Protocol of the Session on October 25, 2018

Die Gesetzeslage ist im Übrigen hierzu ganz eindeutig. Ich zitiere aus dem Asylbewerberleistungsgesetz: „Anstelle der Geldleistungen können … zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. In Gemeinschaftsunterkünften … kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.“ Zitatende.

Was, meine Damen und Herren, ist nun der notwendige Bedarf? Hierunter fallen unter anderem Dinge wie Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter –

(Thomas Krüger, SPD: Wie ist momentan die Realität? – Zuruf von Ann Christin von Allwörden, CDU)

alles Bedarfe, die über Sachleistungen, unbare Abrechnungen oder auch Wertgutscheine bereitgestellt werden können. Worum handelt es sich beim notwendigen persönlichen Bedarf? Hierbei werden Leistungen zur Erfüllung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens abgedeckt.

Dazu ein Beispiel: Jedem Bürger wird es einleuchten, dass man zwar mit dem Bus fahren können soll, aber man doch kein Geld dafür braucht, um Drogen zu kaufen oder Überweisungen ins Ausland zu tätigen. Liebe Bürger, dafür ist mir der Sozialstaat in unserem Land viel zu wichtig.

(Thomas Krüger, SPD: Sachleistungen sind doch die Realität. Erkennen Sie das an?)

Dafür gehen Sie, liebe Bürger, jeden Tag arbeiten

(Thomas Krüger, SPD: Passt nicht ins Video, ne? – Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD)

und mit Ihren Steuergeldern wollen Sie das doch wirklich nicht unterstützen.

(Thomas Krüger, SPD: Sachleistungen sind doch Realität.)

Die utopische Vorstellung, Herr Krüger,

(Thomas Krüger, SPD: Passt nicht ins Video, okay.)

dass Entwicklungshilfe durch Überweisungen aus dem deutschen Sozialstaat weltweit anwachsende Flüchtlingsströme lindert, ist längst widerlegt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Diese Zahlungen hingegen mögen individuell nachvollziehbar sein und für einzelne Familien situativ hilfreich, das grundlegende Migrationsproblem lösen diese Sozialtransfers aber nicht auf und aus Deutschland ganz sicher nicht.

Meine Damen und Herren, wir wollen im Interesse der Bürger mehr Sachleistungen dort ausgeben lassen, wo dies gesetzlich möglich ist. Nachdem wir die Forderung bereits in unserem Wahlprogramm 2016 erhoben haben, hat nun auch die CSU gerade erst Selbiges zur Landtagswahl gefordert. Nachdem auch der Bundesinnenminister genau dies in seinem sogenannten Masterplan aufgenommen hat, sollte dieser Landtag hier in Mecklenburg-Vorpommern heute einen Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit gehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich schließe mit den Worten des österreichischen Bundeskanzlers: „Wer arbeiten geht, darf nicht der Dumme sein.“ – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Bevor der Minister für Inneres und Europa sein Wort erhält, möchte ich eine neue Besuchergruppe begrüßen. Das sind Schülerinnen und Schüler aus der Regionalen Schule in Jarmen. Herzlich willkommen!

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe Besuchergruppe! Ich möchte den hier vorliegenden Antrag nicht pauschal als Nonsens abtun. Dafür ist das Thema zu wichtig. Die Menschen erwarten, dass wir uns ernsthaft mit Themen wie dem Leistungsmissbrauch im Asylrecht auseinandersetzen und am Ende zu vernünftigen Entscheidungen kommen, denn klar ist, wer zu uns kommt, von dem müssen wir erwarten, dass die entgegengebrachte Hilfe nicht ausgenutzt wird. Nur so können wir sicherstellen, dass die Asylpolitik weiterhin von der großen Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert wird. Nur so können wir den Kern

des Asylrechts gegen Angriffe von seinen Gegnern schützen.

Ob die AfD nun aus diesem Grund den vorliegenden Antrag gestellt hat, sei mal dahingestellt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist zu bezweifeln.)

aber der Grundtenor des Antrags ist erst einmal einleuchtend: mehr Sachleistungen und weniger Möglichkeit, ausgezahltes Bargeld beispielsweise zurück in die Heimat zu schicken. Dafür ist diese Leistung nicht gedacht, denn dazu sind andere Fragen gedacht.

Aber der Antrag ist halt unausgewogen. Zunächst einmal fällt mir das Sachleistungsprinzip ein. Und wenn ich „wir“ sage, dann kann ich jetzt für das Land reden: Wir verteilen die Flüchtlinge nachher zum Teil in die Kommunen, da gibt es unterschiedliche Regelungen, wir haben das heute früh schon mal kurz erörtert. Wir als Land tun das schon sehr umfangreich.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Zweitens muss man sehr genau abwägen, wo das Sachleistungsprinzip wirklich praktikabel ist und wo mitunter Geldleistungen den Staat auch entlasten.

