Protocol of the Session on September 25, 2020

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Möchten Sie darauf antworten, Herr Kramer?

Selbstredend möchte ich darauf antworten.

Ja, und genau das unterscheidet Sie von uns, Kollege Ritter.

(Der Abgeordnete Peter Ritter spricht bei abgeschaltetem Saalmikrofon. – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Genau.)

Auch ich empfinde das als ein Glück, denn, wenn man immer nur die moralische Humanitätskeule schwingt, dann kommt man irgendwann nicht mehr weiter, dann kommt man nämlich an die Grenzen eines Rechtsstaates, dann kommt man an die Grenzen des Machbaren, an die Grenzen des Schaffbaren, denn mit dem Schwingen dieser Keule, damit spalten Sie die Gesellschaft und damit spalten Sie die Gesellschaft viel mehr, als wir das als AfD jemals tun könnten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD, Holger Arppe, fraktionslos, und Christel Weißig, fraktionslos – Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag der LINKEN heute werden wir ablehnen. Den werden wir nicht ablehnen, weil es nicht erforderlich wäre, eine Richtlinie aus dem Jahr 2001 mal zu überarbeiten und zu schauen, ob das noch der jetzige Standard ist, sondern weil ich ihn auch für sachlich nicht korrekt halte.

Erst mal: Wie ist die Situation insgesamt? Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland die Situation, dass sieben von den Bundesländern keinerlei Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen haben, neun haben das, davon allerdings sechs nur verbindlich. Und von diesen sechs haben, glaube ich, zwei Bundesländer einen anderen Standard als die Mindestfestlegungen für den persönlichen Wohn- und Schlafbereich von 6 Quadratmetern. Das eine ist Baden-Württemberg, die haben seit 2016 eine andere Regelung, da haben sie 7 Quadratmeter festgelegt, und die hatten vorher 4,5 Quadratmeter, also lausig, lausig. Das andere Bundesland, das 7 Quadratmeter vorsieht, da hat das empfehlenden Charakter. Also von daher könnte man sagen, wir sind doch im Durchschnitt, ist doch alles gut.

Natürlich ist es nicht gut und wir sprechen hier von Mindeststandards, aber Mindeststandards sind das Minimum, was einzuhalten ist, und die sind bei uns festgelegt, weil wir hier in Mecklenburg-Vorpommern eine Vollausstattung haben und da legt man natürlich auch Mindeststandards fest, um letztendlich auch die Kosten kalkulieren zu können. Dass das für viele nicht befriedigend ist, das liegt in der Natur der Sache.

Ich habe mich aufgrund des Antrags noch mal mit dem Einrichtungsleiter der Haffburg in Wismar unterhalten. Wenn man die Kleine Anfrage von Herrn Förster sich anschaut, müsste da auch viel Leerstand sein, ist es aber nicht, weil wir zwischenzeitlich auch die eine oder andere Außenstelle wieder geschlossen haben. Wir haben Wohnungen abgemietet, die mal angemietet worden waren, weil wir in den Gemeinschaftsunterkünften nicht genug Platzkapazitäten haben und, und, und.

Aber bei uns in der Haffburg sieht das folgendermaßen aus: Da gibt es Wohneinheiten, und eine vierköpfige Familie, die hat im Durchschnitt mindestens 32 Quadrat

meter zur Verfügung, also über unserem Standard, eindeutig über unserem Standard von 6 Quadratmetern. Und Einzelpersonen – und es gibt viele, die aus bestimmten Gründen allein untergebracht werden können und auch müssen, weil wir haben ja viele Menschen, die haben bestimmten Schutz, besonderen Schutzstatus noch mal bei den Flüchtlingen, die noch mal herausstechen – haben sogar in der Regel 12 Quadratmeter zur Verfügung. Also könnte man auch sagen, ja, dann ist es doch überhaupt gar kein Problem, diese Mindeststandards, wenn wir sowieso Platzkapazitäten haben, nach oben zu schrauben. Das kann so sein. Ich finde auch, man sollte durchaus diese Richtlinie oder diese Vorgaben mal wieder überprüfen. Wie gesagt, die sind fast zwei Jahrzehnte alt, da kann man wirklich mal einen Blick drauf werfen.

Aber warum wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE hauptsächlich ablehnen: Zum einen sind die Schlussfolgerungen und die konkreten Änderungsvorschläge, die sind, finde ich, nicht unbedingt stimmig, aber da könnte man natürlich drüber diskutieren. Aber woran ich mich am meisten störe, das ist die Feststellung unter Nummer 1. Und um das noch einmal ganz deutlich zu machen, der Besuch der Fraktionen in der Erstaufnahmeeinrichtung Stern Buchholz wurde hier von mehreren schon angesprochen, und als man nach diesem Besuch die Pressemitteilungen aller Fraktionen sich anschaute, da konnte man ja wirklich nur mit den Ohren schlackern.

