Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Harms hat eben ein gutes Beispiel dafür geliefert, warum es notwendig war, am Anfang auf den Inseln für Vertrauen zu werben. Es wurde nämlich immer folgender Vorwurf erhoben: Was Naturschutz einmal in den Fingern hat, gibt Naturschutz nicht wieder her. Lass dich nicht mit dem Naturschutz ein, willst du nicht betrogen sein. - Das war das Credo auf den Inseln. Es gab eine ganze Menge an Belegen für genau diese Position. Frau Harms hat es gerade eindrucksvoll bestätigt. Wir haben zu erklären versucht, dass es uns darum geht, die naturschutzfachlich wirklich schützenswerten Flächen auf den Inseln zu schützen. Das ist jetzt gemacht worden. Das haben wir nun korrigiert und verbessert.
Das tun wir auch bei FFH, meine Damen und Herren; denn wir werden weitere zusätzliche FFHFlächen melden. Auch das ist Bestandteil unserer Absichten. Das haben Sie, Frau Harms, aber nicht erwähnt, weil Sie, wie ich weiß, in der Sache nicht darin sind. Wir haben neue Ruhezonen ausgewiesen. Ich will Ihnen einmal zwei Beispiele nennen. Es handelt sich dabei um zwei naturschutzfachlich hochwertige Flächen. Den Inseln hat es sehr weh getan, dass wir das getan haben. Es war aber ein Kompromiss. Das Andere war ihnen so wichtig, dass sie gesagt haben: Gut, wir sind bereit, diese Flächen zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Naturschutzfachlich hochwertige Ruhezonen auf Borkum. Eine Ausweitung um 117 ha. Ich sage Ihnen das einmal, Frau Harms. Die hätten Sie, wenn Sie per Verordnung mit Naturschutz von oben gekommen wären, von dieser Insel niemals bekommen. Sie hätten sich vor Gericht dagegen gewehrt. Wie dieses Verfahren ausgegangen wäre, wissen wir nicht. Deshalb haben wir gesagt: Wir setzen auf Sicherheit, auf Kompromiss und Verständigung. Damit haben wir mehr an Akzeptanz für den Naturschutz erreicht, als Sie jemals erreicht hätten.
Die vielfältigen Zwischenrufe sind ja hoch beeindruckend, insbesondere für uns hier oben. - Ich schließe jetzt die Diskussion, weil mir weitere Wortmeldungen nicht mehr vorliegen. Wir kommen nun zu den entscheidenden Abstimmungen.
Die Fraktion der CDU hat für ihren Antrag in der Drucksache 2460 abweichend von § 36 unserer Geschäftsordnung beantragt, die Entscheidung über den Antrag und den gemeinsamen Änderungsantrag vor der Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf vorzunehmen. Die Fraktionen sind übereingekommen, dass so verfahren werden soll.
Wir stimmen daher zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 2486 ab. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen worden.
Artikel 1. - Hierzu liegen eine Änderungsempfehlung des Ausschusses sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 2494 vor. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion abstimmen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Dem Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit stattgegeben worden.
Ich lasse jetzt über die Änderungsempfehlung des Ausschusses im Übrigen abstimmen. Wer dieser Ausschussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Diese Änderungsempfehlung ist wiederum mit großer Mehrheit so beschlossen worden.
Artikel 2. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die Änderungsempfehlung ist mit großer Mehrheit so beschlossen worden.
Artikel 3. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Auch diese Änderungsempfehlung ist mit großer Mehrheit so beschlossen worden.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz in der Schlussabstimmung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dieses Gesetz ist mit großer Mehrheit so beschlossen worden.
Wir müssen noch über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umweltfragen, Drucksache 2465, abstimmen. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung zustimmen und damit die in die Beratung einbezogenen Eingaben für erledigt erklären möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Dies ist einstimmig so beschlossen. Damit sind die Tagesordnungspunkte 5 und 6 erledigt.
Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Familienpolitik - Familienpolitik als Querschnittsaufgabe organisieren - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2451
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gesellschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten hat die Rahmenbedingungen für Familien nicht verbessert. Während früher die Familie die Keimzelle der Gesellschaft darstellte, erweist sie sich heute mehr und mehr als „Klotz“: hinderlich für den beruflichen Werdegang, für die Karriere. Vermehrte Urlaubsreisen, vermehrte Freizeitgestaltung etc. sind in, das Familienleben, die Kindererziehung, die gemeinsame Freizeitgestaltung, sind out.
Ich erwähne das deshalb - was sicherlich nicht der Mehrheit der Bevölkerung, aber sicherlich einer starken Gruppe innerhalb unserer Gesellschaft entspricht -, um deutlich zu machen, dass Familienpolitik nicht allein ein Finanzproblem ist, sondern auch ein gesellschaftliches. Es ist auch das Resultat der Flexibilität und Mobilitätserwartung von Wirtschaft und Arbeitswelt und ihrer mangelnden Rücksichtnahme auf die Belange von Familie.
Von daher ist es notwendig, dass ein ganzheitliches Familienkonzept entwickelt wird, dass eine Verständigung über familienpolitische Aufgaben zwischen Kommunen, Gewerkschaften, Arbeitgebern, freien Trägern und Eltern hergestellt wird, dass ein Klima der gemeinsamen Verantwortung geschaffen wird und gemeinsame Schritte eingeleitet werden und dass auch bei den niedersächsischen Unternehmen für Modelle für familienfreundliche Arbeitsorganisation geworben wird. Die Modelle sollen Beispielcharakter für Möglichkeiten einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch innovative Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung haben.
