Protocol of the Session on January 31, 2020

In beiden Fällen, bei der Aufnahme von Bootsflüchtlingen wie auch bei der übereilten Aufnahme von Menschen aus überfüllten griechischen Flüchtlingsunterkünften, wissen wir aber nicht, wen wir uns ins Land holen, sprich, welches Schutzes sie bedürfen. Und so kaltherzig es erscheint, wir kommen einfach nicht umhin, das Problem der Pull-Effekte mit in den Blick zu nehmen. Wenn wir in Griechenland anfangen, gibt es noch viele andere Einrichtungen, die dann einen gleichen Anspruch anmelden. Und – das muss man auch deutlich sagen können – auch wenn es, wie gesagt, abwehrend und kalt klingt, aber wir müssen die Gesamtsituation betrachten. Initiativen wie „Sichere Häfen“ oder auch #WirHabenPlatz senden schlicht und ergreifend aus meiner festen Überzeugung das falsche Signal, insbesondere mit Blick auf die Menschenhändler, die darüber viel, viel Geld verdienen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Es muss darum gehen, den Kindern vor Ort zu helfen, in ihren Heimatländern, in den Flüchtlingsunterkünften im Libanon, in der Türkei. Die Bundesregierung ist hier aufgefordert, deutlich mehr Geld in die Hand zu nehmen, um vor Ort zu einer Verbesserung der Lage beizutragen. Ich habe schon vor vielen Jahren hier im Haus beigetragen, auch die Länderparlamente müssen sich möglicherweise überlegen, ob sie eine Patenschaft über ein Lager mit übernehmen, um dort vor Ort beizutragen. Und das Geld ist da, glaube ich, wesentlich intensiver und richtiger angelegt. Und man könnte mit dem Geld auch viel mehr bewegen. Vielleicht sollte man über solche Dinge auch mal reden, wenn wir immer sagen, wir müssen mehr vor Ort tun. „Mehr vor Ort“ ist nicht nur die Bundesregierung, „mehr vor Ort“ sind wir alle gemeinsam. Und deswegen, glaube ich, sollte man zumindest über solche Gedanken auch immer wieder reden. Und die Landesaufnahmeprogramme, die Aktion des Bundes nach den Paragrafen 22 und 33 des Aufenthaltsgesetzes und die Aufnahme im Rahmen des Resettlement-Programms zeigen doch, dass wir immer wieder Sonderaktionen durchgeführt haben, aber gemeinsam abgestimmte innerhalb der Europäischen Union.

Die Grundproblematik habe ich aber auch schon im Rahmen der Diskussion zu Ihrem Antrag aus dem Mai

vergangenen Jahres zum Thema „Sichere Häfen“ dargestellt. Ich habe in der Landtagsdebatte auch auf die Vielzahl der aufenthaltsrechtlichen Verfahren hingewiesen, die nach den Jahren 2015/2016 jetzt noch auf uns zukommen, und das sollte man nicht als Selbstverständlichkeit abtun. Bevor man also versucht, viele zusätzliche Menschen aus der Welt zu retten, sollte man sich vielleicht eher auf die Dinge fokussieren, auf die man wirklich Einfluss hat, und dass man das gut macht und auch denen, die jetzt hier Schutz suchen, die entsprechende Fürsorge leisten kann.

Wenn wir aber auch über diese schon jetzt sehr anspruchsvollen Aufgaben neue Aufgabenfelder ins Land ziehen wollen, dann geht das nach meiner festen Überzeugung nur in einem abgestimmten, in einem gemeinsam abgestimmten europäischen Verfahren. Da ist Deutschland nun wahrlich nicht der Bremser. Im Gegenteil, Deutschland muss sich für eine solche europäische Lösung einsetzen und tut dies auch.