Drittens ist es eben mitnichten so, dass durch die Zahlung von Geldleistungen mehr Flüchtlinge zu uns kommen, wie häufig dabei suggeriert wird.

Zunächst zum ersten Punkt, dem Sachstand in unserem Bundesland. Es ist schön und gut zu sagen, wir sind grundsätzlich für das Sachleistungsprinzip, aber Sie sollten bitte schön unterscheiden zwischen den persönlichen Bedarfen und den notwendigen Bedarfen. Dann würden Sie erkennen, dass bereits jetzt ein bedeutender Teil des notwendigen Bedarfs eines Asylbewerbers grundsätzlich durch Sachleistungen gedeckt wird: in der Gemeinschaftsunterkunft zum Thema Unterkunft, zum Thema Heizung, in der Erstaufnahmeeinrichtung zusätzlich zum Thema Ernährung, Gesundheitspflege und so weiter. All dies sind Punkte, die schon mit der Sachleistung geleistet werden. Ein wichtiger Teil der Leistungen, die Asylbewerber erhalten, wird also schon längst über diesen Punkt abgewickelt.

Richtig ist – das bringt mich zum zweiten Punkt –, dass der persönliche Bedarf maßgeblich durch Geldleistungen, also ein Taschengeld, gedeckt wird. Hier muss man im Blick behalten, ob die alternative Gewährung von Sachleistungen noch mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand durchführbar ist. Ich persönlich bin auch klar für eine möglichst weitreichende Gewährung von Sachleistungen. Dazu braucht man dann die notwendigen Mehrheiten. Genau deshalb haben wir die Frage des Einschränkens von persönlichen Gegenständen, also über Wertleistung, auch schon mal getestet. Leider war das nicht erfolgreich. Die Übergabe von Wertmarken oder Gutscheinen ist unter anderem daran gescheitert, dass die betreffenden Geschäfte nicht mitmachen wollten. Auch das muss man zur Kenntnis nehmen. Die kann man nicht dazu zwingen.

Wir haben dann darüber diskutiert, ob wir eigene Kioske in unserer Unterkunft einrichten. Aber so was, das muss ich sagen, kann ich mit dem Personal, was ich habe,

nicht leisten und das will ich auch nicht leisten. Ich bin als Innenministerium oder als zuständige Asylbewerberbehörde kein Einzelhandel. Wir können die Erstaufnahmeeinrichtungen nicht noch dazu umwidmen. Es werden schon unglaublich viele Aufgaben wahrgenommen. Außerdem müssen wir, zumindest ansatzweise, ansatzweise auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Betroffenen eingehen können. Auch das kann ich in einem kleinen Kiosk innerhalb einer solchen Einrichtung nicht leisten.

Es hat einerseits eine juristische Komponente. So hat das Bundesverfassungsgericht 2012 in einem Grundsatzurteil zum ALG II und zum Asylbewerberleistungsgesetz entschieden, dass jeder Mensch ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum hat. Damit geht eben auch ein zum Teil bestimmtes Selbstbestimmungsrecht einher. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Es ist ein Bundesverfassungsgerichtsurteil. Andererseits haben wir es hier, wie gesagt, mit einer Frage des Verwaltungsaufwands und auch der Logistik zu tun. Ich kann als Staat nicht in jedem Einzelfall über Gutscheine oder Ähnliches den persönlichen Bedarf einer jeden Person abdecken und dann auch noch dafür sorgen, dass die entsprechenden Bestände in den Läden schon irgendwie vorgehalten werden, die über Gutscheine einlösbar sind.

Dabei ist zu beachten, wir als Bundesland MecklenburgVorpommern sind in vielen Dingen bereits leistungsorientierter als viele andere Bundesländer oder als dem einen oder anderen bekannt ist. In Bayern wurde jetzt beispielsweise im Wahlkampf diskutiert, ob Asylbewerbern zukünftig Busfahrkarten zur Verfügung gestellt und diese dann dem Taschengeld angerechnet werden. Wir – und da es ein klassischer Fall dafür ist, wie ohne großen Verwaltungsaufwand, nach meiner Einschätzung, auch etwas Sinnvolles für Asylbewerber getan werden kann – hatten diesen Punkt bei uns im Land dort, wo wir zuständig sind, schon lange umgesetzt. So rechnen wir am Standort Stern Buchholz dem Taschengeld des Asylbewerbers die Kosten für die Monatskarte des Nahverkehrs an. Der oder die Betroffene kann jederzeit damit aus der Erstaufnahmeeinrichtung in die Innenstadt fahren und bezahlt das quasi mit seinem Taschengeld, hat aber dann noch eine dementsprechende Monatsfahrkarte und kann die Verkehrsgesellschaft nutzen. Ich glaube, das ist ein Effekt, der für beide Seiten positiv ist und der auch zeigt, wir sind in bestimmten Dingen schon im Bereich Leistung.

