Protocol of the Session on January 26, 2000

(Möhrmann [SPD]: Wie würden Sie dann hier reden?)

- Dann würde ich das als einigermaßen vernünftige Sache bezeichnen, Herr Möhrmann. Es hat doch den Gipfel von Rio gegeben. Dort hat man sich über den CO2-Ausstoß unterhalten und auf internationaler Ebene Beschlüsse zur Senkung des CO2Verbrauchs gefasst. Was macht aber diese Bundesregierung? - Sie nimmt die Steinkohle aus der Ökosteuer heraus, was umweltpolitisch sehr, sehr bedenklich ist. Warum wird die Steinkohle herausgenommen? - Nur um Rücksicht auf NordrheinWestfalen zu nehmen. Der saubere Strom aus Wasserkraft und der nicht mit CO2-Emissionen verbundene Atomstrom werden belastet, während die Steinkohle außen vor bleibt. Das ist doch keine vernünftige Politik.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang gibt es auch bereits erste verfassungsrechtliche Bedenken. Wir werden ja sehen, ob das verfassungsrechtlich hält. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Grundunruhe ist heute Morgen noch zu groß. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Golibrzuch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir brauchen ökologisch ehrliche Preise. Das heißt in den nächsten Jahren: Indirekte Steuern wie Mehrwert- und Mineralölsteuer hoch und Lohn- und Einkommensteuer runter!

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Mein Zitat!)

- An dieser Stelle hatte ich eigentlich mit Beifall vonseiten der CDU-Fraktion gerechnet. Herr Wulff, gut, dass Sie sich daran erinnern. Das ist Ihr Zitat aus dem Landtagswahlkampf von Ende 1997.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Lesen Sie weiter!)

- Ich habe das bis zu Ende gelesen, und ich weiß, dass Sie seit Ihrem Einzug in den Landtag 1994 gerade in umweltpolitischen Fragen besonders mutig waren. Mir ist noch ein Interview in Erinnerung, das Sie der „Neuen Presse“ gegeben haben und in dem Sie im Zusammenhang mit dem Sommer-Smog gefordert haben, dass bei Bedarf emissionsträchtige Industriezweige sogar stillgelegt werden müssten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war besonders mutig. Wenn das damals auch nur entfernt Ihre Meinung gewesen ist, dann können Sie sich doch heute nicht ernsthaft an einer solchen platten Kampagne beteiligen, die im Konrad-Adenauer-Haus für die anstehenden Landtagswahlkämpfe ersonnen worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie beklagen auf der einen Seite Sonderregelungen für einzelne Branchen und fordern auf der anderen Seite im Prinzip eine Sonderbehandlung für Autofahrer. Nun kann man sagen: Okay, das ist alles Taktik. Damals war Gerhard Schröder gegen die Ökosteuer, und Sie waren dafür. Heute ist Gerhard Schröder irgendwie für die Ökosteuer, und Sie sind dagegen.

(Widerspruch bei der CDU)

Aber jenseits von taktischem Vorgehen muss es doch so etwas wie Überzeugung geben. Wir sind aus Überzeugung für die Ökosteuer!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind aus Überzeugung für die Ökosteuer, weil es jenseits von Sonderregelungen aus unserer Sicht vernünftig ist, den Umweltverbrauch zu verteuern. Wir sind auch für die Ökosteuer, weil es aus unserer Sicht vernünftig ist, eine Gegenfinanzierung zur Senkung der Lohnnebenkosten bereitzustellen.

Natürlich kann man über einzelne Sonderregelungen kritisch diskutieren. Das tun auch wir. Einzelne Fachpolitiker fragen auch bei uns immer wieder: Ist es gerechtfertigt, die Landwirtschaft so zu belasten? Müsste nicht auch hier stärker durch eine Entlastung der Sozialkassen gegenfinanziert werden? Ist es richtig, vielleicht sogar noch weitere Steuernachlässe zugunsten des ÖPNV in das Gesetzeswerk einzufügen? - Ich bin dafür, solche Forderungen immer weiter zu diskutieren. Ein solches Gesetzeswerk ist schließlich nicht für die Ewigkeit gemacht. Allerdings zeigen auch immer wieder Vertreter betroffener Branchen, dass es auch anders geht. Willi Heineking gehört mit seiner Biodieselflotte dazu. Deshalb sage ich Ihnen: Wir machen mit dieser Ökosteuer weiter. Wir verbessern die Wettbewerbsfähigkeit von Willi Heineking. Nach allem, was ich gelesen habe, kommt das dann auch der CDU in Niedersachsen zugute.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Mühe das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, was an diesem Thema aktuell sein soll. Das ist ein alter Hut.

(Busemann [CDU]: Jeden Tag wie- der!)

Wir reden über die Auswirkungen eines Gesetzes vom Herbst 1998. Das Einzige, was aktuell ist, ist, dass die Benzin- bzw. Spritpreise in den letzten drei Wochen um 20 Pfennig gesunken sind.

(Zuruf von der CDU: Gesunken?)

Bei Ihrem Antrag handelt es sich um ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Sie wollen von den Sorgen und Nöten, die Sie haben, mit blankem Populismus ablenken.

