Protocol of the Session on May 31, 2018

(Jens-Holger Schneider, AfD: Von der Schule abholen soll auch nicht sein.)

Hierbei muss ebenfalls beachtet werden, dass individuelle Faktoren wie Wohnort, Geschlecht, Beruf, Ethnizität und so weiter einfließen. Einen pauschalen Abschiebestopp zu fordern, ist schlichtweg Unsinn.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Natürlich ist Afghanistan ein Land, das aufgrund seiner Geschichte und sozialen Struktur eines der konfliktreichsten Länder der Welt ist. Anhand von drei konkreten Beispielen kann ich Ihnen an dieser Stelle aufzeigen, dass wir die Lage in Afghanistan gern neu bewerten können, jedoch nicht in Bezug auf das Aussetzen von Abschiebungen, sondern in Hinblick auf die real positiven Entwicklungen dieses Landes.

Fakt ist, das Auswärtige Amt der Bundesrepublik hat derzeit eine offizielle Reisewarnung für Afghanistan herausgegeben, so, wie Sie es gesagt haben. Vielen Dank! Fakt ist aber auch, dass für Länder wie Ägypten, die Philippinen oder sogar Japan ebenso Teilreisewarnungen bestehen. Turkish Airlines und Emirates fliegen Touristen aktuell von Hamburg über Istanbul nach Kabul. Der Anflug kostet zwischen 500 und 800 Euro. Urlaubsveranstalter und das afghanische Tourismusministerium werben auf offiziellen Webseiten mit den Sehenswürdigkeiten des Landes Afghanistan.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Stehen die noch?)

Fakt ist, dass die Universität in Kabul seit Jahren an gemeinsamen Forschungsprojekten mit der Technischen Universität arbeitet, Herr Ritter. In diesem Zusammenhang wurde im Dezember 2017 die 13. IT-Konferenz in Kabul eröffnet. Das Thema der Konferenz lautete „Modernisierung und Vereinheitlichung des Managementsystems für IT-Services“, die moderne Verwaltung in Afghanistan, wenn Sie so wollen. Diese Veranstaltung...

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Könnte man so sagen, ja.

Diese Veranstaltung findet seit 2005 regelmäßig mit deutscher und afghanischer Beteiligung statt. Näheres können Sie gern auf der Webseite der Technischen Universität Berlin sowie der Universität von Kabul nachlesen.

Fakt ist, gefördert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung arbeiten Deutschland und Afghanistan im Rahmen bilateraler Länderprogramme im Bereich Entwicklungspolitik zusammen. Die sogenannte Initiative „Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan“ und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit kooperieren im Bereich des zivilen Wiederaufbaus und der Entwicklung in einem Land, von dem DIE LINKE sagt, dass ein ziviles Leben dort nicht möglich ist. Völlig unverständlich!

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Lassen Sie mich noch einmal zitieren, und zwar aus einem öffentlichen Statement der Initiative „Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan“, welches aktuell, Herr Ritter, auf deren Webseite zu finden ist: „Die öffentliche Wahrnehmung von Afghanistan wird stark durch Meldungen zur Sicherheitslage im Land sowie die Flüchtlingssituation geprägt. Die Ergebnisse des zivilen Wiederaufbaus und der Entwicklungszusammenarbeit, vor allem die Eigenanstrengungen des afghanischen Partners und der Bevölkerung, werden bislang nicht in gleichem Maße in der Berichterstattung aufgegriffen und gewürdigt. … Die bisherigen Erfolge der deutschen Zusammenarbeit mit Afghanistan können sich sehen lassen.“ Zitatende.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Tourismus, Forschung, Wiederaufbau und Entwicklung, all das ist Realität in Afghanistan. All das ist die Realität, vor der die Linksfraktion ihre Augen verschließt. Mir und meiner Fraktion erschließt sich deshalb nicht einmal im Ansatz, warum also Abschiebungen ausgesetzt werden sollten und warum die Lage in Bezug auf Abschiebungen

und Asylanträge neu bewertet werden muss. Was sich allerdings hier zeigt, ist doch der eigentliche Sinn Ihres Antrages,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Sehr gut!)

