Das, was Sie in Ihrem Antrag allerdings fordern, geht definitiv nicht. Sie reden hier nämlich von der Beugehaft. Also darf man jemanden präventiv in Haft nehmen,
auch, um erst Erkenntnisse zu erlangen? Das, meine Damen und Herren, wird vor keinem Gericht in Deutschland, aber auch in Europa Bestand haben. Das kennen wir vielleicht aus Guantánamo, aber als Innenminister ist es meine Aufgabe, alles daranzusetzen, Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die von Einzelnen ausgehen, zuverlässig und rechtsstaatlich sauber zu verhindern.
Das widerspricht im Übrigen gerade den Beispielen, die Sie am Ende Ihrer Ausführungen gebracht haben. Das gelingt uns weit besser als in den Diktaturen und Autokratien dieser Welt. Eine Präventivhaft wäre grundsätzlich sicherlich möglich, aber nur dann, wenn bereits tatsächlich Anhaltspunkte vorliegen für eine konkrete Umsetzung einer Straftat, wie es bei den Fällen gewesen ist, wo wir dann auch Zugriffe gemacht haben.
Die Gedanken aber, meine Herren von der AfD, sind und bleiben frei, ein Leitspruch, der uns im Osten allen bekannt ist, die 89/90 auf die Straße gegangen sind. Wäre
so sensibel und so kompliziert, wie die Situation auch ist. Wir sollten aber alles dafür tun, den Menschen nicht etwas vorzugaukeln, was rechtsstaatlich so nicht tragfähig ist.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verpflichtet uns daher, alles zu tun, um solch einen vorsorglichen Freiheitsentzug zu verhindern. Hätten Sie vor einem Jahr bei der Debatte zum SOG aufgepasst, hätten Sie damals mitbekommen, dass wir genau aus diesem Grund die elektronische Fußfessel eingeführt haben. Die Maßnahme ist ähnlich wirksam wie die Präventivhaft, allerdings ist eben der Grundrechtseingriff deutlich geringer und die Befugnisse sind dadurch auch gerichtsfester.
Ein probates Mittel, um die Gefahren abzuwehren, um die es Ihnen hier geht, ein probateres Mittel haben wir also. Besser noch, dieses Mittel musste bislang kein einziges Mal angewendet werden. Hätten wir also in MecklenburgVorpommern bereits unzählige Male die elektronische Fußfessel verhängen müssen, könnte man sich noch einmal unterhalten, ob diese Maßnahme ausreicht oder ob man gegebenenfalls doch noch einen Schritt weiter gehen muss, aber die Situation stellt sich so einfach nicht dar. Ihr Antrag ist genau das, was Sie uns vorher vorgeworfen haben, nämlich einfacher Populismus.
Richtig schräg – aber das nun wirklich – finde ich Ihren Ansatz, die Personalausstattung der Polizei als tragende Begründung für das Ansehen zu bedienen.
Ja, ich werbe immer für mehr Personal, aber hier ist es in der Tat nicht angebracht. So etwas hätte vor einem Gericht überhaupt keinen Bestand. Außerdem schreiben Sie das in einer Zeit, in der wir innerhalb von drei Jahren die Zahlen der Polizeistellen bekanntermaßen von 5.800 auf 6.200 erhöhen. Vielleicht wurde die Begründung aus einer parlamentarischen Debatte in den 2000er-Jahren übernommen, da würde es auch besser hinpassen.
Abschließend möchte ich noch darauf verweisen, dass wir die Gefahrenkategorie der sogenannten drohenden Gefahr nicht brauchen, Grundlage in Bayern und auch Grundlage dessen, weswegen geklagt wird. Sie ist einer der Knackpunkte im Polizeigesetz von Bayern. Wir sind wirklich – und dafür kann ich nur werben – gut beraten, die Entwicklung zu diesem Grundsatz in Bayern weiter zu beobachten und zu sehen, wie am Ende die Gerichte zu dem Punkt entscheiden. Wir sollten uns nicht selbst durch Gerichtsfragen lähmen, indem wir Sachen reinschreiben, die definitiv wieder vor Gericht landen. Das will keiner. Das sollte auch aus meiner Sicht die Opposition nicht wollen, denn dann können wir die dementsprechende Gesetzgebung nicht umsetzen.
Außerdem haben wir bereits bei der Einführung der elektronischen Fußfessel bewusst auf eine Definition des „Gefährders“ oder einer „drohenden Gefahr“ verzichtet. Das gesamte SOG sieht vor allem Handlungsweisen und eben nicht allein Personen als gefährlich an und ermächtigt darauf aufbauend die Polizei – das wissen Sie, Kollege Kramer, am besten als ehemaliger Polizist – zu bestimmten Handlungen.
