Protocol of the Session on May 14, 2020

Bei den Krankenhäusern ist auch die Landesbehörde, der Gesundheitsminister mit im Boot, der für die Erstel

lung des Krankenhausplanes zuständig ist, Anträge auf Aufnahme in diesen Krankenhausplan durch die Betreiber berücksichtigt und vor allen Dingen aber Einvernehmen mit den Planungsbeteiligten anstrebt, immer mit dem Ziel bestmöglicher Einsatz aller Ressourcen hier in Meck-Pomm und eine gute Versorgung.

Das bedeutet, meine Damen und Herren, in der Enquetekommission zur guten medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern haben wir es mit einer Aufgabe zu tun, die nur gelöst werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen, und zwar in dieselbe Richtung. Dass das nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch hier in Mecklenburg-Vorpommern nicht immer und nicht überall gelungen ist, das ist kein Geheimnis. Dass wir über Zielstellungen und Strukturentscheidungen reden, die dann letztlich ja auch durch all diese oben genannten Beteiligten umgesetzt werden müssen, also auch akzeptiert werden müssen, auch umgesetzt werden können, das ist ebenfalls kein Geheimnis.

Und trotzdem und auch gerade deshalb, meine Damen und Herren, stellen wir uns als Landtag dieser Aufgabe in der Enquetekommission, über die Zukunft der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen, erforderliche Rahmenbedingungen und auch Maßnahmen eines integrierten, sektorenübergreifenden und multiprofessionellen medizinischen Versorgungsplans für Mecklenburg-Vorpommern zu diskutieren und diese zu skizzieren.

Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern gibt es sicherlich viele Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Glücklicherweise verfügen wir aber auch über eine Versorgungslandschaft, wo wirklich ein guter und ein kurzer Draht zwischen den meisten Akteuren besteht. Das ist ein Vorteil. Einige von Ihnen sind ja auch hier. Ich werde mich jetzt nicht auf das dünne Eis bewegen, dazu noch mal etwas zu sagen. Aber das sind wirklich gute Voraussetzungen dafür, gemeinsam die Sicherstellung eines solchen flächendeckenden Zugangs zu guter Versorgung ins Auge zu fassen und diesen dann auch innovativ und auch beispielgebend vielleicht für andere Regionen in Deutschland, denen es ähnlich geht wie uns, zu sichern.

Meine Damen und Herren, dabei müssen wir die teilweise je nach Sichtweise vielleicht auch oftmals gegenläufigen und letztlich nur durch einen ausgleichenden Gesamtansatz zu befriedigenden Interessen der Patientinnen und Patienten, der Beschäftigten sowie der Leistungserbringer und auch der Kostenträger selbstverständlich angemessen in den Blick nehmen, und auf eine geeignete Art und Weise müssen wir an dieser Betrachtung natürlich die gesellschaftlich relevanten Akteure, Gruppen, Organisationen aus dem gesamten Bereich der medizinischen Versorgung beteiligen. Das werden wir tun als Enquetekommission in Form von einer Mitgliedschaft. Das können Anzuhörende sein, es können Gutachterinnen und Gutachter sein oder auch Sachverständige, da gibt es viele Möglichkeiten. Wir wollen dafür sorgen, dass alle auf eine geeignete Art und Weise da auch wahrgenommen werden.

Und zu diesem Zwecke setzen wir heute die Enquetekommission ein, mit der Aufgabenstellung, aufbauend auch auf Erkenntnisse und Ausarbeitungen beispielsweise der Enquetekommission „Älter werden in MecklenburgVorpommern“, die mein lieber Kollege Jörg Heydorn geleitet hat, und auch mithilfe von neuen Gutachten und

Anhörungen Rahmenbedingungen zu skizzieren, Maßnahmen für eine langfristig tragfähige medizinische Versorgung hier in Mecklenburg-Vorpommern zu empfehlen.

