Die hier beantragte Einsetzung eines Beauftragten ergänzt diese Bestrebungen, weil es uns vor dem Hintergrund der aufwachsenden Gewaltbereitschaft und der aufwachsenden Zahl an antisemitistischen Straftaten dringend geboten erscheint, hier noch mal einen Schwerpunkt zu setzen. Wie die Aufgabengestaltung insgesamt aussieht, haben Sie hier im Vorfeld schon kritisiert, was er denn machen könnte. Aber das wissen Sie doch noch gar nicht, was ihm für eine Aufgabe in das Buch geschrieben wird, wie er seine Tätigkeit auszuüben hat, was wir von ihm letztlich mit der Einsetzung abverlangen. Er oder sie soll sich „unter Wahrung der Vertraulichkeit und der Achtung personenbezogener Daten der Anliegen der sich an sie oder ihn wendenden Menschen an(nehmen)“.
Es ist schon ausgeführt worden, dass einige andere Bundesländer bereits auf diesem Weg sind und Beauftragte ernannt haben. Auch der Bund hat das getan. Auch wenn sich die Fälle bei uns vermeintlich in einem zweistelligen, relativ noch niedrigen Bereich bewegen, wehret, nein, das ist nicht mal „wehret den Anfängen“, wir hatten auch schon mal höhere Zahlen, aber in letzter Zeit steigen sie wieder deutlich an und da müssen wir einen Pflock einschlagen
und da müssen wir ganz klar sagen, das lassen wir nicht so weiterlaufen, das soll nicht weiter anwachsen, sondern wir werden dagegen etwas unternehmen, und dafür ist dieser Antrag. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Horst Förster, AfD: Was soll er denn konkret machen? Was soll er denn besser machen?)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist die Anzahl jüdisch-gläubiger Menschen auf der Welt fast wieder dieselbe wie vor der Schoah, und das ist gut so. Damit hat sich der Talmud-Spruch gefügt, wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt.
Wenn der Bund, zahlreiche Bundesländer und heute auch Mecklenburg-Vorpommern eine Beauftragte oder einen Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Anti
semitismus für notwendig erachten, dann ist das zunächst ohne Wenn und Aber ein sehr bedenkliches Zeichen. Es ist ein bedenkliches Zeichen für das Klima in der Bundesrepublik insgesamt. Auch in MecklenburgVorpommern spricht die Entwicklung der antisemitischen Straftaten von 2010 bis 2018 für sich.
Das, was Sie, werte AfD-Fraktion, hier abgeliefert haben, spricht Bände, und darum möchte ich dazu einmal ganz besonders etwas sagen. Sie brauchen sich nicht zu fragen, warum Sie nicht gefragt wurden, ob Sie mitarbeiten möchten, und ich entschuldige mich im Namen meiner Fraktion bei allen muslimisch-gläubigen Menschen in diesem Land für diese pauschale Verurteilung des Antisemitismus.
Natürlich ist es durchaus schwierig angesichts der Konflikte im Westjordanland, auch nur ansatzweise zu verstehen, wie das Verhältnis von Juden und Muslimen sich gestaltet, meine Damen und Herren. Aber jeder halbwegs gebildete Mensch weiß, es gibt eine mehr als 500 Jahre alte jüdisch-muslimisch geprägte Kultur in Arabien und Persien.
Marokko hat nämlich seinerzeit die aus Spanien vertriebenen Juden aufgenommen. Die größte jüdische Gemeinschaft der arabisch-persischen Welt gibt es heute im Iran, sogar staatlich geschützt.
Und ja, natürlich, der Schleierzwang und die Diskriminierung richten sich im Iran gegen muslimische, gegen jüdische, gegen christliche und gegen atheistische Frauen. Es ist also keine Feindseligkeit gegen eine Religion, es ist Frauenfeindlichkeit. Also nennen Sie es auch so!