Ich möchte nun einige Argumente für die Ökosteuer vorbringen. Wir sagen: Die Ökosteuer ist gut, richtig und sinnvoll. Sie hält zum Energiesparen an. Das ist gut für die Umwelt, das ist gut für die Natur, und was gut für die Umwelt und für die Natur ist, ist gut für die Menschen und gut für unser Land.

7,5 Milliarden DM, meine Damen und Herren, werden durch die Ökosteuer eingenommen. Aber dieses Geld landet eben nicht in den Kassen von Herrn Eichel, sondern es kommt Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen zugute.

(Beifall bei der SPD)

Wir senken die Beiträge zur Rentenversicherung um einen Prozentpunkt, einen halben Prozentpunkt für die Arbeitgeber und einen halben Prozentpunkt für die Arbeitnehmer. Das senkt die Lohnnebenkosten. Das ist ökonomisch und zugleich auch ökologisch gut.

Meine Damen und Herren, für eine Familie mit zwei Kindern - 5.000 DM Monatseinkommen bedeutet die Senkung der Lohnnebenkosten eine Ersparnis von 300 DM. Zum ersten Mal seit 1981 werden die Lohnnebenkosten gesenkt.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben es geschafft, dass die Lohnnebenkosten von 34 % im Jahre 1981 auf 42 % im Jahre 1998 gestiegen sind.

(Busemann [CDU]: Und was ist mit dem Rentenbezieher, wenn er zur Tankstelle fährt?)

Meine Damen und Herren, diese Ökosteuer ist ein wichtiges Element unserer Steuer- und Familienpolitik insgesamt. Wir haben mit der Steuerreform zu Steuererleichterungen beigetragen, und wir haben die Erhöhung des Kindergeldes durchgesetzt. Nimmt man das einmal alles zusammen - Ökosteuer, Steuererleichterungen und Kindergelderhöhung -, dann bedeutet das für eine Familie mit zwei Kindern eine jährliche Entlastung von über 2.000 DM. Das ist sozial, und das ist gerecht.

Ich möchte nun auf die Spritkosten eingehen. Dazu sollten wir uns einmal ansehen, wie sich die Situa

tion im europäischen Vergleich darstellt. Deutschland: 1,85 DM bis 1,90 DM, Dänemark: 2,12 DM, Niederlande: 2,10 DM, Frankreich: 2,02 DM, Italien: 2,00 DM, Belgien: 1,95 DM, Österreich: 1,70 DM, die Schweiz: 1,62 DM.

Wir liegen also in einem guten Mittelfeld.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen nun gern noch einmal die Grundkonzeption der Ökosteuer vortragen.

(Möllring [CDU]: Das kannst du nicht! Das ist doch konzeptionslos!)

Der Einsatz des Faktors Arbeit muss durch eine Senkung der Lohnnebenkosten relativ verbilligt werden. Der Energie- und Rohstoffverbrauch darf durch eine schrittweise Anpassung der Energiepreise relativ verteuert werden. Beides muss intelligent zu einer aufkommensneutralen Lösung verbunden werden. So lautet die Aufgabe. Dieses Zitat stammt nicht aus der rot-grünen Koalitionsvereinbarung von Bonn oder Berlin.

Herr Kollege Mühe, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schirmbeck?

Nein, danke. - Das ist Originalton Wolfgang Schäuble. Ihr Vorsitzender hat das als Aufgabe proklamiert. Aber er konnte das nicht in der eigenen Partei durchsetzen.

Meine Damen und Herren, ich habe zu den Einzelheiten der Ökosteuer einiges gesagt, will aber doch einmal das in Erinnerung rufen, was in den vergangenen Jahren passiert ist. 1989 hat die CDU die Mineralölsteuer von 48 Pfennig auf 57 Pfennig, also um 9 Pfennig erhöht, 1990 von 57 Pfennig auf 60 Pfennig - 3 Pfennig -, im Sommer 1990 von 60 Pfennig auf 82 Pfennig, 1994 von 82 Pfennig auf 98 Pfennig. Meine Damen und Herren, insgesamt hat die CDU die Mineralölsteuer in einem Zeitraum von sechs Jahren um 104 % erhöht. Vor diesem Hintergrund erregen Sie sich hier über eine moderate und richtige Erhöhung der Energiekosten. Das ist doch wohl unglaublich, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man kann an der Stelle nur eines sagen, und hier passt der Spruch wieder genau: Die größten Kritiker der Elche sind selber welche.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat der Kollege Schwarzenholz für bis zu zwei Minuten das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ökosteuer war geplant aus ökologischen Gründen. An den ökologischen Gründen, die Energiepreise zu verteuern, gibt es nichts zu deuteln. Insofern hat das Zitat von Herrn Schäuble, das der Kollege soeben gebracht hat, inhaltlich seine volle Berechtigung.

Nur, Rot-Grün in Berlin muss sich fragen lassen, wie die Regelungen ausgestaltet worden sind. Wir von der PDS haben einmal nachgerechnet, wie sich das in den Haushalten auswirken wird.