Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund des knapp von mir zitierten Vertrauensverlustes in der Gesellschaft sind es häufig Mitarbeiter von staatlichen Behörden, die in prekäre Sicherheitslagen gebracht werden. Sie verdienen unsere Aufmerksamkeit. Ihr Schutz muss Priorität haben, damit der Staat als Hüter unseres Sozial- und Ordnungswesens funktionieren kann. Mut zur Wahrheit heißt also die Direktive dieses Antrages, der den Geist der AfD atmet. Meine Fraktion wird diesem Ansinnen selbstverständlich zustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Dr. Manthei, als ich Ihren Antrag gelesen habe, kam mir das zunächst so vor, als wäre das jetzt ein Verlegenheitsantrag, und ich will Ihnen das auch gleich begründen, denn man kann diese Kleine Anfrage, die diesem Antrag ja auch zugrunde liegt oder mit zugrunde liegt, so oder so lesen.
Als ich die Kleine Anfrage und die Antworten darauf gelesen habe, habe ich gedacht, in diesem Bereich besteht wirklich eine sehr hohe Sensibilität. Man hat das Problem erkannt, schon seit längerer Zeit, man hat erkannt, dass es auch einen Aufwuchs gibt, und man hat sich konsequenterweise darangemacht, Maßnahmen zu ergreifen, um hier den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu helfen, sie also in den Blick zu nehmen. Das haben Sie Ihrem Antrag oder Ihrer Antragsbegründung vorangestellt, Sie wollten die betroffenen Personen in den Blick nehmen. Das geht aber aus dem Antragsinhalt nicht hervor, denn noch keine Statistik hat auch nur eine einzige Straftat verhindert.
Ich glaube, es ist wesentlich hilfreicher, Konsequenzen zu ziehen, auch wenn man noch nicht eine ausgefeilte Statistik dazu hat, gegen die ich, ehrlich gesagt, gar nichts hätte, wobei mir der Erhebungsaufwand zu groß ist. Der Innenminister hat noch nicht mal abschließend aufgezählt, was da alles mit dranhängt, gerade im kommunalen Bereich. Da sind ja auch viele Aufgaben privatisiert, dann hat man kommunale Unternehmen in privater Trägerschaft, Zweckverbände und so weiter, die bestimmte Aufgaben mit Bürgerkontakten ausführen. Also der Rattenschwanz ist noch viel länger, der Aufwand ist noch viel größer, als es hier den Anschein hatte, deswegen rechnet sich der Aufwand für die Erkenntnisse nachher nicht wirklich. Es wäre auch eine Frage der Konnexität in diesem Zusammenhang zu klären.
Ich glaube, wir sollten weitermachen, die Hilfe, die Hilfsangebote zu verstärken. Der Minister hat schon auf ein Faltblatt und eine Broschüre hingewiesen, das steht auch in dieser Kleinen Anfrage als Antwort drin, und ich glaube, wir können in Bezug auf die Opferhilfe noch ein bisschen mehr erreichen. Ich finde, das ist wesentlich wichtiger, als hier eine Statistik zu erheben oder mehr statistische Erhebungen zu machen in diesem Zusammenhang, denn …
… es ist wichtiger, den Menschen, die betroffen sind, wirklich zu helfen und Hilfsangebote zu haben, damit sie das Erlebte auch verkraften können, denn die besten Konzepte schützen natürlich nicht vor allen Übergriffen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es gibt ein Krankenhaus, das führt eine freiwillige Liste – und die ist freiwillig – über die Übergriffe, die dem Personal zuteilwerden. Es ist nicht wenig, es ist viel. Da hat man aber aufgegeben, die Liste weiterzuführen, weil die Leute sagen und das Personal sagt, das bringt sowieso nichts, wir können die Liste abgeben.
Wie stehen Sie dazu, dass dem nicht nachgegangen wird, sodass die Leute aufgeben und sagen, wir führen keine Liste mehr? Wie würden Sie das beurteilen?
Also wären dort Straftatbestände dokumentiert und zur Anzeige gebracht worden, gehe ich davon aus, dass diese auch geahndet und verfolgt werden. Ich kenne diese Liste nicht, aber Sie haben selbst gesagt, diese freiwillige Erfassung bedeutet schon sehr viel Aufwand, und Sie wollen das einführen mit Ihrem Antrag, dass jede eventuell betroffene Person einschätzt von sich aus, war das hier eine Straftat, war das keine, war diese verbale Entgleisung schon eine Straftat oder nicht. Das zu dokumentieren nach bestimmten Kriterien, ist ein sehr, sehr hoher Aufwand, und Straftaten anzuzeigen, dazu ist sowieso jeder angehalten.
Damit habe ich auch begründet, warum wir den Antrag an dieser Stelle ablehnen werden. – Vielen Dank.
Ich mache das ganz kurz, Frau Weißig, weil ich diesen Fall kenne. Wenn 95 Prozent dieser Fälle nicht zur Anzeige gebracht worden sind, nutzt mir auch die beste Statistik nichts in dem ganz konkreten Fall,
und das ist die Grundaussage. Wir können nur vorgehen gegen etwas, was zur Anzeige gebracht wird, mal abgesehen davon, dass es ein ganz anderer Träger gewesen ist, das Krankenhaus, wo wir sowieso keine Verordnung aussprechen können. – Danke schön.