Die Meinungsbildung beziehungsweise die Auffassung aller Teilnehmenden war vollkommen unterschiedlich. So habe ich seinerzeit festgestellt, dass, wie in Stern Buchholz unter Pandemie-Bedingungen gearbeitet wird, gut ist, dass man sich alle Mühe gibt, dass man konkrete Verdachtsfälle und Gefahrenquellen so schnell wie möglich halt auch beseitigt, dass die Weichen richtig gestellt wurden, habe aber allerdings auch angemerkt, dass die Menschen – aber das hatte gar nichts mit der Pandemie zu tun, sondern das war im Zusammenhang mit einem bestimmten Block, in dem halt besonders frustrierte Menschen waren, weil sie nämlich wissen, die werden hier niemals Fuß fassen, sondern die werden abgeschoben, die warten auf ihre Abschiebung –, die sind da halt unter Mindeststandardbedingungen untergebracht.

Dass es dann natürlich Unmut gibt aus der Perspektivlosigkeit heraus, habe ich seinerzeit gesagt. Also da könnte ich mir vorstellen, wenn die Leute nicht innerhalb einer angemessenen Zeit wirklich abgeschoben werden können, fände ich es vertretbar, wenn man die auch so unterbringt, dass sie sich besser aus dem Wege gehen können. Da stehe ich auch nach wie vor zu. Aber die Feststellung im Absatz 1 als Begründung praktisch oder mit Begründung für diese Vorschläge halte ich für nicht richtig, und unsere Fraktion wird diesen Antrag daher auch ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Jetzt hat das Wort der fraktionslose Abgeordnete Arppe.

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Bürger! Vor einiger Zeit war ich mal in der Erinnerungsstätte des

Aufnahmelagers Marienfelde in Berlin, und da landeten ja Menschen, Deutsche, die vor dem Regime der SED und dessen Schergen geflohen sind in die Freiheit und die da in Hochzeiten zu Zigtausenden auf engstem Raum untergebracht waren. Diese Leute, die vor Ihnen geflohen sind damals, die hätten von solchen Standards wie Frau Larisch sie hier einfordert, ja eigentlich nur träumen können, aber die eigenen Leute waren Ihnen ja schon immer weniger wichtig.

Das einzige Rezept, um diese Problematik überhaupt zu lösen, ist ja eigentlich: weniger Migranten. Und noch immer ist es so, dass jährlich über 160.000 Migranten nach Deutschland kommen. Das ist eine mittelgroße Großstadt oder ein Zehntel der Einwohnerzahl von Mecklenburg-Vorpommern. So, und Frau Larisch hat eine dezentrale Unterbringung gefordert. Das hieße ja, wir müssten jedes Jahr alleine für die hierherkommenden Migranten entsprechende Wohnungen bauen.

In Rostock zum Beispiel gibt es derzeit einen durchschnittlichen Wohnungsleerstand von um die zwei Prozent. Das ist fast gar nichts. Wir haben da also eine Wohnungsnot. Und jetzt noch zu kommen, wir müssen jetzt immer noch mehr Leute nach Deutschland holen, und zu sagen, wir haben Platz – Sie haben vielleicht Platz bei sich zu Hause, dann nehmen Sie da auch diese Leute auf!

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Oh, das ist so typisch AfD! Rechts!)

Das wäre doch mal was.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Oh, meine Güte!)

Ich habe bei mir um die Ecke einen Mann wohnen, der ist ein Mitbegründer von „Bunt statt braun“, glaube ich, und der hat seit Jahren bei sich in seinem geräumigen Haus immer so zwei, drei Flüchtlinge und lässt sie da wohnen und kommt auch für deren Kosten auf. Das ist ein Vorbild an dieser Stelle.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Vor allen Dingen ist es glaubwürdig. – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Aber von Ihnen wüsste ich jetzt nicht, dass Sie in ähnlicher Weise da mit gutem Beispiel vorangehen.

Aber vielleicht möchten Sie es ja auch lieber so haben wie im baden-württembergischen Neckartailfingen, wo Rentner nach 25 Jahren aus ihrem Haus geworfen wurden – jetzt auch gerichtlich bestätigt –, damit dort Flüchtlinge, sogenannte Flüchtlinge, wohnen können. Wenn Sie das unter dezentraler Unterbringung verstehen, na ja, dann hoffe ich, dass Herr Kramer recht behält und Sie wirklich so schnell wie möglich in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden. – Schönes Wochenende!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: So wie Sie! – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ist er doch schon.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Herr Reinhardt.

