Protocol of the Session on September 12, 2018

Es sollten Frauen selbstverständlich mit abstimmen können. Das ist eine große Errungenschaft, dass wir das Frauenwahlrecht haben, und dabei sollte es bleiben.

(Ministerin Stefanie Drese: Möge es bleiben.)

Herr Renz, noch mal: Wenn Sie von Erpressung reden, dann sollten Sie das vielleicht...

(Unruhe bei Torsten Renz, CDU)

Hören Sie noch zu? Herr Renz, sind Sie noch da?

(Torsten Renz, CDU: Ich kann mich nicht auf zwei Sachen gleichzeitig konzentrieren.)

Okay. Also Sie sollten das mit der Erpressung den Juristen überlassen. Ich habe das Gefühl, dass Sie gar nicht wissen, wovon Sie sprechen.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD – Andreas Butzki, SPD: Oh, oh, oh!)

Die Anhänger einer repräsentativen Demokratie haben natürlich vollkommen recht, die repräsentative Demokratie ist im Grundgesetz ebenso wie in unserer Landesverfassung verankert, aber die zusätzliche Mitwirkung des Souveräns, des Volkes, durch entsprechende Initiativen und Abstimmungen

(Thomas Krüger, SPD: Nichts anderes wollen wir.)

ist möglich und sie sollte auch durchgesetzt werden.

(Jochen Schulte, SPD: Genau das wollen wir.)

Ich frage mich, wenn Sie das so sagen, warum Sie dann nicht damals unseren Bemühungen, die Quoren zu senken, zugestimmt haben. Das hätten Sie ja durchaus tun können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

So aber soll man sich nicht wundern, wenn es dann doch, liebe Frau Ministerpräsidentin, so etwas wie Poli

tikverdrossenheit gibt. Sie sollten vielleicht Ihr Ohr mal etwas näher den Bürgern schenken, dann würden Sie vielleicht zu anderen Ergebnissen kommen. Das, was Sie hier vorschlagen, ist wieder ein Stück Demokratie, das die Bürger so nicht wollen.

(Thomas Krüger, SPD: Woher wissen Sie denn das?)

Ich gehe davon aus, dass die Politikverdrossenheit dadurch nur befördert wird.

(Thomas Krüger, SPD: Woran machen Sie das fest?)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Landesverfassung ist seit dem Jahr 1994 in Kraft, also nunmehr seit 24 Jahren. Sie sieht neben der repräsentativen Demokratie auch Mittel der direkten Demokratie vor. Herr Renz hatte sie ja schon aufgezählt, und zwar die Volksinitiativen und die Volksentscheide sowie die vorgeschalteten Volksbegehren sozusagen. Frau Oldenburg hat schon ausführlich die Geschichte der Volksinitiativen in Mecklenburg-Vorpommern dargestellt und ich war dann ganz froh, dass sie mir den Teil mit der Geschichte der Volksentscheide überlassen hat, unabgesprochen.

In dem aktuellen Gesetzentwurf ist von Verbindlichkeit die Rede. Es heißt, qualifizierte Volksbefragungen sind für die Landesregierung verpflichtend. Frau Ministerpräsidentin sprach auch von einer Mitbestimmung des Volkes. Ich finde, wir sollten hier schon ehrlich sein und das klarstellen, denn der Bürger denkt ja, wenn er die Frage beantwortet bekommen hat, wird diese auch genau so in seinem Sinne gelöst werden. Das wurde suggeriert mit diesem Beispiel. Ich möchte noch mal hervorheben, was mein Fraktionsvorsitzender gesagt hat: Es ist absolut nicht sinnvoll, ein Gesetz hier zu diskutieren anhand eines konkreten Einzelfalles, sondern da müssen wir abstrakt alle Fälle bedenken. Der Bürger denkt also, wenn es da eine Antwort gegeben hat, dann wird das auch automatisch so laufen. Aber Sie wissen, es sind noch etliche Hürden dort eingebaut, weil ja letztlich das Parlament in aller Regel noch entscheiden muss.

