Protocol of the Session on April 25, 2018

Ums Wort hat zunächst gebeten der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst erst mal vielen Dank für den Antrag, denn am Vorabend, wenn man es so will, der Agrarministerkonferenz ist es für mich natürlich eine gute Einstimmung auf die Verhandlungen. Gestern war ich in Brüssel, hatte die Chance, vor dem Europaparlament und den aus den Regionen zusammengerufenen Experten zu reden.

Ich glaube, man darf feststellen, die Milchproduktion in Deutschland und gerade in Mecklenburg-Vorpommern ist eine der wichtigsten Ernährungsbranchen, die wir in Deutschland haben, und ich denke, ich darf an dieser Stelle sagen, wenn wir uns überlegen, was auch nach der politischen Wende in der Milchproduktion an Entwicklungspotenzial stattgefunden hat – wir haben in dieser Woche im Übrigen gerade den Bundesverband der Milchkontrollverbände zu Gast gehabt und dort ist es ausdrücklich auch wieder bestätigt worden –, Mecklenburg-Vorpommern hat, was die Leistung pro Kuh, was die Langlebigkeit der Tiere und vor allen Dingen auch, was die Qualität der Milch anbetrifft, einen Riesensprung nach vorne gemacht. Wir liegen an der Spitze der Bewegung in Deutschland, im Übrigen immer so an Platz 1, Platz 2, was die Pro-Kuh-Leistung anbetrifft, und auch, was die Langlebigkeit der Tiere anbetrifft.

Warum sage ich das alles? Die Milchproduktion und die landwirtschaftliche Produktion sind natürlich eng verbunden mit Wertschöpfung. Wenn man sich überlegt, wir haben sieben Molkereien in Mecklenburg-Vorpommern, die sich unisono auf dem neusten Stand der Technik Europas befinden, im Übrigen darunter eines der größten Aufschnittwerke, die es überhaupt in Europa gibt. Deswegen ist es mir auch nach wie vor immer wieder ein Bedürfnis, dass die Milchproduktion nicht nur erhalten wird, sondern möglichst ausgebaut wird. Von daher begrüße ich diesen Antrag.

Im Übrigen, Frau Aßmann hat darauf ja schon hingewiesen, wir sind in den letzten Jahren seit 2007/2008 von einer Milchturbulenz oder -krise in die andere gestolpert. Es hat unzählige Veranstaltungen in Berlin, in Brüssel gegeben zur Frage, wie kommen wir endlich weiter. Die Abschaffung der Milchquote ist dann von vielen wieder aufgegriffen worden, man sollte sie doch vielleicht wieder überdenken, soll sie wiedereinführen. Ich sage ganz klar nein, wir wollen sie nicht, sondern wir wollen ein mengengesteuertes System aus der Wirtschaft heraus.

Und auch das habe ich gestern noch mal ausdrücklich begrüßt: Wie oft habe ich gepredigt in diesem Lande, dass der Branchenverband endlich zusammenkommt und auf Augenhöhe mit den Landwirten über Verträge verhandelt? Frau Aßmann hat darauf eben hingewiesen. Wenn man sich überlegt, bis heute weiß ein Großteil der Landwirte am Monatsende nicht, was sie an Preisen für ihre Milch bekommen. Das muss man sich mal vorstellen! Wer verdient eigentlich das Geld in dieser Branche? Das sind in erster Linie die Molkereien und das ist nach wie vor und insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel.

