Protocol of the Session on January 25, 2001

Die Antwort, bitte!

Es tut mir Leid, aber auf diese Frage muss ich etwas genereller antworten, weil der Zusammenhang genereller ist.

Mit Blick auf Vollersode konnte nicht festgestellt werden, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Häufung und den elektromagnetischen Strahlen gibt. Das konnte aber auch nicht ausgeschlossen werden. Deswegen hat es Gespräche mit der Bundeswehr darüber gegeben, wie die Risiken für die Bevölkerung minimiert werden können. Dies hat - darüber hat Minister Bartling schon berichtet - dazu geführt, dass der Sendebetrieb auf eine Stunde pro Tag reduziert worden ist.

Mit Blick auf die Frage, ob man systematisch dem Zusammenhang von Sendeanlagen und einer Häufung von Krebserkrankungen nachgeht, möchte ich darauf verweisen, dass beim Bundesministerium für Umwelt eine Arbeitsgemeinschaft daran arbeitet, allen vorliegenden - und zwar weltweit vorliegenden - Häufungen nachzugehen mit dem Ziel, die Frage zu beantworten, ob die Grenzwerte abgesenkt werden müssen und ob die abgesenkten Grenzwerte in die entsprechende Verordnung eingearbeitet werden müssen.

Frau Steiner! Dann Herr Golibrzuch zu seiner zweiten Frage.

Herr Minister oder Frau Ministerin - ich weiß jetzt nicht, an wen ich die Frage richten muss -, in der Antwort auf unsere erste Frage wurde darauf hingewiesen, dass keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass bei hochfrequenten Strahlungen bestimmte Grenzwerte überschritten werden. Ich frage Sie: Haben Sie in der Vergangenheit an Verdachtsstandorten Strahlenmessungen vorgenommen oder werden Sie das in absehbarer Zeit tun?

Wer von der Landesregierung will die Frage beantworten? - Herr Bartling!

Frau Steiner, mir ist gerade von einem Mitarbeiter gesagt worden - ich persönlich wusste es zunächst nicht -, dass es umfassende Untersuchungen der Regulierungsbehörde über die Frage der Strahlungsintensität von Sendeanlagen gibt. Es gibt dort keinerlei Erkenntnisse darüber, dass die Grenzwerte überschritten werden.

(Golibrzuch [GRÜNE]: Das sind zi- vile Anlagen!)

- Richtig, bei den zivilen Anlagen. Ich sagte Ihnen aber vorhin: Uns liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Bundeswehranlagen diese Grenzwerte überschreiten. Ich hatte auch die gesetzlichen Bestimmungen genannt, unter denen ebenfalls die Bundeswehr zu arbeiten hat.

Herr Golibrzuch! Danach Herr Wenzel.

Frau Ministerin, da der Hinweis auf das Krebsregister, das uns ja erst in vielleicht 15 oder 20 Jahren hinreichende Erkenntnisse liefern wird, sehr unbefriedigend ist, frage ich Sie: Sehen Sie eigentlich nicht die Möglichkeit, die an den Verdachtsstandorten solcher Sendeanlagen praktizierenden Ärzte zu befragen oder Todesbescheinigungen hinsichtlich der Ursachen auswerten zu lassen? Warum wurde das an den Standorten solcher Sendeanlagen bisher nicht gemacht?

Frau Trauernicht!

Herr Abgeordneter, ich hatte bereits darauf hingewiesen: Wenn es Verdachtsmomente gab - die kommen in der Regel aus der Bevölkerung oder aus den vorliegenden Statistiken -, dann ist diesen auch jeweils nachgegangen worden.

Sie haben aber zu Recht die Frage gestellt, ob es nicht einen systematischen flächendeckenden Ansatz unsererseits geben könnte. Hierzu habe ich auf die Arbeitsgemeinschaft beim Bundesumweltministerium verwiesen. Aber wir hatten in unserer Antwort auch gesagt, dass wir trotz der Ergebnisse, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang gibt, weiteren Klärungsbedarf sehen. Den möchte ich jetzt im Einzelnen erläutern, um ein Stück weit in die Offensive zu kommen und um gar nicht erst auf Meldungen warten zu müssen, sondern um selbst zu sehen, ob es Häufungen gibt, denen man nachgehen muss.

Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt und der erwähnte externe Gutachter werden von mir beauftragt werden, diese Aufgabe in mehreren Stufen anzugehen.

Die erste Stufe lautet: Erhebung der Standorte mit militärischen und zivilen Sendeanlagen und der technischen Daten. - Das ist die Basisinformation, die wir brauchen, um die Standorte überhaupt identifizieren zu können.

Die zweite Stufe der Untersuchung wäre, in Zusammenarbeit mit den Ärzten vor Ort Erhebungen der Krebserkrankungen bei Kindern und Erwachsenen der vergangenen Jahre - hier müsste man noch über den Zeitraum reden; zehn Jahre böten sich an - anzustellen und einen Abgleich dieser Zahlen mit dem Kinderkrebsregister in Mainz und den existierenden Krebsregistern vorzunehmen.

Die dritte Stufe einer solchen Aufgabe wäre, alle Ergebnisse zu bewerten, sie mit dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie und militärischen Einrichtungen abzustimmen und aus den dann möglicherweise erkennbaren Trends Handlungsoptionen abzuleiten, die der Landesregierung mitzuteilen wären.

Die Federführung für dieses Untersuchungs- und Bewertungsprojekt, das ich jetzt in Auftrag geben werde, wird beim Niedersächsischen Landesgesundheitsamt liegen. Dies wird eng mit der Bundesregierung kooperieren, denn auch andere Länder haben diese Hinweise und Verdachtsmomente und sind zum Teil aktiv geworden. Insbesondere die Bayerische Staatsregierung hatte Aktivitäten entfaltet, um hinsichtlich der Frage, wie Untersuchungen überhaupt angelegt sein müssen, damit sie eine Chance haben, diesen direkten Zusammenhang nachzuweisen, Aufschluss zu bekommen. Sie hat diese Erkenntnisse im Jahr 1999 Jürgen Trittin

zugesandt. Über den Umgang des Bundesumweltministers mit diesen Informationen ist mir nichts bekannt.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das ist ja wirklich lächerlich!)

Herr Wenzel! Dann Frau Schwarz.

Herr Minister, nachdem Sie erklärt haben, dass in Vollersode keine Kausalität zwischen den 15 Patienten mit Hirntumoren und den Sendeanlagen feststellbar ist, frage ich Sie: Wie kann es dann, wenn das so ist, sein, dass die größte Anzahl dieser Fälle ausgerechnet im Schnittpunkt zweier Kreise auftritt, die man um die Sendeanlagen gezogen hat, um die Haupteinzugsbereiche der Belastung festzustellen? Was wollen Sie eigentlich noch wissen, um eine Kausalität festzustellen?

(Zustimmung von Frau Pothmer [GRÜNE])

Muss es so weit kommen, dass wir wie bei BSE warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist?

(Zustimmung von Frau Pothmer [GRÜNE] und von Frau Hansen [CDU])

Herr Bartling!

Herr Wenzel, ich kann Ihre Betroffenheit und Ihre Empörung durchaus nachvollziehen. Wir beziehen uns hierbei aber auf wissenschaftliche Erkenntnisse, und da verbietet es sich, dass ich mich mit irgendwelchen Kreisen beschäftige und davon etwas ableite. Wenn mir wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, dann muss ich mich auf die verlassen.

Frau Schwarz! Dann Herr Dr. Stumpf.

Meine Damen und Herren, im Landes-Raumordnungsprogramm von 1994 wird in der beschrei

benden Darstellung zu den Zielen der Raumordnung ausgeführt, dass die Strahlenbelastung der Bevölkerung auf ein Mindestmaß zu reduzieren sei. Ich frage die Landesregierung, inwieweit sie den Kommunen und den Kreisen bei der Beurteilung von solchen Anlagen, die gerade im zivilen und gewerblichen Bereich anzusiedeln sind, Hilfestellungen an die Hand gibt.

Wer antwortet? – Herr Bartling!

Aus dem hier Dargestellten ist wohl deutlich geworden, in welcher Form wir versuchen, den Kommunen dabei zu helfen, meine Damen und Herren. Unsere Möglichkeiten dabei sind natürlich beschränkt. Aber wenn solche Dinge auf uns zukommen und wenn uns von den Gemeinden solche Auffälligkeiten gemeldet werden, dann werden natürlich Untersuchungen, wie wir das in den Beispielen aus der Vergangenheit dargestellt haben, durchgeführt. Das ist unsere Hilfe für die Gemeinden.

