Protocol of the Session on May 23, 2019

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Moratorium für Genehmigungen von Windenergieanlagen in Mecklenburg-Vorpommern zum Schutz von Mensch und Natur, Drucksache 7/3592.

Antrag der Fraktion der AfD Moratorium für Genehmigungen von Wind- energieanlagen in Mecklenburg-Vorpommern zum Schutz von Mensch und Natur – Drucksache 7/3592 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Obereiner.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag stellt ab auf einen zeitweisen Verzicht des weiteren Ausbaus der Windenergie an Land, etwa nach dem Windenergieplanungsgesetz in Schleswig-Holstein, so, wie es dort realisiert ist. In Brandenburg gibt es ähnliche Bestrebungen.

Grund des Antrages ist zum einen die Zielverfehlung. Der Versuch, die CO2-Emissionen zu reduzieren, ist fehlgeschlagen. Die Emissionen sind im Jahr 2017 in Deutschland höher als im Jahr 2009. Auch in den letzten Jahren gab es dort kaum Veränderungen.

Und der zweite und aktuellere Grund ist auch die sinkende Akzeptanz bei den Bürgern. Wir hatten letzte Woche Freitag hier in Schwerin einen Sternenmarsch, der wurde organisiert von Vertretern der LINKEN, gemeinsam mit dem Freien Horizont. Zumindest waren dort Vertreter der LINKEN zugegen und auch das Parteilogo der LINKEN wurde zur Bewerbung dieser Veranstaltung verwendet.

Ähnlich ist es aber auch bei der CDU. Die CDU, der Kreisverband Ludwigslust-Parchim, verteilt zurzeit eine Broschüre für die Kommunalwahl. Daraus möchte ich mal kurz zitieren. Beginn des Zitats: „Wir haben uns starkgemacht für einen höhenabhängigen Mindestabstand (10H-Regelung) von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung, den Schutz vor einer Bedrängungswirkung und Infraschall. Da bleiben wir dran.“

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ich habe dann mal nachgesehen, es ist so,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

die CDU hat das tatsächlich im Landkreistag Ludwigslust-Parchim eingebracht im November 2014. Wenn das, was der Kollege Albrecht in einer der letzten Landtagssitzungen mal sagte, richtig ist, dass bei Einführung einer 10H-Regelung in Mecklenburg-Vorpommern an Land kein Windrad mehr gebaut werden kann – wenn ich mich richtig entsinne, war die Äußerung so –,...

Er nickt,

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

das war ungefähr so.

... dann fordert die CDU also mittlerweile auch ein Ende des Windkraftausbaus an Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber es geht noch weiter. Im CDU-Papier steht auch noch ein weiteres Zitat: „Solange die Netze nicht ausgebaut und optimiert sind, machen weitere Windkraftanlagen keinen Sinn.“

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Volle Zustimmung. Der Kreisverband Ludwigslust-Parchim scheint in dieser Frage diametral andere Auffassungen zu vertreten als die Landtagsfraktion.

Des Weiteren noch ein kurzes Zitat. Auch die Energiepreise werden durch den entsprechenden CDU-Kreisverband mittlerweile als zu hoch moniert. Auch das kommt in dieser Broschüre vor. Da jetzt sowohl Vertreter der LINKEN als auch Teile der CDU – anscheinend ist dem ja so – dort für ein Moratorium, für eine Bremse, für ein Abstoppen des Windkraftanlagenausbaus eintreten und insofern unsere Position vertreten, haben wir diesen Antrag hier noch mal eingebracht. Da kann jeder vor der Kommunalwahl noch mal darlegen, was er den Bürgern erzählt und was nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst für die Landesregierung der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank. Herr Obereiner sagte zum Schluss noch, er hatte für die SPD nichts gefunden. Ich bin mir sicher...

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Also an der Stelle, wonach Sie gesucht haben.