Ich habe seit Jahren darum gekämpft – seit Jahren darum gekämpft! –, dass dieser unlautere Wettbewerb, diese Benachteiligung und letzten Endes damit auch diese unlauteren Handelspraktiken endlich ein Ende haben. Wenn ich mir überlege, dass wir für leicht verderbliche Produkte – das sind insbesondere Lebensmittel, dazu gehört auch die Milch – hier Zahlungsziele haben von bis zu drei Monaten, können Sie sich das bitte mal vorstellen? Ich liefere heute meine Milch ab und bekomme in drei Monaten erst zu erfahren, was ich für mein Produkt bekomme, aber ALDI, Lidl, REWE und EDEKA haben am nächsten Tag schon die Einnahme erzielt. Das kann doch nicht richtig sein!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Endlich hat man meinen Ruf erhört,

(Thomas Schwarz, SPD: Endlich!)

endlich hat man meinen Ruf erhört und für leicht verderbliche Lebensmittel wird es hoffentlich Veränderungen geben. Die begrüße ich ausdrücklich. Man hat wahrscheinlich so vor den Wahlen auch in Europa endlich begriffen, dass man mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern doch mal eher auf Tuchfühlung gehen soll.

Und ich sage hier auch sehr klar: Wir hatten ja schon wieder große Befürchtungen, dass wir wirklich sehr zügig in eine Milchsituation hineinkommen, also auch in eine Krise, und da sind die Auszahlungspreise auch bei Milch wieder gefallen, um gut 5 Cent. Wir liegen jetzt bei 30/31 Cent. Das ist zum großen Teil in Mecklenburg-Vorpommern schon wieder nicht mehr kostendeckend, aber die Preissteigerungen sowohl bei Butter – ich weiß nicht, ob das der eine oder andere mitbekommen hat – oder auch bei Käse lassen für die kommenden Monate im Übrigen doch eine Stabilität zu. Doch sich jetzt zu entspannen und zu glauben, der Markt wird schon alles richten, kann wohl nicht richtig sein.

Was war eigentlich die Ursache dafür? Zum einen die Kälteperiode. Die haben wir sehr schnell vergessen, wahrscheinlich wir auch im Lande, nämlich Ende Februar und im März dieses Jahres. Und natürlich hat auch der Anstieg der Milchmengen die deutliche Entwicklung gezeitigt. Auf der anderen Seite hatten wir in Irland – der eine oder andere wird diese Werbung auch immer wieder sehen – tatsächlich sogar eine Futterkrise. Wenn es im Übrigen noch eines Beweises bedurft hätte, wie wichtig die Mengengewichtung für die Marktlage ist, dann ist er hiermit ausdrücklich geliefert.

Zur aktuellen Lage gehören jedoch auch nach wie vor bestehende Unsicherheiten aus den Interventionsbeständen. Es ist ja sehr viel Magermilchpulver eingelagert worden und es besteht natürlich die Gefahr, dass wir,

wenn Europa jetzt diese auf die Märkte wirft, dann doch erhebliche Turbulenzen auf diesem fragilen Markt erreichen werden.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Die aktuelle Situation zeigt im Übrigen außerdem wieder ganz deutlich, dass der Milchauszahlungspreis als Barometer für die Marktentwicklung ungeeignet ist, meine Damen und Herren. Ich hoffe, das ist uns allen bewusst. Und deswegen ist es noch mal so wichtig, dass wir zwischen den Preisen, die am Markt für die Milchprodukte erzielt werden, und auch den Auszahlungspreisen für die angelieferten Rohwaren – da gibt es ja deutlich Unterschiede – endlich zu Klarheit kommen. Insbesondere ist ein zeitlicher Verzug festzustellen. Preissteigerungen beziehungsweise -senkungen kommen in der Regel erst nach etwa drei Monaten – ich habe das ja schon angedeutet – oder auch noch später überhaupt bei den Erzeugern an. Die unterschiedlichen Vertragslaufzeiten für die Milchprodukte führen zusätzlich zu einer Verzerrung und damit natürlich auch zu einer Veränderung des Marktgefüges. Es bleibt also in dieser Frage viel zu tun. Der Transformationsprozess des Milchsektors, raus aus der vergleichsweise behüteten Situation in der gemeinsamen Marktorganisation zu Quotenzeiten, ist längst noch nicht abgeschlossen und es bedarf einer erheblichen Beschleunigung dieses Prozesses, wenn am Ende nicht die deutsche Milchwirtschaft – ich sage das ausdrücklich – hier in dieser Frage auf der Strecke bleiben soll. Das wäre im Übrigen auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher verheerend.

