Protocol of the Session on November 22, 2018

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind ein bisschen schuld, dass wir heute über das Thema reden, weil wir ja den Kollegen Ritter vor zwei Monaten aufgefordert haben, dann doch bitte einen konkreten Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen. Das macht er heute hier. Das ist auch so sein gutes Recht.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Genau. Und dann lehnen Sie es wieder ab.)

Wir bleiben bei unserer Grundkritik, die ich vor zwei Monaten geäußert habe. Ich will jetzt gar nicht noch mal jedes Detail aufmachen, aber – und das war ja auch einer Ihrer Argumentationsstränge seinerzeit – Sie haben das so ein bisschen angelehnt an die Regelungen, die es für die Beamten im Land gibt, wo wir natürlich auch sagen, Beamtentätigkeit ist in der Regel angelegt auf ein gesamtes Berufsleben. Minister oder Parlamentarischer Staatssekretär haben ja irgendwo Grenzen. Die sind bei einem etwas länger, beim anderen etwas kürzer, aber es gibt Grenzen. Deswegen ist dort natürlich eine Gleichsetzung schwierig.

Ich finde es auch ein bisschen willkürlich an der Stelle, sich jetzt Minister und Staatssekretäre rauszugreifen. Gleiches müsste man dann machen, wenn man sagt, man will das flächendeckend auch für Oberbürgermeister, für Landräte, für Beigeordnete, vielleicht sogar für

Landtagsabgeordnete, weil da soll es auch den einen oder anderen geben, der vielleicht Lobbyist in diesem Sinne ist, der für seinen Wahlkreis Dinge organisiert, der dann auch mal Fördermittel organisiert.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Da müssten Sie in dem Zuge auch sagen, Abgeordneter XYZ darf dann auch die nächsten Jahre dort tätig sein.

Für mich und für unsere Fraktion ist auch eine ganz grundsätzliche Frage zu stellen: Was für ein Parlament und was für eine Landesregierung demzufolge? Denn ich bleibe dabei, in unserer parlamentarischen Demokratie speisen sich ja sozusagen die Landesregierung oder die Bundesregierung in der Regel aus dem Parlament. Und was für Politiker wollen wir hier haben? Oft hören wir ja die Kritik, das sind alles Berufspolitiker. Den schönen Spruch „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“ kriegt man dann zu hören. Genau das unterstützen wir doch mit solchen Geschichten, denn Sie werden keinen Unternehmer mehr bekommen, der sagt, okay, ich stelle mich mal fünf Jahre zur Verfügung als Wirtschaftsminister, oder einen Landwirt.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Das ist falsch, Herr Ehlers.)

Natürlich ist das nicht falsch.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Natürlich ist das falsch. – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Denn einem Landwirt, dem man jetzt sagt, pass auf, du machst jetzt mal fünf Jahre, gehst in den Landtag, wirst vielleicht Minister – alles mal so fiktive Beispiele –, danach noch zu erklären, aber nach der Zeit darfst du nicht wieder zurück in deinen Betrieb für 18 Monate, weil du hier Landwirtschaftsminister warst, deswegen ist es, glaube ich, nicht falsch, Herr Wildt,

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Das stimmt ja so gar nicht.)

und deswegen muss man diese Grundsatzfrage diskutieren.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das ist ja kein Automatismus.)

Von daher ist das, glaube ich, der Ansatz, über den wir reden würden.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Das ist doch kein Automatismus. – Zuruf von Horst Förster, AfD)

Wir wollen externen Sachverstand. Ich würde mir wünschen, dass unsere Parlamente auch wieder etwas bunter dahin gehend werden und wir nicht nur bestimmte Berufsgruppen haben, weil es gehört einfach zur Wahrheit dazu, dass wir momentan bestimmte Berufsgruppen in den Parlamenten gar nicht mehr haben. Dazu gehören beispielsweise Unternehmer, Landwirte. Die haben wir viel zu wenig in unseren Parlamenten.

