Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten, Drucksache 7/1206.
Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/1206 –
In der 23. Sitzung des Landtages am 15. November 2017 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin, Sie haben dankenswerterweise gerade schon etwas zum Verfahren gesagt. Im November vergangenen Jahres hatten wir Ihnen diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Er enthält 16 Änderungen gegenüber dem geltenden Gesetz. Insbesondere mit Blick auf unsere Gäste aus Altentreptow – Hallo! – haben wir damals zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Mehrheit hier im Haus, die SPD- und die CDU-Fraktion, gesagt hat, wir wollen nicht, was eigentlich üblich ist, diesen Gesetzentwurf ins Verfahren geben, in den Ausschüssen inhaltlich diskutieren. Sie haben zugleich gesagt, wir wollen das nicht, weil die Landesregierung, ich erinnere an die Worte von Herrn Heydorn aus den Reihen der SPD, der da
sagte im O-Ton, die Regierung wäre bereits „in vollem Galopp“ unterwegs mit einem eigenen Gesetzentwurf. Darüber hinaus haben SPD und CDU auch kontrovers zu uns als Einreicherin über einzelne Änderungsvorschläge diskutiert. Solche unterschiedlichen Meinungen sind völlig normal und so gehört es sich im demokratischen Miteinander, dass man die verschiedenen Positionen aneinanderlegt.
Wir als einreichende Fraktion, die sich entschlossen hat, Ihnen diesen Gesetzentwurf ein zweites Mal vorzulegen, so, wie hier beschrieben, haben gute Gründe, das zu tun. Die Landesregierung, so wurde gesagt, wäre im vollen Galopp, aber ein Vorschlag, der in einem Rohentwurf bereits in der Regierung kursiert, liegt uns zumindest nur als Rohling und nicht als offizieller Entwurf einer Gesetzesänderung vor. Es geht um Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch kranke Menschen. Das jetzt geltende Gesetz – da sind sich alle einig, auch nach einer Debatte im Wirtschaftsausschuss im vergangenen Jahr – bedarf der Änderungen, weil es in Teilen unpraktisch ist in der Umsetzung, weil es konfliktbeladen ist und insofern in Teilen untauglich.
Wir haben seinerzeit – und das möchten wir heute noch mal vortragen – Änderungen angemahnt, haben die niedergeschrieben und es gab Reaktionen, da bin ich auch sehr dankbar, insbesondere mit Blick auf Herrn Manthei und Herrn Jess.
Herr Dr. Jess, Sie haben damals gesagt, wo Sie anderer Auffassung sind, wo es eine andere Meinung gibt unserem Vorschlag gegenüber. Gleichwohl hatten Sie dafür plädiert, diesen Gesetzentwurf in die Fachausschüsse zu überweisen.
Warum wärme ich das alles noch mal auf? Weil wir heute als Fraktion DIE LINKE mit einem recht ungewöhnlichen Vorschlag auf Sie zukommen. Normalerweise ist es so: Es gibt eine Erste Lesung, das sagte ich, dann die inhaltliche Befassung in den Ausschüssen, danach eine Zweite Lesung, und man entscheidet darüber, ob das Gesetz geändert werden soll oder nicht.
Es gibt im Paragrafen 50 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung die Möglichkeit, wenn ein Gesetzentwurf in der Ersten Lesung nicht überwiesen wurde oder auch wenn er überwiesen wurde in der Zweiten Lesung, die heute stattfindet, ihn noch mal in die Ausschüsse zu geben beziehungsweise, was uns heute betrifft, erstmals in die Ausschüsse zu geben. Dafür haben wir gute Gründe, das will ich Ihnen gerne sagen, auch im Wissen darum, dass die Landesregierung einen solchen Rohling zirkulieren lässt. Wir haben gesagt, von den 16 Änderungsanträgen, die wir mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen, sind 15 von zentraler Bedeutung.
