Protocol of the Session on May 23, 2019

(Patrick Dahlemann, SPD: Wahnsinn!)

Das ist ein hoch wirkungsvolles Instrument offenbar, was die Schleswig-Holsteiner gefunden haben!

(Patrick Dahlemann, SPD: Wahnsinn! Erfolgreiches Moratorium!)

2017: Mecklenburg-Vorpommern 58 Anlagen an die Steckdose, Schleswig-Holstein 180 –

(Patrick Dahlemann, SPD: Das schlägt dem Fass den Boden aus.)

kleineres Bundesland, dreifache Zahl.

2018 haben wir 38 Anlagen an die Steckdose gebracht,

(Patrick Dahlemann, SPD: Und?)

Mecklenburg-Vorpommern 49, schon deutlich gebremst,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Schleswig-Holstein!)

aber immer noch zwei Drittel der Fläche, beinahe die doppelte Zahl.

Von daher ist die Annahme, dass die SchleswigHolsteiner unter Moratorium wirklich eine Nullbremsung erreicht hätten, ein großer Trugschluss. Ich warne deshalb vor der Annahme. Das, was wir im Raumordnungsgesetz haben, hat uns offenbar hinreichende Instrumentarien an die Hand gegeben, genau das klug zu steuern, und das tun wir auch über die Unterlassungen

(Patrick Dahlemann, SPD: Sehr richtig!)

an den Stellen, wo Planungen im Gange sind, die etwas vermeiden und verhindern wollen. Und wenn das unterminiert werden soll, helfen wir. Allerdings eine Ausnahme: Dort, wo B-Pläne oder Flächennutzungspläne beschlossen sind, also vorgegebene kommunale Planungen vorliegen, die etwas vorsehen, können wir schlecht behaupten, es gäbe keine Pläne. Dann reicht es uns nicht, wenn der Regionalplan sagt, vielleicht wollen wir daran künftig etwas ändern, dann gibt es eine aktive, in Kraft befindliche, für uns dann auch verbindliche Satzungsplanung,

(Patrick Dahlemann, SPD: Kluges System, sehr klug!)

die wir als gesetzgeberische Grundlage zugrunde zu legen haben.

Von daher, meine Damen und Herren, sehe ich die Kraft des Moratoriums, die ihm zuweilen zugeschreiben wird, nicht. Noch mal, die Zahlen können Sie im Internet auf den entsprechenden Jahresberichten der Windbranche selber nachlesen, die der Bundesverband für Windenergie jährlich rausgibt mit der Rückbetrachtung für das Vorjahr.

Meine Damen und Herren, von daher glaube ich, dass dieser totale Stopp nicht erreichbar ist mit den aktuellen bundes- und landesgesetzlichen Rahmenbedingungen. Ich bin im Übrigen auch überzeugt, dass der gar keinen

Sinn macht. Wenn denn eine Planung, eine Regionalplanung sagt, dort wollen wir ja künftig bauen lassen, dann ist es nicht von der Hand, dass jemand auch sagt, und ich konzentriere mich schon mal auf diese Flächen. Diese Konzentration wollen wir auch, und dass dann auch Bundesimmissionsschutzbehörden, die StÄLU, beginnen zu arbeiten, ist nicht von der Hand. Eine Untersagung gelingt uns dann, wenn dort etwas nicht passieren soll, und nicht anders machen es im Übrigen auch die schleswig-holsteinischen Kolleginnen und Kollegen.

Die hatten bloß einen Nachteil im Gegensatz zu uns: Als dort die Pläne vom Gericht verworfen wurden, hatten die null neue Planung. Deshalb hätten die mit einem Raumordnungsgesetz überhaupt nichts bewirken können, weil sie wenigstens eine Grundlage einer ersten Planung brauchen. Die hätten die nicht gehabt, sie hätten also nicht die Untersagung des Raumordnungsgesetzes nutzen können. Und das ist der einzige Grund, warum die versucht haben, im Landesplanungsgesetz SchleswigHolstein einen zusätzlichen Dreh zu finden, quasi schon einen Tick früher genau diese Untersagungsmöglichkeit einsetzen zu können.

