Protocol of the Session on January 25, 2001

(Beifall bei der SPD - Beckmann [SPD]: Zieht doch eure Fragen zu- rück! Das ist ja peinlich!)

Frau Körtner! Dann Herr Hogrefe.

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund Ihrer Nichtbeantwortung meiner Frage frage ich Sie noch einmal konkret: Ist es richtig, dass es die Landesregierung vom 13. April 2000, dem Eingang des Programms bei der Kommission, bis vor 14 Tagen - also bis Mitte Januar - nicht geschafft hat, die notwendigen Veränderungen inhaltlicher und textlicher Art dieses Programms vorzunehmen und dass dieses Programm erst Mitte Januar bei der Kommission eingegangen ist?

Frau Dr. Knorre noch einmal zu der Frage!

Wie ich die Frage bereits eben völlig zutreffend beantwortet habe, ist Ihre Darstellung nicht richtig. Es ist nicht so, dass wir das Programm im Frühjahr 2000 hingeschickt und dann nichts mehr gemacht haben, bis wir es jetzt zurückbekommen haben, sondern es ist in dem ganzen Jahr mehrfach zwischen der Kommission und dem Land hin- und hergegangen.

Ich sage es noch einmal: Es besteht kein Anlass zur Kritik - ganz im Gegenteil. Sie müssten uns eigentlich loben, denn wir sind das erste Bundesland unter den alten Ländern, die das Ziel-2-Gebiet genehmigt bekommen haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hogrefe, bitte!

Frau Ministerin, der internationale Bankenausschuss hat jüngst Beschlüsse unter dem Stichwort “Basel II” gefasst, die gerade für die mittelständische Wirtschaft in Niedersachsen erhebliche Auswirkungen haben. Welchen Handlungsbedarf sehen sie hierbei für unser Bundesland?

(Zuruf von Beckmann [SPD])

Die Antwort, bitte!

Das Thema Rating wird heiß diskutiert. Gerade von den kleinen und mittleren Unternehmen sind zu Recht Befürchtungen geltend gemacht worden, die wir natürlich ernst nehmen. Das hat übrigens auch die Bundesregierung deutlich gemacht. Gerade in den letzten Wochen hat die Bundesregierung in den Verhandlungen erhebliche Fortschritte realisieren können, sodass ich das Thema gegenwärtig nicht mehr ganz so dramatisch einschätze, wie es sich vielleicht einmal abgezeichnet hat, insbesondere dadurch, dass dem internen Rating offensichtlich doch Gleichrangigkeit im Vergleich mit dem externen Rating zugemessen werden kann.

So gesehen meinen wir, dass sich die Lage etwas entspannt hat. Sie können aber davon ausgehen, dass die Landesregierung sehr aufmerksam verfolgt, ob der Mittelstand ein Problem bekommen wird. Wenn ja, werden wir das in die entsprechenden Bund-Länder-Gremien einbringen.

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen nicht vor.

Ich rufe daher auf:

Gesundheitliche Auswirkungen nichtionisierender Strahlungsquellen in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2173

Herr Kollege Golibrzuch bringt diese Frage ein.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zahlreiche Fälle von Krebserkrankungen bei ehemaligen Bundeswehrangehörigen, die im Bereich von Raketen- und Radaranlagen tätig waren, werfen die Frage auf,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

ob die Strahlenexposition militärischer Sendeanlagen auch eine gesundheitliche Beeinträchtigung von Anwohnern nach sich ziehen könnte. So strahlt ein US-amerikanischer Mittelwellensender im Süden Münchens mit der Kraft von bis zu 20 000 Mobilfunkantennen seit Jahren Programme nach Osteuropa aus. Einer Studie des bayerischen Umweltministeriums zufolge ist die Krebsrate im unmittelbaren Strahlungsbereich des Senders um 40 % höher als andernorts. Viele Anwohner in der Umgebung klagen über Schlafstörungen, chronische Müdigkeit, Gliederschmerzen sowie Herzund Kreislaufbeschwerden.

Auch in Niedersachsen gibt es Indizien für eine gesundheitsgefährdende Abstrahlung militärischer Sendeanlagen. Schon vor Jahren war in der Ortschaft Vollersode im Landkreis OsterholzScharmbeck eine Radaranlage der Bundeswehr in Verdacht geraten, Gehirntumore auszulösen. In der kleinen Gemeinde mit ihren nur 3 000 Einwohnern gab es eine rätselhafte Häufung solcher Fälle. Zwischen 1981 und 1994 starben 13 Menschen daran. Auch Fachleute konnten dafür bisher keine Erklärung finden; vgl. dazu den “Weserkurier” vom 19. Januar 2001.