In den nächsten Wochen drei Wochen werden wir uns mit der Zusammensetzung der Enquetekommission gemeinsam befassen. Dann gehts los. Ich möchte Ihnen sagen, ich persönlich freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen und mit den Expertinnen und Experten gute Wege für eine gute Gesundheitsversorgung für die Menschen in unserem Land zu finden und dann auch auf den Weg zu bringen. Und deshalb bitte ich auch ebenfalls um Zustimmung zu unserem Antrag und danke Ihnen herzlich.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir als Fraktion DIE LINKE – und ganz konkret meine Kollegin Eva Kröger und ich, gemeinsam mit unserem Mitstreiter Jörg Böhm – freuen uns sehr auf die Arbeit in der Enquetekommission, die wir heute auf den Weg bringen wollen. Wir sind Miteinreicherin dieses Antrages auf Einsetzung einer Enquetekommission „Zukunft der medizinischen Versorgung“, weil es neben all dem, was hier bereits an zu Würdigendem genannt wurde, vieles gibt, was sich ändern muss, was anders werden muss. Wir sehen in der heute einzusetzenden Enquetekommission die Chance, jahrelange Versäumnisse von Landesregierungen auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik wettzumachen. Und wir sehen die Chance, endlich vorausschauend, weit vorausschauend Gesundheitspolitik gestalten zu können, wegzukommen von einer Politik des Regierens und einer Politik – zeitweilig zumindest hat sich das ja immer wieder gezeigt und wir haben auch in dieser Woche damit zu kämpfen –, einer Politik des Krisenmanagements.

Über das mittlerweile in vielen Bereichen drängende Fachkräfteproblem werden wir reden müssen, und zwar so, dass wir zu konkreten Empfehlungen kommen, denn – wir haben noch mal nachgeschaut – über das drohende Fachkräfteproblem im Gesundheitsbereich wird nunmehr seit mehr als zehn Jahren gesprochen. Und es ist dieses und jenes geschehen – wenn ich jetzt an das Landarztgesetz denke, was Anfang des Jahres auf den Weg gebracht wurde, was Fördermittel für die Einrichtung einer Praxis betrifft –, aber wenn man mal unterm Strich schaut, was ist denn wirkungsvoll wirklich geschehen, dann ist das doch ziemlich wenig und nicht zufriedenstellend.

Die Krankenhauslandschaft, das hat hier eine Rolle gespielt, ist sowohl in der letzten Legislaturperiode als auch in dieser eine einzige Baustelle. Besorgniserregend ist das Schließen von Geburtenstationen und Stationen der Kinder- und Jugendmedizin gleich an mehreren Standorten im Land. Besorgniserregend, jedoch auf andere Art und Weise, ist die wirtschaftliche Situation der Universitätskrankenhäuser. Bei dieser Gelegenheit mal ganz nebenbei: Wie geht es eigentlich der noch von Frau Hesse in ihrer Eigenschaft als Bildungsministerin eingesetzten Kommission Unimedizin? Und besorgniserregend

sind die Konzentration beziehungsweise der Wildwuchs an medizinischen Großgeräten, etwa in der Kardiologie.

Womit wir bei einem kardinalen Punkt des Beschlussantrages sind. Herr Kollege Barlen hat den auch zitiert. In ihm heißt es: „Der Landtag … betrachtet eine bedarfsgerechte, gute und erreichbare Gesundheitsversorgung als elementaren Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge.“ Diese Feststellung – oder dieser Anspruch – ist eine wichtige, enthält sie doch drei Ansprüche, die wir auch als Motivation sehen, warum wir Miteinreicherin sein wollten und es somit sind und warum wir auch uns freuen auf diese Arbeit in der Enquetekommission.