Das Erste ist, wir wollen Klarheit haben über die Zuständigkeit. Wer ist für die sofortige Unterbringung eines Menschen, eines psychisch erkrankten Menschen, dem Hilfe und Schutz zuteilwerden muss, zuständig? Ist der Landrat oder der Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin zuständig, dort, wo die betreffende Person herkommt, wo sie wohnt, wo sie ihren Wohnsitz hat, oder ist derjenige Landrat oder Oberbürgermeister zuständig, wo es den Anlass gibt zu einer sofortigen Unterbringung? Wir sagen, es sollte Zweiteres der Fall sein. Das Gesetz in der jetzt geltenden Fassung führt zu Konflikten, weil das nicht ganz klar ist. Wenn jemand – nehmen wir mal
ein Beispiel – aus Ludwigslust stammt und der Anlass zur sofortigen Unterbringung geschieht in Greifswald, dann gibt es sofort Zuständigkeitsgerangel.
Wir wollen zweitens Klarheit darüber, wer über die Fortdauer der Freiheitsentziehung nach einer sofortigen Unterbringung entscheidet. Die sofortige Unterbringung wird veranlasst aus akutem Hilfe- und Schutzbedarf. Wenn dieser gegeben ist, ist die Frage: Wie lange bleibt jemand in einer Einrichtung und wird medizinisch betreut? Auch das ist nicht ganz klar und schafft in der Umsetzung dieses Gesetzes Friktion, Zuständigkeitsgerangel. Dies können wir heilen, wenn wir eine entsprechende Regelung vornehmen. Wir haben sie vorgeschlagen.
Ein dritter Punkt, der uns wichtig ist, weil der Sozialpsychiatrische Dienst ebenso Bestandteil dieses Gesetzes ist: Wir möchten gern personelle Mindeststandards auch an dieser Stelle. Im Gesundheitsbereich gibt es personelle Mindeststandards, das heißt, wie viel Personal arbeitet dort und mit welcher Fachkunde. Das gibt es in anderen Bereichen ebenfalls. Wir wollen diese Klarstellung auch in diesem Gesetz für den Sozialpsychiatrischen Dienst. Das ist letztlich eine Frage der Qualität.
Viertens wollen wir Klarheit über das Ausmaß des Weisungsrechts von Landräten und Oberbürgermeistern. Das ist – Herr Manthei, wir hatten es kontrovers diskutiert, ich habe mir das noch mal sehr genau angeschaut, was Sie gesagt haben – so nicht von der Hand zu weisen. Gleichwohl sagten andere Expertinnen und Experten, die uns Ratschläge gegeben haben damals, als im Jahr 2016 das jetzt geltende Gesetz auf den Weg gebracht wurde, man muss unterscheiden zwischen den Rahmenbedingungen der Unterbringung und dem Weisungsrecht dazu sowie dem Weisungsrecht in medizinischen Fragen. Mit unserem Gesetzentwurf haben wir zumindest einen Vorschlag vorgelegt, wie man damit umgehen kann.
Fünftens wollen wir Klarheit für die Berufsgruppe der psychologischen Psychotherapeuten, die bislang nicht als Behandler in diesem Bereich gelten. Wir sind der Meinung, es ist angezeigt, dass sie mit dazugehören. Eine entsprechende Stellungnahme der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer liegt uns vor.
Das sind fünf Gründe, wo wir nach wie vor sagen, es gibt akuten Handlungsbedarf. Die Landesregierung hat etwas im Verfahren. Ich sage das jetzt zum dritten Mal. Drei Dinge will die Landesregierung ändern, einmal mit Blick auf die Zuständigkeiten bei der sofortigen Unterbringung, zum Zweiten zur Zuständigkeit bei der fortgesetzten Unterbringung und drittens geht es der Landesregierung um Klarstellung in Sachen, wer übernimmt die Kosten, wenn das Sozialgesetzbuch V nicht berührt ist.
Unser Vorschlag ist nun, dafür möchte ich werben, dass wir sagen – in der Zweiten Lesung ist das ungewöhnlich, aber man kann es machen mit Blick auf Paragraf 50 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung –, wir haben zwar in der Ersten Lesung diesen Gesetzentwurf nicht in die fachlichen Ausschüsse überwiesen, machen das aber jetzt. Dann ist der Gesetzentwurf von den LINKEN im Verfahren. Es kommt, wann auch immer, ich denke, in den nächsten zwei, drei Monaten, der Gesetzentwurf der Landesregierung hinzu und man kann nun fachlich im federführenden Ausschuss würdigen erstens, welcher
Gesetzentwurf wird Grundlage der weiteren Beratung. Da gehen wir mal von dem von der Landesregierung aus. Dann kann man, und das ist der Vorteil, das, was DIE LINKE ins Verfahren gebracht hat – hoffentlich mit Ihrem Rückenwind –, abgleichen, welche Überlegungen der LINKEN es wert sind, gegebenenfalls mit in den Regierungsentwurf aufgenommen zu werden. Dafür plädieren wir. Das ist ein Verfahren, wie gesagt, das ungewöhnlich ist für unseren Landtag, aber wir können es tun, wenn uns daran gelegen ist, dass wir einen Schritt weiterkommen. Damit möchte ich auch schließen.
