und den Kühen sagen, jetzt gebt ihr mal für drei Monate weniger Milch. Die Milch fällt an. Also wir arbeiten mit lebenden Tieren, da kann man eigentlich so schnell auf den Markt nicht reagieren. Das ist ein langfristiges Geschäft, das ist eine langfristige Partnerschaft und hier muss man über Jahre denken und nicht in Monatsscheiben. Aber die Märkte reagieren natürlich manchmal sehr schnell und so ist es schwierig, das Angebot mit der Nachfrage immer in Einklang zu bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Beteiligten sind sich einig, dass die Milchmenge und das Angebot mit der Nachfrage übereinstimmen müssen. Nur so können auskömmliche Preise etabliert und am Markt erzielt werden. Über den Weg zu einem ausgeglichenen Markt gibt es allerdings geteilte Meinungen. Für meine Fraktion steht fest, dass nach wie vor an vielen Stellschrauben gedreht werden muss, um eine Lösung zu finden. Hierzu zählen neben den im vorliegenden Antrag aufgeführten Maßnahmen auch der Erhalt der Direktzahlungen, die Einführung von steuerlichen Risikorücklagen, die Unterstützung der landwirtschaftlichen sozialen Sicherungssysteme, unter bestimmten Umständen auch moderate Pachtzinsen, die Lieferbeziehungen zwischen den Milcherzeugern und den Molkereien müssen einen verbindlichen Charakter bekommen – das wurde hier heute auch schon ausgeführt, das wird mit den neuen Geset
zesinitiativen dann in Zukunft möglich werden – und für mögliche Fördermittel müssen zügige Auszahlungen erfolgen, um für diese Betriebe die Liquidität zu erhalten. Nicht zuletzt ist eine Unterstützung von ausstiegswilligen Milchviehhaltern geboten, um insgesamt die Milchviehhaltung in Mecklenburg-Vorpommern in Zukunft zu sichern, denn wir haben jedes Jahr im Durchschnitt vier bis fünf Prozent der Betriebe in der Milchviehhaltung, die aus der Produktion aussteigen. Zumindest war das der Trend in den letzten drei bis vier Jahren, sicherlich auch dem Milchmarkt geschuldet.
Aber es klang hier heute schon an, der Minister hat es auch gesagt, mit jedem Kuhstall, mit jedem Milchbauern, der aufhört, Milch zu produzieren, verringern wir die Wertschöpfung im ländlichen Raum. Und in einem globalisierten Markt, in dem wir uns befinden, wird schon irgendeiner die Milch produzieren, und dann kommt sie vielleicht aus Polen, aus Holland, aus Dänemark oder auch woanders her. Und wir opfern natürlich auch die entsprechenden Arbeitsplätze im ländlichen Raum.
Um diesem entgegenzuwirken, glaube ich, ist es an der Zeit, gerade auch unter den Molkereien über mehr Wettbewerb nachzudenken. Wir haben in den letzten Jahren große Konzernstrukturen zugelassen und haben kleine Molkereien geopfert. Hier sollte in Zukunft auch ein Umdenken stattfinden, denn wenn man mal die einzelnen Auszahlungspreise vergleicht in Deutschland und in Europa, kann man doch ablesen, dass in den Standorten, wenn wir gerade nach Süddeutschland gucken, auch in Bayern, wo wir mehrere kleinere Molkereien haben, wo mehr Wettbewerb da ist, deutlich höhere Auszahlungspreise am Markt erzielt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag wollen wir zunächst Maßnahmen auf europäischer Ebene anstoßen, aber gleichzeitig möchte ich nicht verhehlen, dass es noch zahlreiche Möglichkeiten der Unterstützung für unsere Milchviehhalter im eigenen Land gibt, die umgesetzt werden müssen. Im Interesse der Milchviehhalter unseres Landes und auch der vor- und nachgelagerten Produktionsbereiche bitten wir Sie, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren und vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD- und CDUFraktion! Eines muss man Ihnen neidlos lassen, allein die Überschrift des vorliegenden Antrages verspricht Großartiges – eine Lösung für ganz Europa. Und das hier aus Schwerin! Da reduziert sich fast mein Beitrag auf ein einziges Wort: Respekt!