der offensichtlich nicht auf Fakten beruht, sondern eher ideologischer Verblendung folgt, ein Antrag, der jedweder objektiven Grundlage entbehrt und das Asylchaos in unserem Land nicht behebt, sondern weiterhin fördert,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

der unserer Gesellschaft nicht nutzt, sondern ein falsches Bild der Asylpolitik zeichnet, in dem nicht faktisch entschieden wird, der Ängste schürt und nicht den realen Gegebenheiten in Afghanistan entspricht. Ihr Antrag ist somit abzulehnen. – Danke sehr.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, überall steckt so ein bisschen Wahrheit dahinter, bei allen Beiträgen, die wir hier gehört haben bis jetzt, mal mehr und mal weniger. Ich glaube, was Frau Larisch vorgetragen hat, hat einen realen Hintergrund, aber auch das, was der Innenminister vorgetragen hat, hat natürlich einen realen Hintergrund, und sogar teilweise das, was Herr Kramer hier vorgetragen hat, hat einen realen Hintergrund. Das sind aber Dinge, die widersprechen sich nicht mal unbedingt, denn es gibt ja beide Seiten.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Tatsächlich?)

Es gibt die Seite der vollkommenen Unsicherheit, es gibt die Seite der Anschläge, es gibt die Seite der wissenschaftlichen Zusammenarbeit der vermeintlich relativ sicheren Regionen. Es gibt Pressemeldungen, die auf der einen Seite „Abschiebewahn stoppen“ wegen der unsicheren Lage in Afghanistan fordern, auf der anderen Seite genau das Gegenteil. Es gibt die Skepsis gegenüber denjenigen, die sagen, es ist doch für jeden vermeintlichen Afghanen, der ohne Ausweispapiere hier ist, ein Einfaches, sich diese zu beschaffen, ein Anruf bei der Botschaft reicht aus oder ein Kontakt in die Heimat. Andere bezweifeln das. Also das Bild ist doch sehr unterschiedlich und es kommt immer sehr auf die Betrachtungsweise an und auch auf die persönlichen Erfahrungen in Bezug auf Einzelschicksale.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Die SPD ist insgesamt, was die Asylpolitik Deutschlands angeht, nicht immer einer Meinung.

(Torsten Renz, CDU: Das ist uns auch schon aufgefallen.)

Das ist in diesem Fall so, das ist so in Bezug auf die Ankerzentren,

(Torsten Renz, CDU: Da gibt es einen Koalitionsvertrag. – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

und da sind solche Hiebe seitens herausragender Persönlichkeiten der CDU nicht hilfreich, die von Kakofonie sprechen oder sagen, habt ihr denn den Koalitionsvertrag nicht gelesen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nein, ich glaube, die SPD zeichnet sich sogar dadurch aus, dass sie, auch wenn sie über Verträge murrt, weil das nicht der persönlichen Meinung entspricht, sich gleichwohl an Verträge hält. Das ist für andere nicht immer so, das wissen Sie auch aus der Vergangenheit.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Ich will jetzt hier keine Lächerlichkeit aufkommen lassen bei diesem sehr ernsten Thema, denn es geht um Einzelschicksale von Menschen, aber wir als SPD haben mit dem Verfahren, wie wir das hier handhaben und wie der Innenminister das vorgetragen hat, wie es zurzeit läuft, unseren Frieden gemacht – zurzeit, in der Zeit, in der wir uns befinden. Der Minister hat schon gesagt, dass eine Einschätzung der Sicherheitslage zurzeit wieder vorgenommen wird. Ich denke mal, das sollten wir als unsere Pflicht ansehen, dass wir das grundsätzlich machen. Wenn wir Menschen irgendwohin zurück abschieben wollen, halte ich es für selbstverständlich, dass wir immer wieder in regelmäßigen Abständen die Sicherheitslage in dem Land bewerten. Und wenn sie als einigermaßen sicher eingeschätzt wird, hält man sich an seine vertraglichen Vereinbarungen und schiebt auch ab.

Der Minister hat aber auch gesagt, dass wir zurzeit im Land nur drei Personengruppen abschieben. In diesem Zusammenhang war es nicht hilfreich, Frau Larisch, wenn Sie hier so ein bisschen suggerieren, wir würden auch über sehr schutzbedürftige Personen, zum Beispiel Kinder, reden, weil die von der Abschiebung de facto nicht betroffen sind. Wenn es darum geht, die Sicherheit für unsere Menschen hier im Land in den Vordergrund zu stellen, dann sind wir dabei. Und wenn wir uns hier vereinbart haben, dass wir uns bei den Abschiebungen auf Gefährder, schwere Straftäter und Menschen, die sich hartnäckig verweigern, ihre Identitätsnachweise beizubringen, geeinigt haben, so halten wir das zurzeit für vertretbar, und das spiegelt eigentlich auch die Formulierungen in unseren Koalitionsvereinbarungen im Bund, aber auch hier im Land wider. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die BMVFraktion wird den Antrag ebenfalls ablehnen. Wir haben diesen Antrag ja regelmäßig auf der Tagesordnung. Die Argumente sind eigentlich nicht neu, vieles Richtige ist auch schon gesagt worden.

