Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mein Haus im letzten Jahr gebeten, mit allem Möglichen zu kommen, aber nicht noch einmal mit falschen Daten oder falschen Karten zum Thema Nationalpark Wattenmeer.
Ich habe Mittwochmittag, kurz vor der Debatte hier im Landtag, zur Kenntnis nehmen müssen, dass ich dem Landtag nicht garantieren kann, dass alle Daten, alle Koordinaten in der Anlage korrekt sind. Deshalb bedanke ich mich, dass Sie diesen Punkt bis heute zurückgestellt haben. Wir haben in der Zwischenzeit sehr, sehr gründlich gearbeitet. Was Ihnen jetzt vorliegt, ist korrekt
und abstimmungsfähig. Ich entschuldige mich beim Landtag für diese organisatorische Panne. Ich hoffe, dass so etwas in Zukunft nur begrenzt vorkommen wird. Mir geht es ebenso wie Ihnen: Auch mir macht das keine Freude. Das können Sie mir glauben.
Nun zur Sache selbst. Meine Damen und Herren, was hier heute vorliegt - ich sage das ohne Einschränkung - ist ein richtig gutes Ergebnis; ein Ergebnis für den Naturschutz, das sich sehen lassen kann, und ein Ergebnis für die Region und ihre Entwicklungsperspektiven, die sich sehen lassen können.
Die Kritik, die ich gehört habe, finde ich zum Teil wirklich absurd. Ich sage das einmal in dieser Härte. Die Umweltverbände haben sich diese Kritik vor einigen Wochen zu Eigen gemacht, und Frau Steiner hat das heute auch getan.
Wir können natürlich auch anders vorgehen. Wir können das so machen wie die Holländer, die Dänen oder die Schleswig-Holsteiner
und die Inseln aus dem Nationalpark herausnehmen. Dann können wir naturschutzfachlichen Fundamentalismus ohnegleichen spielen. Das ist überhaupt keine Frage. Einen Teil der Kritik, mit der wir hier zu tun haben, finde ich deshalb unheimlich doppelbödig. Naturschutz schützt zunächst einmal die Natur. Aber Naturschutz ist dort, wo erkennbar Belange der Bevölkerung im Spiel sind, in einen Interessenausgleich damit zu bringen. Wer ein Großschutzgebiet, wie einen Nationalpark, in dem Tausende von Menschen leben und Hunderttausende ihren Urlaub verbringen, festsetzt, muss doch zur Kenntnis nehmen, dass dies ohne Akzeptanz nicht organisierbar ist.
Deshalb ist es sinnvoll, die Belange des Naturschutzes mit aller Vehemenz voranzubringen und dabei zu prüfen, wo dies gegen Entwicklungsperspektiven geht. Deshalb auch die sorgfältige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses und auch in den Fraktionen in diesem Hause. Ich habe ungeheuren Respekt vor der Detailarbeit, die hier in den letzten Monaten geleistet worden ist, die das Ziel hatte, Akzeptanz herbeizuführen.
Wenn wir das, was heute zur Beschlussfassung vorliegt, mit dem abgleichen, was 1985 in der Verordnung geregelt worden ist - das ist der angemessene Vergleich; für die 1:1-Umsetzung gab es andere Beweggründe -, dann müssen wir feststellen, dass in dem Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, an keiner Stelle naturschutzfachlich eine neue Nutzung eingeräumt worden ist. Auch wenn Sie das noch so oft erzählen, bleibt das falsch, meine Damen und Herren. Nichts Neues ist zugelassen worden.
Der einzige Vorwurf, den ich anerkenne, den ich nicht widerlegen kann, ist, dass naturschutzfachlich noch mehr möglich wäre. Selbstverständlich kann man sich Weitergehendes vorstellen. Dann kommt man zwar als ökologischer Fundamentalist in das Guinness-Buch der Rekorde, darf sich dann aber nicht wundern, welchen Ärger man am Hacken hat.
Wir haben bei diesem Nationalpark in vielen Detailfragen über 15 Jahre lang Streit gehabt. So etwas hilft in der Praxis der Natur oft wenig, weil es dann nämlich auch kreative Anwendungsformen im Umgang mit einer solcher Verordnung und einem solchen Gesetz gibt.
Wir haben nun erstmalig die Situation, dass die Hauptbetroffenen in dem Nationalpark uns schriftlich mitgeteilt haben: Mit dem, was jetzt vorliegt, können wir leben. Das werden wir positiv besetzen. Das werden wir verkaufen und zu einer Gütemarke machen. - Die Inseln im Nationalpark - einmalig, das gibt es sonst nirgends - finden das gut und nehmen das an.