Besorgte Hinweise auf eine mögliche Häufung von Krebserkrankungen gab und gibt es auch rund um die Marinefunksende- und -empfangsanlagen in Ostbense im Landkreis Wittmund sowie Ramsloh, auf der Kreisgrenze zwischen Leer und Cloppenburg gelegen. Diese Sender haben u. a. den Auftrag, den Kontakt zwischen Marineführung und der U-Boot-Flotte im Nordatlantik aufrechtzuerhalten, strahlen also ungleich stärker ab als Mobilfunktürme oder vergleichbare zivile Sende-anlagen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Frequenzbereiche und Strahlungsintensität militärischer Sendeanlagen in Niedersachsen und deren mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Anwohnern?

2. Welche Rechtsvorschriften und Grenzwerte gelten für die Genehmigung und den Betrieb militärischer Sendeanlagen im Vergleich zu zivilen Anlagen?

3. Welche Anstrengungen gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um kurzfristig Klarheit darüber zu bekommen, ob es auch in Niedersachsen - also nicht nur in Bayern - eine auffällige Häufung von Krebserkrankungen rund um militärische oder vergleichbar strahlungsintensive zivile Sendeanlagen gibt?

Die Antwort erteilt Innenminister Bartling.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Niedersächsische Landesregierung nimmt die Besorgnis der Bevölkerung über die Auswirkungen von militärischen und zivilen Radar- und Sendeanlagen sehr ernst. Allen Anzeichen eines Zusammenhanges zwischen einer erhöhten Rate bösartiger Tumore in der Bevölkerung und der Wirkung von elektromagnetischen Feldern, die von Radar- oder Sendeanlagen aufgebaut werden, sind wir in der Vergangenheit nachgegangen und werden dies auch in Zukunft tun.

Soweit Auswirkungen von Sende- oder Radaranlagen auf die Gesundheit der Bevölkerung vermutet werden müssen, kann sich dies nur auf nicht-ionisierende Strahlen, also auf die elektromagnetischen Felder beziehen. Soldaten und Zivilangestellte der Bundeswehr, die allerdings unmittelbar an Radaranlagen arbeiten, können auch durch ionisierende Strahlen betroffen werden, wenn die Abschirmvorrichtungen nicht vorschriftsgemäß funktionieren, da aus den Generatorenteilen der Radaranlagen diese Strahlen austreten.

Die Frage, wie und ob sich der so genannte Elektrosmog auf die Gesundheit auswirkt, kann auch nicht auf militärische Anlagen begrenzt werden, sondern lässt sich nur insgesamt – gemeinsam mit zivilen Anlagen - unter Berücksichtigung der allgemein geltenden medizinischen, arbeitsmedizinischen und immissionsschutzrechtlichen Vorgaben betrachten.

Da bislang eindeutige wissenschaftliche Aussagen über eine Kausalität zwischen elektromagnetischen Strahlen und Erkrankungen fehlen, muss besonders behutsam mit Aussagen über statistische und

epidemiologische Zusammenhänge umgegangen werden. Es besteht die Schwierigkeit, dass angesichts der relativ geringen Fallzahl an einem einzelnen Standort statistisch belastbare Aussagen nicht hinreichend abgesichert werden können.

Eine isolierte Betrachtung militärischer Anlagen ist daher nicht möglich, zumal in einigen Fällen - wie etwa in Vollersode im Kreis Osterholz; Herr Golibrzuch hat bereits darauf hingewiesen - eine Kombination zwischen einer Radaranlage und einem Telekom-Sendemast vorliegt. Außerdem werden militärische Sendeanlagen auch von privaten Netzbetreibern mitgenutzt.

Nach dieser Vorbemerkung beantworte ich die Dringliche Anfrage wie folgt:

Zu 1: Es liegen der Landesregierung keine Erkenntnise darüber vor, dass sich Frequenzbereiche und Strahlungsintensität militärischer Sende- und Radaranlagen in Niedersachsen nicht innerhalb der technisch und rechtlich zulässigen Grenzen bewegen. Allerdings ist die Landesregierung verschiedentlich durch Anfragen aus der Bevölkerung veranlasst worden, dem Verdacht einer erhöhten Belastung mit elektromagnetischen Feldern im Umfeld militärischer Anlagen nachzugehen.

Ein direkter Zusammenhang zwischen den Auswirkungen solcher Anlagen und gesundheitlichen Schäden der Anwohner konnte bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden. Dennoch geben die Untersuchungsergebnisse konkreten Anlass zu weiteren Klärungen. Deshalb wird das niedersächsische Gesundheitsministerium - das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales - alle bisher gewonnenen Erkenntnisse einem externen Gutachter vorlegen, um u. a. Empfehlungen für das weitere Vorgehen zu erhalten. Unsere bisherigen Aktivitäten haben insbesondere in Vollersode dazu geführt, dass der Wirkbetrieb nach den Angaben der Bundeswehr auf eine Stunde täglich reduziert worden ist.

