Worauf ich hinauswill: Bei allem, was in Deutschland noch gleichstellungspolitisch zu tun ist, die Hauptbaustelle ist aus meiner Sicht der um sich greifende Kulturrelativismus, der die Frauengleichstellung bisweilen auf eine Stufe stellt mit einem Bebauungsplan oder mit einer politischen Mode, wo man sich mal eben umentscheiden kann.
Ich glaube, wir sind in Deutschland meilenweit entfernt von unterwürfiger Weiblichkeit, gleichwohl ist die Umsetzung von Chancengleichheit ein Prozess in rechtlicher Hinsicht und im Hinblick auf persönliches und berufliches Entfaltungspotenzial. Das geht in der Tat nur gemeinsam mit den Frauen und mit den Männern.
Deswegen möchte ich zum Schluss meiner Ausführungen eines feststellen: Die Gleichstellung von Frau und Mann ist unantastbar. Sie gilt auf der ganzen Welt und für jedes Mädchen und für jede Frau. Wann immer jemand dieses bestreitet, muss das unseren energischen Widerspruch finden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den überschwänglichen Reden, die bislang hier gehalten worden sind zu dem, was schon getan wurde und was noch getan werden soll, bleibt mir ja kaum noch etwas übrig. Ich will deshalb die Rede in der heutigen Aktuellen Stunde so beginnen, wie ich die Rede zur letzten Aktuellen Stunde begonnen habe, indem ich leider feststellen muss, dass in diesem Hohen Haus die Unsitte Einzug gehalten hat, dass Themen, die auf der Tagesordnung dieser Landtagssitzung stehen, in der Aktuellen Stunde abgefrühstückt werden.
Und so ist es auch, so ist es auch diesmal so: Seit 14 Tagen, seit 14 Tagen ist bekannt, dass meine Fraktion zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“ und was zu tun ist in Zukunft, einen Antrag auf der Tagesordnung hat. Seit 14 Tagen hätte man Zeit gehabt, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, und man hätte auch in der Woche seit Anmeldungsfrist der Aktuellen Stunde überlegen können, welches Thema man auf die Tagesordnung der Aktuellen Stunde setzt. Allein die Flut der Dringlichkeitsanträge, die wir heute auf der Tagesordnung haben, beweist doch, dass es dringende aktuelle Themen gibt, die in einer solchen Aktuellen Stunde beredet werden könnten, und man sich dann thematisch einem Antrag zuwendet,
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eben der Unterschied zwischen meiner Fraktion und der antragstellenden Fraktion in der Aktuellen Stunde. Wir wollen handeln und Sie reden. Wir wollen handeln und Sie reden.
das ist beim Thema Entgeltgleichheit so, das ist beim Thema Gender Budgeting so, das ist beim Thema gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm so – alles, alles haben Sie abgelehnt. Und Sie stellen sich hier hin und sagen, wir haben noch viel zu tun, um die Gleichberechtigung von Frau und Mann in diesem Land herzustellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, eine solche Herangehensweise, wird diesem Thema nicht gerecht, das will ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen.
Aber ich bin ja Optimist. Ich bin ja Optimist und deshalb werden wir am Freitag in der Debatte zu unserem Antrag „100 Jahre Frauenwahlrecht“ und was noch zu tun ist, hoffentlich erleben, dass die Koalitionsfraktionen unserem Antrag zustimmen, denn in diesem Antrag unterbreiten wir wiederum konkrete Vorschläge, nämlich zur Frage, wie wir es schaffen können, den Frauenanteil in Kommunalparlamenten zu erhöhen. Da bin ich mal gespannt auf Ihre Argumente. Vielleicht werden Sie sich dann nicht mehr an die Aktuelle Stunde erinnern, denn die ist ja dann schon zwei Tage wieder vorbei. Schön, dass wir mal drüber geredet haben. Wenn es aber darum geht zu handeln, werden Sie wieder von Bord gehen, werden Sie wieder nicht dabei sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und das ist mehr als bedauerlich.
Und zum Schluss, weil ich zum Thema alles Weitere am Freitag sagen werde, zum Schluss muss ich der Ministerpräsidentin und ihrer Regierungsmannschaft aber doch ein Kompliment machen. Ich habe die Regierungsmannschaften von Herrn Seite, von Herrn Ringstorff und von Herrn Sellering erlebt. Eines muss ich Ihnen sagen, die Regierung unter der Federführung von Manuela Schwesig ist die beste Regierung im Ankündigen, im Umsetzen allerdings hapert es. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Gäste! ich stehe hier als Abordnung meiner Urgroßmutter. Ihre Brosche habe ich zur Erinnerung angelegt.