- Entschuldigung! Im Ausschuss - Sie wissen das ganz genau - ist alles im Detail besprochen worden. Es gibt keine zusätzlichen Nutzungen! Vielmehr sind die Flächen - Herr Inselmann hat darauf
hingewiesen - massiv erweitert worden, es gibt weitere Eingrenzungen, und die vertraglichen Verabredungen beispielsweise bezüglich des Miesmuschelmanagements werden in das Gesetz übernommen. Alles andere wäre unlautere Politik. Stellen Sie sich doch nur einmal vor, dass wir einen Vertrag mit den Muschelfischern über fünf Jahre abschließen, diesen Vertrag dann zwei Jahre später aber ignorieren und etwas anderes in das Gesetz schreiben. So kann man doch gerade bei einem solch sensiblen Thema keine vertrauensvolle Politik organisieren. Deshalb haben wir viele Verbesserungen durchgesetzt, Kompromisse geschlossen - das ist überhaupt keine Frage -, und darauf geachtet, dass an keiner Stelle gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen wird.
Jetzt komme ich zum Thema FFH-Richtlinie. Bei allem Respekt - ich freue mich, dass die CDUFraktion heute mit stimmt -: Sie können doch nicht selbst ernsthaft glauben, Sie hätten durchgekämpft, dass die Landesregierung etwas nach Brüssel melden muss. Wir hätten das nämlich so oder so gemacht, ob Sie das nun beschließen oder nicht.
Ich sage Ihnen auch, warum. Die Vorstellung, dass man in dem Bereich des Nationalparks auf der einen Seite Grenzziehungen nach der FFHRichtlinie, auf der anderen Seite davon abweichende Grenzziehungen nach der Vogelschutzrichtlinie und daneben auch noch die Nationalparkgrenzen haben könnte, ist doch unter verwaltungstechnischen und auch unter Akzeptanzgesichtspunkten so grotesk, dass ich mir persönlich das nicht vorstellen kann. Aus guten Gründen war die ursprüngliche Meldung nach Brüssel sowohl im Falle des Nationalparks Harz als auch im Fall des Nationalparks Wattenmeer mit den festgestellten Grenzen der Nationalparke als jeweils einem naturschutzfachlichen Sicherungsraum identisch.
Es gäbe, Frau Kollegin Harms, dann ein Problem, wenn die Grenzziehungen des Nationalparks naturschutzfachlichen Gesichtspunkten widersprächen. Dann hätten Sie Recht. Das ist aber nicht der Fall. Was hier vorliegt, ist naturschutzfachlich in den Grenzen begründet.
Wissen Sie, warum wir gerade die Vogelschutzrichtlinie aktualisieren? - Weil sich nämlich Natur und Landschaft nicht an das halten, was wir in irgendwelchen Bestimmungen festhalten. Das verändert sich einfach!
Wir wollen das doch hinreichend ernst betreiben. Deshalb hat die Landesregierung bisher die geltenden Nationalparkgrenzen gemeldet. Jetzt verändern wir - übrigens mit deutlicher Zunahme der Flächen im Nationalparke. Die Folge muss doch sein, dass wir die Anpassung vornehmen. Das gilt für die Wasserflächen ebenso wie für die Landflächen. Wenn jemand von Ihnen angesichts der schätzungsweise 600 Hektar, wie wir auf den Inseln herausgenommen haben - z. B. Klärwerke - in Brüssel dafür streiten will, dass diese Flächen auf jeden Fall FFH-Gebiet bleiben, dann sage ich Ihnen: Tun Sie das; jeder blamiert sich so gut er kann. - Wir werden Sie darin nicht unterstützen.
Die Vorstellung, dass die Herausnahme einiger Flächen auf den Inseln dazu führe, dass dort ökologisch Tabula rasa, aber kein Abwägungsprozess mehr nach der FFH-Richtlinie gemacht werde, ist falsch. Es gibt klare Bestimmungen darüber, was in den Abwägungsprozess gehört. Es gibt keinen Persilschein für irgendwelche touristischen Großanlagen oder sonstiges. All das ist nicht der Fall. Deshalb ist es vernünftig, die Konsequenzen aus dieser Beschlussfassung zu ziehen.
Ich habe das Kabinett vor zwei oder drei Wochen schon darüber informiert, dass der Landtag beabsichtige, die Grenzen des Nationalparks neu zu ziehen, dass das fachlich begründet ist und dass ich deshalb in Abstimmung mit den anderen Ressorts nach der Beschlussfassung im Landtag - rechtzeitig genug, um auf die Festlegung der FFH-Gebiete einzuwirken - dies nach Brüssel melden werde. Von daher steht dem, was Sie auf dem Tisch haben, nicht entgegen, dies noch einmal in einer Entschließung zu dokumentieren und anschließend ein Gesetz in Kraft zu setzen, dass in den nächsten 15 Jahren dazu beitragen wird, dass die Region Friesland eine gute Entwicklung nehmen wird. Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesem Prozess hätte jeder Istanbuler Basarhändler etwas lernen können, nämlich wie man schangelt und einen Ausverkauf organisiert, wie ich ihn noch nicht erlebt habe. Die Kollegin Pruin, die Hardlinerin in diesem Geschäft konnte auf den Inseln gar nicht schnell genug herumrennen und neue Forderungen erfinden, wie der Kollege Inselmann dazu gestanden hat. Das war ein unglaublicher Ausverkaufsprozess, ein unglaublicher Sommerschlussverkauf. Die politische Nachricht war: Wir sind bereit, jeden Preis zu zahlen, damit die Inseln zustimmen. Entsprechend ist das dann auch abgelaufen.