(Marc Reinhardt, CDU: Ich bin nur Vertretung. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE meint, in der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, dass die gemeinschaftliche Unterbringung von Asylbewerbern und Geflüchteten in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften deutliche Defizite aufweist. Frau Larisch ist da noch einmal explizit drauf eingegangen. Die Einhaltung von Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen soll unter den bestehenden Bedingungen nicht oder nicht in erforderlichem Maß möglich sein. Und schließlich hätten stark ansteigende Infektionszahlen innerhalb kürzester Zeit gezeigt, dass die Standards in den Unterkünften den Gesundheits- und Infektionsschutz nicht gewährleisten und umgehend und nachhaltig verbessert werden müssten.

Keine dieser Behauptungen, möchte ich hier sagen, ist richtig. Und Sie, Frau Larisch, und die Fraktion DIE LINKE wissen das auch. Wir haben schon mehrfach heute davon gehört. Wir waren alle selbst in der Erstaufnahmeeinrichtung, haben mit Asylbewerbern und Geflüchteten und mit den Mitarbeitern dort gesprochen und uns ein Bild von den Verhältnissen gemacht. Frau Tegtmeier ist ja darauf eingegangen. Danach hatte man tatsächlich den Eindruck, wir waren in unterschiedlichen Einrichtungen, aber ich glaube, dass wir das da schon sehr gut mitbekommen haben.

Und dass die Zahl der Infektionen zu Beginn der Pandemie sprunghaft angestiegen ist, betraf nicht nur die Erstaufnahmeeinrichtungen. Der Minister hat das aus meiner Sicht nachvollziehbar erläutert. Nach den Infektionsraten der letzten sechs Monate ist die Zahl der Neuinfektionen in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern stabil niedrig. Die letzte infizierte Person wurde hier im August gesund aus der Quarantäne entlassen. Außerdem sind die Erstaufnahmeeinrichtungen im Land derzeit nicht einmal ausgelastet.

Hier wird also versucht, unter dem Vorwand der CoronaVirus-Pandemie geänderte sachliche und rechtliche Verhältnisse zu schaffen, die nach Änderung der Lage fortbestehen sollen. Und wieder wird weder die Frage nach der Verhältnismäßigkeit noch die Frage nach der Finanzierbarkeit gestellt.

Es gibt keinen bundesgesetzlichen Standard für die Ausstattung von Sammelunterkünften. Wir haben es im Bericht des Ministers gehört. Nach dem Grundgesetz hat das Land bei der Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen darauf zu achten, dass ein menschenwürdiger Aufenthalt möglich ist. Und ein menschenwürdiger Aufenthalt ist in der Erstaufnahmeeinrichtung in Mecklenburg-Vorpommern gewährleistet, meine sehr geehrten Damen. Die Bundesländer – da ist ja Frau Tegtmeier sehr drauf eingegangen – können die Mindeststandards zur Unterbringung von Flüchtlingen größtenteils selbst festlegen. Da das Frau Tegtmeier alles schon gesagt hat, kann ich das überspringen, damit wir hier nicht alles doppelt hören. Das dann auch.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU, Nikolaus Kramer, AfD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Also aus meiner Sicht: Wir haben uns ja vor Ort selbst ein Bild von der Lage gemacht. Ich kann die Einschätzungen, die Frau Larisch hier aufgeschrieben oder aufgesagt hat, kann ich nicht nachvollziehen, und deshalb werden auch wir als CDU-Fraktion Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Reinhardt!

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion der AfD Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss, glaube ich, die sieben Minuten nicht voll ausschöpfen, es ist schon alles gesagt worden. Herr Glawe hat in der ihm eigenen Ruhe und Sachlichkeit die Unsinnigkeit und Unrichtigkeit Ihres Antrags dargelegt. Die anderen Vorredner vor mir haben das auch noch mal verdichtet.

Corona war ein Vorwand. Da müssen wir uns hier nichts vormachen. Und Sie sind ja auch sehr schnell zum Grundsätzlichen gekommen: Sie wollen eben ohne Ende Flüchtlinge aufnehmen, weil, so Herr Ritter, Sie da ein Menschenrecht drin sehen. Es gibt aber kein Menschenrecht auf Flucht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Asyl ist Menschenrecht, Herr Förster!)

insbesondere nicht für eine Flucht nach Deutschland.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Asyl ist Menschenrecht, Herr Förster!)

Und den 16a Grundgesetz, den sollten Sie auch mal lesen, der ist Ihnen auch vorgehalten worden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Asyl ist Menschenrecht.)