Protocol of the Session on September 25, 2020

(Peter Ritter, DIE LINKE: Asyl ist Menschenrecht.)

Ich will Sie erst mal von einer anderen Sicht aus sehen: Sie sind doch immer, oder Sie sagen, Sie sind die Partei der armen Leute. Gehen Sie doch mal zu den Armen in der relativ großen Gruppe der schon länger hier Lebenden,

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

und dann erzählen Sie ihnen mal, diesen Leuten, die hier vielleicht mit knapper Rente leben oder sonst in sehr bescheidenen Verhältnissen leben,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Eine Gruppe gegen die andere ausspielen, oder was?!)

denen erzählen Sie mal von Ihren Visionen, wie Sie sich das hier im Lande vorstellen!

(Beifall Christoph Grimm, AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Wie heuchlerisch ist das denn? – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Was glauben Sie denn, warum denn inzwischen ist es auch bei den Koalitionsparteien im Bund und im Lande ein Mantra, dass sich 2015 nicht wiederholen darf? Doch

nicht aus Ausländerfeindlichkeit heraus, sondern weil auch der Dümmste im Lande inzwischen gesehen haben muss, dass es ganz konkrete Auswirkungen hat, wenn die Migration eben die Aufnahmegesellschaft überfordert, wenn Migration nicht in einer Weise stattfindet, dass Integration wirklich möglich ist, dass wir Parallelgesellschaften haben, dass es ein Kontrollverlust ja war. Und all das wissen Sie, das ist gesagt worden, das kann man nicht bestreiten, Sie sehen, dass die Gesellschaft in dieser Frage tief gespalten ist.

Und haben Sie sich je Gedanken darüber gemacht – wenn Sie schon, ich meine, Sie brauchen nur mal zu Frau Wagenknecht zu gehen und die redet ja nun manchmal sehr Vernünftiges, selbst die lässt keinen Zweifel daran, dass es keine unbegrenzte Migration geben kann –,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

haben Sie sich je Gedanken darüber gemacht, welch sozialer Sprengstoff perspektivisch dadurch entsteht?

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Auch ganz schlicht durch die höhere Geburtenzahl in der Migrantengruppe und der auch laufend noch Kommenden wächst die Zahl immer mehr. Inzwischen sind es rund zwei Millionen. Das hat natürlich auch Auswirkungen dadurch vor allem, dass der Großteil dieser dazukommenden Migranten in den sozialen Sicherungssystemen landet.

Dass das natürlich alles auch viel Geld kostet, dass die Integration eben sehr schwierig ist und nicht funktioniert und dass Multikulti ein Experiment ist, das ja dazu führen kann, was Helmut Schmidt mal sagte, irgendwann haben wir Mord und Totschlag hier im Lande, dass dieser soziale Sprengstoff da am Horizont längst aufgetaucht ist, egal wie man grundsätzlich dazu steht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben das Streichholz an der Lunte.)

dass es eine schlimme Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, gerade für gering Ausgebildete, geben wird, eine Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt, die wir auch jetzt schon alle erleben, dass irgendwann die Gesellschaft über das Spalten hinaus zu Konflikten kommt, das alles ist doch ganz klar vorauszusehen.

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Immer das Gleiche, nichts Neues.)

Das scheint Sie nicht zu interessieren. Sie halten einfach daran fest.

Dann machen Sie einen Antrag und sagen Sie nicht, irgendwo im Mittelmeer ein paar Boote hinschicken, die Boarding machen, dann sagen Sie, wir schicken jetzt Kreuzfahrtschiffe – das meine ich nicht ironisch –, wir schicken jetzt Kreuzfahrtschiffe an die libysche Küste,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

lassen uns von den, schalten die Schleuser aus, machen das selbst, führen nicht nur deren Modell zu Ende, nehmen auf, wer kommen will, und schicken die hierher! Und wenn Sie die fragen, wo die hinwollen – das sehen Sie auch in Griechenland, die wollen nicht in Moria bleiben

und die wollen auch dort nicht, auch da gibts Berichte der Flüchtlingsorganisationen, die wollen selbst nicht da bleiben, wenn man ihnen eine Arbeitsstelle gibt, eine Schulausbildung gibt – sie haben alle, ja, meist sind sie vorgeschickt, den Auftrag, nach Deutschland zu kommen, dann sagen Sie, wir nehmen hier auf ohne Ende.

Machen Sie das klar, aber sagen Sie auch, wie das gehen soll, wie dann eine friedliche Gesellschaft so existieren soll!