Aber ganz so einfach will ich es mir nicht machen, denn der Spaß hat ein Ende, wenn ich jetzt weiterrede. Natürlich hat Ihr Antrag einen sehr ernsten Hintergrund. Einfach gesagt ist bei den Milchbauern mal wieder nach der Krise vor der Krise. Und eigentlich weiß man gar nicht, wo der Circulus vitiosus dort beginnt. Wir haben ein
Problem, das nicht einfach nur als Produktionsmengenkrise angesehen werden muss. Seit geraumer Zeit sind auch die Bewältigungsversuche für diese ganzen Auswirkungen der vergangenen Krisen verpufft. Genauer gesagt haben wir eine Milchpreiskrise und die Analysen, die hier von Frau Aßmann und von Herrn Dr. Backhaus vorgestellt worden sind, sind unstrittig richtig.
Sicher können sich viele von Ihnen noch erinnern an blockierte Autobahnen in Frankreich, Demonstrationen der Milchbäuerinnen in München, Proteste sogar vor den Lebensmittelketten in Teterow, durch wütende Landwirte in Brand gesetzte Autoreifen im lahmgelegten Europaviertel von Brüssel und auch an den Polizeieinsatz mit Wasserwerfern und Tränengas dagegen. Das ist mal gerade drei Jahre her. Ganz so dramatisch ist die derzeitige Situation nicht. Man fragt sich vielleicht: Noch nicht? Öffentliche Proteste halten sich bisher in Grenzen, obwohl die Preise für Rohmilch wieder im Sinkflug sind. Wie immer kann sich niemand so richtig erklären, wie das funktioniert, und vor allem ist auch niemand daran schuld. So funktioniert aber eben der Markt.
Herr Dr. Backhaus schimpfte – ich glaube, ich kann das so formulieren – erst kürzlich in Loitz bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung, …
… dass die Milchbauern, kaum, dass die Molkereien mehr zahlen, wieder auf Teufel komm raus die Milchmengen erhöhen und somit sehenden Auges in die nächste Krise rasen. Das kann man durchaus so interpretieren. Man kann es aber auch anders interpretieren, nämlich, dass die Milchbauern dann, wenn endlich auskömmliche Preise da sind, wie beispielsweise im letzten Herbst, als der Liter bei etwa 42 Cent lag, ihre Mengen auf ein Maximum hochfahren, um endlich die Kredite für die Investitionen abzulösen, die sie in der Zwischenzeit geleistet haben. Und schon ist der Preis wieder, da muss ich Herrn Kliewe jetzt korrigieren, unter 30 Cent – gerade aus dem Netz geholt.
Sei es, wie es sei, die Hoffnung, der Markt wird es schon richten, funktioniert eben nicht. Eine solche Hoffnung ist lediglich eine religiöse Disposition der Psyche. Jetzt ist aber das Thema Religion nicht dran, jetzt geht es um die Milch. Richtiger ist nämlich dann hingegen, dass der Markt eben doch funktioniert, unabhängig von Hoffnungen, unabhängig von politischer Kosmetik, was man mindestens an den Nebenwirkungen erkennen kann – die die meisten Menschen so nicht wollen, wie zum Beispiel das erwähnte Höfesterben –, aber mindestens auch am Ausstieg aus der Milchwirtschaft. In meiner Gemeinde sind auch zwei Bauern davon betroffen.
Immer größere Betriebe sind die Konsequenz, immer größere Herden in immer größeren Stallanlagen. Der Milchindustrie-Verband titelte gerade vorige Woche: „Steigende Milchleistung bei sinkenden Betriebszahlen“. Und wie ist das mit dem Preiskampf im Handel? Insbesondere die Dumpingpreise der vier großen Lebensmittelmärkte, die will auch niemand. Und dass der kleine wie der große Milchbauer nach wie vor erst Wochen – oder,
wie Herr Backhaus gerade richtig sagte, nach drei Monaten im Durchschnitt – nach der Abgabe der Milch weiß, was er von der Molkerei bekommt für sein Produkt, das hat sich auch noch nicht geändert, obwohl seit Jahren darüber geredet wird. Einzige Ausnahme ist der Bereich Biomilch. Hier ist die Situation seit vielen Jahren stabil, wie der kritische Agrarbericht 2018 nachweist. Aber was ist ein Marktanteil von 2,5 Prozent? Der wird es nicht richten.