Meine Damen und Herren, ich will hier noch zwei weitere Punkte aufgreifen, die in Ihrem Antrag eine Rolle spielen und in der Begründung eben. Sie sagten zum einen, totale CO2-Verfehlung. Ja, weil wir wie wild Strom ins Ausland exportieren. Wir haben nämlich an der Strombörse einen Strompreis erreicht, der europaweit konkurrenzfähig ist, und zwar mehr als das.

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

Wir werden deshalb genau den stückweisen Ausstieg aus Kohlekraft dort brauchen, wo er in erster Linie dazu dient, dass wir ausländische Strommärkte bedienen. Das ist ein Teil der CO2-Negativbilanz, die Sie aufzählen. Aber pro erzeugte Kilowattstunde Strom in Deutschland ist die CO2-Belastung deutlich eingebrochen. Wir haben also erreicht, dass die erzeugten Kilowattstunden pro Kilowattstunde deutlich weniger CO2-belastet sind, und zwar durch den Einsatz erneuerbarer Energie.

Soweit Sie die 10H-Regelung ansprechen, die haben die Westmecklenburger in ihrer Regionalplanung ja zu Beginn im ersten Entwurf gehabt. Die hat rechtlich erhebliche Bedenken ausgelöst. Dem hat sich der Planungsverband gestellt, sie deshalb wieder rausgenommen, und das wissen auch alle Beteiligten in der Kommunalpolitik im Landkreis, und ich bin überzeugt, egal welcher Partei. Da hat man gemeinsam noch mal draufgeschaut und sich von dieser Überlegung deshalb gelöst.

Und zu guter Letzt wünschen Sie sich einen Netzausbau, der parallelisiert oder synchronisiert wird. Ganz so leicht wird es nicht funktionieren, aber das ist das Ziel aller bundesweit energiepolitisch Engagierten.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Obereiner?

Nur zu, gern.

Bitte schön.

Herr Minister, Sie sprachen davon, dass der Börsenstrompreis in Deutschland sehr niedrig

ist und dass das ein Grund dafür ist, dass wir sehr viel Strom exportieren. Da stimme ich Ihnen völlig zu.

Meine Frage: Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass der Grund für den in Deutschland so niedrigen Börsenstrompreis der massive Ausbau von Überkapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien ist? Sie müssen das nicht Überkapazitäten nennen, Sie können das auch zusätzliche Kapazitäten nennen. Würden Sie mir da zustimmen?

Nein, ich stimme Ihnen dann zu, wenn wir uns einig sind, dass der Zubau einen Rückbau der anderen Kapazitäten erfordert hätte. Den werden wir 2022 in einem größeren Schritt erleben, indem nämlich die größere letzte Rate der Kernkraftwerke vom Netz geht, die dann schon mal Strommengen aus dem Markt nehmen. Und man hätte parallel zum Zubau der erneuerbaren, regenerativen Energiequellen dann auch dafür Sorge tragen müssen, dass CO2-Belastungen auslösende konventionelle Kraftwerke Stück für Stück aus dem Markt rausgehen. Wenn ich die einen zunehme und die anderen, die ja auch auf eine bundesweite Vollversorgung gerichtet waren, in Größenordnungen im Markt lasse, dann schaffe ich mehr Stromangebot. Das führt zu einem Preisniedergang, der im Übrigen ja nicht unerfreulich ist, aber dazu führt, dass für ausländische Märkte es zum Teil günstiger war, bei uns entsprechende Kohle- oder Kernkraftwerks- oder eben auch erneuerbare Strommengen – Sie können das Elektron ja nicht zuordnen, das wir ins Ausland liefern – einzukaufen, anstatt die dortigen Kraftwerke hochzufahren. Das hat im Übrigen zwischendurch bei den Franzosen, als die mal in die große Revision der Kernkraftwerke gingen, außerplanmäßig, weil es Probleme mit den Bauteilen gab, durchaus auch geholfen, weil wir unsere Strommengen dann sogar gebraucht haben,...

Ja, danke schön.

... aber in der Formulierung sogar, glaube ich, eher eine Differenz als denn im Ergebnis.