Gleichzeitig ist der ELAWAT-Bericht über die Situation im Wattenmeer vorgelegt worden. In diesem Bericht wird als einzige Ursache für die Zerstörung der Miesmuschelbänke ausdrücklich die Miesmuschelfischerei benannt. Die Fläche ist in den letzten 20 Jahren von 51 km² auf 13 km² zurückgegangen. Was machen Sie nun im Gesetz? - Die Fischereiflächen werden in den härtesten Schutzgebieten ausgedehnt. Außerdem müssen Golfplätze her. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Nutzungen. Sie wissen ganz genau: Es geht nicht um Kläranlagen, Herr Minister. Sie haben keinen Prozess organisiert, bei dem zwischen Umweltschutz und Nutzungsinteressen fair abgewogen worden ist.
Herr Inselmann hat die Umweltverbände diffamiert. Die Umweltverbände und ihre Argumente sind beiseite geschoben und nicht mit auf die gleiche Ebene gestellt worden. Es wäre notwendig gewesen, einen Interessenausgleich zu organisieren. Keine Seite kann mit dem Kopf durch die Wand. Das ist völlig klar. Einen fairen Interessenausgleich hat es aber nicht gegeben. Stattdessen sind einseitige Lösungen getroffen worden. Die Flächen, die hinzugekommen sind, sind nach dem Prinzip gewählt worden: Wo schadet es nicht? Hochwertigste Landflächen aber sind herausgenommen worden mit den absurdesten Begründungen. Sie wissen ganz genau - an dieser Stelle will ich es etwas klarer formulieren, als es die Vertreterin der Grünen getan hat -: Sie beugen nicht das
FFH-Recht, sondern sie brechen es wider besseren Wissens. Sie wissen ganz genau, dass viele dieser Landflächen, die im Augenblick hochwertigste Naturschutzflächen sind, nicht aus der FFHMeldung herausgenommen werden dürfen. Damit wird europäisches Recht gebrochen. Sie aber beabsichtigen trotzdem, dies zu tun.
Frau Kollegin Harms bekommt entsprechend § 78 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung noch einmal eine Redezeit von zwei Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Nationalparkgesetzgebung sind wir ja schon einiges an Fehlern gewohnt. Bisher war das, was Herr Jüttner hier präsentiert hat, jedes Mal mit Fehlern behaftet. Ich glaube, dass das, worüber heute bezüglich Flora-FaunaHabitat-Richtlinie und zur Veränderung der betreffenden Gebiete abgestimmt werden soll, schon wieder nicht zu Ende gedacht ist. Ich nehme an, dass das Ministerium dies mit der SPD-Fraktion abgestimmt hat. Unserer Meinung nach ist all das, das im FFH-Antrag zur Abstimmung gestellt wird, völlig haltlos. Das Land Niedersachsen darf Gebiete, die verbindlich gemeldet worden sind, im Nachhinein gar nicht mehr korrigieren bzw. reduzieren. Das Land Niedersachsen kann sich allenfalls an die Bundesregierung wenden und diese darum bitten, ggf. noch einmal Korrekturen vorzunehmen. Allerdings sieht die FFH-Richtlinie solche Korrekturen aber gar nicht vor.
Erfahrungen gibt es lediglich mit der Vogelschutzrichtlinie. Es ist ausgesprochen schwierig, da etwas zu verändern. Wenn Veränderungen überhaupt zulässig sind, dann müssen sie schwer wiegend wissenschaftlich begründet sein. Es gibt dazu nur Aussagen im Konjunktiv. Ich weiß nicht, welche Rolle dieser Antrag zur FFH-Richtlinie für die CDU gespielt hat, um dem Nationalparkgesetz zuzustimmen. Ich befürchte, dass sie sich die Zustimmung dadurch haben abkaufen lassen. Ich bin eh nicht mit der Aufweichung des Naturschutzes im Wattenmeer einverstanden. Ich bin geradezu entsetzt darüber, wie freihändig hier mit der FFHRichtlinie umgegangen wird. Ich befürchte, dass das Niedersächsische Umweltministerium den
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Harms hat eben ein gutes Beispiel dafür geliefert, warum es notwendig war, am Anfang auf den Inseln für Vertrauen zu werben. Es wurde nämlich immer folgender Vorwurf erhoben: Was Naturschutz einmal in den Fingern hat, gibt Naturschutz nicht wieder her. Lass dich nicht mit dem Naturschutz ein, willst du nicht betrogen sein. - Das war das Credo auf den Inseln. Es gab eine ganze Menge an Belegen für genau diese Position. Frau Harms hat es gerade eindrucksvoll bestätigt. Wir haben zu erklären versucht, dass es uns darum geht, die naturschutzfachlich wirklich schützenswerten Flächen auf den Inseln zu schützen. Das ist jetzt gemacht worden. Das haben wir nun korrigiert und verbessert.