(Zurufe von Horst Förster, AfD, und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Ich habe es beim letzten Mal gesagt und wiederhole es gerne, das ist für mich immer eine Frage der Gerechtigkeit. Es ist doch völlig ungerecht. Ich habe die beiden Beispiele genannt, weil sie noch in Erinnerung sind: zwei ehemalige Bildungsminister, denen ich ja gar nichts nachsagen möchte. Ein Kollege Metelmann darf nach seinem Ausscheiden als Bildungsminister direkt wieder an der Uni Greifswald auf seinen Lehrstuhl gehen, weil es öffentlicher Dienst ist. Unser Parteifreund Henry Tesch darf nach seinem Ausscheiden als Bildungsminister sofort wieder Schulleiter werden, weil es öffentlicher Dienst ist. Aber jemand anderes – ein Wirtschaftsminister, ein Landwirtschaftsminister, wer auch immer – dürfte rein theoretisch danach nicht wieder zurückgehen in den vorher ausgeübten Beruf. Das ist doch eine schreiende Ungerechtigkeit. Ich finde, das, Herr Kollege Ritter, muss man auch mal sagen, wenn man dieses Thema hier diskutiert.

(Beifall Wolfgang Waldmüller, CDU)

Ich glaube, was mir so ein bisschen mit unterschwillt, ist, dass das Thema Generalverdacht hier ein bisschen mit reinkommt. Natürlich sind es die Beispiele, die wir vielleicht alle in Erinnerung haben, ob es nun Schröder ist mit Gazprom oder andere, die dann wahrscheinlich zu solchen Entscheidungen geführt haben. Und bei mir ist auch die Frage – einfach nur die Regelungen des Bundes zu übernehmen, der Finanzminister ist darauf eingegangen, ist darüber hinaus vielleicht nicht so sehr kreativ –,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

die Frage ist ja überhaupt dieses bestehende Gremium, denn Sie sagen ja, die Mitglieder des beratenden Gremiums, so zitiere ich, sollen „Funktionen an der Spitze staatlicher oder gesellschaftlicher Institutionen wahrgenommen haben oder über Erfahrungen in einem wichtigen politischen Amt verfügen“. Da frage ich mich schon mal, ja, aus welchem Bereich sollen die denn kommen. Sind das irgendwie Gewerkschaftsfunktionäre oder Unternehmensverbände oder wie auch immer, welches politische Amt und so weiter und so fort?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das können wir alles im Ausschuss diskutieren, Herr Kollege Ehlers.)

Ein wichtiges Argument – darauf ist unser Fraktionsvorsitzender beim letzten Mal anhand seiner eigenen Biografie eingegangen, da er nach dem Ausscheiden aus dem Landtag direkt wieder in das Wirtschaftsleben eingestiegen ist – ist, das erwarte ich als Steuerzahler eigentlich auch, dass man sich hier nicht 18 Monate auf dem Übergangsgeld ausruht, sondern dass man sich am Ende des Tages bemüht, sofort wieder einen Job zu bekommen. Und das verhindern wir natürlich, wenn wir solche Karenzzeiten schaffen.

Deswegen muss das, glaube ich, vernünftig abgewogen sein. Ich bin dem Finanzminister sehr dankbar, dass das so intensiv an der Stelle geprüft wird, weil es am Ende nicht dazu führen darf, dass wir dann für bestimmte Berufsgruppen die Politik noch unattraktiver machen, als sie es jetzt schon ist. Wir wollen wieder stärker ein Spiegelbild der Gesellschaft im Parlament und möglichst auch in der Regierung haben. Deswegen müssen wir alles unterlassen, was das konterkariert. Deswegen werden wir

heute Ihren Vorschlag hier auch ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion Freie Wähler/BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Sie können sich Zeit nehmen. Das reicht nicht mehr.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete! Die Fraktion Freie Wähler/BMV wird dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, also das heißt, der Überweisung – es geht ja heute um die Überweisung – in die Ausschüsse zustimmen, denn eine Karenzzeit ist durchaus sehr sinnvoll und steht dem Ziel eines lebendigen Parlamentes, was in der Gesellschaft verwurzelt ist, Herr Ehlers, überhaupt nicht im Wege.