Ein erster Anspruch ist, die zukünftige medizinische Versorgung muss bedarfsgerecht sein. Dieses „bedarfsgerecht“, da müssen wir, jeder kann das für sich auch mal bedenken und innerlich so sich befragen – das „bedarfsgerecht“, dieses Wort geht ja einem schnell über die Lippen –: Was versteckt sich denn dahinter? Gestern spielte es auch im Zusammenhang mit öffentlichem Verkehr eine Rolle. Bedarfsgerechtigkeit im Gesundheitsbereich, da gibt es ein interessantes Arbeitspapier des Sachverständigenrates Gesundheit, die sich damit im Jahr 2000 auseinandergesetzt haben. Die haben gesagt, vier Dinge müssen zusammenkommen, wenn von bedarfsgerechter Versorgung die Rede sein soll:

erstens ein subjektiver Wunsch oder eine subjektive

Notwendigkeit nach medizinischer Versorgung,

dann eine objektive Feststellung von Krankheit oder

Notwendigkeit von medizinischen Leistungen,

drittens objektivierend die Feststellung, dass man

auch über die Kapazitäten und Einrichtungen verfügt, die ein solches Bedürfnis stillen können,

und viertens sind es Fragen des demografischen

Wandels, der Kultur in der Gesellschaft, der gesellschaftlichen Dynamik.

All das gilt es zu bedenken, denn wir müssen genau hinschauen, was haben wir im Land an medizinischen Versorgungskapazitäten, wo gibt es Momente der Unterversorgung und wo haben wir vielleicht von einigem auch zu viel.

Ein zweiter Anspruch: Die medizinische Versorgung muss gut erreichbar sein. Hierbei geht es sowohl um die Entfernung bis zur nächsten Praxis beziehungsweise zum nächsten Krankenhaus. Zu Letzterem gibt es gut begründete Empfehlungen des Deutschen Ethikrates, aber auch des Gemeinsamen Bundesausschusses. Hierbei geht es aber auch um den barrierefreien Zugang zur medizinischen Versorgung.

Der dritte Anspruch: Gesundheitsversorgung ist elementarer Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. In den Dokumenten der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ wird Daseinsvorsorge als „Gewährleistung eines öffentlichen Angebots der vom Gesetzgeber als lebensnotwendig eingestuften materiellen, personellen sowie institutionellen Güter und Dienstleistungen“ verstanden. Bei Gütern und Dienstleistungen von derart existentieller Bedeutung wie der Gesundheit stellt sich mit zwingender Konsequenz die Frage danach, wer hat die Verfügungsgewalt, wer hat das Sagen, wer hat die Gestaltungshoheit.

Gestern gab es hier von Crivitzerinnen und Crivitzern eine Demo vor dem Schloss. Da ist auch deutlich geworden – Herr Barlen war auch dabei in dem Moment –, da waren auch zornige Bürger. Und die sagen: Ihr aus der Politik, ihr redet immer nur, es ändert sich aber nichts. Und wenn ihr sagt, es soll sich etwas ändern, warum macht ihr es nicht? – Ja, weil die Eigentumsverhältnisse so sind, wie sie sind. Wenn wir also über Veränderungen und Gestaltungsmöglichkeiten reden, müssen wir auch darüber reden, wer hat das Sagen, wer entscheidet, wer gestaltet, wie werden die Visionen, die wir uns erarbeiten, die Ideen und Vorschläge dann auch umgesetzt. Dabei gilt selbstverständlich, Herr Minister, dass wir auf Eigentumsvielfalt schon setzen, aber diese Frage des Eigentums ist für uns schon eine zentrale Frage.

Unmittelbar mit dem Aufkommen der Corona-Pandemie wurde der Ruf nach der Verantwortung des Staates für das öffentliche Gesundheitswesen laut. Es ist übrigens ein typischer Reflex, in Krisenzeiten immer: der Staat muss doch, der Staat soll doch. Die Erwartungshaltung ist ja irgendwo auch nachvollziehbar und berechtigt. Er kann, der Staat, diese aber nur wahrnehmen, wenn hierfür Einflussmöglichkeiten bestehen. Wie begrenzt diese sind, zeigte sich bei den Schwierigkeiten in der Besorgung von Schutzmaterialien und anfänglich bei den Beatmungseinheiten für die Intensivversorgung. Wer das Sagen hat, zeigte sich auch beim Aufrufen von Wucherpreisen. Der typische kapitalistische Warenmarkt wies an dieser Stelle kein Marktversagen, sondern pure Marktkonformität auf, mit Wirkungen, die durchaus über Leben und Tod entscheiden können. Worum es uns also – ich wiederhole das gerne noch mal – als Linksfraktion geht, ist, auch über das Eigentum zu sprechen.

