Ihre beiden Vorgänger, Frau Merk und Herr Weber, haben das Projekt offensichtlich wegen der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht weiter verfolgt. Herr Weber hat im Ausschuss ausgeführt, dass er die Wirtschaftlichkeit nicht sehe.
Herr Abgeordneter, ist Ihnen nicht bekannt, dass ich dieses Projekt von Anfang an die ganze Zeit über verfolgt habe, dass ich es dann aber aufgrund meines Wechsels nicht mehr verfolgen konnte? Das möchte ich in diesem Falle richtig stellen. Ich frage Sie also, ob Ihnen das nicht bekannt ist.
Das ist mir sehr wohl bekannt, Frau Merk. Aber umgesetzt haben Sie es auch nicht. Herr Weber hat es ausdrücklich abgelehnt.
Herr Minister, Sie setzen sich über die Frage der Wirtschaftlichkeit einfach hinweg und schieben sie beiseite. Sollte diese Fusion vielleicht auf Ihre gute Freundschaft zu Herrn Scherff zurückzuführen sein?
Die Fusion ist weder fachlich noch haushaltsökonomisch sinnvoll. Ein nachvollziehbarer Grund dafür ist nicht erkennbar. Was wird durch den Staatsvertrag denn besser? Ich behaupte, nichts, im Gegenteil.
Im Staatsvertrag ist häufig von Bürgernähe die Rede. Ich halte dies für ein Scheinargument. Die große Zahl der Prozesse wird in erster Instanz geführt. Hier ist Bürgernähe gefragt.
In der zweiten Instanz ist die Anwesenheit des Klägers sehr viel seltener. Wer wirklich einmal an seiner Berufungsverhandlung teilnehmen will, dem ist es zuzumuten, dass er einmal in seinem Leben zum Landessozialgericht nach Celle fährt.
Wenn Bremen für Berufungen aus dem Nordwesten, also für Aurich, Oldenburg und Stade, zuständig sein soll, so ist das im Staatsvertrag nicht zu regeln, was Sie auch nicht getan haben. Das ist nur und ausschließlich Sache des Präsidiums. Im Rahmen der Geschäftsverteilung kann es jedoch durchaus passieren, dass Sachgebiete zusammengelegt werden, und zwar unabhängig davon, aus welchen Sozialgerichtsbezirken sie kommen. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ein Kläger aus Duderstadt seinen Berufungsprozess in Bremen,
ein Bremer Kläger seinen Berufungsprozess in Celle führen muss. Wo bleiben da die Bürgernähe und die kurze Entfernung?
Allein der Umzug soll Kosten in Höhe von 250 000 DM oder rund 125 000 Euro verursachen. Nun mag man das damit abtun, dass dies eine einmalige Ausgabe sei. Ein einheitliches Landessozialgericht aber, meine Damen und Herren, wird dauerhaft zu Mehrkosten führen.
In der Begründung zum Staatsvertrag geht man von 140 000 DM aus. Der ehemalige Präsident, Herr Lindemann, hat ausgeführt, es werden 250 000 DM sein. Der BNS rechnet sogar mit Kosten in Höhe von 350 000 DM. Die Kosten-Nutzen-Relation ist nicht akzeptabel.
Zwei Senate mit acht Richtern und sieben Folgedienste werden nach Bremen verlegt. Celle verliert damit insgesamt 15 Arbeitsplätze, vielleicht sogar noch mehr, mit allen Nachteilen für die betroffenen Familien.
Infolge des Abzugs dieser Stellen werden in Celle Räume leer stehen. In Bremen stehen keine Räume zur Verfügung. Die entsprechenden Räume müssen angemietet werden, was zusätzliche Kosten verursacht.
Man hat sich auf kein einheitliches Personalrecht verständigt. Die Richter und der nichtrichterliche Dienst bleiben Bedienstete ihres Landes mit ihrem eigenen Dienst- und Personalrecht, und zwar in getrennten Stellenplänen. Das hat zur Folge, dass es in Zukunft zwei Personalräte, zwei Richterräte, zwei Präsidialräte, zwei Frauenbeauftragte und zwei Schwerbehindertenvertreter geben wird.
