Protocol of the Session on December 15, 2017

Was mir da fehlt, ist zum Beispiel diese Ausgangssituation 2002/2006. Das ist aus meiner Sicht hier noch gar nicht aufgerufen worden und deswegen will ich das tun. Bevor wir nämlich diese ganzen einzelnen Mosaiksteinchen diskutieren, was wir sehr gern tun können, möchte ich erwähnen, ich habe zwischendurch beim Redebeitrag von Frau Tegtmeier dazwischengerufen, als sie sagte, es geht hier um die Verbesserung der Leistung der Bürger, es gehe darum, diese Leistung für die Bürger erst mal zu erhalten.

(Bernhard Wildt, BMV: Richtig!)

Wolfgang Waldmüller wird sich erinnern, wir haben ernsthaft und intensiv damals in diesem Arbeitskreis gearbeitet an dem Thema, Herr Ritter, und es war nicht so, wie Sie das dargestellt haben, dass es nur um die Kreissitze ging. Das war natürlich im Bereich ParchimLudwigslust auch nicht so unwesentlich. Aber wir haben uns sehr wohl inhaltlich damit auseinandergesetzt und gestritten.

Ich will noch mal bei der Diskussion den Fokus hier ganz klar benennen, warum, wieso, weshalb wir uns auf den Weg gemacht haben, ähnlich wie in Schleswig-Holstein, die es dann aber abgebrochen haben. Wir haben es am Ende durchgezogen.

Wenn Sie noch mal in den Gesetzentwurf von damals schauen, das habe ich eben getan, dann war es so, dass entscheidende Prämissen benannt worden sind. Diese zwei, drei will ich nur stichpunktartig noch mal nennen, so die Bevölkerungsentwicklung. Da konnten Sie nämlich der Situation entnehmen, 1990 waren es 1,9 Millionen Einwohner, 2030 sollen es dann 1,45 Millionen Einwohner sein und nach dem Gesetzentwurf, den wir beschlossen haben, in der Anlage nachzulesen, im Jahre 2050 1,2 Millionen Einwohner. Da haben wir noch eine veränderte Altersstruktur zu dem, was wir 1990 oder davor hatten. Das war ein wesentlicher Punkt, dass wir gefragt haben: Wie müssen wir reagieren, um dieses Land zukunftsfähig zu machen? Da war uns klar, wenn wir Veränderungen vornehmen, zum Beispiel größere Kreistage, dass das auch Nachteile hat.

Ich persönlich habe dazu immer gestanden, dass sich dahinter noch keine Stärkung des Ehrenamtes verbirgt, wenn einer zum Kreistag größere Distanzen zurücklegen

muss. Aber ich stand persönlich vor der Frage, was leistbar und finanzierbar ist. Deswegen war das ein wesentlicher Punkt, der damals eine Rolle gespielt hat, und den sollten wir heute nicht ausblenden, wenn wir über Auswirkungen sprechen.

Ein zweiter wesentlicher Punkt war zum Beispiel die Thematik der Solidarpaktmittel. Auch aus den Tabellen ist zu entnehmen, wir haben im Jahre 2005 1,1 Milliarden bekommen, im Jahre 2020 ist der Wert auf null. Dann wissen Sie aus der jetzigen Haushaltsdiskussion, das war auch schon vorher so, dass Mecklenburg-Vorpommern im Prinzip gar nicht eigenständig wirtschaften kann. Etwa 45 Prozent der Gelder kommen immer noch vom Bund und von der EU.

Das waren die Ausgangssituationen, die wir betrachten mussten, um das Land zukunftsfähig zu machen, und zukunftsfähig zu machen, heißt, wenigstens die Struktur zu erhalten und es dann so gut wie möglich zu organisieren, dass es eben machbar ist.

Das ist mir eigentlich noch mal wichtig, Ihnen bei möglichen Diskussionen das mit auf den Weg zu geben, einfach nur als Hinweis meinerseits. In Ihren Ausführungen sagten Sie mir zwar vorhin, da hätte ich eine falsche Wahrnehmung, aber ich glaube, Sie haben schon sehr stark auf den Teil öffentliche Verwaltung fokussiert. Auch das war damals Teil der Diskussion, dass wir sagen, wir haben Steuergelder, die wir für viele Dinge brauchen. Diese Steuergelder können nicht ausschließlich nur für öffentliche Verwaltung ausgegeben werden. Das sind alles Gesichtspunkte, die uns damals bewogen haben, diese schwere politische Entscheidung inhaltlich zu fällen. Ob das nun vier, sechs oder acht Gebietskörperschaften sind, das ist nicht das entscheidende Thema.