Das jetzt geltende Gesetz ist in Teilen untauglich. Wenn ich hochrechne, wie lange wir brauchen, wir wissen das schon seit vielen Monaten, wir wissen das schon seit über einem Jahr, wenn ich nun bedenke, wie lange es noch dauern wird, bis wir wirklich zu einer Gesetzesänderung kommen können, dann wird es ungefähr zwei Jahre gedauert haben, bis man ein Gesetz, von dem man weiß, dass es so nicht funktioniert, geändert hat. Das ist keine Sternstunde der Demokratie. Insofern hoffe ich darauf, dass Sie sagen, ja, wir wollen das sachlich und fachlich diskutieren. Wir nehmen es mit ins Verfahren und kommen dann am Ende mit einem Gesetzentwurf in den Landtag zurück, der all die Überlegungen der Opposition sowie der Regierungsfraktionen und der Landesregierung in sich aufgenommen hat. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Koplin, herzlichen Dank für diese gute Zusammenfassung der bisherigen Entwicklung. Leider muss ich allerdings sagen, ich habe wenig Hoffnung, dass wir Ihren Antrag heute durchbekommen. Ich kann Ihnen für unsere Seite sagen, wir werden dem Antrag zustimmen, das jetzt nach der Zweiten Lesung noch in die Ausschüsse zu verweisen, weil wir es auch für erforderlich halten, dass wir dort eine Gesetzesänderung bekommen. Allerdings würden wir dem Antrag heute nicht zustimmen können, weil wir der Meinung sind, da ist noch einiger Änderungsbedarf. Deshalb würden wir dem Antrag nicht zustimmen, aber der Verweisung in die Ausschüsse sofort.
Leider ist Herr Glawe heute nicht da, sodass ich nicht glaube, dass wir heute eine Antwort darauf bekommen, warum die Regierung praktisch unserem damaligen Vorschlag – wir hatten in der Ersten Lesung schon vorgeschlagen, dass wir die beiden Entwürfe zusammenführen und gemeinsam diskutieren in den Ausschüssen – nicht gefolgt ist. Wir werden heute auch keine Antwort bekommen, warum die Regierung nicht in der Lage ist, bisher einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Dass dieser Handlungsbedarf besteht, wissen wir. Sie haben die Punkte schon aufgezählt, die da unbedingt behandelt werden müssten.
Wir meinen sogar, es sind noch weitere Dinge zu berücksichtigen. Zum Beispiel haben wir derzeit auf Bundesebene bereits das Gesetz zur Veränderung der sofortigen Einweisungen und so weiter seit 2017 vorliegen, sodass man schauen muss, ist das ausreichend berück
sichtigt in Ihrem Entwurf. Ebenso sind wir der Meinung, dass noch zu beachten sein wird, ob das Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen, das aus 2016 stammt und jetzt – 2018 – so richtig zu wirken beginnt, weil ab 2018 erst die Abrechnung nach der neuen Regelung der Fallpauschalen erfolgen wird, nicht auch in diesem Gesetz entsprechend berücksichtigt werden muss, weil die Psychiatrien in Zukunft, sprich ab 2018, nach dieser neuen Pauschalregelung abrechnen und ab 2020 in den wirtschaftlichen Druck, den dieses System erzeugt, geraten, sodass man sicher sein kann, da wird es Veränderungen geben. Das PsychVVG, also gerade dieses Versorgungs- und Vergütungsgesetz für die Psychiatrien, wird dazu führen, dass ambulante Leistungen stärker in den Vordergrund geraten und eine Konkurrenz zwischen stationärer und ambulanter Leistung entstehen wird, die weitaus größer ist als heute, und das hat Auswirkungen auf die jeweiligen Psychiatrien. Wir meinen, das muss in dem zukünftigen Gesetz auch berücksichtigt werden.