Ich bin mir ziemlich sicher, Sie werden in allen Parteien Bandbreiten zu diesem Thema finden, vielleicht ein ganz beruhigendes Gefühl. Zuweilen gibt es ja aus der AfD Kritik, wir seien zu einheitlich an manchen Stellen. Das zeigt auch, dass sich diese Parteien jeweils in der kommunalpolitischen Familie durchaus dazu auch unterschiedliche Auffassungen leisten. Das vorweggeschickt. Ich bin mir ziemlich sicher, auch bei der SPD würden wir Stimmen finden, die durchaus kritisch mit solchen Themenfragen umgehen. Alles andere würde mich zumindest überraschen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und trotzdem fahren sie im großen Geleitzug der SPD oder der jeweiligen Partei selbstverständlich mit.

Das, was Sie anregen, sind ja in Ihrem Antrag drei Dinge. Der erste große Punkt ist, dass Sie sagen, ihr müsst

dafür sorgen, dass gar keine Genehmigungen mehr erteilt werden,

(Bert Obereiner, AfD: Vorübergehend.)

vorübergehend,

(Bert Obereiner, AfD: Vorübergehend.)

wobei Sie ja sozusagen dann alles aufmachen in Diskussionen, hier zumindest, die eben nicht, ganz ausdrücklich nicht, sozusagen in der Diskussion das große Ganze aufmachen. Ich hatte auch angenommen, wir kämen zur großen ganzen Debatte, will mich aber dann gerne stark auf das, was unter der Überschrift „Moratorium“ läuft, das ist ja so eine typische Stichwortdebatte, an der Stelle konzentrieren und will einmal darauf schauen, was Sie – zumindest diejenigen, die demonstriert haben letzten Freitag, und Sie sagten ja, letzten Freitag war Ihr Initiativpunkt für diesen Antrag –, was dort ein Wunsch war, der an das Moratorium als Begriff anknüpft.

Hinweis dort ist, und so verstand ich auch Ihre hinweisenden Begründungen, in Schleswig-Holstein habe es ja so ein Moratorium gegeben. Erstens habe ich schon Bedenken, ob das, was die Schleswig-Holsteiner gemacht haben, sich bundespolitisch ganz einfach durchhalten lässt, aber ich würde gern mal für zwei Dinge werben. Wenn Sie in einen Gesetzestext dessen gucken, was wir hier im Lande anwenden – das ist das Raumordnungsgesetz des Bundes –, dieses Raumordnungsgesetz kennt eine sogenannte Untersagungsmöglichkeit, allerdings nicht, wie Sie es wollen, landesweit und für alle und über einen gewissen Zeitraum in Gänze, sondern mit einer jeweiligen Einzelfallprüfung. Diese Untersagung im Paragrafen 12 des Raumordnungsgesetzes enthält Formulierungen, die Sie beinahe wortgleich im Paragrafen 18a des Landesplanungsgesetzes in Schleswig-Holstein wiederfinden. Also das, was Schleswig-Holstein sich noch mal zur Beruhigung selbst ins Gesetz geschrieben hat, finden Sie im Raumordnungsgesetz. Und genau das wenden wir in dem jeweiligen Einzelfall, wenn ein Antrag vorliegt, an.

Wie passiert das? Wenn der Antrag bei der Bundesimmissionsschutzbehörde eingeht, das sind die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt – oder Landwirtschaft und Natur, jetzt muss ich einmal …, StALU, ne, und Umwelt –,

(Minister Dr. Till Backhaus: Landwirtschaft und Umwelt.)

dann fragen die Kolleginnen und Kollegen in den jeweiligen Ämtern für Raumordnung und Landesentwicklung an und sagen, gibt es da einen Einwand, und dann gucken die Kolleginnen und Kollegen in die aktuellen Planungen hinein, und das erlaubt dann der Paragraf 12 Raumordnungsgesetz. Wenn die aktuellen Planungen dort keine Ausweisung von Windeignungsgebieten vorsehen, dann können wir eine Untersagung erteilen und würden das auch tun, weil wir ja vermeiden wollen, dass die bevorstehende Planung – einfach, weil sie eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, und das ist völlig in Ordnung –, damit sie nicht überholt wird durch faktisches Bauen und hinterher man zwar dort nichts bauen lassen will, aber vorher etwas gebaut wurde, bevor der Plan wirkte und das dann unterbinden konnte, bereits eine Planung konterkariert wird.