Immer wieder Menschen außerhalb des regulären Systems aufzunehmen, weil uns ihr Schicksal persönlich berührt, wird der Situation langfristig nicht gerecht, weil es damit genau das System torpediert, das wir europaweit eigentlich bräuchten. Und in diesem Sinne sollten wir auch den künftigen Weg so beschreiten, dass wir die Aufgaben gemeinsam innerhalb des europäischen Verbundes lösen und dass wir durchaus den einen oder anderen Gedanken darüber verwenden, wie können wir als Land in Einrichtungen vor Ort mit dazu beitragen, dass viele sich gar nicht auf diese Reise, auf diese im wahrsten Sinne des Wortes abenteuerliche Reise machen. Das wäre vielleicht auch ein Beitrag, über den wir durchaus nachdenken sollten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Dr. Matthias Manthei, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DIE LINKE bleibt sich treu, sie wackelt nicht herum, sie spricht nicht heute von einer Willkommenskultur und einer uns bereichernden Migration und morgen davon, dass sich 2015 nicht wiederholen darf, sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt und kennt hier keine Grenzen. Wer Fluchtgründe hat, und derer gibt es in vielen Ländern viele, der soll nach dem Weltbild der LINKEN bei uns Aufnahme finden, und zwar auf Dauer. Da ist es nur folgerichtig, dass sich DIE LINKE dafür einsetzt, einen Teil der in Griechenland festsitzenden unbegleiteten minderjährigen Migranten aufzunehmen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Und wenn die Berichte über die Verhältnisse in den griechischen Aufnahmelagern halbwegs zutreffen, dann ist die Lage dort durchaus besorgniserregend. Aber so, wie Frau Larisch das hier vorträgt, so funktioniert Politik nicht. Emotionen in allen Ehren, aber allein hoch emotional schwierige, ja, man kann ja schon sagen, fast weltpolitische Lösungen hier vorzuschlagen, so geht das nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und insbesondere der Kernsatz, den ich immer wieder höre, auch bei Herrn Caffier, „Deutschland hat Verantwortung“, „Deutschland hat Verantwortung“, der Satz ist im Kern falsch, er steht vielleicht an zweiter oder dritter Stelle. In der Welt gibt es viel Elend, Sie haben es ja auch beschrieben, sicherlich hier und da oder überzeichnet, ob es nun überall so wäre, aber es gibt viel Elend in der Welt, in allen Formationen. Aber da liegt die Verantwortung zuallererst in diesen Ländern.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Wir sind nicht verantwortlich für Systeme, wo Clans und korrupte Politiker das Land regieren.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Wir sind nicht dafür zuständig, dass es nicht nur Hunger und Not gibt. Wir sind nicht dafür zuständig, dass es Genitalverstümmelung an kleinen Mädchen gibt. Wir sind nicht dafür zuständig, dass kleine Mädchen, junge Mädchen, Frauen, zwangsverheiratet werden. Sollen wir da intervenieren? Sollen wir die Staaten da auf Vordermann bringen? Am deutschen Wesen soll die Welt genesen, oder was haben Sie vor?

Flucht ist generell nicht die Lösung der Probleme.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Europa – da sind wir noch am wenigsten beteiligt – hat eine koloniale Vergangenheit, und sicherlich sind die von den Kolonien, ja, früheren Kolonialmächten gezogenen willkürlichen Grenzen …

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Man erkennt sie in der Geografie immer an den geraden Strichen. Wir Deutsche leiden ja wie die alten Ostgebiete auch darunter. Da gibt es auch einen geraden Strich zwischen dem russischen und dem polnischen Teil. Überall, wo diese Striche sind, da weiß man, da steckt Vertreibung, Unrecht dahinter. Also wir haben Verantwortung, wir nehmen die ja auch wahr. Aber zunächst einmal sind diese Länder dafür verantwortlich, und da können wir relativ wenig ändern.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Das sind aber unsere Waffen, die da schießen!)