„Meine Herren und Damen! Es ist das erstemal, daß in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, und zwar ganz objektiv, daß es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat.... Die Frauen besitzen heute das ihnen zustehende Recht der Staatsbürgerinnen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es wahrscheinlich gemerkt, diese Worte stammen nicht von mir, sie sind ganz bewusst geklaut,
die in einem deutschen Parlament eine Rede gehalten hat. Diese Worte stammen von der SPD-Politikerin Marie Juchacz. Es waren die Einleitungsworte ihrer ersten Rede. Sie hat sie am 19. Februar 1919 im Reichstag gehalten. Übrigens, auch die ungewöhnliche Anrede „meine Herren und Damen“ stammt von ihr. Sie hatte die Herren extra als Erste genannt. Das Protokoll des Reichstags verzeichnet hier übrigens „Heiterkeit“ unter den Abgeordneten. Ich habe die einleitenden Worte von dieser SPD-Politikerin hier einmal extra zitiert. Ich möchte die Rede zum Anlass nehmen, einmal allen Frauen einen Dank auszusprechen, die sich seit 1919 in Parlamente haben wählen lassen und dort ihre Frau stehen.
Marie Juchacz spricht in ihrem ersten Satz davon, dass diese „alten Vorurteile“ überwunden wurden. Sie meinte damit, dass bis 1919 viele Männer es sich nicht vorstellen konnten, dass Frauen überhaupt politikfähig sind. Leider, liebe Kolleginnen und Kollegen, sitzen heute in deutschen Parlamenten aber wieder Männer, die uns Frauen die Fähigkeit absprechen. Oder wie sollte man es verstehen, wenn ein Abgeordneter dieses Hauses im Journalisteninterview kundtut, Männer sind mehr für die Politik gemacht?
Wir haben viel erreicht, was Frauen in der Politik angeht, doch leider haben viele Männer noch immer Vorurteile. Gegen diese Vorurteile müssen wir Frauen, aber auch alle vernünftigen Männer gemeinsam ankämpfen. Meine Maxime ist: Wer aufgibt, hat schon verloren. – Vielen Dank.
Ich habe den Großteil meiner Rede am Tisch gelassen, weil ich mich wie üblich auch heute nicht nur in Wiederholungen fassen möchte, sondern im Gegenteil einiges ergänzen und auch auf einiges weniges reagieren möchte.
Zunächst einmal, Herr Förster, Sie als Frauenversteher haben sich hier geoutet. Sprechen Sie doch mal mit Professor Weber ein ernstes Wort, er akzeptiert die Frauen offensichtlich nur als Hausfrau und Mutter.
Das konnte man einem Einwurf zu der Rede meines geschätzten Fraktionsvorsitzenden entnehmen, und es war hier vorne deutlich,
Frau Weißig, Sie sprachen eben die Revolution an mit einem Zitat. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch mal einen einzigen kleinen Ausflug in die Geschichte machen, und zwar, bevor das stattgefunden hat, was jetzt mehrere gesagt haben, nämlich die Einführung des Wahlrechtes. Es war nämlich nicht selbstverständlich, dass Menschenrechte – auch in unserer jüngeren Geschichte – auch auf Frauen angewandt wurden. Ganz im Gegenteil, als nach der Französischen Revolution die Französische Nationalversammlung ihre Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in 17 Artikeln abgab, fiel es nämlich ziemlich schnell auf, dass das dort verwendete Wort „homme“ nicht als „Mensch“, sondern als „Mann“ galt. Es war also ausschließlich auf „Mann“ ausgelegt. Und so hat Olympe de Gouges zwei Jahre nach der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin ausgerufen und proklamiert: „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten“. Das wurde kaum bekannt und Olympe de Gouges starb eines gewaltsamen Todes durch die Guillotine, aber sie galt immer als Symbol der Frauenbewegung.
So kurz nur mein Ausflug in die Geschichte. Ich denke, die Zeit zwischen der Revolution und der Einführung des Wahlrechtes, inklusive dem Werdegang unseres Bürgerlichen Gesetzbuches, wurde hier ausreichend gewürdigt.
Ich knüpfe trotz alledem noch mal an die rechtliche Regelung zur Vergewaltigung in der Ehe an. Wir konnten eben von Herrn Förster hören, das war immer schon strafbar und galt vorher als Nötigung. Dennoch war es ein letztes Detail, nein, ein fast letztes Detail, was zur Selbstbestimmung oder einem selbstbestimmten Leben einer jeden Frau auf jeden Fall noch fehlte. Nun hätte man meinen können,
es sei vollbracht, Frau könne endlich darüber selbst bestimmen, was gut für sie ist, doch immer noch weit gefehlt zu dem Zeitpunkt. Darauf wurde schon hingewiesen.