Entscheidend ist, meine Damen und Herren, dass Familien mit Kindern die gleichen Lebenschancen haben wie Menschen ohne Kinder. Dazu gehören vor allem Erwerbschancen, die nur dann wahrgenommen werden können, wenn Familien- und Erwerbstätigkeit sich miteinander vereinbaren lassen.
Die bundesverfassungsgerichtlichen Urteile zu familienpolitischen Komponenten im Steuer- und Sozialversicherungsrecht zeigen, dass auf dem Weg zu einer familienfreundlichen Gesellschaft noch erhebliche Anstrengungen zu unternehmen sind. Die Urteile waren nötig, weil Ihre Bundesregierung, meine Damen und Herren von der CDU, in ihrer Regierungszeit die Komponenten für eine gerechte Familienpolitik sträflich vernachlässigt hat,
genauso, wie Ihre Landesregierung unter Albrecht den dringenden Bedarf an Kindergartenplätzen vernachlässigt hat
und erst unter Ministerpräsident Schröder 80 000 Kindergartenplätze mithilfe des Landes in den Kommunen geschaffen werden konnten.
Defizite gibt es in den Kommunen bei der Schaffung von Krippenplätzen. Das muss dringend abgestellt werden, weil gerade auch in Frankreich deutlich wird: Wenn ein Angebot von Krippenplätzen vorhanden ist, verbessern sich die Rahmenbedingungen für Familien.
Auch gegen die Einführung der Verlässlichen Grundschule sind Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, zu Felde gezogen und haben Sie sie verteufelt. Die Elternschaft hat sich davon nicht beeindrucken lassen und fordert landauf, landab die Verlässliche Grundschule, die eine Erfolgsstory ist.
Das Konzept Ganztagsschule, nachschulisches Angebot soll in den nächsten Jahren verstärkt ausgebaut werden. Damit soll dem festgestellten Bedarf der Eltern Rechnung getragen werden. Das stellt einen weiteren Baustein in der Familienpolitik in Niedersachsen dar.
Bei der Anhörung der Familienverbände durch unsere Fraktion wurde deutlich, dass der besondere Schutz der Familie, der im Grundgesetz verankert ist, derzeit nicht ausreichend ist, die Familienförderung eine Querschnittsaufgabe ist, dass mehr Teilzeiterwerbstätigkeit gefordert wird und Ähnliches mehr.
Für eine insgesamt familienfreundlicher gestaltete Gesellschaft kann nicht allein das Land die Verantwortung tragen. Deshalb ist es notwendig, mit allen Beteiligten - Eltern, Staat, Wirtschaft, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen Netzwerke zu bilden und Bündnisse zu schließen, die geeignet sind, die Rahmenbedingungen für ein Leben mit Kindern zu verbessern.
Am Dienstag hatten wir übrigens den Internationalen Tag der Familie. Hat dieser Tag irgendjemanden sensibler für dieses Thema gemacht? - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben hier heute im Niedersächsischen Landtag eine Premiere. Zum ersten Mal in der elfjährigen Regierungszeit der SPD stellt die SPD-Fraktion einen Antrag zum Thema Familie. Ich hoffe, Sie haben die Familie nicht nur deswegen entdeckt, weil das zurzeit das Thema Nr. 1 ist. Wir stellen aber fest, Sie sind lernfähig. Ich meine, das ist ein gutes Zeichen im Sinne der Familien. Also: Willkommen im Club der Familienfreunde!
(Beifall bei der CDU - Mühe [SPD]: Ihr habt zwar schon immer über Fa- milie geredet, aber nichts getan!)
Doch wenn ich Ihren Antrag lese, zweifle ich an der Ernsthaftigkeit Ihrer Bemühungen. Das hier ist ein Showantrag ohne Substanz. Sie verlangen in Ihrem Antrag von der Landesregierung Konzepte und Strategien zur Familienpolitik. Wenn Sie in den vergangenen Jahren unseren Anträgen und familienpolitischen Initiativen gefolgt wären, wären wir heute in Niedersachsen viel weiter.
Sie wollen die Tagesbetreuung von Kindern ausbauen. Wir auch. Wir haben bereits 1991 Vorschläge dazu gemacht. Die CDU wollte durch den verstärkten Einsatz von Tagesmüttern Müttern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Sie haben den Antrag abgelehnt mit der Begründung eines Regierungsmitglieds - man höre -: Das wollen wir nicht, dann wachsen die Kinder ja wieder in Familien auf. - Das war Ihre familienpolitische Einstellung!
Sie loben sich für die Verlässliche Grundschule, die es erst seit kurzem gibt. Warum haben Sie 1990 nicht das bewährte Horrmann-Modell der Vollen Halbtagsschule übernommen?
Ich sage Ihnen, warum. Sie litten jahrzehntelang unter einer Familien-Allergie. Darum haben Sie das nicht gemacht.
Sie wollen niedersächsische Unternehmen animieren, familienfreundliche Arbeitsmodelle zu organisieren. Da kann ich nur sagen: Guten Morgen! Endlich aufgewacht? - 1995 haben wir den Antrag gestellt, mit einem Niedersächsischen Familienpreis Firmen zu ermuntern, genau dies zu tun. Wir wären schon längst jahrelang dabei, wenn Sie damals zugestimmt hätten.