Trotzdem will niemand zur Milchquote zurück, insbesondere die Milchbauern selbst nicht. Die bisherigen Instrumente zur Krisenbewältigung haben sich aber als unzureichend erwiesen und bieten keine Lösung, den Markt irgendwie zu regulieren. Sie waren auch gar nicht dafür gedacht, nicht so angelegt, sondern zur Überbrückung von Notlagen gedacht. Viel öffentliches Geld wurde wie mit der Gießkanne verteilt, ohne eine gezielte Steuerung zu erreichen. Nach den guten Milchjahren 2013 und 2014, in denen sich die Lage der Milchbauern nach der großen Krise von 2008 bis 2012 eigentlich nur unwesentlich entspannt hatte, setzte die Politik falsche Akzente. Dazu gehört innerhalb der GAP die Abschaffung der Milchquote ohne Marktregulierungselemente. Gleichzeitig setzten Bundes- und Landesbauernverbände wie auch die Bundesregierung einseitig auf dynamisches Wachstum und auf Export, was ebenso zur Marktkrise beisteuerte wie die Sanktionen als Antwort auf die Krim- und Ukrainepolitik Russlands.
Aber ich will die Diskussion von heute früh nicht wiederaufnehmen. Das muss aber trotzdem an dieser Stelle auch mal gesagt werden, dass zu diesen multikausalen Strukturelementen solche Dinge dazugehören. Die leichte Entspannung der Milchpreise der letzten ein bis zwei Jahre scheint schon wieder vorbei zu sein und war nicht mehr als eine Atempause für die meisten Betroffenen.
Sie reicht noch lange nicht einmal aus, um die Schuldenberge der Krisenzeit auszugleichen, außerdem ist nicht eine einzige Ursache der Milchpreiskrise beseitigt.
Mein geschätzter Sprechervorgänger in der Fraktion und damaliger Vorsitzender des Agrarausschusses Professor Fritz Tack bemerkte in einer seiner letzten agrarpolitischen Reden im Juli 2016, ich zitiere: „Niemand weiß mehr wirklich weiter. Wie immer gab und gibt es Forderungen des Berufsstandes an die Politik.“ Es ist eine wahre Kakophonie ausgebrochen. „Stimmen nach mehr Zuschüssen, nach gesetzlichen Mengenregulierungen für Europa und Deutschland überschneiden sich mit dem Mantra der völligen Marktliberalisierung und … weniger Umwelt- und Tierschutzauflagen, … verbunden mit der Aufforderung, zusätzlich öffentliche Gelder einzusetzen, um … Milchbetriebe zu retten.“ Zitatende. Leider ist es derzeit kaum anders, nur der Ruf nach einer befristeten EU-weiten entschädigungslosen Milchmengenreduzierung als Kriseninstrument ist relativ neu. Diese Forderung ist ja auch ein Bestandteil des vorliegenden Antrages, der sich leicht so zusammenfassen lässt:
Erstens sollen wir feststellen, dass mit der Abschaffung der staatlichen Milchquote Marktschwankungen bis hin zu Marktkrisen zunehmend die Milcherzeuger und Molkereien in der Europäischen Union treffen und die derzeitigen Kriseninstrumente nicht ausreichend sind.
Zweitens sollen wir ab heute von der Kommission erwarten, dass die eben erwähnte entschädigungslose Milchmengenreduzierung eingeführt wird.
Drittens gibt es die übliche Aufforderung der SPD an die Landesregierung, doch bitte von der Bundesregierung zu verlangen, die Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien mit verbindlichen Vorgaben zu versehen, und dass die Arbeit der Marktbeobachtungsstelle bei der EU weiterentwickelt wird.
Für mich und meine Fraktion ist dieser Antrag ein Zeichen von Hilflosigkeit. Irgendwie klingt alles nach: Wir wollen die Marktwirtschaft, aber nicht so und nicht zu 100 Prozent. Da war Bismarck etwas ehrlicher, als er damals sagte: „Ich brauche so viel Sozialismus, dass der Kapitalismus in seiner Wirksamkeit nicht gefährdet wird.“ Das Ergebnis war die staatliche Rentenversicherung. Das war doch mal was!
Minister Backhaus handelt bereits so, wie er heute von uns aufgefordert werden soll nach diesem Antrag.