Meine Damen und Herren, der letzte Punkt, Netzausbau, war eben angesprochen. Sie haben dann noch den Wunsch gehabt, dass die Vorrangeinspeisung, also der Einspeisevorrang, fallen möge. Dem würde ich mich zurzeit nicht anschließen. Ich glaube, dass wir noch einige Jahre genau den brauchen werden, damit sie großen Stromkonzernen nicht erlauben zu entscheiden, welchen erneuerbaren Strom – das ist Ihre Ziffer 3, Verzeihung –, welchen Strom Sie nehmen und welchen nicht. Das ist einer der vermutlichen Erfolgsgaranten gewesen für das EEG und für die sehr breite Verbreitung von erneuerbarem Strom heute in Deutschland.

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten,...

Ich muss auf die Zeit aufpassen, aber ich bemühe mich.

... des Abgeordneten Professor Dr. Weber? Ich passe auf.

Vielen Dank, Herr Minister.

Sehen Sie es nicht als eine gewisse Schieflage an, wenn Sie zu Recht feiern, dass wir auf dem internationalen

Markt sehr günstig Strom anbieten, dass unsere Bürger aber weltweit den höchsten Strompreis bezahlen müssen?

(Thomas Krüger, SPD: Das ist ja nicht wahr. – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Dass wir den weltweit höchsten zahlen, hat zumindest Eurostat ja gestern nicht vorgetragen, aber wir zahlen einen relativ hohen Strompreis. Der liegt aber nicht an dem eigentlichen Strompreis, sondern vor allem am darum herum liegenden Stromsteuerabgabensystem, wo ich überzeugt bin, dass wir spätestens in der nächsten Bundestagslegislaturperiode um eine sehr grundlegende Reform nicht umhinkommen, weil Sie in der Tat dauernd Entlastung brauchen und weil ich es immer noch nicht verstehe, dass wir eine Stromsteuer in den 90ern eingeführt haben, weil man damit einen Lenkungszweck erfüllen wollte, nämlich Stück für Stück auf regenerative Energien umzusteuern, aber jetzt, wo das im Strommarkt zu einem Drittel zumindest schon gelungen ist, weiterhin die alte Höhe erhält. Das erinnert mich an die Schaumweinsteuer zur Finanzierung, ich glaube, der Kriegsflotte des Kaiserreiches.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, ich würde aber zumindest Ihren Punkt Ziffer 3, da war ich an der ersten Ziffer, am ersten Punkt angeknüpft, noch einmal aufgreifen. Sie wünschen sich, dass die Produzenten stärker zur eigenverantwortlichen Verwertung oder Speicherung angeregt werden. Ich glaube, dass wir aufpassen müssen, dass wir kleineren, vor allen Dingen Solarpaneelinhabern – auf Dächern – nicht überbordende Pflichten zuordnen. Sie brauchen Bilanzverantwortlichkeiten in unserem Stromnetz. Das Ding hängt so zusammen, dieses große Stromnetz, dass Sie nicht sagen können, jeder …

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

Der Kollege Krüger nickt, weil er selbst ein paar Solarpaneele auf dem Dach hat. Der möchte jetzt nicht für einen Teil seines Stromnetzes in der Gemeinde die Mitverantwortung für Stabilität übernehmen. Diese Aufgabe haben wir klar zugeordnet.

(Thomas Krüger, SPD: Möchte er nicht.)

Ich glaube, dass Sie recht haben, wir werden Speicher und Ähnliches brauchen, und das war einer der Gründe, weshalb bei der letzten Landtagssitzung hier diskutiert wurde, die Sektorenkopplung noch mal stärker gegenüber der Bundesregierung zu betonen und zumindest für vernünftige Testballons zu plädieren. Da haben breite Mehrheiten dankenswerterweise zugestimmt. Genau mit dem Antrag werde ich morgen in die Energieministerkonferenz gehen, weil wir in der Tat da eine Veränderung brauchen. Ich glaube aber nicht, dass ich sie dem einzelnen Solarstromerzeuger oktroyieren kann, sondern das bleibt eine Aufgabe der großen, für die Netzstabilität tätigen Übertragungsnetzbetreiber und der Verteilnetzbetreiber. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche eine erfolgreiche Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Dr. Ralph Weber, AfD)

Vielen Dank, Herr Minister.