Die Erfahrungen aus der Berichterstattung über Migration mahnen im Übrigen, nicht alles zu glauben, was uns als wahr aufgetischt wird. Wir erinnern uns an 2015. Wir sahen fast nur Bilder junger Frauen mit kleinen Kindern und es kamen fast nur junge Männer. Und auch jetzt, DIE LINKE spricht hier im Antrag davon, die Minderjährigen seien „schutzlos miserablen Bedingungen, Gewalt und Missbrauch ausgesetzt“.

Habeck, das ist der Chef der GRÜNEN, der noch vor einiger Zeit verkündete, dass er Patriotismus und Vaterlandsliebe „zum Kotzen“ finde und „mit Deutschland nichts anfangen“ könne, forderte kurz vor Weihnachten, dass Deutschland als Erstes die Kinder aus den Lagern in Griechenland holen solle. Er sprach davon, dass sich

auf den Inseln etwa 4.000 Kinder drängten, darunter „viele Mädchen, viele zerbrechliche kleine Menschen“. Schnelle Hilfe sei ein „Gebot der Humanität“.

Dieser Befund ist falsch. Denn laut UN-Flüchtlingskommissariat hielten sich Ende November 2019 zwar 5.276 unbegleitete Minderjährige in griechischen Aufnahmelagern auf, für rund 3.000 fehlte es auch an geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten, allerdings seien nur 9 Prozent der Minderjährigen unter 14 Jahren und damit Kinder. Von der Gesamtzahl der Minderjährigen seien zudem 92 Prozent männlich,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich bin fast geneigt, mir den dritten Ordnungsruf einzuhandeln.)

so, wie wir es ja auch erfahren haben bei der Fluchtbewegung davor.

Richtig und sicherlich problematisch ist die Überfüllung der Lager. Falsch und zumindest in dieser Allgemeinheit völlig übertrieben ist aber, dass speziell in Griechenland, dass die jungen Migranten dort schutzlos Gewalt und Missbrauch oder sogar dem Tod ausgesetzt sind oder dort verhungern. Das ist einfach Unsinn.

Hervorzuheben ist ferner, dass im politischen Diskurs irreführend verallgemeinernd von Kindern gesprochen wird und völlig unterschlagen wird, dass es sich fast nur um junge Männer handelt. In der UN-Kinderrechtskonvention werden zwar alle Menschen unter 18 Jahre als Kinder angesehen – bemerkenswert –, für den politischen Diskurs bei uns ist diese Definition aber falsch und irreführend.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Hier gilt die Unterscheidung Kind/Jugendlicher.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Zudem wird entgegen allen Erfahrungen unterschlagen, dass die Altersangaben nicht verlässlich sein müssen. Da das Alter für die Behandlung der jungen Migranten eine wesentliche Rolle spielt, spricht vieles dafür, dass sich ein großer Teil der jungen Migranten als jünger ausgibt, als er in Wirklichkeit ist. Warum sollte das auf den griechischen Inseln anders sein als bei der Einreise in Deutschland nach all unseren Erfahrungen?

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Bevor man lautstark die Einreiseerlaubnis junger Migranten von Griechenland fordert, sollte man sich eben damit auseinandersetzen, um was für eine Gruppe es sich dabei handelt, oder anders gefragt: Wie wird man ein unbegleiteter minderjähriger Ausländer?

Die Jugendlichen kommen in der Regel aus einem patriarchalisch geprägten Kulturkreis. Da packt ein Jugendlicher nicht einfach seinen Koffer und beschließt die Einwanderung nach Europa, Endziel Deutschland. Das wird in der Familie beschlossen und der männliche Jugendliche reist voraus in der Erwartung, dass es irgendwann mit dem Nachzug der Familie klappt. Jedenfalls steht die Familie dahinter. Der Jugendliche ist hier also nicht der Alleingelassene, Verlorene, der nicht weiß, um was es geht und wo er hingehört.