Auch die Frage des Dienstaufsichtsrechts ist nicht befriedigend gelöst worden. Dies steht dem jeweiligen Dienstherren zu, also Niedersachsen für die niedersächsischen und Bremen für die Bremer Bediensteten.
Außerdem ist das Sozialgericht Bremen nicht eingebunden. Alle niedersächsischen Sozialgerichte unterliegen der Dienstaufsicht des LSG. Ausgenommen davon ist das Sozialgericht Bremen, das der Dienstaufsicht der Bremer Justiz unterliegt.
Der Widerstand gegen diesen Gesetzentwurf ist erheblich. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab, denn das, was damit erreicht werden soll, halten wir nicht für eine echte Fusion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein gemeinsames Landessozialgericht für die Länder Niedersachsen und Bremen ist grundsätzlich sinnvoll. Vor allem Bremen muss daran ein Interesse haben, weil der Stadtstaat für ein spezialisiertes Obergericht einfach zu klein ist. Die Absicht einer engeren Kooperation zwischen den beiden Ländern auch auf diesem Gebiet wird deshalb von uns ausdrücklich begrüßt. Der vorliegende Staatsvertrag ist nun aber alles andere als gut ausgehandelt. Er ist kein Beispiel für eine gelungene Kooperation der beiden norddeutschen Länder.
Von einer wirklichen Zusammenlegung der beiden Landessozialgerichte darf ja wohl erwartet werden, dass sie Vorteile für beide Seiten bringt. Ich denke z. B. an Kosteneinsparungen nicht nur für Bremen, sondern auch für Niedersachsen. Aber weit gefehlt. Mit diesem Staatsvertrag entsteht eben nicht ein gemeinsames Gericht am Standort Celle - es hätte dort auch räumlich problemlos untergebracht werden können -, sondern das Gericht in Bremen wird Außenstelle und um zwei Celler Senate verstärkt. Die Mehrkosten für Niedersachsen belaufen sich auf 100 000 bis 140 000 DM pro Jahr. Andere Schätzungen gehen sogar von deutlich mehr aus.
Organisation, Dienstaufsicht und Verwaltungsaufwand werden mit der Zusammenlegung nicht vereinfacht. Im Gegenteil. An dem angeblich gemeinsamen Gericht wird künftig zweierlei Recht gelten: zweierlei Richterrecht, zweierlei Beamtenrecht, zweierlei Recht für Personalvertretungen, Richterräte, Präsidialräte, Frauenbeauftragte usw. usf. Seiner Dienstaufsicht werden zwar alle niedersächsischen Sozialgerichte, nicht aber das Sozialgericht in Bremen unterstehen.
Auch das ständig strapazierte Argument größerer Bürgernähe und kürzerer Wege trägt hier nicht sehr weit. Zwar ist es richtig, dass ein Kläger etwa aus Oldenburg in seinem Rentenverfahren künftig nicht mehr nach Celle, sondern nach Bremen reisen muss. In anderen Angelegenheiten müssen Bremer Kläger aber von Bremen nach Celle fahren, weil ihre Angelegenheit dort verhandelt wird.