Langer Rede kurzer Sinn, Sie haben aufgeführt, welcher Handlungsbedarf besteht. Wir sind der Meinung, dieser Handlungsbedarf ist vorhanden. Es ist dringend erforderlich, dort tätig zu werden. Wir können die Regierung, die heute wahrscheinlich keine Stellungnahme dazu abgeben wird, nur auffordern, dringend tätig zu werden und uns den entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Wir plädieren dafür, Ihren Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen und möglichst mit dem Gesetzentwurf der Regierung gemeinsam zu diskutieren. – Herzlichen Dank.
Ich glaube, Kollege Koplin, das Thema PsychKG ist zu wichtig, um jetzt mit Geschäftsordnungstricks, die Sie hier zum ersten Mal nach 28 Jahren aus der Tasche ziehen,
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist unsere Geschäftsordnung! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist unsere Geschäftsordnung, das ist kein Trick! Lesen Sie mal die Geschäftsordnung!)
zu operieren, denn: Worum geht es an der Stelle? Wir haben eine Ausschussberatung im September zu dem Thema gehabt, wir haben im November, am 15.11., die Erste Lesung hier im Landtag gehabt, und ich glaube, wir waren gut beraten, diesen in Gesetzesform gegossenen Schnellschuss hier nicht zu überweisen oder dem gar zuzustimmen. Die inhaltlichen Gründe habe ich erläutert, auch der Minister hat sie an dieser Stelle erläutert.
Was findet jetzt statt? Jetzt findet das ganz normale Verfahren statt mit Ressortanhörung, Verbandsanhörung. Da gab es einige Irritationen im Ausschuss. Ich glaube, die konnten ausgeräumt werden. Also nichts Außergewöhnliches. Dass das die Opposition an der Stelle ärgert, weil sie an dem Punkt noch nicht beteiligt ist, ist menschlich nachvollziehbar, aber so ist das gelebte Verfahren.
Wir werden relativ bald hier das Thema haben und dann können Sie alle Ihre Forderungen, die Sie aufgemacht haben, Herr Koplin, in das normale, übliche Verfahren einbringen.
Wir haben uns klar inhaltlich positioniert und in der Ersten Lesung schon gesagt, wo wir Schwachstellen an Ihrem Gesetzentwurf sehen. Darauf will ich jetzt aufgrund der fortgeschrittenen Zeit gar nicht weiter eingehen. Jetzt findet das ganz normale Verfahren statt und Sie können sich dann hier einbringen.
Aber es ist auch nicht so, dass akuter Handlungsbedarf besteht, dass sofort morgen gehandelt werden muss. Klar ist, die letzte Novelle hat ihre Schwachstellen gehabt. Ich glaube, das ist mittlerweile allen klar an der Stelle, und deswegen handelt das Gesundheitsministerium dankenswerterweise dort. Wie gesagt, ich möchte Sie herzlich einladen, Ihre Position und Ihre Inhalte einzubringen, wenn wir in das normale parlamentarische Verfahren gehen. Solche Spielchen, wer nun einen Monat oder zwei Monate schneller vor der Regierung ist, ich glaube, dass wird weder dem Thema noch den Betroffenen gerecht. Deswegen plädieren wir dafür, das normale, geübte Verfahren einzuhalten. Wir werden auch heute gegen eine Überweisung stimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir als BMVFraktion werden dem erneuten Antrag auf Überweisung in die Ausschüsse zustimmen.
Das ist, finde ich, aber auch nicht unbedingt ein Geschäftsordnungstrick, das ist einfach eine Regel in der Geschäftsordnung,
wie gerade gesagt wurde. Auch das ist ein, wenn auch sicherlich selten angewandtes, aber normales Verfahren, weil man fragt sich schon, was soll man in der Zweiten Lesung eigentlich debattieren, wenn gar keine neuen Tatsachen, gar keine neuen Informationen vorliegen. Dann steht man da und denkt: Soll ich jetzt meine erste Rede noch mal vorlesen