Der vermutlich geringere, aber nicht zu vernachlässigende Fall ist der des entwurzelten Jugendlichen, der in einem rechtsfreien, oft von Gewalttätigkeit geprägten Raum lebt und sozialisiert wurde. Das Bundeskriminalamt kennt diese Risikogruppe und nennt hier beispielhaft das Leben als Straßenkinder. Diese Gruppe ist für uns zweifelsfrei eine Risikogruppe, die nur sehr schwer zu integrieren ist. Aber eines ist allen Fällen gemeinsam: Der Betreuungsaufwand ist, auch wenn alles glattläuft, erheblich und aufbringen muss ihn der Steuerzahler. Der ist auch bei einem großen Herz nicht unbedingt der Meinung, dass er für alles Elend dieser Welt verantwortlich sein soll.

Und ein Weiteres steht von vornherein nach allen bisherigen Erfahrungen fest: Der Risikofaktor, dass es bei dieser Gruppe mit der Integration nicht funktioniert, ist groß, denn der jugendliche Migrant kommt fern der Familien in eine neue und für ihn in vielerlei Hinsicht verwirrende Welt, in der er sich nun zurechtfinden soll. So kann es eigentlich nicht verwundern, dass unbegleitete minderjährige Migranten häufig durch kriminelle Handlungen auffällig werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Karen Larisch, DIE LINKE: Sie sind so widerlich!)

Ich weiß, dass der LINKEN und auch der SPD das nicht ins Weltbild passt und, wie wir hören, Frau Larisch nichts Besseres einfällt, als hier zu polemisieren.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Dort gibt es nur die gefühlte Wahrnehmung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist nicht nur widerlich, das ist eklig, was Sie hier vortragen!)

Deshalb zitiere ich beispielhaft aus einer Verlautbarung des Berliner Senats, Zitatanfang: „Nach heftigen Debatten zwischen Sozialträgern, Anwohnern und Bezirksämtern will sich der Berliner Senat intensiver um minderjährige Asylbewerber kümmern, die ohne Eltern nach Berlin kamen. Zuletzt waren in Kreuzberg und Mitte jugendliche Flüchtlinge durch Gewalttaten, aber auch Diebstahl und Drogenhandel aufgefallen.“ Zitatende. Dann beschimpfen Sie den Berliner Senat, das wäre dann die richtige Adresse!

(Karen Larisch, DIE LINKE: Ja, wir haben hier von Kindern geredet, wenn Sie mal irgendwie zugehört haben!)

Es gibt also Gründe, die Angelegenheit mit Bedacht zu betrachten und dabei auch alle Folgen und Konsequenzen einzubeziehen. Dazu gehört auch, dass die irreguläre Aufnahme jugendlicher Migranten, die die Vorhut für den weiteren Nachzug bilden, in den Herkunftsländern natürlich genau wahrgenommen wird und damit neue Anreize für dieses Fluchtmodell gesetzt werden. Auch der Minister hat das – vielleicht noch mehr versachlicht – ja auch zum Ausdruck gebracht. Dazu gehört ferner für die Fälle, wo Jugendliche ins kriminelle Milieu abrutschen – und das gibt es, und zwar nicht wenig – das Wissen darum, dass eine Abschiebung aufgrund extrem hoher Hürden bei der Abschiebung krimineller Jugendlicher praktisch nicht möglich ist.

Letztlich geht es um die ganz grundsätzliche Frage, wie man zur Migration steht. Wer sich von der Nation und dem Nationalstaat verabschiedet hat und wer demzufolge mit einer wesentlichen Veränderung der Bevölkerungsstruktur bei der Massenimmigration kein Problem hat oder dies sogar auf dem Weg zu einer globalen Menschheitsbeglückung anstrebt, der hat natürlich auch mit illegaler Migration kein Problem. Wer allerdings in einer ungezügelten illegalen Migration, die das Maß früherer maßvoller und geordneter Zuwanderung deutlich überschreitet, eine Gefahr für den Erhalt der Nation und den Zusammenhalt der Gesellschaft und den sozialen Frieden sieht, der lehnt illegale Migration, egal, in welchem Kleid sie sich einschleicht, ab.