Zu 2: Militärische Sendeanlagen unterfallen nicht dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und den dazugehörigen Verordnungen, da sie keine Anlagen sind, die gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. Daher fehlt auch der niedersächsischen Umweltverwaltung die gesetzliche Grundlage zur Überwachung militärischer Sendeeinrichtungen. Für die genannten Anlagen gelten die Bestimmungen der Bundeswehr zum Schutz

von Personen vor schädigenden Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder, die vom Bundesminister für Verteidigung als Erlass herausgegeben wurden. Diese Bestimmungen sind an die DIN VDE 08 48 angelehnt, die gleichzeitig die fachliche Grundlage für die für zivile Sendeanlagen geltende 26. Verordnung zum BundesImmissionsschutzgesetz bildet.

Hinsichtlich der ionisierenden Strahlungen unterliegt der Betrieb aller hochfrequenzerzeugenden Komponenten - auch bei der Bundeswehr - der Verordnung zum Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen. Die darin für Prüfung, Erprobung und Wartung festgelegten Regelungen hat auch die Bundeswehr zu beachten. Für die Überwachung und den Vollzug der Bestimmungen ist die Wehrbereichsverwaltung - hier das Dezernat II 4 - als eine vom Bundesminister für Verteidigung bestellte öffentlich-rechtliche Aufsichtsbehörde zuständig.

Zu 3: Das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales wird auch in Zukunft jedem Hinweis auf mögliche Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung oder erhöhte Krebserkrankungsraten nachgehen. So wird zurzeit geprüft, ob solche Hinweise in der Ortschaft Hiddingen, Gemeinde Visselhövede, vorliegen. Das zuständige Gesundheitsamt in Rotenburg/Wümme wurde vor ein paar Tagen mit dem Hinweis konfrontiert, dass dort im Bereich einer Radaranlage der Bundeswehr gehäuft Krebserkrankungen aufgetreten sein sollen. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt wird in Kooperation mit dem zuständigen Gesundheitsamt eine orientierende Bewertung vornehmen, ob tatsächlich Hinweise auf eine erhöhte Krebsrate vorliegen, auf die dann eine epidemiologische Untersuchung erfolgen würde.

Darüber hinaus wird derzeit das epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen aufgebaut. Davon erhofft sich die Niedersächsische Landesregierung, künftig verlässliche Aussagen über mögliche Häufungen von Krebserkrankungen machen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Die erste Zusatzfrage stellt Herr Golibrzuch. Dann kommt Frau Harms.

Herr Minister, da das Landesgesundheitsamt - durch eine Befragung vor Ort - und das RobertKoch-Institut die in Vollersode aufgetretene Häufung von Erkrankungen bestätigt haben und da die militärischen Anlagen aus Gründen militärischer Notwendigkeit ungleich stärker abstrahlen als zivile Sendeanlagen, frage ich Sie: Haben Sie diese Vorfälle - die sind ja auch nicht ganz neu - zum Anlass genommen, zu untersuchen, ob es auch an anderen Standorten militärischer Sendeanlagen in Niedersachsen eine ähnliche Häufung von Krebserkrankungen gibt? Wenn nein, warum nicht?

Wer möchte antworten? - Frau Ministerin Trauernicht!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt auf diese Frage hin gesagt worden, dass man nach weiteren Häufungen im Zusammenhang mit Sendeanlagen gesucht hat, solche aber bislang nicht gefunden hat. Das verblüfft auch deshalb nicht, weil sich das Krebsregister erst im Aufbau befindet. Erst wenn das Krebsregister vollständig vorliegt, kann man solchen Zusammenhängen nachgehen.

Es gibt allerdings schon ein Kinderkrebsregister. Dieses Kinderkrebsregister erlaubt Hinweise. Deswegen wird zurzeit dem Hinweis nachgegangen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Häufung von Kinderkrebs im Landkreis Wittmund und der dort vorhandenen Radaranlage gibt.

Frau Harms!

Frau Ministerin, ich muss auf einer präzisen Beantwortung der Frage meines Kollegen Golibrzuch insistieren. Können Sie bitte sagen, was spätestens seit 1998, seitdem die Erkenntnisse über Vollersode vorliegen, vom Landesgesundheitsamt unternommen worden ist? Wer hat sich im Auftrag des Landesgesundheitsamts oder vom Landesgesundheitsamt direkt an welchen Standorten solcher

militärischer Anlagen darum gekümmert, ob es dort eine Häufung von Krebserkrankungen gibt?