Protocol of the Session on January 31, 2020

Letztlich geht es um die ganz grundsätzliche Frage, wie man zur Migration steht. Wer sich von der Nation und dem Nationalstaat verabschiedet hat und wer demzufolge mit einer wesentlichen Veränderung der Bevölkerungsstruktur bei der Massenimmigration kein Problem hat oder dies sogar auf dem Weg zu einer globalen Menschheitsbeglückung anstrebt, der hat natürlich auch mit illegaler Migration kein Problem. Wer allerdings in einer ungezügelten illegalen Migration, die das Maß früherer maßvoller und geordneter Zuwanderung deutlich überschreitet, eine Gefahr für den Erhalt der Nation und den Zusammenhalt der Gesellschaft und den sozialen Frieden sieht, der lehnt illegale Migration, egal, in welchem Kleid sie sich einschleicht, ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Deshalb lehnt meine Partei die Aufnahme jugendlicher Migranten aus Griechenland ab, erst recht, wenn dies im Alleingang geschehen soll. Unser Land hat sich mit seiner Migrationspolitik bereits erheblich übernommen und krankt darunter.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Worüber man aus humanitären Gründen sprechen sollte, ist allein die Frage, inwieweit Griechenland vor Ort geholfen werden kann. Zentral ist auch die Frage nach Schutzzonen außerhalb der EU. In oder in der Nähe der Herkunftsländer kann mit denselben Mitteln für humanitäre Hilfe ein Vielfaches von dem bewirkt werden, was erreicht würde, wenn die Migranten zu uns kommen. Aber darum geht es bei dem Antrag der LINKEN ja eben nicht.

Und noch eins zum Schluss zu unserem Innenminister: Es wird immer von der „europäischen Lösung“ gesprochen. Da reden wir seit Jahren drüber. Dann geht ja der Blick auch heute wieder etwas als Speerspitze nach Osteuropa, was die Bösen sind. Das ist in meinen Augen eine ganz unaufrichtige Diskussion, denn die Gründe wissen wir alle, dass es diese europäische Lösung, jedenfalls mit den Osteuropäern – ich sage ganz nüchtern, Gott sei Dank –, nicht geben wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und wir sind doch die Nutznießer der Osteuropäer. Wir haben ja Hehlermentalität in gewisser Weise, wenn wir sie auf der einen Seite dauernd beschimpfen. Was wäre denn, wenn die Balkanroute nicht dicht wäre?

(Dirk Friedriszik, SPD: Die ist nicht dicht.)

Wie war es denn, als Ungarn daranging, die Grenze dichtzumachen? Wie wurde das alles beschimpft von hier?!

(Karen Larisch, DIE LINKE: Wer hat denn eigentlich Ihren Anzug genäht, ein Kind in Indien?)

Und dann haben wir den Nutzen gezogen. Was ist denn mit dem Türkei-Abkommen, wo wir uns abhängig gemacht haben von einem Diktator,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

abhängig gemacht, damit die Flüchtlinge nicht kommen? Dann soll man da ehrlich sein, dann schicken wir doch im

Mittelmeer die Kreuzfahrtschiffe hin und holen sie, wenn wir sie hier wirklich haben wollen. Wir beschimpfen Orban, wir machen mit ihm Verträge und betteln hinter verschlossenen Türen, dass er uns die Flüchtlinge ja weghält, und dann reden wir von der europäischen Lösung, die es nicht gibt. Und dass es die auch nicht so einfach geben kann, ist doch ganz klar, denn es geht doch nie nur um die Flüchtlinge, die jetzt vor der Tür stehen. Das ist doch im Grunde auch aus den Zahlen deutlich. Frau Larisch hat doch diese globale Situation beschrieben und dann am Schluss doch gesagt, es geht um 20 Kinder. Ja, wenn man es so sieht, emotional, und würde sich die 20 Kinder hier hinstellen, natürlich, dann wären wir alle derselben Meinung, die müssen wir aufnehmen.

(Dirk Friedriszik, SPD: Sie nicht.)

Aber es geht eben nicht um die 20 Kinder. Es geht um ein globales Problem, das ich nicht lösen kann,

(Karen Larisch, DIE LINKE: In unserem Antrag geht es konkret um 20 Kinder! – Glocke der Vizepräsidentin)

indem ich andererseits sage, wir müssen Außengrenzen schützen, und tue es nicht. Es geht nicht um die 20 Kinder,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Natürlich! Lesen Sie den Antrag!)

weil noch viele, viele andere sind.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Es geht in unserem Antrag um 20 Kinder. Sie versuchen hier, etwas reinzuinterpretieren, was überhaupt nicht drinsteht.)

Es wäre eine Teillösung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist so, als ob Sie nach der Bombardierung einer Stadt 20 Opfer rausholen, die anderen lassen Sie da. Es ist keine Lösung und das sollten wir ehrlich bekennen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wir müssen vor Ort helfen und müssen dafür sorgen, dass, oder die Staaten auch entsprechend klar behandeln, die dafür verantwortlich sind, sie beim Namen nennen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es geht um 20 Kinder.