Aber zunehmende Marktorientierung heißt auch, die Marktpartner müssen Verantwortung übernehmen und passen damit ihre Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen entsprechend an. Nach meiner Einschätzung ist da noch viel Luft nach oben. Die Entwicklung bei der Milcherzeugung und bei der Vermarktung im Lande verfolge ich seit Jahren mit besonderer Aufmerksamkeit und mit einem sehr kritischen Blick. Wenn nicht kurzfristige Lieferbeziehungen oder auch ein Risikomanagement moderiert werden kann, wird die deutsche Milchwirtschaft nicht durch adäquate Entwicklung daran teilhaben können. Den internationalen Wettbewerb mag es erfreuen, aber mich stimmt das außerordentlich nachdenklich, denn wir haben andere Bedingungen in Deutschland als in Übersee oder wo auch immer auf dieser Welt.

Ich sage noch mal ausdrücklich: In Mecklenburg-Vorpommern haben wir, sicher auch dem Zusammenhang mit der Milchkrise 2015/2016 geschuldet, leider eine negative Entwicklung zu verzeichnen. Die Zahl der Milchkuhbestände und der Milchkuhhaltungen von 2016 bis November 2017 ist um 7 Prozent gesunken, und das hat natürlich auch gravierende Auswirkungen auf die Wertschöpfung. Insgesamt haben in den letzten drei Jahren, meine Damen und Herren, rund 14 Prozent der Milcherzeuger ihre Milchproduktion eingestellt. Die Anzahl der Milchkühe ist im Vergleich zum Vorjahr um 1 Prozent gesunken, zu 2014 um 7 Prozent. Im Übrigen, wenn man die Querverbindung mit der RinderAllianz Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt betrachtet, dann haben wir in den beiden Regionen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt 30.000 Kühe insgesamt verloren. Was das für die Wertschöpfung innerhalb der ländlichen Räume und letzten Endes damit auch für Arbeit und für dieses wertvolle Lebensmittel bedeutet, sei an dieser Stelle nur angemerkt.

Das spiegelt sich natürlich insgesamt in der Milcherzeugung wider und da will ich ausdrücklich sagen: Ja, der Osten Deutschlands, insbesondere Mecklenburg-Vorpommern, hat seine Schularbeiten gemacht. Wir haben etwa 4,3 Prozent weniger Milch produziert und wir haben gegenüber 2016 insgesamt 10 Prozent weniger Milch an die Märkte gebracht. Auch das war von uns gewollt, um zu einer Milchpreisstabilisierung zu kommen. Wenn das alle Bundesländer gemacht hätten und die Bauern sich insgesamt einig geworden wären, hätten wir überhaupt eine Diskussion hier heute nicht führen müssen.

Im Übrigen, auch das will ich hier ausdrücklich sagen, wenn man sich die Milchkuhbestände anschaut, in welchen Größenordnungen und wo sie gehalten werden, dann nehme ich eins zur Kenntnis: Die Bestände mit mehr als 500 Kühen wachsen und die, die darunter sind, das sind ja eher dann auch bäuerlich geprägte, werden weniger und hören unterm Strich auf. Auch das will ich noch mal unbedingt sagen: Selbst die Zahl der Betriebe in der Größenordnung zwischen 200 und 500 Tieren ist allein im letzten Jahr um acht Prozent gesunken. Das heißt, auch nach unseren Vorstellungen wettbewerbsfähige Unternehmen, die für die Zukunft eigentlich gut gewappnet waren, haben die Milchproduktion aufgegeben. Das sind natürlich auch Managemententscheidungen für und gegen die Milcherzeugung oder man macht sich mehr oder weniger fit für den Verkauf eines reinen Marktfruchtbetriebes. Darüber haben wir in den letzten Wochen und Monaten ja genug gehört.