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Machen Sie das zum Wahlkampfthema! Das wäre doch mal was.)

Sagen Sie, welche Programme Sie dafür haben, und weichen Sie nicht aus mit Ihren Parolen von Menschenrechten!

(Beifall Christoph Grimm, AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Die Programme sind doch klar.)

Menschenrecht ist – nochmals – kein Recht auf Flucht nach Deutschland.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Stellen Sie sich den sozialen Problemen und dem sozialen Sprengstoff, den Sie produzieren, und zwar ganz bewusst, weil möglicherweise – jetzt rede ich mal so wie Sie – Sie die Destabilisierung dieses Landes in dieser Republik wollen, weil das ist Ihre Chance!

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Das unterstelle ich Ihnen jetzt mal.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja, ja! Wovon träumen Sie nachts? Das ist der totale Verfolgungswahn.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Ich weise darauf hin, dass ich jetzt die letzte Rednerin aufrufe, und zwar hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Erst mal ein paar Worte an Herrn Glawe, der vielleicht zuhören wird irgendwo am Bildschirm: Sie haben uns hier vorgeworfen, dass wir wieder die Erntehelfer und Geflüchteten in einen Topf geworfen haben. Das haben wir nicht getan! Unserer Ansicht nach sind die ausländischen Erntehelfer die vorletzte Stufe, wie die Menschenrechte manchmal mit Füßen getreten werden bei der Unterbringung, und Geflüchtete die letzte Stufe. Beide sind für uns Menschen. Menschenrechte gelten für alle! Und ich möchte, dass allen Menschen auf der Welt es genauso gutgeht wie mir und dass sie dieselben Rechte haben wie ich.

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Es gibt keinen oder kaum einen zeitlich begrenzten Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften. Und Sie haben gesagt, ja, und es gibt hier Schutzkonzepte – nein, die gibt es nicht. Im Januar 2018 haben wir dazu einen Antrag gestellt. Den hat dieses Parlament abgelehnt.

(Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

Und natürlich braucht in Familien, also in Kernfamilien, keine Abstandsregel eingehalten zu werden, aber vier fremde Personen in einem Raum, in einer Gemeinschaftsunterkunft – ich rede hier nicht von einer Erstaufnahmeeinrichtung, sondern von einer Gemeinschaftsunterkunft – werden in diesem Land als eine Kohorte betrachtet, das heißt, sie werden kurzerhand zu einer Bedarfsgemeinschaft ernannt. Eine Person bekommt Stufe 1 der Regelbedarfe aus den Asylbewerberleistungen, die drei Personen, die mit im Zimmer leben, die Stufe 2. Diese Menschen sollen also gemeinsam wirtschaften und füreinander in jeglicher Form eintreten, finanziell wie gesellschaftlich.

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern hat vor ein paar Monaten dieses Verfahren für rechtswidrig erklärt, denn nur, weil Menschen gemeinsam in einem Zimmer leben müssen, sind sie nicht wie eine Familie zu behandeln, zumindest nicht finanziell, was im Umkehrschluss heißt, diese vier Menschen in einer Einrichtung sind auch nicht als Kohorte zu betrachten. Auch das steht im schriftl…

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Aber Sie sind doch solidarisch?!)

Auch das steht im schriftlichen Urteil des Landessozialgerichtes, das seit drei Tagen öffentlich ist. Und darum müssen die Abstandsregeln in Gemeinschaftsunterkünften – ich sage hier nicht Erstaufnahmeeinrichtungen, sondern Gemeinschaftsunterkünften – neu überarbeitet werden. Das nur so viel. Ich halte Ihnen zugute, dass nicht jeder immer umgehend alle Sozialgerichtsurteile nachforstet und weiß, wann sie veröffentlicht werden.

Und zur AfD: Ja, wir sind radikal, wir sind radikal für Menschenrechte! Menschenrechte sind für alle gleich.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wohnen ist ein Menschenrecht, und es ist sehr zynisch von Ihnen,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Menschen in Elendslagern an den europäischen Außengrenzen dahinvegetieren zu lassen und gleichzeitig hier vor zehn Minuten zu sagen, die Einrichtungen in diesem Land sind doch alle leer. Wir als Fraktion haben uns allein in dieser Landtagsdebatte für Kulturschaffende eingesetzt, gegen Kinderarmut engagiert, über Alleinerziehende gesprochen, wollten Hartz IV erhöhen, haben uns um Pflegebedürftige gekümmert und sind immer dabei, wenn es um einen Mindestlohn geht.