Ich möchte Ihnen gerne einmal die Relationen verdeutlichen, von denen wir bei der Frage „Geld- oder Sachleistung“ eigentlich reden. Heutzutage hat das Land insgesamt in den Jahren 2015 bis 2017 – und jetzt betone ich noch mal Nostorf Horst, Stern Buchholz und an den ehemaligen Außenwohnstellen, für die das Land bis dato immer zuständig war – das in der Frage geleistet. 2015 standen 1,9 Millionen Euro Geldleistungen 28,8 Millionen Euro an Sachleistungen gegenüber. 2016 lagen diese Zahlen bei 1,96 Millionen Euro beziehungsweise 32,8 Millionen Euro Sachleistungen. Für 2017 reden wir von 1,6 Millionen Euro gegenüber 19,3 Millionen Euro an Sachleistungen. Jedem Euro an Geldleistungen stehen quasi round about 15 Euro an Sachleistungen gegenüber. Es ist also mitnichten so, wie es hier suggeriert wurde, dass mit voller Hand Gelder zum Fenster rausgeschmissen werden, die dann auch noch Anreiz genug wären, dass Menschen sagen, dafür riskiere ich mal mein Leben und reise über die Ägäis.

Stattdessen schauen wir, wo wir, basierend auf der rechtlichen Bestimmung, sinnvoll Geldleistungen einsetzen können und wo es eben sinnvoller ist, dass wir mit Sachleistungen arbeiten. Dabei haben wir auch immer im Blick, wo wir die Folgekosten durch einen erheblichen Verwaltungsaufwand vermeiden können. Das sind wir – und da sind wir uns wieder einig, das war im Ursprungsantrag auch enthalten – dem Steuerzahler schuldig, denn letztendlich reden wir hier immer über Steuergelder.

Der dritte Punkt klang eben schon durch: Nein, Menschen aus Afrika setzen nicht ihr Leben aufs Spiel, nur, weil sie hier ein kleines Taschengeld für den persönlichen Bedarf erhalten. Ich habe das schon während der 42. Landtagsdebatte deutlich gemacht. Die Flüchtlingszahlen bewegen sich wieder auf dem Niveau von circa 2012. Wenn mich nicht alles täuscht, war damals hier im Hohen Haus von Flüchtlingskrise keine Rede.

Abschließend ganz kurz zum zweiten Punkt Ihres Antrages. Bereits jetzt werden Personen aus sicheren Herkunftsländern bis zur Entscheidung des BAMF über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Antrages bis zur Ausreise in der Erstaufnahmeeinrichtung in Horst oder in der Außenstelle Stern Buchholz untergebracht. Zusätzlich werden auch die Dublin-III-Fälle grundsätzlich in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Über das Thema „Sachleistung in der Erstaufnahmeeinrichtung“ habe ich bereits umfangreich ausgeführt. Von daher ist der Punkt in dem Fall überflüssig. Ich kann nur sagen, wir empfehlen, den Antrag abzulehnen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Jetzt hat für die Fraktion DIE LINKE das Wort die Abgeordnete Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kramer, mussten Sie eigentlich heute Morgen noch wie so ein kleiner Schuljunge am Mikro erst mal eine Frage an den Innenminister stellen, damit Sie Ihren Antrag unterlegen können? Hätten Sie das nicht vorher tun können? Also das ist jetzt mal so eine Frage dazu, aber es steht Ihnen ja frei, zu jeglicher Zeit in der Fragestunde eine Frage zu stellen. Also das hätten Sie ehrlich vorher tun können.

Wie wir auch gestern schon unter TOP 10 gemerkt haben, haben Sie es ja nicht so mit den Gesetzen unseres Landes und der Verfassung unseres Staates, weil Sie versuchen mit dem vorliegenden Antrag erneut, Stimmung gegen alle Asylsuchenden und Asylbewerber in diesem Land zu machen,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

indem Sie mit Halbwahrheiten, Auslassungen und einem Generalverdacht gegen alle Menschen, gegen alle Geflüchteten vorgehen. Das entspricht anscheinend Ihrem menschenverachtenden, Ihrem unmenschlichen Schema. Alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber sind für Sie Kriminelle, sind Mörder

(Dr. Ralph Weber, AfD: Auch mal was Neues?)

und Vergewaltiger,