So weit zu den Fakten und nun zum Antrag.

Es wird zu den Ergänzungen ein Sicherheitsnetz in der gemeinsamen Marktordnung und die Aufnahme einer Maßnahme wie einer EU-weiten temporären entschädigungslosen Mengenreduzierung einschließlich der erforderlichen Instrumente gefordert. Da will ich noch mal ausdrücklich sagen, wir haben uns ja immer wieder in der AMK, der Agrarministerkonferenz, mit dem Thema auseinandergesetzt und ich möchte hier noch mal die Milcherzeuger und insbesondere den Deutschen Bauernverband, aber auch den BDM, den Bund Deutscher Milchviehhalter, dringend darum bitten, eine Initiative zu ergreifen, um nicht zu staatlich verordneten Maßnahmen zu kommen, sondern sich zu einigen. Sollte das nicht der Fall sein, sage ich sehr klar und deutlich, werden wir gegebenenfalls gesetzliche Initiativen ergreifen. Das wird auch morgen und übermorgen auf der Agrarministerkonferenz eine Rolle spielen, und ich bin der Auffassung, dass wir nach einem Kriseninstrument weitersuchen müssen und dieses entwickeln müssen, um das im Übrigen auch in der GAP nach 2021 zu entwickeln.

(Thomas Krüger, SPD: Genau so!)

Kommen wir kurz noch mal zu den Lieferbeziehungen und dann bin ich auch im Wesentlichen durch. Ich glaube, dass wir uns endlich haben durchsetzen können, das ist auch ein Erfolg der gemeinsamen Zusammenarbeit, dass die gemeinsame Marktordnung, der Artikel 148, jetzt in der Omnibusverordnung auf den Weg gebracht worden ist. Es gibt zwei wichtige Änderungen:

Erstens. Erzeuger, Erzeugerorganisationen oder Vereinigungen von Erzeugerorganisationen erhalten das Recht, von den Molkereien einen Liefervertrag – das hatten wir bis heute nicht –, endlich einen Liefervertrag zu verlangen. Das habe ich ja auch immer wieder gefordert, ver

nünftige Lieferverträge, nämlich über die Menge, über die Qualität und die Liefermodalitäten, aber auch über die Kündigungsfristen vorzulegen. Dies ist, gelegentlich im Übrigen noch mal anzumerken, ein großer Fortschritt und wir können damit auch die Forderung der Milchviehhalter endlich umsetzen.

Zweitens. Die Mitgliedsstaaten können die freie Verhandelbarkeit der Vertragsbestandteile ergänzen, und zwar hinsichtlich festzulegender Mindestlaufzeiten von mindestens sechs Monaten, oder die Verpflichtung der Vertragsparteien, eine Beziehung zwischen einer bestimmten Liefermenge und den Preisen der Lieferung zu vereinbaren. Es steht also im Raum, ob Deutschland Milchlieferverträge rechtsverbindlich vorschreibt oder ob wir eine Frist einräumen. Hier sage ich noch mal: Ich glaube, man muss feststellen, in Deutschland gibt es zurzeit leider noch keine Mehrheit. Ich werde es versuchen zu sondieren, was diese Fragen der Mengenvorgaben anbetrifft. Ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass wir die Einzigen in Deutschland sind, die zwischen dem Bauernverband und dem BDM hier einigermaßen Klarheit und vor allen Dingen auch einheitliche Positionen entwickelt haben. Ich glaube, da waren wir auch nicht ganz unschuldig daran, dass wir das hinbekommen haben. Ich hoffe sehr, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten hier wirklich weiterkommen. Meine ausdrückliche Erwartung an die neue Bundesministerin ist, dass wir zu einheitlichen Positionen innerhalb des Bundes und der Länder kommen.