Die Feststellung der Vorkrisensituation und der Ausdruck von Erwartungen an die EU-Kommission werden auch nicht helfen. Ich bin der festen Überzeugung, wenn wir die Macht des Lebensmitteleinzelhandels nicht mittels staatlicher Eingriffe begrenzen, wenn wir den Markt weiter liberalisiert lassen, wenn wir nicht stärker auf regionale Vermarktung setzen und wenn wir auf eine weitere Ökologisierung der Produktion verzichten, werden wir die Probleme der Milcherzeuger nicht lösen. Das gilt übrigens auch für andere Bereiche der Landwirtschaft. Das wären die Hebel, die wir bewegen müssten.
Und wo bleiben eigentlich in Ihrem Antrag die von Herrn Kliewe genannten Punkte? Wo sind die im Antrag? Die waren doch alle richtig?
(Minister Dr. Till Backhaus: Ob die so richtig sind, weiß ich nicht ganz genau. Dann kriegen wir nämlich keine Mehrheiten in der Bundesrepublik.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag von SPD und CDU wird nichts schaffen, was er uns suggeriert. Wer uns ständig vorwirft, Schaufensteranträge einzubringen, sollte sich an dieser Stelle bitte selbst an die eigene Nase fassen. Und was bleibt? Sie wollen dem Minister den Rücken stärken, das ist legitim, dafür ist aber genau das der falsche Antrag. Zu wissen, was gemeint ist, reicht nicht aus, um einem Antrag zuzustimmen, und deswegen werden wir ihn ablehnen. – Danke schön.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Die Milchkrise hat vor allem die kleinen Milchbetriebe zur Aufgabe und zum Verkauf an größere Unternehmen gezwungen. Die Konsequenz sind sinkende Zahlen bei den Milchviehbeständen und den Milchviehhaltern – ein Trend, der sich bundesweit beobachten lässt und auch auf MecklenburgVorpommern zutrifft.
Schauen wir uns nur einmal die Entwicklung des Milchkuhbestandes an, dann sehen wir seit 1991 einen kontinuierlichen Rückgang. Hatten wir 1991 einen Bestand von 248.397 Stück Milchvieh, haben wir 2016 noch einen Bestand von 172.132 Stück. Allein von 2015 zu 2016 hatten wir einen Rückgang um 9.319 Tiere und von 1991 bis 2016 reduzierte sich der Bestand um 76.265 Tiere.
Aber dieser Abwärtstrend besteht nicht nur in der Milchviehhaltung. Nein, der gesamte Viehbestand in Mecklenburg-Vorpommern ist massiv rückläufig. So kam es bei der Schlachtung von Schweinen im Zeitraum von 2010 bis 2016 zu einem Rückgang von 111.712 Tieren und bei Rindern zu einem Rückgang um 27.149 Schlachtungen. Also es besteht nicht nur in der Milchviehhaltung Handlungsbedarf.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern den dienstältesten Landwirtschaftsminister in Deutschland haben.
Der Verlust in der Viehhaltung zieht natürlich auch einen Abbau von Arbeitsplätzen in diesem Bereich nach sich.
Für die Betriebe sieht es nicht besser aus. Hatten wir 2014 noch 850 Betriebe, nahm ihre Zahl kontinuierlich ab. 2015 sind es noch 812 Betriebe und am 1. März 2016 gab es nur noch 712 Betriebe mit Milchkühen. Der durchschnittliche Bestand je Haltung liegt bei den Milchkühen für das Jahr 2016 bei 218, nur Brandenburg hat mit 224 Milchkühen je Haltung eine höhere Konzentration.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf die gestiegene Milchmenge eingehen. Herr Weiß hat es schon richtig gesagt, die Milchmenge ist angestiegen, weil die Landwirte ihre Kredite bedienen müssen, und den kurzfristigen Anstieg haben sie dafür genutzt. Das ist auch ein Grund, warum die Milchmenge angestiegen ist.
Interessant ist auch, dass der größte Milchvermarkter, das Deutsche Milchkontor, eine Genossenschaft, anscheinend Vorreiter bei der Preisunterbietung ist. Es kann kein vernünftiger Zustand sein, wenn die Landwirte ihre Milch abliefern und erst am Monatsende den Preis erfahren. Meine Damen und Herren, ich war 20 Jahre selbstständig. Hätte mir ein Kunde gesagt, liefere mal, was ich dir bezahle, sage ich dir erst nächsten Monat, dem hätte ich gesagt, du hast sie wohl nicht alle, gib mir meine Ware zurück!