Tatsächlich verbindlich sind allein Volksentscheide. Hier legen Bürger einen Gesetzentwurf vor, der durch einen Volksentscheid angenommen wird oder auch nicht. Wird er angenommen, wird dieser Entwurf Gesetz. Es wird also eine verbindliche Regelung geschaffen.

Unsere Verfassung sieht zwei Arten von Gesetzen vor, in erster Linie die Parlamentsgesetze, die wir hier sozusagen Monat für Monat erlassen, und die sogenannten Volksgesetze, die aufgrund eines Volksentscheids erlassen werden. Daher ist es wichtig, auf die Diskrepanz zwischen der geschriebenen Verfassung und der Verfassungswirklichkeit hinzuweisen. Wir haben bis heute, 24 Jahre nach Inkrafttreten der Landesverfassung, kein einziges Volksgesetz in Mecklenburg-Vorpommern. Selbstverständlich ist unsere Demokratie in erster Linie

repräsentativ, das sieht unsere Verfassung so vor, und das ist auch gut so, aber die Verfassungswirklichkeit muss mit unserer Verfassung, mit der geschriebenen Verfassung in Einklang gebracht werden. Das bedeutet, dass die Hürden für einen Volksentscheid gesenkt werden müssen.

(Beifall Christoph Grimm, AfD, und Bernhard Wildt, BMV)

Der Gesetzentwurf weist selbst darauf hin, dass die Absenkung der Quoren in der vergangenen Wahlperiode für Volksentscheide und die Volksbegehren erfolgt war. Aber offensichtlich war diese Absenkung unzureichend. Wie meine Kleine Anfrage ergab, gibt es seit dem 1. Januar 2016 keinen Volksentscheid und noch nicht einmal ein Volksbegehren. Darüber hinaus hat die Landesregierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage mitgeteilt, dass überhaupt seit Inkrafttreten der Landesverfassung nur ein einziges Volksbegehren zustande gekommen ist. In der Folge gab es dann den einzigen Volksentscheid in der Geschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Wie Sie wissen, handelt es sich hierbei um den Volksentscheid über die Gerichtsstrukturreform. In diesem Volksentscheid sprachen sich 83 Prozent der Abstimmenden für den Volksentscheid, also gegen die Gerichtsstrukturreform aus. Dennoch scheiterte der Volksentscheid, weil die Wahlbeteiligung zu gering war.

Die Hürden für einen Volksentscheid sind zu hoch und müssen gesenkt werden. Festzuhalten ist, dass es Hürden geben muss, aber hier besteht bereits die Hürde des Volksbegehrens, die vor einem Volksentscheid genommen werden muss. Derzeit müssen 100.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt werden. Aus eigener Erfahrung bei der Unterstützung des Volksbegehrens gegen die Gerichtsstrukturreform weiß ich, wie viel Aufwand, wie viel ungezählte Arbeitsstunden notwendig sind, um die Unterschriften einzusammeln. Damals waren ja sogar noch 120.000 Unterschriften notwendig. Die Anzahl ist jetzt zwar auf 100.000 abgesenkt worden, aber gleichzeitig ist eine Frist für die Unterschriftensammlung von fünf Monaten festgelegt worden. Wenn ich mich daran erinnere, dass es etwa ein Jahr gedauert hat, die über 120.000 Unterschriften für das Volksbegehren zur Gerichtsstrukturreform zu bekommen, bedeutet das Folgendes: Die Absenkung der Anzahl der Unterschriften mit der gleichzeitigen Frist von fünf Monaten bedeutet unterm Strich nicht nur keine Erleichterung eines Volksbegehrens, sondern sogar eine Erschwerung.