Abschließend, ich sage es noch mal, wenn man sich überlegt, wir haben in unserem Bundesland mal deutlich über 1.000 Milchviehbetriebe gehabt, und wenn wir heute, runde Zahl, bei 750 liegen, bedeutet das unter dem Strich eben auch, wir haben 250 Betriebe in den letzten Jahren verloren. Was das für die Landwirtschaft, die ländlichen Räume bedeutet, wenn die letzte Kuh vom Hof geht – ich habe das mehrfach miterleben müssen –, ich sage Ihnen nur eins, das ist die Aufgabe einer langen Tradition und letzten Endes auch einer ehrenvollen Aufgabe. Insofern habe ich nach wie vor eine außerordentlich hohe Achtung vor unseren Milchkuhhaltern und Milchviehhaltern. Und ich hoffe, dieses Potenzial – und das wird uns überall, weltweit dokumentiert, das Potenzial, das wir haben in diesem Lande –, es weiter zu stabilisieren und auch wiederaufzubauen und auszubauen, dass uns diese Möglichkeit eröffnet wird. – Herzlichen Dank und vielen Dank für den Antrag.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Henning Foerster, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Hersel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Vor wenigen Wochen ging ein Ruck durch den deutschen Milchmarkt. Die Meldung von der Pleite der Berliner MilcheinfuhrGesellschaft traf die Milchproduzenten völlig unvorbereitet. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass auf einem freien Markt hin und wieder Marktteilnehmer ausscheiden, weil sie den Kräften des Marktes nun mal nicht gewachsen sind. Die Gründe dafür könnten vielfältig sein. Die Pleite der B.M.G. ist jedoch aus einem anderen Grund besorgniserregend. Die B.M.G. war ein Zwischenhändler, der Milch bei den Landwirten einkaufte und durch die Bündelung einer großen Menge verhältnismäßig gute Preise

gegenüber den Molkereien aushandeln konnte. Die höhere Vergütung kam dann natürlich auch wieder den Produzenten zugute. Mit dem Wegfall dieses Zwischenhändlers ist wieder ein Baustein für den fairen Wettbewerb auf dem innerdeutschen Milchmarkt weggefallen.

Dieses aktuelle Beispiel verdeutlicht ein ganz elementares Problem des Milchmarktes: die mehr als ungünstige Stellung der Milchviehhalter in der vertikalen Produktionskette von der Milch bis hin zum Endprodukt. Der uns heute vorliegende Antrag will nun die Milchwirtschaft stärken, in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland und in Europa – ein hoch gestecktes Ziel! Und es gibt mir den Anlass, einmal die Frage zu stellen, woran es denn eigentlich liegt, dass in regelmäßigen Abständen die Preise für Rohmilch in den Keller fallen und jedes Mal eine nicht unerhebliche Zahl an Milchviehhaltern entnervt die Flinte ins Korn wirft oder drastischer gesagt, die Kuh zum Schlachter führt.

Grundsätzlich ist es auf einem freien Markt so, dass der Markt den Preis bestimmt, nicht der Produzent, nicht die Herstellungskosten, sondern ganz einfach das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage. Es bleibt also nur, den Preis über eine gezielte Verknappung des Produktes an die stets schwankende Nachfrage anzupassen und damit möglicherweise der Volatilität der Milchpreise entgegenzuwirken. Der Ansatz für eine wirksame Mengensteuerung kann und muss dort erfolgen, wo der Ausgangspunkt für das Überangebot liegt, und das ist bei den Milchproduzenten. Der Minister hat es gerade ausgeführt, dass Mecklenburg-Vorpommern diesen schmerzvollen Gang gegangen ist. Leider haben wir da bundesweit nicht wirklich viel Einfluss auf den Gesamtpreis. Die Versuche, die Nachfrage durch staatliche Aufkaufprogramme anzukurbeln, gingen schief oder waren, wenn überhaupt, nur von kurzem Erfolg gekrönt. Auch die üblichen Gießkannensubventionen der EU zur Mengenreduktion waren eher von zweifelhaftem Erfolg in Anbetracht der vielen Millionen Steuergelder.