Der Bund der Niedersächsischen Sozialrichter und auch der frühere Präsident des Landessozialgerichts haben deshalb die Pläne der Landesregierung scharf kritisiert. Auch ich frage mich mittlerweile: Was war die wirkliche Gegenleistung für diesen Staatsvertrag? Welches Entgegenkommen auf anderen Feldern hat sich Niedersachsen mit diesem Vertrag erkauft? - Ich weiß es nicht. Möglicherweise gibt es auch gar nicht derartige Kompensationen. Der Minister wird es gleich klarstellen können. Vielleicht ist der Vertrag auch einfach nur schlecht verhandelt worden. Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, bringt dieser Staatsvertrag für Niedersachsen keinerlei Vorteile, sondern nur zusätzliche Kosten. Wir werden ihn deshalb ablehnen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema „gemeinsames Landessozialgericht Bremen/Niedersachsen“ beschäftigt die Gremien des Landtages und auch der Bremischen Bürgerschaft schon seit rund vier Jahren. Insofern kann hier jetzt nicht von einem Schnellschuss oder Ähnlichem gesprochen werden, sondern dem Staatsvertrag sind lange und gründliche Beratungen vorausgegangen. Diese Entscheidung ist auch der SPD-Landtagsfraktion nicht leicht gefallen. Genau so wie Herr Heinemann hat sich auch die Kollegin Wiegel für den Standort Celle eingesetzt. Wir hatten durchaus überlegt, andere Lösungen zu finden. Im Zuge unserer Überlegungen ist uns aber klar geworden, dass ein gemeinsamer Standort Celle für Bremen nicht akzeptabel und von daher auch nicht umsetzbar gewesen wäre. Wer dies gewollt hätte, der hätte sagen müssen: Es bleibt alles beim Alten. Es ändert sich nichts. Die Kosten bleiben gleich. Das Landessozialgericht in Bremen hätte eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten bekommen. - Das alles hätte dem Steuerzahler letztendlich nicht gefallen.
Jetzt ein Wort zu den wesentlichen Gründen für unsere Entscheidung. Künftig wird mehr Flexibilität möglich sein. In einem gemeinsamen Gericht werden die Arbeitsabläufe künftig besser gestaltet werden können. Darin sehen wir erhebliche Vorteile. Zumindest für den nordwestlichen Landesteil
Niedersachsens wird der Standort Bremen Vorteile bringen. Dies gilt nicht zuletzt auch für Aurich. Herr Ontijd, das sollten Sie gelegentlich einmal bedenken. Vorteile bringt dies auch für Oldenburg, Achim und Worpswede, um noch einige andere hübsche Städte im Nordwesten Niedersachsens zu nennen.
Sicherlich ist die Geschäftsverteilung bei diesem Gericht Sache des Präsidiums. Das Präsidium wird aber sicherlich nach sachlichen Gesichtspunkten vorgehen und nicht danach, wie man die Klienten am besten ärgern kann.
Der gemeinsame Vorteil für die Länder Niedersachsen und Bremen wird auch nicht dadurch geschmälert, dass Reisekosten, Trennungsentschädigungen und dergleichen mehr anfallen und bezahlt werden müssen. Die Beispiele, die hier angeführt worden sind, sind alles solche für schlechtest mögliche Lösungen. Es kann auch sehr viel günstiger werden.
Letztlich wird die Zusammenarbeit zwischen den Ländern Niedersachsen und Bremen für beide Länder Vorteile bringen. Ich nenne nur einmal das Stichwort „Justizvollzug“. Auch auf diesem Gebiet hatte Niedersachsen in den vergangenen Jahren aufgrund der Zusammenarbeit mit Bremen erhebliche Einsparungen zu verzeichnen. Ich weise ferner auf die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung und auf andere Dinge hin, die hier ins Gewicht fallen und für beide Seiten von Vorteil sind. Das allgemein dazu. Solche Dinge kann man nur regeln, wenn beide Seiten Vorteile in einer solchen Regelung sehen. Dies ist hier unseres Erachtens der Fall.
Im Übrigen möchte ich der CDU-Fraktion empfehlen, sich mit ihren bremischen Kollegen zusammenzusetzen. Die sehen nämlich alles ganz anders. Sie werden dem Staatsvertrag zustimmen, und zwar nicht deshalb, weil vielleicht 3,50 Euro übrig bleiben könnten, sondern deshalb, weil sie in dem Staatsvertrag einen Vorteil für ihre Bürgerinnen und Bürger sehen. Ich sage ja nicht, dass die Bremer CDU immer Recht hat. In diesem Fall aber hat sie Recht. Deshalb bitten wir um Zustimmung. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem gemeinsamen Landessozialgericht schaffen wir einen weiteren Baustein in der erfolgreichen Zusammenarbeit der Bundesländer Niedersachsen und Bremen. Das ist der übergeordnete Ansatz für dieses Projekt. Damit fügt sich dieses Projekt ein in eine Reihe von Kooperationen wie z. B. bei der Datenverarbeitungstechnik, der Ausbildung von Rechtspflegeanwärterinnen und -anwärtern sowie Gerichtsvollziehern. Alle diese Projekte haben sich ohne Einschränkung zum Vorteil beider Länder bewährt. Das wird auch dieses Mal der Fall sein.