(Beifall Karen Larisch, DIE LINKE: Richtig!)

Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern viel Platz und wir haben Zukunftsperspektiven mittlerweile für junge Leute. Und auch für 20 zusätzliche junge Leute könnten wir gute Voraussetzungen für ein gutes Erwachsenenleben schaffen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Könnten, Wenn wir wollten!)

Wir haben viele Berichte zur Kenntnis genommen über den Zustand in den Lagern auf Lesbos. Teilweise sicherlich übertrieben, teilweise sicherlich werden die Berichte den tatsächlichen Zuständen dort nicht gerecht, aber was in mehreren Berichten natürlich gleichzeitig oder gleichermaßen vorkam, war die Perspektive der Kinder und Jugendlichen, die dort vor Ort sind. Die warten teilweise bis zu zwei Jahren darauf, dass ihr Antrag überhaupt bearbeitet wird. Und denken Sie doch mal selber zurück, falls Sie dazu in der Lage sind, als Sie in einem Alter unter 14 Jahren waren: Zwei Jahre, was bedeuten da zwei Jahre? Das ist eine Entwicklung sondergleichen, die Erwachsene nie wieder durchmachen.

Zwei Jahre im Leben eines Kindes sind eine verdammt lange Zeit. Und wenn man so lange darauf gewartet hat und dann hier irgendwann ankommt, dann kann man vielleicht auch so ein bisschen nachvollziehen, was Herr Förster da ja teilweise auch durchaus zu Recht gesagt hat, dass manche Kinder, die diese Erfahrung gemacht haben, dass man sie erst mal ablehnend lange in der Warteschleife hängen lässt, vielleicht doch sich eher auch mal auf Abwege begeben, weil um schnell zum Ziel zu kommen, weil man ja so verdammt lange vergeblich auf etwas warten musste.

Frau Larisch, ja, Ihre Rede war sehr emotional, aber manche Themen rechtfertigen eine sehr emotionale Rede.

Und, Herr Förster, Sie sagten, Flucht ist keine Lösung. Aber, Herr Förster, es ist für Eltern überhaupt keine Option, zu Hause zu verharren und zuzuschauen, wie die eigenen Kinder verhungern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Wir sprechen hier über einen Vorschlag, den auch der Innenminister aus Niedersachsen, Boris Pistorius, vorgetragen hat, 1.000 Kinder unter 14 Jahren in Deutschland aufzunehmen. Und wenn wir nach dem Königsteiner Schlüssel gehen, haben wir es tatsächlich da mit einer Zahl von 20 ungefähr für Mecklenburg-Vorpommern zu tun. Und wie kommt ihr überhaupt zu diesem Vorschlag? Boris Pistorius war selbst vor Ort und hat sich die Situation angeguckt.

(Dirk Friedriszik, SPD: Sehr richtig!)

Und wer Boris Pistorius kennt, wird nicht behaupten, er wäre ein Weichei oder eine Heulsuse und wird sich von allem beeinflussen lassen, ganz im Gegenteil. Und wenn Boris Pistorius vor Ort war und sich die Zustände angeschaut hat, dann neige ich sehr dazu, den schlimmen Berichten über den Zustand in diesen Lagern Glauben zu schenken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Leider ist es aber auch so.

Was der Innenminister hier berichtet hat, ist ja durchaus die gelebte Realität. Die Innenministerkonferenz hatte diese Vorschläge abgelehnt und der Bundesinnenminister hat sich dementsprechend ja auch geäußert. Man

setzt hier auf eine gemeinsame europäische Lösung. Bis jetzt sind ja nur – in Anführungszeichen – Deutschland und auch die Schweiz bereit, in diese Richtung wirklich, wirklich zu gehen. Deswegen ist natürlich auch, was Herr Förster gesagt hat, dass diese europäische Lösung wahrscheinlich lange auf sich warten lässt, nicht von der Hand zu weisen.

Aber da kommen wir wieder zu der Frage, und das wird auch immer wieder hier herangezogen oder argumentativ herangeführt, wir müssen den Menschen vor Ort helfen. Es nützt nichts, wenn wir aus den Lagern mit den schlimmen Zuständen einige herausholen. Was ist denn mit den anderen? Die bleiben dann vielleicht in noch größerer Hoffnungslosigkeit zurück. Ist das nun, darüber kann man natürlich diskutieren, ist es sinnvoll, wenigen zu helfen, wenn man den meisten nicht helfen kann? Aber es ist ein Akt der Menschlichkeit,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig, ein Anfang.)

das zu tun, dort, wo man dies tun kann.

Und besonders abwegig finde ich ehrlich gesagt die Argumentation, dass wir damit nur, mit solch einem Akt der Menschlichkeit, den Schleusern freie Bahn bereiten würden und dass wir die praktisch dadurch belohnen würden und immer mehr Menschen animieren würden, von den Schleusern Gebrauch zu machen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist das dumme Gerede der Höcke-Freunde!)

Für mich sind Schleuser Täter. Sie sind Täter,