Es ist und bleibt Aufgabe der produzierenden Seite, die Menge an die Nachfrage anzupassen. Somit müssen Instrumente geschaffen werden, die es dem Milchproduzenten ermöglichen, frühzeitig einem erwarteten Überangebot entgegenzuwirken und den Druck von der Angebotsseite zu nehmen. Betrieblich gesehen ist so etwas durchaus möglich, wenn natürlich auch in Anbetracht der Arbeit mit lebenden Tieren in längeren Wirtschaftsintervallen. Häufig fehlt aber auch das Bewusstsein auf der Produzentenseite für solche Maßnahmen. Im Gegenteil, es wird häufig versucht, niedrige Milchpreise durch größere Milchmengen zu kompensieren, um sich selbst ausreichend Liquidität zu schaffen. Dass diese Art der Krisenintervention eher einer Milchmädchenrechnung entspricht und nicht einer rationalen Unternehmerentscheidung, liegt auf der Hand. Die Milchproduzenten müssen lernen, mehr Produktionsdisziplin zu halten. Nichts anderes hat die Milchquote versucht, von oben herab vorzugeben. Da die Milchleistung einer Herde aber nicht wie ein Produktionsband von jetzt auf gleich hoch- und runtergefahren werden kann, sind frühzeitige Hinweise unabdingbar.

Hier spielen die Molkereien eine Schlüsselrolle. Sie müssen sich mehr am Marktgeschehen beteiligen, müssen den Markt beobachten und diese Informationen schnellstmöglich an ihre Lieferanten weitergeben. Sie müssen bereit sein, mehr Marktrisiko zu tragen und den Landwir

ten Lieferverträge mit verbindlichen Preisen zu bieten. Kurzum, das kartellrechtlich sehr bedenkliche Monopol der Molkereien muss drastisch eingeschränkt werden. Aber auch die Landwirte müssen bereit sein, sich aktiver am Markt zu beteiligen. Lediglich die Milch abholen zu lassen und auf gute Auszahlungspreise zu hoffen, ist nicht unbedingt das, was man als Unternehmertum bezeichnen darf.

Meine Damen und Herren von CDU und SPD, Ihr Antrag geht somit in die richtige Richtung. Auch wenn insbesondere der erste Teil einen starken Beigeschmack von Staatsinterventionismus hat, wollen wir ihm dennoch zustimmen. Denn bleibt die Politik untätig, wird es nicht besser. Aber wir dürfen auch nicht glauben, dass wir alleine die multikausalen Probleme des Milchmarktes lösen werden. Denn solange der knallharte Preiskampf der marktbeherrschenden Discounter auf dem Rücken der deutschen Milchbauern ausgetragen wird, die schlichtweg nicht mithalten können mit den Weltmarktpreisen, wird sich an dieser Misere nichts ändern.

Nun lassen Sie mich abschließend noch eine gesellschaftskritische Anmerkung machen. Die Preise diktiert der Markt, und der Markt ist kein transzendentes Überwesen. Der Markt, das ist jeder Einzelne von uns. Es liegt somit auch an uns, faire Preise für gute Produkte zu bezahlen, denn ansonsten ist der Tag nicht mehr fern, wo wir unsere Lebensmittel aus dem billig produzierenden Ausland beziehen müssen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kliewe.

Meine sehr verehrte Präsidentin! Wertes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Gäste!