Wir sollten die Sicherheitsarchitektur in unserem Bundesland jetzt nicht auf einen Schlag ändern, nur, weil man versucht, mit plumpen Botschaften zu punkten, oder die Bevölkerung verunsichern will. Das sollten wir auf keinen Fall zulassen, sondern die Sicherheitsarchitektur in den Bundesländern und in Deutschland ist so ausgebaut, dass sie miteinander harmonisiert. Dort, wo Schwachstellen sind, wird gemeinsam nachgesteuert.
Ansonsten rate ich Ihnen, das SOG einmal gründlich zu studieren. Sie können es dann im parlamentarischen Verfahren zur Novellierung, wenn es hier den Landtag erreicht, einmal mit rechtsstaatlichen Vorschlägen versuchen, bei der einen oder anderen Sache Änderungen vorzunehmen, die durchaus möglicherweise notwendig sind. Aber das wird dann die parlamentarische Debatte mit sich bringen, wenn das SOG hier Einzug hält. Deswegen kann ich nur empfehlen, auch im Interesse der Gerichtsfestigkeit, einen solchen Antrag abzulehnen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es immer wieder erstaunlich auf der einen Seite und dann aber doch beruhigend auf der anderen Seite, dass in wichtigen sicherheitspolitischen Fragen die Gräben zwischen dem Innenminister und dem innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion nicht so tief sind wie bei anderen Themen. Also ich könnte es kurz machen und sagen, der Innenminister hat alles zu dem vorliegenden Antrag gesagt, weil in weiten Teilen das, was hier vorgetragen wurde, die Auffassung auch meiner Fraktion zu dem vorliegenden Antrag ist.
Aber da ich mich ja immer intensiv auch auf solche Anträge vorbereite, will ich darauf verweisen, worauf ich bei dieser Vorbereitung gestoßen bin. Ich habe einen Erlass gefunden, über die, wie es heißt, vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei durch polizeiliche Vorbeugehaft für Berufs- oder Gewohnheitsverbrecher. Davon betroffen sind Personen, die eine Gefahr für die Allgemeinheit sind, sowie Illegale und sogenannte Asoziale.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist genau der Bezug, den der Innenminister auch hergestellt hat, wo wir nicht wieder hin sollten mit unserer Sicherheitspolitik.
Die AfD möchte also, kurz gesagt, dass in das Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern die Kategorie der sogenannten drohenden Gefahr sowie die Möglichkeit der polizeilichen Präventivhaft nach bayerischem Vorbild eingefügt werden.
Der Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, sehr geehrter Herr Kollege Kramer, verhält sich so blind und taub, als ob es die Aussprache vor sechs Monaten hier an diesem Ort nicht gegeben hätte. Diese Aussprache hat auf Antrag meiner Fraktion stattgefunden. So weit auch zu der Mär, die anderen Fraktionen würden sich hier im Parlament mit diesem Thema nicht beschäftigen. Nein, wir haben hier vor sechs Monaten zu dem Thema gesprochen: „Keinen Überwachungswahn nach bayerischem Vorbild“. Da sind im Detail natürlich die Auffassungen auseinandergegangen, aber tun Sie doch bitte nicht so, dass erst mit dem vorliegenden Antrag der AfD-Fraktion hier ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung gesetzt wurde!
Wer es mit dem Thema Sicherheit in unserem Land tatsächlich ernst meint, für wen Terrorbekämpfung ein komplexes, ein kompliziertes und vor allem auch ein politisch hochsensibles Thema ist, der stellt nicht solche Anträge, bei denen er zwar Schaum schlägt, aber ansonsten, so hoffe ich zumindest, sich einer breiten Ablehnung hier im Landtag gewiss sein kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle denke ich erstens an die prinzipielle Kritik meiner Fraktion an der vorherrschenden Sicherheitslogik. Damit meine ich den Grundsatz, Gesetze statt Strukturen zu ändern, Befugnisse zu erweitern, statt sie auf den Prüfstand zu stellen. Ich denke zweitens an dieser Stelle an die ausdrückliche Zusicherung des Innenministers. Ich gehe davon aus, auch im Namen der Koalition, bei der anstehenden SOG-Novelle die Kategorie der drohenden Gefahr nicht aufzunehmen.
Da Sie offensichtlich die Debatte vom Juni dieses Jahres völlig ausgeblendet haben, Herr Kollege Kramer, will ich aus dem vorliegenden Plenarprotokoll den Minister noch mal zitieren. Er sagte damals: „Auch wenn es mir fernliegt, andere Polizeigesetze zu kommentieren, so kann ich doch sachlich festhalten, dass Bayern sich hier entschieden hat, die ‚drohende Gefahr‘ in sein Polizeigesetz aufzunehmen. Im SOG Mecklenburg-Vorpommern hingegen – das habe ich gesagt im Ausschuss – werden wir diesen Weg nicht gehen, weil ich davon ausgehe, dass diese Aufnahme, und auch das habe ich ausgeführt, … vor dem Verfassungsgericht landen wird.“ Zitatende. Eine klare Aussage schon vor einem halben Jahr im Ausschuss und hier im Plenarsaal! Und heute kommen Sie wieder mit einem solchen Antrag!
