Im Vergleich zu vielen anderen führe ich viele Gespräche. Und vielleicht auch noch ein anderer Grund: Im Vergleich zu Ihnen war ich bereits viermal in Afghanistan, habe mich von der Situation vor Ort überzeugt und denke, dass wir angemessen entscheiden.
Was mich ein wenig enttäuscht hat bei Ihren Ausführungen, ist, Sie müssten wissen, es gibt auch freiwillige Rückkehrer.
Wir hatten das Thema ja bereits im letzten Sommer. Ich meine, ich war erstaunt, dass wir heute über den Einmarsch der Russen in Afghanistan hier zunächst Ausführungen gehabt haben. Aber auch ich lerne ja dazu, ich kenne die Problematik.
Wo wir in einem Punkt übereinstimmen, das ist, dass wir auf die Neubewertung der Lage in Afghanistan durch die Bundesregierung warten. Es haben allerdings die Innenminister auf ihrer Herbstkonferenz im letzten Jahr in Leipzig bereits eingefordert, dass das Auswärtige Amt in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium eine Neubewertung der Lage vornimmt. Das Auswärtige Amt ist am Zug, nun zeitnah Ergebnisse vorzulegen. Ich bin mir sicher, dass niemand dieses wichtige Thema aus politischen Gründen liegen lässt. Abschiebungen nach Afghanistan werden auch sicher nicht von den Bedürfnissen einzelner Interessengruppen in Berlin abhängig gemacht.
Davon abgesehen ist klar, dass wir bei Afghanistan und allen anderen Ländern auch, in die abgeschoben werden soll, eine bundeseinheitliche Vorgehensweise brauchen. Es darf nicht sein, dass einzelne Länder – Sie haben sie ja gerade aufgeführt – aus der Reihe tanzen.
Wer ausreisepflichtig ist, der muss in sein Heimatland zurückgeführt werden, sofern nach gründlicher Lagebewertung durch das Auswärtige Amt das Heimatland oder die Region des Landes als ausreichend sicher eingestuft werden. Sollte andersherum ein solcher Lagebericht zu dem Schluss kommen, dass die Lage in bestimmten Regionen oder Ländern insgesamt nicht sicher ist, dann dürfen wir folglich dahin nicht abschieben. Dann akzeptiere ich das auch. Wichtig ist, dass die Entscheidungen nach Recht und Gesetz getroffen werden, und nicht, weil Lorenz Caffier oder Peter Ritter von vereinzelten Geschehnissen in der Presse lesen und diese dann als Grundlage für allgemeine politische Forderungen heranziehen, die diesen Rechtsstaat und die Rechtlichkeit aushebeln. In diese Richtung mag sich Politik bei manchen in Zeiten der sozialen Medien zwar immer mehr entwickeln, mit einer sachlichen und faktischen Auseinandersetzung hat das aber dann nicht mehr viel zu tun.
Meine Damen und Herren, der allergrößte Teil meiner Länderkollegen und ich gehen fest davon aus, dass nach dem Lagebericht der Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin möglich sein werden. Afghanistan ist doppelt so groß wie Deutschland. Die Einwohnerdichte ist deutlich niedriger als in Mecklenburg-Vorpommern. Der Einflussbereich der Taliban ist zwar zweifelsfrei zu groß, dennoch wird längst nicht jede Region von den Extremisten beherrscht. Quellen geben an, dass ein Zehntel bis ein Drittel Afghanistans in den Händen der Taliban ist. Da bleiben nach meinem Verständnis auch Provinzen übrig, die ausreichend sicher für Abschiebungen sind, und so wird es auch durch den Bund beurteilt.
Aber führen wir uns doch einmal vor Augen, wer denn überhaupt abgeschoben wird. Nein, es sind keine Kinder! Es sind keine schwangeren Frauen! Es sind auch keine Christen! Und es sind auch keine Ausreisepflichtigen, die unsere Gesetze achten und sie einhalten. Stattdessen werden ausschließlich Straftäter, Gefährder und hartnäckige Mitwirkungsverweigerer nach Afghanistan abgeschoben. Da geht es um Sexualstraftäter, um Intensivstraftäter oder um potenzielle Terroristen.
