Dass das Thema einmal im Halbjahr von der Koalition auf die Tagesordnung gesetzt wird – zuletzt haben wir im Februar darüber gesprochen –, zeigt die große Herausforderung, die dahintersteckt. Dabei sollte uns allen bewusst sein, dass es das eine Angebot, das alle heutigen und zukünftigen Herausforderungen für die Mobilität im ländlichen Raum flächendeckend löst, wohl nicht geben wird. Lokal angepasste Lösungen und für die jeweilige Region geeignete Angebote, die darüber hinaus gut vernetzt sind und aufeinander abgestimmt sind – darin liegt die große Chance für den ländlichen Raum. Außerdem ist eine gute Kommunikation erforderlich, um das vielfältige Spektrum an Lösungen unter einen Hut zu bekommen und auch publik zu machen. Was nützen gute Ansätze, wenn niemand davon weiß und nicht darüber gesprochen wird? Nur so können auch gute Beispiele übertragen und für alle Regionen weiterentwickelt werden, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.
Ein Satz noch zum Rufbus: Der Rufbus darf nicht in Konkurrenz zu Bahnlinien treten, er darf auch kein Ersatz dafür sein, sodass Bahnlinien geschlossen werden. Er kann kein Ersatz dafür sein. Wer einen Rufbus fährt, jemand aber sein Fahrrad mitnehmen möchte oder auch Fahrradtouristen diese Strecken nutzen möchten, das kann im ländlichen Raum natürlich vereinzelt helfen, kann aber keine Konkurrenz zur Bahn sein.
Liebe Landesregierung, Sie können unseretwegen gerne einen Bericht über bestehende Projekte im Bereich des ÖPNV zur Verbesserung der Mobilität im ländlichen Raum zusammenstellen und bewerten, vor allem hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit und Skalierbarkeit auf andere Regionen des Landes. Es ist darüber hinaus ebenfalls gut zu wissen, welche finanziellen und technischen Rahmenbedingungen und welche Infrastruktur notwendig sind, erfolgreiche Projekte auf andere Teile unseres Bundeslandes auszuweiten. Wir werden uns voraussichtlich im Ausschuss im ersten Quartal des kommenden Jahres über die Ergebnisse zum Prüfantrag aus dem Antrag des Februar-Plenums berichten lassen, und nachfolgend im zweiten Halbjahr 2019 kommen dann die Berichte zu den Ergebnissen des heute vorliegenden Antrags. Das Thema begleitet uns also das ganze Jahr 2019 hindurch. Wir halten das durchaus für richtig und werden dem Antrag deshalb auch zustimmen.
Es bleibt aber zu hoffen, dass sich Ihre zukünftigen Lösungen für die Probleme des ländlichen Raums nicht nur auf den ÖPNV beziehen. Hier sind Konzepte mit ganzheitlichem Ansatz gefragt, die ebenfalls gewerbliche
Ansiedlungen und die damit verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen berücksichtigen sowie Lösungen in Bezug auf moderne Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Bildung, Kinderbetreuung, ärztliche Versorgung, Straßenverkehr, Einkaufsmöglichkeiten und auch Banken aufzeigen, denn im ländlichen Raum bedarf es durchaus mehr als eines funktionierenden öffentlichen Personennahverkehrs. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Nachdem wir uns bereits im Frühjahr – die Vorredner haben es schon gesagt – mit dem Thema „Mobilität im ländlichen Raum“ beschäftigt und es auf die Tagesordnung gesetzt haben, damals vor allem mit dem Schwerpunkt der Förderung der besseren Nutzung der individuellen Verkehre, geht es auch heute wieder um das Thema „Mobilität im ländlichen Raum“.
Herr Kollege Reuken, ich stimme Ihnen zu, natürlich ist ÖPNV nicht das Einzige, was wir brauchen, aber ohne ÖPNV ist der ländliche Raum auch nichts an der Stelle. Dementsprechend brauchen wir die Mobilität, und das ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Punkt, der uns nicht nur 2019 begleiten sollte, sondern auch darüber hinaus.
Wir haben heute den Fokus auf dem ÖPNV, also den Omnibus, der auf der Fläche unterwegs ist. Der Omnibus hat seinen Namen aus dem Lateinischen und bedeutet „für alle“. Und wenn man bei uns im ländlichen Raum unterwegs ist, dann kann man zumindest nicht immer für alle sprechen, sondern muss an vielen Stellen für wenige sprechen, denn viele Leute nutzen einfach den motorisierten Individualverkehr. Es gibt an einigen Stellen in einigen Gemeinden ein sehr schlechtes Angebot, sehr schlechte Taktzeiten, die genutzt werden können. In einigen Gemeinden ist es so, dass wir teilweise nur noch den Schulbus haben, der innerhalb der Schulzeit die Menschen verbindet, aber außerhalb der Schulzeit und in den Ferien gibt es manchmal sehr frustrierende Angebote oder sehr frustrierende Erlebnisse.