Der Innenminister hat auch ausgeführt, dass der Referentenentwurf dieser Tage in die Hausanhörung geht und dann das weitere Anhörungsverfahren stattfinden wird, unter anderem auch dann hier im Landtag, wenn der Gesetzentwurf uns als Parlament erreicht.
Ich zitiere noch mal aus seiner Rede: „Ausdrücklich nicht geplant sind einige Befugnisse aus dem Bayerischen Polizeigesetz, die aktuell durch die Medien geistern. Das betrifft solche Themen wie DNA-Analysen, das Löschen von Cloud-Daten, die Gewahrsamnahme von bis zu drei Monaten und/oder die Postbeschlagnahme.“ Zitatende. Lesen Sie sich das alles noch mal genau durch, bevor Sie auf der nächsten Landtagssitzung wieder einen Antrag stellen, das SOG in dieser oder jener Hinsicht zu ändern, wenn es hier bereits eine klare Absage an solche Forderungen gibt!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben politischer Kritik lassen Sie mich drei Aspekte anführen, die ebenfalls gegen den vorliegenden Antrag sprechen.
Der erste Aspekt betrifft die Innenministerkonferenz und das Musterpolizeigesetz. Ich habe mich in unserer letzten Diskussion im Juni dieses Jahres nicht gegen ein Musterpolizeigesetz ausgesprochen, sondern davor gewarnt, hierfür das Bayerische Polizeiaufgabengesetz als Blaupause zu nehmen. Es kann doch niemand etwas hier im Hohen Hause gegen die Harmonisierung polizeilicher Befugnisse zwischen den 16 Bundesländern haben oder einwenden. Das nützt den Bürgerinnen und den Bürgern sowie der Polizei selbst, vereinfacht es doch oft die Kooperation zwischen den Länderpolizeien, zum Beispiel beim Einsatz von Hubschrauberstaffeln oder der berittenen Polizei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, strittig ist hier allein der Level der Harmonisierung beziehungsweise der Angleichung. Soll es der Schärfste sein oder eher das Vernünftige? Hier unterscheiden wir uns offenbar sehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag wäre auch ein weiterer Sargnagel für ein geplantes Musterpolizeigesetz. Wie bereits andere Polizeigesetze oder Gesetzentwürfe, die gegenwärtig diskutiert werden, bereitet er einem Musterpolizeigesetz wie seinen Vorgängern aus den 70er- oder 80er- Jahren den Weg in die Bedeutungslosigkeit. Hier habe ich bereits Fakten geschaffen, da brauche ich kein Muster mehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite Aspekt betrifft die Präventivhaft, die mit dem vorliegenden Antrag angeblich nach bayerischem Vorbild gefordert wird. Die Frage der Höchstdauer des Polizeigewahrsams steht spätestens seit Mitte der 1990er-Jahre im Mittelpunkt der rechtspolitischen Diskussionen. Es geht darum, Menschen, die zwar keine Straftaten begangen haben, aber im Verdacht stehen, dies zu tun, in Gewahrsam zu nehmen. Das ist alles rechtlich und politisch umstritten. Entscheiden werden Gerichte, und das wissen Sie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die AfD nun aber Präventivhaft mit der dünnen Personaldecke der Sicherheitsbehörden rechtfertigen möchte, dann hat das mit einem rechtsstaatlichen Abwägungsprozess überhaupt nichts mehr zu tun, denn die Frage, wie lange ein Mensch vorsorglich eingesperrt wird, darf nicht über die finanziellen Spielräume des Landeshaushaltes beantwortet werden. Darüber hinaus begnügt sich die bayerische Präventivhaft nicht mit Terrorgefahren. Es geht auch um die Annahme einer Gefahr von Gewalttaten gegen die Gesundheit, die Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder Sachen, deren Erhalt im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Es lassen sich also auch polizeiliche
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine dritte und letzte Anmerkung zur sogenannten drohenden Gefahr: Ob die Ausdehnung polizeirechtlicher Eingriffsbefugnisse auf drohende Gefahren verfassungsrechtlich gedeckt ist, wird heftig diskutiert und letztendlich verfassungsgerichtlich entschieden werden.
Fachlich wichtig sollte für die Ablehnung des vorliegenden AfD-Antrages sein, dass die Schaffung neuer Gefahrenbegriffe in der relevanten Unterarbeitsgruppe der Innenministerkonferenz für das Musterpolizeigesetz bisher nicht thematisiert wurde. Es sprechen also weder fachliche noch politische, noch rechtliche Aspekte für die Annahme des vorliegenden Antrages. Meine Fraktion lehnt Ihren Antrag daher ab. – Herzlichen Dank.