Herr Dr. Stumpf! Dann Frau Harms zur zweiten Zusatzfrage.

Frau Ministerin, ich teile Ihre Auffassung, dass das Krebsregister eine wichtige Basis für die Beurteilung der Zustände ist, die hier heute diskutiert werden. Beantworten Sie doch bitte einmal die folgenden Fragen:

Erstens. Wie viele Ärzte nehmen am Krebsregister teil, und wie viel Prozent der Fälle werden erfasst?

Die zweite Frage: Wann rechnen Sie denn mit einer Belastbarkeit des Krebsregisters für entsprechende Aussagen?

Frau Ministerin!

In das Krebsregister werden zurzeit die Ärzte aus dem Bereich Weser-Ems einbezogen. Ich weiß:

Das vermag nicht zu befriedigen. Wir alle hätten am liebsten bereits jetzt ein voll funktionierendes vollständiges Krebsregister. Aber hierbei kann nur in einzelnen Schritten vorgegangen werden. Ich meine, dass wir in einigen Jahren auch weiter sein werden.

Wir dürfen uns aber nichts vormachen. Auch wenn solche Häufungen festgestellt werden, gibt es ganz offensichtlich enorme Schwierigkeiten, einen direkten Zusammenhang zwischen der elektromagnetischen Schwingung und dem Auftreten von Krebs nachzuweisen. Deshalb lehnen wir uns jedoch nicht zurück. Letztlich gibt ja auch eine Häufung von 13 Hirntumoren in einer Gemeinde von 3 000 Einwohnern nach wie vor Anlass zu den Fragen: Wie ist es möglich, und wie kann die Bevölkerung geschützt werden? - Deswegen müssen wir schon tätig werden, auch wenn es nicht zu einem direkten Nachweis gekommen ist.

Dieses unmittelbare Tätigwerden zeichnet sich dadurch aus, dass die Untersuchungen immer in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr durchgeführt werden und der Bundeswehr alle Informationen zur Kenntnis gebracht werden in der Erwartung, dass darauf auch Reaktionen erfolgen.

Außerdem möchte ich noch einmal auf Folgendes aufmerksam machen: Es ist kein niedersächsisches Problem, es ist ein weltweites Problem, zumindest aber ein bundesweites Problem. Ich meine, dass die Bundesebene dabei auch eine Koordinierungsaufgabe hat. Die ist durch Vorleistungen von Ländern auf den Weg gebracht worden. Die derzeitige Arbeitsgruppe ist ein Ansatz, um hier ein Stück weiterzukommen.

Es gibt also keinen Anlass zu der Einschätzung, dass hier seitens der Niedersächsischen Landesregierung in irgendeiner Weise geblockt wird. Natürlich würden auch wir uns wünschen, dass wir mit den Erkenntnissen schon weiter wären.

(Dr. Stumpf [CDU]: Die zweite Frage ist nicht beantwortet!)

Frau Dr. Trauernicht, wollen Sie die zweite Frage noch beantworten?

(Dr. Stumpf [CDU]: Wann ist das Krebsregister in Niedersachsen be- lastbar?)

- Die Frage war, wann das Krebsregister belastbar ist.

Ich glaube, dass diejenigen, die gefragt haben, wann es diese belastbaren Daten gibt, wissen, dass das noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Wir gehen aufgrund unserer Erfahrung nicht davon aus, dass es zehn Jahre bis 15 Jahre sein werden - dieser Zeitraum ist hier genannt worden -, aber wir müssen sicherlich noch mit einigen Jahren rechnen. Ich habe ja gesagt, dass es Informationen auch in Teilabschnitten gibt. Man kann schon jetzt versuchen, auf der Basis des bundesweiten Kinderkrebsregisters zu einem ersten offensiven Ansatz zu kommen. Deswegen ja auch der Auftrag an das Niedersächsischen Landesgesundheitsamt, mit einem externen Gutachter zusammen auf der Basis der jetzt vorhandenen Informationen und Instrumente das Mögliche zu tun, um Zusammenhänge zu erkennen und diesen nachzuspüren.

Jetzt Frau Harms! Dann Herr Hagenah.