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU und Tilo Gundlack, SPD)

Ja, es wurde hier schon mehrfach gesagt, in den zurückliegenden Wochen erreichten uns wieder Nachrichten wie: „Deutliche Abschläge bei den Milchpreisen“, „Pleite des Berliner Milchhändlers Milcheinfuhr-Gesellschaft“ oder „Die Milcherzeuger sind in großer Sorge“. Trotz dieser Nachrichten bleibt festzuhalten, dass die derzeitige Marktlage auf dem Milchmarkt zwar schon wieder angespannt ist, aber sie ist noch nicht kritisch. Aber so weit dürfen wir es nicht wieder kommen lassen. Durchschnittliche Auszahlungspreise von zurzeit 31 bis 33 Cent je Liter Milch sind nicht wirklich auskömmlich. Sie liegen zwar weit über den Preisen aus dem Tiefststand 2016 mit 22 bis 24 Cent je Liter Milch, wo viele unserer Bauern durchgehalten haben und jeden Tag, wenn der Milchlaster vom Hof gefahren ist, die 100-Euro-Scheine mit weggeben haben, aber auch wenn jetzt über einen kurzen Zeitraum eine höhere Auszahlung des Milchpreises sich vor Kurzem bei Mitte und Ende 30 Cent bewegt hat, sind die Verluste aus den Jahren 2015 und 2016 noch lange nicht weggesteckt.

Um hochwertige Lebensmittel zu produzieren und den Anforderungen der Gesellschaft nach einer artgerechten Tierhaltung gerecht zu werden, müssen die Bauern circa 40 Cent je Liter Milch bekommen von der Molkerei. Das

ist sicherlich in den einen oder anderen Betrieben etwas unterschiedlich. Die größeren – das wurde ja auch gerade vom Minister festgestellt –, trotz Milchkrise, die wir in den letzten Jahren hatten, haben große Betriebe noch mal investiert, um noch größer und schlagkräftiger zu werden, denn je größer der Bestand ist, desto preiswerter kann ich die Milch produzieren. Das widerspricht natürlich so ein bisschen dem allgemeinen Mainstream in der Bevölkerung, wo dann ein Milchbauer, wenn er einen Stall für 400 oder 450 Milchkühe baut und er modern ist – ich habe dieses Beispiel vor Augen bei uns auf der Insel Rügen, da ist gerade letztes Jahr so ein Stall in Betrieb gegangen, den Tieren geht es super gut, moderne Ställe –, aber da gibt es dann von der Bevölkerung natürlich wieder die Kritik, es wäre Massentierhaltung. Aber der Markt erfordert eine preiswerte Produktion, und die geht natürlich nur in einer gewissen Größe.

Deswegen erwarten die Milchviehhalter von uns, von der Politik, eine Unterstützung beim Umgang mit den doch gerade im Milchbereich sehr volatilen Märkten. Hierzu soll der vorliegende Antrag auch beitragen. Er soll die Verlässlichkeit der Partner auf dem Milchmarkt erhöhen. So soll zum einen für die Milcherzeugung die Preisgestaltung und für die abnehmende Hand, also für die Molkereien, die Anlieferung verlässlicher als bisher gestaltet werden. Gleichzeitig soll den Landwirten die Möglichkeit eröffnet werden, Signale von den Produktionsmärkten frühzeitig zu erkennen, um ihre Produktion entsprechend ausrichten zu können. So steht es in ganz vielen Printmedien.

Aber es klang hier auch schon an, das ist leichter gesagt als getan, denn wenn ich als Landwirt einen Stall mit 400 Milchkühen habe und die Molkerei signalisiert mir im Moment, in den nächsten Wochen und Monaten wird es schwer werden, die Milch abzusetzen, es wäre besser, du produzierst ein wenig weniger, dann kann er nicht mal am Hahn drehen

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist das.)

und den Kühen sagen, jetzt gebt ihr mal für drei Monate weniger Milch. Die Milch fällt an. Also wir arbeiten mit lebenden Tieren, da kann man eigentlich so schnell auf den Markt nicht reagieren. Das ist ein langfristiges Geschäft, das ist eine langfristige Partnerschaft und hier muss man über Jahre denken und nicht in Monatsscheiben. Aber die Märkte reagieren natürlich manchmal sehr schnell und so ist es schwierig, das Angebot mit der Nachfrage immer in Einklang zu bringen.