Ich will nur noch mal darauf aufmerksam machen, auch bei so einer kurzen Replik bitte ich Sie, die normale Anrede an das Präsidium zu verwenden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der BMV-Fraktion! Der vorliegende Antrag ist etwas unglücklich formuliert. Er soll auf ein reales Problem aufmerksam machen, es soll erfasst und es soll ausgewertet werden. Aber aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion ist es zunächst wichtiger, dass sich dieser Landtag mit aller Deutlichkeit gegen jegliche Gewalt im Allgemeinen, gegen verbale und körperliche Attacken gegen Brandschützer, Sanitäter, Notärzte und andere zivile Einsatzkräfte und insbesondere gegen die Beschäftigten im Bereich des öffentlichen Dienstes im Einzelnen ausspricht. Das fehlt in Ihrem Antrag. Das wäre für mich Punkt 1 gewesen: Der Landtag spricht sich dagegen aus. Ich habe überlegt, ob ich dazu einen Änderungsantrag mache, aber das hätte den Antrag insgesamt nicht besser gemacht. Deswegen stelle ich das an den Anfang: Dieser Landtag spricht sich deutlich gegen Gewalt aus,
Wenn wir uns dann mit der Thematik im Einzelnen beschäftigen, werden wir sehen, dass Teile der Politik in diesen Situationen härtere Strafen fordern. Unser Innenminister verweist zu Recht darauf, dass die Bundespolitik 2017 für einen Katalog mit strengeren Maßregelungen gesorgt hat, Stichwort „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches und zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“. Für mich ist das auch nur ein Stück Symbolpolitik, weil schon frühere Strafverschärfungen bei Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte keinerlei Wirkung gezeigt haben, denn diese Tätergruppe handelt in der Regel irrational.
Auch der Bundesgesetzgeber selbst hat hier Zweifel angemeldet. Die nachhaltige Wirkung dieses Gesetzes hänge davon ab, ob, ich zitiere, „durch die Strafverschärfung bzw. das Signal des Gesetzgebers potentielle Täter abgeschreckt und damit präventive Erwägungen zum Tragen kommen werden“, Zitatende.
Insofern erweist sich das Problem von Angriffen beziehungsweise von Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes im Kern als ein Vollzugsproblem. Das Problem liegt nämlich nicht darin, dass etwa ein Polizist auf Streife einer alkoholisierten Person begegnet, sondern darin, dass er vielleicht allein auf Streife geht. Es fehlt generell an Personal – das ist das entscheidende Problem –, das vor Ort die Täter als Verdächtigte feststellen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Fraktion wird den vorliegenden Antrag aus folgenden Gründen ablehnen:
Erstens setzt der Antrag Unkenntnis und Untätigkeit der Landesregierung voraus. Er soll sie gewissermaßen zum Jagen tragen.
Nun bin ich der Letzte, der die Landesregierung permanent und immer verteidigt, an dieser Stelle muss ich es dann aber mal tun, weil die Feststellung oder die Intention des Antrages unzutreffend ist. Ich zitiere aus der Drucksache 7/679. Dort heißt es: „Die Landesregierung wird weiterhin darauf hinwirken, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes angemessen zu schützen und bei Bedarf den Schutz im jeweiligen Bereich auch noch zu verbessern.“ Zitatende.
Lieber Kollege Innenminister, ich habe aus Ihrem Haus aufgrund eigener Erfahrungen selten eine so detaillierte und fundierte Antwort zu einer Kleinen Anfrage gelesen wie die Antwort auf die Kleine Anfrage zum Schutz von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes des Kollegen Manthei. Hier wurden nicht Aktivitäten vorgetäuscht, hier wurden Aktivitäten abgerechnet, und zwar zu den verschiedensten Fachbereichen, zu unterschiedlichsten Verwaltungsebenen, zu unterschiedlichsten Gefährdungssituationen. In dieser Antwort verweist die Landesregierung zutreffend auf den Zusammenhang zwischen Mitarbeiterschutz und polizeilicher Kriminalprävention.
Und hier wird es dann ein bisschen eng für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der BMV-Fraktion. Also noch mal: Zusammenhang zwischen Mitarbeiterschutz und polizeilicher Kriminalprävention, denn ich erinnere mich an die letzten Haushaltsberatungen im Innenausschuss. Da haben Sie die Förderung von Projekten der Kriminalitätsvorbeugung abgelehnt beziehungsweise sich der Stimme enthalten. Also dem eigenen Tun folgen nicht die richtigen Forderungen.
Zweitens werden wir den Antrag ablehnen, weil das geforderte Meldeverfahren unausgegoren und kontraproduktiv ist. Das reicht von Definitionsfragen über Konnexitätsprobleme bis hin zur Kosten-Nutzen-Relation: Hält dieser Berichtsbogen nicht zuletzt von entsprechenden Meldungen ab? Schaffen wir hier nicht ein neues Bürokratiemonster, was sozusagen auch die Betroffenen davon abbringt, entsprechend zu reagieren? So wird auf diesem Weg möglicherweise eine Vor-Ort-Verantwortung für notwendige Schutzkonzepte nicht mehr wahrgenommen und stattdessen der Landesregierung die Verantwortung zugeschoben. Das wäre der falsche Weg.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist gut, diese Frage öffentlich zu thematisieren, es ist notwendig, gegen verbale, nonverbale und körperliche Gewalt zu appellieren, und es ist möglich, diese Probleme bei Bedarf bereichsspezifisch in den Fachausschüssen vertieft zu hinterfragen. Der vorliegende Antrag hilft aber bei der Debatte um diese Frage nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung außerhalb dieses Tagesordnungspunktes, da es meine letzte Rede ist – auf dieser Landtagssitzung, keine Sorge!
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Sebastian Ehlers, CDU: Oh, Gott sei Dank!)
Nein, ich will ehrlichen Herzens einmal die Gelegenheit nutzen, um mich von dieser Stelle aus bei unseren beiden Vizepräsidentinnen zu bedanken für ihre,