Nur dann ist es möglich, Antisemitismus auch als solchen zu erkennen und nicht mit Rassismus, Homophobie, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung in einen Topf zu werfen.
Bis vor 80 Jahren gab es ein reiches jüdisches Leben in Europa, in Arabien, in Asien, in Amerika, ja, werte AfD, auch in Syrien, im Iran, in Marokko, in Ägypten und in Tunesien. In den 1930er-Jahren entwickelte sich der Irak gerade. Er wollte unabhängig werden und die jüdische Bevölkerung half dabei. Viele Jüdinnen und Juden, die vor dem Nationalsozialismus vor allem in die arabischen und persischen Staaten auswanderten, wurden erst mal freundlich und offen empfangen.
Und dann kamen die Nazis. Nicht nur Europa sollte sogenannt „judenfrei“ werden, nein, die ganze Welt. Da die Nazis nun versuchen mussten, die arabische Welt davon zu überzeugen, gab es 1935 in Deutschland den Beschluss, den Begriff „Antisemitismus“ nicht mehr zu verwenden. Man war ja nicht gegen alle semitischen Völker, sondern man war nur gegen die Juden. Hitler-Deutschland trug also vor 80 Jahren den ureuropäischen Antisemitismus auch in Teile der arabischen Welt, mit all den Zuschreibungen, mit all den Stigmata, mit all den Lügen und mit all den Schmähungen. Der von Ihnen so viel beschworene arabische Antisemitismus ist also ein
ureuropäischer Antisemitismus. Die Nazis verbündeten sich mit einigen arabischen Ländern, um jüdische Menschen zu vernichten, um sie auszurotten. Das haben Sie vergessen in Ihrem Vortrag, Herr Förster.
Ihr Herr Höcke hat mit seiner Rede und der Bezeichnung, dass das Holocaust-Denkmal „ein Denkmal der Schande“ ist, und auch Ihre Einlassung heute, Herr Professor Weber, zum 8. Mai, bewiesen, dass Sie einem sekundären Antisemitismus anhängen, einem Schuldabwehrantisemitismus. Ihr...
Ihr „Ja, es war schlimm, aber“ ist ein tiefes Bedürfnis einer Täter-Opfer-Umkehr, das Herr Gauland noch krönt mit den Worten „ein Vogelschiss“. Er nennt den Nationalsozialismus und den Antisemitismus einen „Vogelschiss“ in der Geschichte Deutschlands. Ihre Partei, die AfD, gibt sich ja gerne einen netten Koscherstempel und gleichzeitig bezeichnet Wolfgang Gedeon das Judentum als „inneren Feind“. Nein, Sie brauchen sich hier überhaupt nicht zu echauffieren.
Herr Förster, ich komme aus einer kleinen Stadt, in der antisemitische Taten, antisemitische Demos, antisemitische Banner und antisemitische Körperverletzungen an der Tagesordnung sind, in der Gedenkveranstaltungen am 27. Januar und am 9. und 10. November Jahr für Jahr gestört werden von einer sehr gewaltbereiten rechten Kameradschaftsszene. Dieser Antisemitismus und dieser Hass treffen mich tatsächlich ganz besonders.
Meine Damen und Herren, dass der vorliegende Antrag nun von den vier Fraktionen dieses Landtages getragen wird, sollte uns hoffnungsvoll stimmen. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass dieser Antrag die Landesregierung ausnahmsweise nicht zum Jagen tragen soll. Nein, meine Damen und Herren, mit Schreiben vom 28. März unterrichtete die Landesregierung über die erste Fortschreibung des Landesprogrammes „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“. Ich zitiere aus Seite 4: „Aufgrund ihres rassistischen, antisemitischen, fremdenfeindlichen, antidemokratischen und nationalistischen Weltbildes stellen rechtsextremistische Parteien und Organisationen sowie entsprechende Haltungen in Mecklenburg-Vorpommern gegenwärtig die größte Herausforderung für Demokratie, Freiheit und Menschenwürde dar.“
Meine Damen und Herren, der Landesregierung ist die Problematik also bekannt, und der Landtag gibt ihr heute ein weiteres Instrument zur Problemlösung an die Hand.
