie also erst einmal eine vernünftige Politik für die Menschen in Niedersachsen, bevor Sie sich mit Berliner Themen befassen, die noch nicht einmal dort aktuell sind! - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Nie wieder werden wir in den USA zusammen essen gehen!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Abgeordnete Helmhold zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns einig: Bürgerschaftliches Engagement ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine solidarische Gesellschaft. Weil es so wichtig ist, sind Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam in der Pflicht, förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Vor diesem Hintergrund kann man tatsächlich nur davor warnen, die steuerliche Förderung für gemeinnützige Organisationen insgesamt infrage zu stellen. Ehrenämter und gemeinnützige Wohlfahrtspflege sorgen in hohem Maße für die Funktionalität unseres Sozialstaats. Eine steuerliche Verschlechterung hätte sicherlich verheerende Folgen für die Motivation der vielen Menschen, die sich engagieren, und käme letztendlich auch den Staat sehr teuer zu stehen.

Meine Damen und Herren, wenn aber ein Gutachten anmahnt, dass das geltende Recht - -

Einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, mir ist nicht bekannt, dass es Sprechstunden an der Regierungsbank gibt. Jetzt stehen schon drei Abgeordnete an der Regierungsbank.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie fühlen sich nicht angesprochen! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Die kriegen wahr- scheinlich sonst keine Termine!)

Bitte, Frau Abgeordnete, fahren Sie fort!

Wenn aber ein Gutachten anmahnt, dass das geltende Recht steuerliche Vergünstigungen unter Umständen zu großzügig verteile, kann dies doch Anlass sein, die Bedingungen einmal zu hinterfragen. Ich halte es insbesondere für bemerkenswert, dass das Gutachten darauf abstellt, dass von einer Gemeinnützigkeit immer die Allgemeinheit profitieren müsse, nicht nur ein eingegrenzter Personenkreis.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

So sind das Züchten und Ausstellen von Pinschern und Pudeln sicherlich ein sehr schönes und erfüllendes Hobby. Mir erschließt sich aber zumindest auf den ersten und zweiten Blick nicht, warum ein entsprechender Verein Gemeinnützigkeitsstatus haben muss. Hierüber könnten wir vielleicht einmal gemeinsam nachdenken.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wildwuchs gibt es ohne Zweifel!)

Wir erwarten von den Trägern Transparenz bei der Darstellung ihrer Ziele und bei der Darstellung ihrer Aktivitäten. Es gibt sicherlich Raum für Vereinfachungen und Verbesserungen, insbesondere in der Frage, dass Gemeinnützigkeit voraussetzt, dass immer ein sogenannter externer Nutzen entsteht, d. h. dass die Allgemeinheit davon profitieren muss.

Warum Sie dies heute zum Thema der Aktuellen Stunde machen, hat sich auch mir nicht erschlossen. Denn es gibt noch keinen Gesetzentwurf.

(Bernd Althusmann [CDU]: Doch! Er wird gerade erarbeitet, die sind gera- de dran!)

Es gibt nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats lediglich Erörterungen auf Fachebene. Es gibt auch niemanden, Herr Althusmann, der in großem Stil an den bewährten Regeln der Gemeinnützigkeit rütteln möchte. Ganz im Gegenteil: Wir mussten 2004 gemeinsam mit der SPD gegen die Pläne des Herrn Merz den Erhalt der steuerfreien Pauschale für Ehrenamtler in diesem Plenum verteidigen, woran eben schon Frau Emmerich-Kopatsch erinnert hat. Vielleicht haben Sie ja aus den damaligen Diskussionen gelernt - das fände ich schön -, oder Sie trauen dem Koalitionspartner in Berlin oder auch Ihren eigenen Leuten in Berlin nicht und möchten im Vorfeld ein paar Pflöcke einschlagen. Ganz egal, gegen wen sich Ihr im Moment tatsächlich noch nicht notwendiger, quasi Potemkinscher Protest richtet, uns haben Sie in der Frage der Förderung bürgerschaftlichen Engagements zum Wohle der Allgemeinheit auf jeden Fall fest an Ihrer Seite.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Körtner [CDU]: Das ist eine Drohung!)

Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Rickert das Wort.