Ich möchte da mal das beste Beispiel heranführen, was man wohl heranführen kann, wenn Sie so wollen. Das Mutterland des Kapitalismus sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort gibt es Karenzzeiten seit 1962. Wir haben dort einen ganz lebhaften Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft, und das ist auch gut so. Das halte ich in der Tat für sehr zielführend, dass sich das Parlament und die Regierung immer wieder auch aus der Gesellschaft insgesamt erneuern. Die Regelungen sind sogar sehr viel weitergehender, als das hier gefordert ist. Es sind nicht nur Mitglieder der Exekutive, sondern auch der Legislative davon betroffen, aber immer mit Augenmaß und natürlich immer nur, wenn es einen konkreten Anlass gibt und nicht pauschal die Regelung, sagen wir mal, dass jeder diese Karenzzeit ausüben muss. Davon ist im Gesetzentwurf auch überhaupt nicht die Rede, sondern es ist ja nur die Möglichkeit der Untersagung. Und dafür muss es eben einen konkreten Anlass geben.

Wenn also jemand zum Beispiel im Verteidigungsministerium dafür verantwortlich ist, bestimmte Aufträge zu erteilen,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

dann kann er nicht anschließend zu dem Lieferanten wechseln und dort diese Angebote mit diesem Insiderwissen verhandeln. Das ist doch eigentlich ganz klar und leuchtet auch unmittelbar ein. Das heißt ja nicht, dass er nicht in irgendeinem anderen Betrieb, meinetwegen auf seinem heimischen Bauernhof, wieder arbeiten kann. Davon hat nie jemand gesprochen, Herr Ehlers. Ihre Kritik geht da völlig am Thema vorbei.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Christel Weißig, Freie Wähler/BMV)

Deswegen setzen wir uns sehr dafür ein, dass über eine Karenzzeit geredet wird. Ich glaube, dass der Gesetzentwurf sicherlich noch zu verbessern wäre, aber darüber möchte ich heute gar nicht reden, weil das können wir dann in den Ausschüssen tun. Dafür sind die ja da.

Ich habe mich gerade auf die USA bezogen. 1962 ist auch nicht das Gesetz erlassen worden und das ist seitdem unverändert, sondern selbstverständlich wurde es

immer wieder überarbeitet und angepasst an die Realität. Das werden wir auch mit diesem Gesetz tun müssen. Es wird immer wieder mal Neuigkeiten und Neuerungen oder Sachverhalte geben, an die man jetzt gerade nicht denkt. Das ist auch gar nicht weiter schlimm. Das kann man in den Folgejahren immer noch machen.

Das Entscheidende – deswegen bin ich dankbar für diesen Antrag und für diese Vorlage –, das Entscheidende ist, dass wir den Einstieg schaffen in die Karenzzeit. Es ist aus Sicht des Bürgers und des Steuerzahlers, der hier immer wieder angeführt wird, absolut nicht nachzuvollziehen, wenn man sich diesem Thema komplett verweigert, denn es geht schließlich darum, das Gemeinwohl, die Gemeinwohlinteressen zu verteidigen gegenüber Zielen, die vielleicht dem Gemeinwohl entgegenstehen können. Können! Das ist immer nur Konjunktiv. Wie gesagt, das muss dann fallweise entschieden werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV und Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den Worten eben, das ist schon größtenteils gesagt, hat man natürlich auch an der Redelänge meiner geschätzten Vorredner gesehen – der Kollege Ehlers hat es schon gesagt und Herr Ritter ist selber darauf eingegangen –, im Prinzip ging es ja um den Antrag, den wir im September ausführlich diskutiert haben, wo dann ein Zwischenruf dazu geführt hat, dass wir heute über den Gesetzentwurf sprechen.

Sie haben natürlich recht, wenn wir sagen, wir haben ein praxistaugliches Modell vom Bund genommen und jetzt angepasst aufs Land. Da will ich aber gerne auf den Finanzminister verweisen, und ich glaube, das ist ein Vorgehen, was wir hier im Haus ja eigentlich regelmäßig machen. Sie hatten es beim letzten Mal irgendwie als „Respekt vor der Landesregierung“ tituliert, dass Sie nicht unbedingt als Abgeordnete …, weil die Abgeordneten machen ihr Abgeordnetengesetz, die Regierung macht Vorschläge für den Bereich.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich glaube, es ist gut, dass wir schauen, was es einerseits auf Bundesebene gibt, aber auch, was passiert in den verschiedenen anderen Bundesländern, wie sind dort die Vorgaben, welche Möglichkeiten haben wir denn.

(Zuruf von Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Ich glaube, dass wir eine Karenzzeit wollen, dass wir die Möglichkeiten prüfen, haben wir schon gesagt, es ist ja auf dem Weg. Es wird auch geschaut, was sind eigentlich die besten Punkte.