Es ist kein Geheimnis, dass das nicht das letzte Projekt sein wird. So haben wir eine Verwaltungsvereinbarung über die Bereitstellung von Haftplätzen für die Sozialtherapie unmittelbar vor dem Abschluss stehen. Wir denken darüber hinaus über eine gemeinsame Nutzung einer von Bremen zu bauenden Justizvollzugseinrichtung nach. Schließlich planen wir selbst in Celle - ich komme darauf noch zu sprechen - eine Führungsakademie für den Justizvollzug, bei der wir mit allen norddeutschen Ländern - also auch mit Bremen - kooperieren wollen. Von all diesen Kooperationen profitieren beide Länder von einander, wenn infolge der unterschiedlichen Gewichtungen bei den einzelnen Projekten auch in unterschiedlichem Umfang.
Ich könnte die Idee eines gemeinsamen Landessozialgerichts Niedersachsen/Bremen freilich nicht mit solch einer Überzeugung vertreten, wenn das die einzigen Argumente wären. Ich sehe bei Abwägung der Vor- und Nachteile aber auch noch die Bürgerfreundlichkeit, die Verkürzung der Wege, die schon angesprochen worden ist, die bessere Beachtung der Belange von Behinderten und die Spezialisierung an beiden Standorten als zentrale Punkte an. Natürlich wäre es besser, wenn wir an dieser Stelle auch Einsparungen verkünden könnten. Das ist zunächst einmal aber nicht der Fall. Ich wehre mich jedoch gegen die hier immer wieder in den Raum gestellte These, dass ein gemeinsames Landessozialgericht auf Dauer Mehrkosten verursachen werde. Nein, dass ist nur bis 2008 der Fall. In der Anfangsphase belaufen sich die Mehrkosten auf 59 000 Euro bis 74 000 Euro pro Jahr. Nach drei Jahren reduziert sich der jährliche Betrag auf 50 000 Euro. Ab 2008 werden keinerlei Mehrkosten mehr entstehen. Deshalb bin ich der Meinung, dass die von uns angestrebten Strukturverbesserungen die Inkaufnahme dieser vorübergehenden maßvollen Mehrbelastungen rechtfertigen.
Schließlich möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der Hinweis darauf, dass Celle leiden werde, von uns sehr ernst genommen wird. Wir planen für Celle ja - ich möchte an dieser Stelle ganz ausdrücklich das Engagement von Amei Wiegel würdigen, die immer wieder für einen Ausgleich für Celle gekämpft hat - die Einrichtung einer Führungsakademie. Dies soll bereits im August in Angriff genommen werden. Wenn das klappt, dann werden auch die Cellenser ihre Skepsis gegenüber diesem Projekt aufgeben, weil sie sehen werden, dass es zu einem vollen Ausgleich für sie kommt. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, niemand in diesem Raum hat etwas dagegen, die Zusammenarbeit Niedersachsens z. B. mit den Stadtstaaten Hamburg und Bremen zu forcieren. Niemand in diesem Raum würde bestreiten, dass eine solche Forcierung in dem einen oder anderen Bereich auch von Vorteil ist. Eines aber fällt bei diesem Thema auf, Herr Minister, nämlich dass es in Niedersachsen im Grunde niemanden gibt - bis auf die SPD und die Landesregierung -, der dafür wäre, ein solches Projekt zu realisieren, und dass es in Bremen - das will ich gerne zugeben - niemanden gibt, der dagegen wäre.