Liebe Frau Larisch, wem wollen Sie eigentlich Ihren Kampf für den Verbleib solcher Straftäter vermitteln?
Wo treffen Sie Menschen auf der Straße, die Ihnen auf die Schulter klopfen und sagen, toll, dass Sie sich für diese Straftäter eingesetzt haben?
ich für meine Seite behaupte, bei dieser Frage haben Sie nicht einmal die Basis hinter sich, Ihre eigene Basis hinter sich.
Und deswegen bleibe ich dabei und weiß auch nicht, ob es gut von Ihnen war, dass der Antrag in Regelmäßigkeit wieder auf die Tagesordnung kommt.
Für mich ist die Diagnose jedenfalls klar, Ihre Initiative ist Zeuge dessen, dass Sie den Menschen immer noch nicht zuhören,
oder Sie davon nichts verstehen und dass Sie immer noch nicht verstanden haben, wie eine gerechte und konsequente Asylpolitik aussieht. Da kann man wirklich nur dafür eintreten, dass die Sicherheitspolitik eines Landes nie in die Hände Ihrer Fraktion gelangt.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, AfD und BMV – Peter Ritter, DIE LINKE: Na, na, na, na, na!)
Ich bin übrigens der festen Überzeugung, dass wir ähnliche Debatten, um dem schon mal vorzubeugen, bald über Abschiebungen nach Syrien führen werden. Ich rate Ihnen daher dringend, Ihre Haltung zu diesem Thema intensiv auf den Prüfstand zu stellen, und die Haltung zu tragen, die derzeit der Bund in Absprache mit den Ländern führt, was Rückführungen von bestimmten Tätergruppen, die ich angesprochen habe, betrifft. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Kollegin Larisch, nur, weil Sie einen Antrag immer wiederholen, hier immer lauter vortragen
In Ihrem Antrag fordern Sie die Landesregierung auf, sich gegenüber der Bundesregierung für eine umgehende Neubewertung der Lage einzusetzen und alle Abschiebungen bis auf Weiteres auszusetzen, auch über Drittstaaten. Ich sage Ihnen jetzt mal was: „In Kabul kann man sich sicher fühlen. In Kabul geht es voran. In der afghanischen Hauptstadt hat sich die Situation in den letzten Jahren verbessert.“
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, das sind nicht meine Worte, sondern die Worte von Herrn Marco Stoll. Stoll ist der Leiter des Polizeireviers in RibnitzDamgarten, er war dreimal im Zusammenhang mit dem German Police Project Team in Afghanistan. Diese Einheit entwickelt sicherheitsrelevante Konzepte für die afghanische Polizei zum Aufbau einer Struktur nach deutschem Vorbild und beteiligt sich am Aufbau einer Infrastruktur.
Als mehrfacher Teilnehmer dieser Initiative sollte man seiner Einschätzung wohl deutlich Gewicht zukommen lassen, Frau Larisch: „In Kabul kann man sich sicher fühlen. In Kabul geht es voran.“
Diese Einschätzung korrespondiert im Übrigen auch mit dem Zwischenbericht der Bundesregierung, die die Sicherheitslage so bewertet, dass eine Rückführung gerade auch von Straftätern, Gefährdern oder Personen, die sich hartnäckig der Identitätsfeststellung widersetzen – der Innenminister hat es gesagt –, problemlos möglich ist. Und sie haben eine Ausreisepflicht. Niemand muss nachts abgeschoben werden. Sie brauchen doch hier keine falschen Emotionen zu wecken. Sie könnten ja freiwillig gehen.
Ein weiterer Grund für das Zugreifen in der Nacht ist der Tatsache geschuldet, dass die Flieger morgens im Rahmen eines Sammeltransportes in der Regel gegen 7.00 Uhr oder gegen 9.00 Uhr von Hamburg, von Frankfurt, von Berlin starten, und da können wir ja nun mal nicht … Oder sollen die dann noch länger in polizeilichem Gewahrsam sein? Nach Ihrer Lesart müsste man das so machen. Oder wollen Sie, dass wir die Abzuschiebenden am helllichten Tage durch Ladengeschäfte jagen müssen, bis wir ihrer habhaft werden?