Protocol of the Session on January 25, 2018

Entschuldigung, Renaturierung zugeführt werden, denn, auch das sei erwähnt, noch nie war die Fläche der Naturschutzgebiete in Deutschland so groß wie heute.

Wenn wir nun dem Ruf nach weniger Flächenleistung bei gleichbleibenden Konsumansprüchen folgen würden, hätte das drastische Folgen. Die ökologische Landwirtschaft ist nicht in der Lage, auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands ausreichend Lebensmittel zu produzieren. Etwas mehr Ehrlichkeit würde dieser ganzen Debatte nur guttun.

(Thomas Krüger, SPD: Deswegen sagt ja auch keiner, dass wir 100 Prozent Öko wollen.)

Das würde bedeuten, dass Sie sich den Vorstellungen der GRÜNEN und diverser Nichtregierungsorganisationen anschließen

(Thomas Krüger, SPD: Das tut doch keiner.)

und den Deutschen vorschreiben, schon bald nur noch 50 Prozent des bisherigen Fleischkonsums zu beanspruchen.

(Thomas Krüger, SPD: Wer tut denn das?)

Wollen Sie das auch, Herr Krüger?

(Thomas Krüger, SPD: Nein, wollen wir nicht. – Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Die Diskussionen um Tierwohl und den Einsatz von Kunstdünger und Agrochemie entgleiten zunehmend einer rationalen und wissenschaftlichen Basis. In den letzten Jahren waren es die Flächenprämien von rund 300 Euro je Hektar, die gerade den kleinen Betrieben überhaupt ein Einkommen generiert haben. Hohe Pachtzahlungen, die schlechten Ernten der letzten zwei Jahre und niedrige Erzeugerpreise, besonders bei Milch, ließen viele Betriebe rote Zahlen schreiben. Deshalb müssen wir Verständnis dafür haben, dass den Landwirten gegenwärtig an tief greifenden Reformen nicht gelegen ist.

Wenn die deutsche Landwirtschaft ihre Produktivität durch die Ökoträumerei gut situierter Stadtkreise verliert, verlagern wir die Produktion ins Ausland. Das sind nicht unsere europäischen Nachbarländer, sondern der gesamte Weltmarkt inklusive Brasilien und China. Und dort wird wohl weniger auf die Ansprüche der deutschen Ökobewegten geachtet werden. Auch die AfD wünscht eine umweltschonende Landwirtschaft und eine hohe Produktivität, aber wir müssen uns an den Realitäten orientieren und nicht am Wunschdenken jener Kreise, die angeblich von Landwirtschaft mehr verstehen als unsere Bauern.

Wie sieht die Realität aus? Die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern wird von Ihren Vorstellungen, Herr Minister Backhaus, ins Mark getroffen. Hier sind die Betriebe nicht die, die nach links-grüner Auffassung das Weltklima vergiften, Insekten ausrotten und das Grundwasser verseuchen. Hier werden Futtermittel aus Brasilien eingeführt und Schweinepfoten nach China exportiert. Was Mecklenburg-Vorpommern bleibt, ist ein Centge

schäft bei der Schweinehaltung und natürlich die Gülle, die örtlich konzentriert anfällt. Das ist ein lokales Problem. Auf das gesamte Bundesland gesehen ist die Güllemenge aber unproblematisch und könnte sogar ausgeweitet werden. Wird sie verteilt beziehungsweise fällt sie lokal an, dann wird mit ihrer Hilfe Kunstdünger eingespart. Dazu ist es aber nicht hilfreich, wenn die Zeiten, in denen die Ausbringung erlaubt ist, ohne sachlichen Grund immer wieder eingeschränkt werden.

Überhaupt haben wir hier die merkwürdige Situation, dass in den letzten Jahren die Kleinbetriebe weggestorben sind. 600 sollen es seit 2001 sein. Andererseits produzieren größere Ställe aber nur circa 50 Prozent unseres eigenen Fleischaufkommens in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist ein Ergebnis der Landwirtschaftspolitik, die Sie und die EU zu verantworten haben, Herr Minister Backhaus. Ich denke da nur an das Wegbrechen vieler Schlachthöfe in Mecklenburg-Vorpommern. Dass Megaställe der dominierende Faktor unserer Tierhaltung sind, dieser Entwicklung haben Sie tatenlos zugeschaut und beklagen jetzt die Folgen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das ist doch Quatsch! So ein Blödsinn!)