Das kennen im Übrigen alle kommunalpolitisch Aktiven aus dem Bauplanungsrecht. Da gibt es die sogenannte Veränderungssperre. Die wird allerdings in dem Fall durch eine Satzung durch die jeweilige Gemeinde, wenn sie es denn will, erlassen, damit während der Aufstellphase eines Bebauungsplanes nicht ebenfalls nach denkbaren Paragraf-34-BauGB-Genehmigungen – also der Genehmigung eines Baus im Innenbereich, angepasst an die umliegende Bebauung – nicht ebenfalls Planungen faktisch verhindert werden oder untergraben werden. Die Veränderungssperre kennen viele kommunalpolitisch Aktive auf jeden Fall.

So etwas Ähnliches haben wir hier auch, aber nicht als Satzung und als generelle Lösung, sondern als Einzelfallbestimmung mit Formulierungen, die sagen, wir dürfen dann untersagen, wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Zu gut Deutsch, dann, wenn sie zuwiderläuft, können wir ran. Was brauchen wir dafür? Wenigstens den Anfang einer Planung. Die Rechtsprechung spricht dann von einer hinreichend verfestigten Planungsgrundlage. Die haben wir in allen Planungsverbänden, weil es überall Pläne gibt, die einmal durch die erste Anhörung gelaufen sind.

Jetzt gucken wir mal alle auf Schleswig-Holstein und sagen, aber Schleswig-Holstein hat doch das extra gemacht. In der Tat, sie haben sich in Paragraf 18a was reingeschrieben, und jetzt würde ich Ihnen eine Formulierung vorlesen, die ebenfalls die eben genannten Formulierungen umfasst. Und da kann man ja trotzdem sagen, vielleicht haben die Schleswig-Holsteiner ja was cleverer gemacht als wir, weil die wirklich alles verhindern. Das ist ja Ihre Sicht zu sagen, zeitlich befristet möchten wir gern alles unterbinden.

Da habe ich mir einfach mal die Zahlen angeschaut, die bundesweit jährlich veröffentlicht werden, wie viele neue Windkraftanlagen sind an die Steckdose gegangen im Jahr 2018, im Jahr 2017, im Jahr 2016, und habe mir angeguckt das Land Mecklenburg-Vorpommern und das Land Schleswig-Holstein. Und wenn Sie auf die Flächen der beiden Länder gucken, ist Schleswig-Holstein circa zwei Drittel so groß wie Mecklenburg-Vorpommern, deutlich kleiner, im Übrigen auch deutlich dichter besiedelt, aber vor allen Dingen zwei Drittel so groß wie wir, deutlich kleiner. Da habe ich gesagt, okay, wenn die richtig auf die Bremse getreten haben mit ihrem Paragrafen, den momentan alle wie eine Monstranz vor sich hertragen,

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

müsste da ja null stehen, eins oder zwei. Ich würde Ihnen ganz gerne einmal nur die Zahlen, seitdem dort dieser Paragraf extra eingeführt wurde ins Gesetz, vorlesen. 2015 in Mecklenburg-Vorpommern an die Steckdose gegangen: 73 Anlagen, Schleswig-Holstein: 296.

(Patrick Dahlemann, SPD: Das ist ja eine Frechheit!)

Das wesentlich kleinere Bundesland knapp 300, wir knapp über 70.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

2016, wir knapp über 70, wieder 73, Schleswig-Holstein 217.

(Patrick Dahlemann, SPD: Wahnsinn!)