Abschließend ist auch kein Grund ersichtlich, warum eine weitere Hürde beim Volksentscheid entsteht. Hier sollte die Mehrheit der Abstimmenden entscheiden. Ein Beteiligungsquorum ist überflüssig, ein hinreichender Schutz für einen Missbrauch des Volksentscheids ist durch die Hürde des Volksbegehrens gegeben. Auch hier zeigt sich, dass durch die Absenkung des Beteiligungsquorums für einen Volksentscheid in der vergangenen Wahlperiode die direkte Demokratie nicht gestärkt wurde. Während früher eine Zustimmung von einem Drittel der Wahlberechtigten notwendig war, ist jetzt nur noch die Zustimmung von einem Viertel der Wahlberechtigten notwendig. Das einzige Beispiel eines Volksentscheides in Mecklenburg-Vorpommern hat aber gezeigt, dass dort nur knapp 20 Prozent aller Wahlberechtigten zugestimmt hatten, also auch selbst nach der Änderung wären es nicht genug gewesen.

Zusammengefasst: Wir setzen uns für eine Stärkung der direkten Demokratie ein. Hierbei muss aber vor allem der stärkste Ausdruck der direkten Demokratie, der Volksentscheid, gestärkt werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne eine Besuchergruppe aus Nordwestmecklenburg begrüßen. Das scheint richtig zu sein, obwohl keiner so richtig reagiert. Ja, sie winken, es ist so. Also herzlich willkommen!

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Der nächste Redner wird sein für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Zuhörer auf den Tribünen! Es ist eigentlich schon alles gesagt worden zur Sache,

(Andreas Butzki, SPD: Na, das ist schön.)

ich will da nicht viel wiederholen. Die AfD hat deutlich gemacht, dass das in Richtung Volksentscheid, was hier vorgelegt wird, nicht ausreicht. Herr Schulte hat aber die Gelegenheit wahrgenommen,

(Torsten Renz, CDU: Wieso Volksentscheid? Volksbefragung ist es doch.)

Herr Schulte hat aber die Gelegenheit wahrgenommen und meinte, sich gegen den Vorwurf meines Kollegen, dass Sie hier eine unmögliche Ausgrenzung betreiben, zu wehren und bei Herrn Professor Weber und unserer Partei im Grunde zumindest die Verfassungstreue infrage zu stellen.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Der Grundsatz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zu der sich unsere Partei nicht nur verbal in allen Grundsätzen auf Bundes- und Landesebene, sondern tatsächlich in ihrem Auftreten bekennt, als Fraktion auch hier, steht für uns außer Frage.

(Thomas Krüger, SPD: Echt? – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Im Grunde ist es aber ganz einfach. Sie sehen ganz genau, dass Sie da mit Fakten überhaupt nichts bewirken können. Sie sehen, wie Ihre Umfragewerte schwinden,

(Thomas Krüger, SPD: Wovon reden Sie jetzt gerade?)

und nun meinen Sie, meist auf sehr subtile Art und Weise unser verfassungsmäßiges Auftreten hier infrage stellen zu können. Das geschieht auf subtile Weise und das machen ja nicht nur Sie so. In bestimmten Sätzen, wenn von demokratischen Parteien die Rede ist, sagen Sie nicht etwa, dass wir undemokratisch seien, sondern dann ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass wir nicht gemeint seien. Dasselbe ist heute mit Ihrer Formulierung geschehen, wo Sie den Begriff des „Radikalen“ verwendeten.

(Jochen Schulte, SPD: Ich habe nur Bezug genommen auf die Äußerungen Ihres Parlamentarischen Geschäftsführers.)

Sie haben die Hoffnung, dass irgendwas immer irgendwo hängenbleibt. Aber wie mein Kollege Weber schon sagte, die Leute sind nicht so dumm, wie Sie denken. Sie merken ganz genau, was Sie in Wahrheit damit bezwecken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wenn Sie die eine Formulierung, die ich auch für etwas unglücklich halte, im Zusammenhang sehen, dann ist doch völlig klar, dass die AfD nicht die repräsentative Demokratie abschaffen will oder infrage stellt. Wir sind doch nicht so dumm, dass wir meinen, wir würden hier in der Steinzeit leben