Einzig bei der Herstellung von Produkten, die für die sofortige Verrottung vorgesehen sind, ist die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern spitze. Ich spreche hier von Mais und Raps für die Biogaserzeugung und die Treibstoffbeimischung, die angebaut werden. Dadurch werden Flächen in Anspruch genommen, die für die von Ihnen gelobte Biodiversität zur Verfügung stünden und für die Produktion von Futtermitteln.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, wenn wir keinen Rapsanbau für die Beimischung von Benzin und auch nicht die Biokraftwerke hätten hier in Mecklenburg-Vorpommern, dann müssten wir natürlich mehr Stilllegungsflächen haben, um noch mehr Überproduktion zu verhindern.

(Minister Dr. Till Backhaus: So was Widersprüchliches!)

Darüber muss man auch mal nachdenken und man sollte so was in Zukunft mehr fördern.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Stattdessen werden Futtermittel aus Südamerika importiert und dort wird der Regenwald abgeholzt. Dazu kommen Zucker und Palmöl, die auch die Treibstoffe ökologischer und korrekter machen sollen, in Wirklichkeit aber in den Produktionsländern riesige Schäden anrichten.

Folglich ist auch dieser Zweig unserer heimischen Landwirtschaft kein Sieg für die Ökologie. So beschwören Sie die Wertigkeit der Landwirtschaft für den europäischen Gedanken, treiben aber die Landwirte durch die Globalisierung in ein Hase-und-Igel-Spiel, das sie gegen einen Weltmarkt, dem jegliches Ökobewusstsein fehlt, gar nicht gewinnen können. Und gekrönt wird das Ganze durch die absurden Vorstellungen zur Energiewende.

Statt sich tatsächlich auf eine sinnvolle Umgrenzung eines Produktionsausbaus, beispielsweise im Rahmen der EU, zu konzentrieren und dort einheitliche Standards herzustellen, die einen fairen Wettbewerb ermöglichen, wollen Sie alles gleichzeitig: EU-Einigung und Globalisie

rung. Hätten wir nicht schon in der sogenannten Flüchtlingspolitik ein lebhaftes Bild Ihres unbedingten Willens zum totalen Chaos gesehen,

(Thomas Krüger, SPD: Jetzt wird es langsam aber richtig sachlich.)

in der Landwirtschaft wird es exemplarisch vor Augen geführt, wenn wir ganz konzentriert auf MecklenburgVorpommern schauen. Und für dieses Bundesland sind wir hier ja zuständig.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig!)

Nachdem die Karre so in den Dreck gefahren wurde, wollen Sie den Bauern sagen, ein Teil der Brüsseler EUMillionen wird jetzt mal flott gestrichen. Was das Förderinstrument schlechthin angeht, mit dem Brüssel sich schon vor Jahrzehnten an dieser Stelle als Problemlöser aufnötigte, so kann man den Vorstellungen zum ELER, also zur Förderung des ländlichen Raumes, nicht entnehmen, dass es einen Bürokratieabbau einerseits und echte Erfolge andererseits endlich geben wird.

Das war nicht so weit.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der

SPD und DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD:

Falsche Seite! Hat der Referent nicht

richtig zusammengeheftet, die Seiten! –

Das war eben gut! – Zuruf von

Peter Ritter, DIE LINKE)

Also, wir machen weiter.