Neben all dem Gesagten gilt es, mit der Arbeit der Enquetekommission herauszuarbeiten, wo es derzeit Unterversorgung/Überversorgung gibt. Auch ist es notwendig, die Potenziale sektorenübergreifender medizinischer Versorgung zu heben, denn nach wie vor arbeiten der ambulante und der stationäre Bereich zu sehr abgeschottet nebeneinander.

Wir gehen davon aus, dass angesichts der Dimension der bestehenden Herausforderungen im Gesundheitswesen die Enquetekommission in der verbleibenden Legislaturperiode nicht alle anstehenden Themen bearbeiten kann. Deshalb müssen die drängendsten Probleme zuvorderst angepackt werden. Aus Sicht der Linksfraktion sind vier Punkte vordringlich. Es sind dies:

Erstens. Die Enquetekommission muss sich der Fachkräfteentwicklung annehmen. Hierbei muss die Erhöhung der Studienplätze in der Humanmedizin ebenso in den Blick genommen werden wie die Rahmenbedingungen für die Ausbildung in den nicht akademischen Berufen.

Zweitens. Mit der Arbeit der Enquetekommission müssen die strukturellen Probleme in der Krankenhauslandschaft angegangen werden. Es bedarf einer neu konzipierten Krankenhausstruktur. Unter der Maßgabe des Erhalts aller Standorte gilt es, Empfehlungen zu erarbeiten, wie die Krankenhäuser sich weiter spezialisieren und zugleich besser zusammenarbeiten können.

Drittens. Durch die Enquetekommission muss es zu Empfehlungen hinsichtlich der Versorgungssicherheit mit Medizinprodukten kommen. Das heißt, die Medikamentenversorgung ebenso sehr, das schließt sie ebenso sehr

mit ein, die Medikamentenversorgung, wie die Bereitstellung von Hilfs- und Heilmitteln sowie von Schutzmaterialien, um auf Epidemien – die wiederkommen werden, wenn diese überstanden ist, wir werden die nie los – besser vorbereitet zu sein, als wir es gegenwärtig erleben mussten.

Viertens und letztens. Nicht zuletzt gilt es, sich mit Perspektiven der medizinischen Versorgung im Zeitalter der Digitalisierung und der Anwendung künstlicher Intelligenz zu befassen. Die Enquetekommission muss auch genutzt werden, um neben aktuellen Problemen weitreichende Zukunftsfragen anzusprechen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Koplin!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst mal möchte ich hier noch mal was klarstellen: Es ist natürlich nicht egal, wer das Gesundheitsministerium führt, und ich glaube, es ist gut, dass es von der CDU geführt wird,

(Beifall Daniel Peters, CDU)

und wir werden natürlich alles dafür tun, dass es auch nach der nächsten Landtagswahl weiter von der CDU geführt wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Julian Barlen, SPD)

Das möchte ich an der Stelle noch mal ganz klar und deutlich sagen, auch wenn ich in meinem ersten Redebeitrag, lieber Harry Glawe, vielleicht etwas diplomatischer war. Das ist ja durchaus eine Eigenschaft, die mir durchaus hold ist ab und zu mal.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Wahlkampf.)

Es geht aber auch natürlich weniger diplomatisch.

Und, sehr geehrter Kollege Dr. Jess, Ihr Redebeitrag war ja zu erwarten. Immerhin hat diesmal das übliche Gejammer gefehlt, dass wir Sie nicht eingebunden haben in einen Antrag, denn Sie haben ja bereits im März gesagt, dass Sie von der Enquetekommission nichts halten, und von daher bestand, glaube ich, gerade auch bei diesem Thema keine Notwendigkeit. Und Sie haben es ja auch an der Stelle gar nicht weiter ausgeführt.