Darum haben sich einige Verkehrsunternehmen im Land bereits auf den Weg gemacht, mit neuen Formen der Nahverkehrsanbindung – hier insbesondere die RufbusKonzepte – ein Angebot aufzustellen, das aus dem „für einige“ wieder ein „für alle“ macht, das Mobilität in die Fläche bringt. Die Grundidee des Rufbusses ist dabei ganz einfach: Statt viel Geld auszugeben, dass Busse in relativ langen und unattraktiven Takten meist leer über die Dörfer fahren, geben wir lieber Geld dafür aus, dass Fahrgäste bei Bedarf einen deutlich engeren Takt an Mobilitätsangeboten dann bekommen, wenn sie ihn wirklich benötigen, sprich, wenn Oma mal einkaufen möchte, dann muss sie nicht unbedingt um 6.30 Uhr den Schülerverkehr nutzen, sondern kann, wenn sie – wir haben eben schon von den verschiedenen Konzepten gehört – vorher anruft, ein oder zwei Stunden, je nachdem, auch um 8.00 Uhr damit fahren und hat deutlich mehr Möglichkeiten, am Nachmittag nach dem Arzt oder nach anderen
Eine Erfahrung, die ich zumindest in verschiedenen Bereichen aus diesen Angeboten gemacht habe oder über die ich gehört habe, ist, dass viele Personen, die sich so einen Bus buchen, so einen Rufbus, nicht unbedingt alleine fahren, sondern vorher im Dorf fragen, wer vielleicht noch mitkommen möchte, wer das Angebot mit nutzt. So haben wir auch gleichzeitig wieder diesen Punkt des sozialen Zusammenhalts, gerade auch durch solche Angebote, wenn man wieder gemeinsam Sachen bucht, gemeinsam Erfahrungen macht.
Rufbus-Systeme, die in unterschiedlichen Versionen im Land erprobt werden, bieten also ein deutliches Plus an Mobilität. Die Frage, die eben zu Recht gestellt wurde: Zu welchen Kosten? Darum diskutieren wir den Antrag der Koalitionsfraktionen. Es geht um die unterschiedlichen Systeme, die hier im Land bereits erprobt werden. Frau Ministerin Drese hat es eben schon umfassend gesagt. Uns interessiert dabei vor allem die Frage, ob das System der einen Region auf eine andere Region ausgeweitet werden kann.
Denn eines dürfen wir auch nicht vergessen: Wir sind trotz eines glücklicherweise immer noch vorhandenen Plus im Haushalt im deutschen Vergleich eher ein struktur- und einnahmeschwaches Bundesland. Wenn wir Geld ausgeben, dann müssen wir genau hinschauen, wo und mit welchem Effekt wir das Geld investieren. Das gilt im Land ebenso wie auf der kommunalen Ebene. Ziel ist es und muss es sein, größtmögliche positive Effekte für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land mit minimalem Mitteleinsatz zu erreichen. Das ist ein Grundsatz für erfolgreiche politische Arbeit.
Dass wir als Land jetzt die unterschiedlichen Systeme, die hier in den Regionen gefahren werden, näher untersuchen wollen, ist auch eine direkte Unterstützung der kommunalen Ebene im Land, denn eine einheitliche Gegenüberstellung der unterschiedlichen Systeme der Rufbusse wird auf kommunaler Ebene nur bedingt stattfinden können. Die Beschäftigung mit den unterschiedlichen Systemen, die im Antrag angeforderten Berichte des Energieministeriums werden ebenso dazu beitragen, dass wir auf Landesebene faktenbasiert darüber sprechen können, ob und wie Rufbus-Systeme geeignet sind, auf das gesamte Land ausgeweitet zu werden, und welche Kosten hierfür notwendig sind. Im Idealfall werden wir Lösungen finden, die bei gleichbleibendem Mitteleinsatz bessere Mobilitätsangebote für die Menschen im ländlichen Raum im gesamten Land anbieten können.
Egal, ob es der Omnibus ist oder nicht – für meine Fraktion steht fest, dass wir gute Mobilität für alle wollen, in der Stadt genauso wie auf dem Land. – Deswegen bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Da der Abgeordnete da Cunha einer dann offensichtlichen Nachfrage schon zugestimmt hat, erteile ich Ihnen jetzt das Wort, Herr Grimm.