Dabei folgen wir in etwa den Lösungsansätzen von Thüringen und Sachsen-Anhalt. Ich persönlich hätte mir eine engere Anbindung der oder des Beauftragten an den Landtag vorstellen können, aber mit dem heutigen Antrag soll das Gemeinsame in den Vordergrund gestellt werden.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir abschließend eine Bemerkung: Es wäre schön und wünschenswert, wenn es in unserem Land derartiger Anträge nicht mehr bedürfte, und es wäre zugleich dumm und naiv zu glauben, mit der Annahme des vorliegenden Antrages wäre das Problem gelöst. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Es ist traurig, dass wir einen Antisemitismusbeauftragten haben sollen. Ich freue mich sehr, dass wir uns parteiübergreifend über dieses Amt verständigen wollen. Wir sind bereits im November dieses Jahres im 81. Jahr der Pogromnacht. Wir dürfen niemals vergessen und müssen diese Schandtat immer im Gedächtnis aller Menschen wachhalten. Edmund Burke sagte einst, Zitat: „Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun.“ Zitatende.
Das Gleiche gilt auch hier. Passivität und Schweigen wird die Judenhasser aller Couleur ermuntern. Die Zivilgesellschaft ist gefordert. Es kann nicht alles über die Politik geregelt werden. Man darf nicht einfach den normalen Menschen für die Politik seiner Regierung verantwortlich machen. Nicht jeder Bürger ist mit dem Handeln seiner Regierung einverstanden und ist somit auch nicht in eine Form von Sippenhaft zu nehmen. Jeder einzelne Mensch ist mit Würde und Respekt zu behandeln und diejenigen, die diese Form des Miteinanders nicht leben wollen, müssen zur Verantwortung gezogen werden. Beleidigungen, Diskriminierungen, Leugnungen und Relativierungen des Holocaust sind zu ahnden.
Es geht nicht darum, eine neue gut bezahlte Stelle zu schaffen. Hier geht es um Gesprächsbedarf, wie man mit dieser Anlaufstelle umgehen kann. 2018 wurden deutlich mehr antisemitische Straftaten verzeichnet als in den Vorjahren. Gewalttaten gegen Juden stiegen um 60 Prozent. Nach bisherigen Erkenntnissen sind es bundesweit 1.646 Straftaten. Das sind knapp zehn Prozent mehr, als die Bundesregierung für 2017 gemeldet hat. Damals waren es 1.504 Straftaten, 612 Gewaltdelikte, zuvor waren es „nur“ – in Anführungsstrichen – 37.
Man darf nicht wegsehen und das Problem der Zuwanderung tabuisieren. Menschen aus dem arabischen Raum sind mit dem Feindbild Judentum groß geworden und importieren ihre judenfeindliche Gesinnung, die wiederum die niedrigen Instinkte, die in so manchem hiesigen Menschen schlummern, befördert. Gemeinsam meinen sie, sich unter dem Deckmantel „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ verstecken und auch tätlich werden zu können, sich hinter einer falsch verstandenen Demokratie verstecken zu können in der Meinung, jeder kann
das machen, was er möchte. So ist es eben nicht. Wir sind dazu aufgefordert, dieses zu unterbinden und voll hinter jedem Menschen, besonders hinter unseren jüdischen Mitbürgern, zu stehen, dass wir niemals mehr dulden werden, dass Menschen mit dem jüdischen Glauben jemals wieder Angst in ihrer Heimat Deutschland haben müssen. Das müssen wir verhindern. – Ich danke Ihnen.
welche judenfeindlichen Äußerungen sich da finden, und zwar nicht an einer oder zwei, sondern an mindestens 63 Stellen, womit Ihre Ausführungen, der ganze arabische Antisemitismus sei von Hitler-Deutschland dorthin importiert,