Aber was mir noch mal wichtig ist – weil das immer wieder angesprochen wurde, dass hier von Schutzbedürftigen die Rede ist –, ist, auch zu betonen, um welchen Personenkreis es sich dabei handelt. Bei den Ausreisepflichtigen ist es so, dass es eben keine Flüchtlinge sind. Es ist festgestellt worden, dass sie den Flüchtlingsstatus nicht zuerkannt bekommen haben. Darüber hinaus hat das Bundesamt festgestellt, dass sie keinen Anspruch

auf politisches Asyl haben. Sie haben auch keinen subsidiären Schutzstatus.

Das heißt, ich will das auch noch mal zitieren, worum es da geht bei dem subsidiären Schutzstatus: „Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn … ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht“, etwa durch „eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit … infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines … bewaffneten Konflikts.“ All dies liegt also hier nicht vor. Das ist so ein typischer Fall, was wir bei syrischen Staatsbürgern haben, Bürgerkriegsfälle. Das ist hier geprüft und auch abgelehnt worden.

Aber nicht nur diese drei Punkte werden ja regelmäßig geprüft vom Bundesamt. Darüber hinaus ist auch festgestellt worden, dass keine Abschiebungsverbote nach Paragraf 60 Aufenthaltsgesetz vorliegen. Das heißt, es ist ebenfalls festgestellt worden, dass eine Abschiebung unter Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention zulässig ist. Und es hat auch festgestellt, dass für die Betroffenen in dem Herkunftsland keine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

All dies möchte ich nur noch mal hervorheben, um klarzumachen, dass es sich bei den hier betroffenen Personen, die ausreisepflichtig sind und deren Aufenthalt illegal ist, in keiner Hinsicht um Schutzsuchende handelt. Das heißt, wenn sie also zur Ausreise verpflichtet sind, ist es eben nicht so, dass das verhindert werden kann, weil man jetzt sagt, nein, es droht eine erhebliche Gefahr. Das ist gerade nicht der Fall, denn wenn es so wäre, dann hätten sie auch einen Schutzstatus bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ums Wort gebeten hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau von Allwörden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte eigentlich wirklich gedacht, die Fraktion DIE LINKE würde auf eine Aufsetzung dieses Tagesordnungspunktes verzichten, weil bereits im April-Landtag alles Wichtige zu dem Antrag gesagt wurde.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das kann man eigentlich nicht sagen.)

Wir erinnern uns kurz zurück an eben diesen Landtag, da tauchte dieser Antrag als Dringlichkeitsantrag auf und bereits in der Ablehnung konnte deutlich gemacht werden, dass eine Neubewertung der Lage in Afghanistan tatsächlich notwendig ist. Allerdings fehlte die Dringlichkeit, denn die Innenministerkonferenz hatte bereits im letzten Herbst des Jahres deutlich gemacht, dass eine solche Neubewertung vonseiten des Auswärtigen Amtes notwendig sei.

Im ersten Punkt Ihres Antrages sind wir also ganz bei Ihnen, allerdings fordert meine Fraktion die Neubewertung, weil der derzeitige Zustand im Rahmen der Gesetzesanwendung einfach nicht hinnehmbar ist. Aufgrund der seit zehn Monaten überfälligen Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan ist es derzeit nur möglich – wir haben das jetzt hier schon durchgekaut –, Straftäter, Gefährder oder Personen, die aktiv gegen die Identitäts

feststellung gearbeitet haben, nach Afghanistan zurückzuführen. Bei abgelehnten Asylbewerbern aus Afghanistan besteht derzeit also keine Möglichkeit, diese zurückzuführen, obwohl es bereits von der Sicherheitslage her möglich wäre. Wir können ihnen aber andererseits auch keine Bleibeperspektive geben, allein, weil uns die Stellungnahme des Auswärtigen Amtes dazu fehlt. Ohne diese Stellungnahme können wir nicht nach Recht und Gesetz handeln – auch das hat Ihnen der Innenminister bereits deutlich ausgeführt –, und uns bleibt nur, diese eben genannten drei Personengruppen abzuschieben.