Lieber Herr da Cunha, aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg und dem dortigen Kreistag ist mir bekannt, dass eine Fahrt mit dem Anrufbus, der ja eigentlich nichts anderes ist als ein kleiner Taxizubringer, statistisch 50 Euro kostet. Ist Ihnen das bekannt, und haben Sie eine Idee, wie man diese hohen Kosten verringern könnte?
Wir müssen jetzt mal aufpassen. Eine Zwischenfrage mit „und“ sind quasi schon zwei Fragen. Ich lasse das jetzt mal zu, weise aber darauf hin, dass man eine Nachfrage stellt und bei einer weiteren dann noch mal …
… die Frage stellt, ob der Fragesteller bereit ist, das zu beantworten. Aber in diesem Fall lasse ich es erst mal zu. Herr da Cunha sieht auch so aus, als wollte er es gleich beantworten.
Natürlich – deswegen habe ich explizit das Thema Kosten angesprochen – ist es so, dass, wenn wir eine intensive Nutzung von Rufbus-Systemen haben, es auch dazu führen kann, dass die Kosten steigen. Dementsprechend ist doch die Frage, die wir anhand der bisherigen Modellprojekte stellen wollen – gerne im Ausschuss – und auch darüber diskutieren und die bisherigen Ansätze vergleichen wollen: Wohin führt das? Wir wollen natürlich ein möglichst dicht getaktetes Angebot haben.
Was die bisherigen Rufbus-Systeme angeboten haben, ist, wir haben mehr Haltestellen im ländlichen Raum, wir haben mehr Linien, aber aktuell fahren weniger Busse. Es sind weniger in echt gefahrene Kilometer, obwohl mehr Kilometer angeboten werden als bisher. Dementsprechend kann man bisher nicht davon sprechen, dass die Kosten gestiegen sind, zumindest meinen Erkenntnissen nach.
Und auf die Frage, die Sie gestellt haben: Natürlich ist es teurer, wenn wir mit individuellen Verkehren fahren, um die Leute abzuholen – wenn wir aus einigen Beispielen gehört haben, wo Taxis eingesetzt werden –, als wenn wir mit Bussen fahren. Dementsprechend ist die Frage, wie ist das ideale Angebot und wie führt es nicht dazu, dass möglicherweise die Kosten anschließend explodieren. Das ist ein Thema für den Ausschuss. Deswegen freue ich mich, darüber dort zu diskutieren.
Kurz noch mal: Welches sind Ihre Vorstellungen und Ansatzpunkte, damit diese Kosten gesenkt werden, weil sie gefährden das Projekt insgesamt nach meinen Informationen?
Sehr geehrter Herr Kollege Grimm, ohne es ausprobiert zu haben, weiß man gar nicht, ob es angenommen wird.
Deswegen bin ich eigentlich froh, dass wir es in verschiedenen Kreisen ausprobieren, um zu sehen, was die bisherigen Erfahrungen sind. Wir haben gehört, Ludwigslust-Parchim arbeitet seit zwei Jahren. Wir können uns da auch explizit angucken, was für Kosten sind entstanden, was ist bisher passiert, um dann zu gucken, welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen.
Ich würde es schade finden, wenn am Ende feststeht, dass wir gar keine Rufbus-Systeme mehr brauchen, weil die Kosten explodieren. Aber ich finde es auch besser, lieber darüber nachzudenken, wie können wir den ÖPNV im ländlichen Raum stärken, als wenn wir es gar nicht tun würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Häufigkeit der Diskussionen über den ÖPNV im Landtag ansieht und noch mal Revue passieren lässt, dann ist die Aussage des Ministers, dass das ein zentrales Thema des Landes ist, schon richtig, aber aus der Landesregierung kann ich das, ehrlich gesagt, nicht erkennen.
Neue Wege gibt es in vielen Kreisen, und das seit einer ganzen Zeit. Neue Wege aus dem Land, aus der Landesregierung heraus kann ich auch nicht erkennen. Es fehlt nicht nur an Zuführung zum Linienverkehr, wie Herr Eifler es gesagt hat, sondern es fehlt an Linienverkehr. Die Würdigung der Kreisaktivitäten reicht also längst nicht mehr aus. Natürlich ist es so, inzwischen – immerhin sind das jetzt 30 Jahre – hat sich bei den Menschen in den ländlichen Räumen verfestigt, dass man am besten selber dafür sorgt, wie man weiterkommt, also über Moped, Fahrrad, wenn es denn Fahrradwege gibt, und das Auto.