Die Lösung aller dieser Probleme ist sicherlich nicht die gefühlte Rückkehr ins landwirtschaftliche Mittelalter und ein radikaler Bruch mit der Entwicklung, die Sie so gewollt haben müssen. Sie sind der dienstälteste Landwirtschaftsminister in Deutschland, und das ist ein Ehrentitel, der dann auch mal das Ausmaß der Verantwortung deutlich macht, die Sie tragen. Sie waren bei vielen Reformen mit dabei, Herr Minister. Was wir brauchen, ist für den Bereich der ausreichenden Versorgung mit Grundnahrungsmitteln eine Regulierung der Nahrungs- und Futtermittelimporte im Rahmen der EU-Politik, die Wahrung des hohen Standards in der Berufsausbildung und Fortbildung unserer Landwirtschaft, das Vertrauen in die Innovationskraft der Landmaschinentechnik einerseits und der Agrarchemie andererseits sowie einen drastischen Bürokratieabbau, und für den Bereich Ökologie ein Vertrauen auf die Innovationskraft der Landtechnik in Sachen mechanischer Unkrautbekämpfung und dem präzisen Ausbringen von immer weniger Pflanzenschutzmitteln sowie ein Vertrauen auf weiter wachsendes Bewusstsein der Menschen für gesunde Lebensmittel und in der Folge eine wachsende Zahlungsbereitschaft.

Die AfD ist für eine gesunde Nahrungsmittelproduktion. Die bisherigen Problemverursacher waren die Fleischverarbeiter und sonstigen Hersteller. Das gesündeste Fleisch produzieren nun einmal die Weideviehhalter, aber Weideviehhaltung und Wolf, das passt nicht zusammen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das jetzt auch noch!)

Für den Schutz des Weideviehs vor dem Wolf ist ein enormer Kostenaufwand erforderlich,

(Thomas Krüger, SPD: Da hat er aber gut die Kurve gekriegt.)

der diese Form der Tierhaltung in Zukunft aus dem Rennen werfen wird – ein weiteres Beispiel dafür, dass Ihre Landwirtschaftspolitik nicht zu Ende gedacht ist. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) reiht sich ein in eine Reihe von Maßnahmen, die einer Zwangsökologisierung gleichkommen – Dauergrünlanderhaltungsgesetz, Düngemittelverordnung und jetzt die Vorschläge von Herrn Minister Backhaus. Unsere Bauern sollen mit belastenden Auflagen an einem Weltmarkt teilnehmen, der sich um ökologische Produktionsweisen wenig schert.

(Minister Dr. Till Backhaus: Sie haben mein Papier nicht gelesen, Entschuldigung!)

Anstatt hier Abhilfe zu schaffen, kürzen wir ihnen die Subventionen, zwingen ihnen noch mehr Bürokratie auf und werfen ihnen laufend Knüppel zwischen die Füße. Wenn die deutsche Gesellschaft einen ökologischen Sonderweg gehen will, dann soll sie ihn auch bezahlen. Alles andere ist schlichtweg unehrlich. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Stürmischer Beifall!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kliewe.

(Minister Dr. Till Backhaus: Da bin ich ja mal gespannt, was jetzt kommt.)

Ja, meine sehr verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Wir befassen uns heute mit dem Antrag der SPD zur Neuausrichtung und Neugestaltung der Agrarpolitik, den der Minister ja auch schon bei uns im Agrarausschuss vorgetragen hat,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, Aussprache auf Antrag der SPD. Ihr seid euch da nicht einig.)

und es ist gut, dass wir heute über die Agrarpolitik hier in diesem Hohen Hause reden können.

Ich möchte zunächst näher auf die Ziele und Forderungen unserer Fraktion zur Neuausrichtung der Agrarpolitik eingehen. Die Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik wird die Zukunft des ländlichen Raumes, der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Deutschland und in der Europäischen Union maßgeblich mitbestimmen. Insbesondere geht es hier um die Fragen: Wie viel Geld wird zukünftig im Agrarhaushalt für die Agrarpolitik zur Verfügung stehen? Wie wird sich der Brexit auswirken? Welche Maßnahmen werden für die Unterstützung der Agrarmärkte in Zukunft ergriffen werden? Wie werden die Haushaltmittel der Europäischen Union auf die einzelnen Staaten verteilt? Wie sehen die Direktzahlungen aus? Wie werden die Belange des ländlichen Raumes, des Umweltschutzes, des Klimaschutzes hier berücksichtigt? Und, ganz wichtig: Wie wird das Verhältnis zwischen erster und zweiter Säule weiter ausgestaltet werden?