Wir haben uns inhaltlich diese Aufgabe gestellt, ähnlich wie 2002 unter Rot-Rot, und haben Korrekturen vorgenommen mit Auswirkung auf die Bevölkerung, die logischerweise in der politischen Situation in der Entscheidung nicht zu Jubelstürmen führt. Aber die daraus resultierenden politischen Wahlergebnisse mussten wir dann aushalten und wir haben sie ausgehalten. Ich glaube aber immer noch, dass es richtig ist, wenn es um die Zukunft für ein Land geht, auch mal schwierige Entscheidungen zu treffen.

Insofern war mir das wichtig, so etwas zu sagen. Jetzt wäre eigentlich Schluss an dieser Stelle, aber die...

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!)

Ich lasse das mal unter „Bemerkung des Finanzministers im Hintergrund“ laufen. Dieser hat wahrscheinlich in dem Moment an die Strukturreform der Finanzämter gedacht.

(Minister Mathias Brodkorb: Nein! – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Auf keinen Fall! Aber dann spreche ich das doch noch mal so an.

Wir haben also nicht nur eine Kreisgebietsreform gemacht. Wir haben inzwischen eine Gerichtsstruktur gemacht, wir haben eine Polizeistrukturreform gemacht, wir haben wesentliche Gesetze damals auch unter meiner Beteiligung mitbeschlossen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Theaterstrukturreform.)

Beamtenrechtsneuordnungsgesetz hieß das gute Ding.

Was meinen Sie, was das für Jubelstürme ausgelöst hat, dass wir die Beamten bezüglich des Rentenalters auch auf 67 gesetzt haben. Das sind alles schmerzliche politische Entscheidungen, die wir gemacht haben, aber bezogen auf die Strukturreform der Finanzämter sage ich Ihnen, diese ist politisch in dieser Legislaturperiode nicht notwendig, mit der CDU nicht machbar.

Die SPD sieht das inzwischen genauso, denn in so einem Prozess, wenn es um inhaltliche Entscheidungen und politische Auswirkungen geht, glaube ich, sind wir an einem Punkt angekommen, wo man die Bevölkerung in dem Sinne auch politisch nicht überbelasten darf, was Reformen betrifft.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Deswegen, glaube ich, ist es notwendig, in diesem Bereich mal eine politische Pause einzulegen. Das ist zwar jetzt nicht ganz so konform mit dem, was ich inhaltlich vorher ausgeführt habe, was die Notwendigkeit von Reformen betrifft, aber man darf diesen politischen Aspekt natürlich auch nicht gänzlich ausblenden. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – E-FuelAktivitäten des Landes entwickeln, auf Drucksache 7/1334.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU E-Fuel-Aktivitäten des Landes entwickeln – Drucksache 7/1334 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Entschuldigen Sie, aber auch ich muss noch ein paar Sätze sagen, nachdem wir schon bei verschiedensten Themen waren, zum Schluss bei der Finanzstrukturreform. Weihnachten steht kurz vor der Tür, aber wenn man gerade so bedenkt, was Weihnachten mit unserem Antrag zu tun hat – die wissenschaftlichen Belege, dass die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen unserem Planeten und unserer Lebensgrundlage nachhaltig schaden, sind ziemlich eindeutig. Daran ändert auch das beharrliche Leugnen verschiedenster Kreise nichts. Aber auch wir in Mecklenburg-Vorpommern haben eine Verantwortung. Wir müssen der Energiewende sinnvoll zum Gelingen verhelfen. Unsere Aufgabe ist es, die über den natürlichen Kreislauf hinausgehende und vom Menschen verursachte CO2-Emission möglichst auf null zu reduzieren. Dieser Aufgabe müssen wir uns stellen.

Um den vorliegenden Antrag zu erklären, steige ich zu Beginn etwas breiter in die Thematik ein. Klima insgesamt ist ein sehr komplexer Mechanismus, bei dem unterschiedlichste Faktoren eine Rolle spielen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig! – Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Den größten Teil davon möchte ich Ihnen hier ersparen, aber die Auswirkungen von CO2 können relativ gut und klar beschrieben werden. CO2 in der Atmosphäre hat den Effekt – einfach ausgedrückt –, dass der Planet Wärme aufnehmen kann. Andere Prozesse und Stoffe haben den Effekt, dass die Wärmeaufnahme reduziert wird. Steigt nun der CO2-Anteil in der Atmosphäre, steigt auch die spezifische Wärmeaufnahme des Planeten.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Oder anders herum.)

Man muss sich das wie eine Heizung vorstellen und der CO2-Anteil in der Atmosphäre ist so etwas wie das Thermostat. Wir können durch das Verbrennen von fossilen Energieträgern den Anteil von CO2 deutlich erhöhen. Das haben wir in den vergangenen hundert Jahren auch ausgiebig getan. Erst in diesem Jahr haben wir als Menschheit die Marke von 400 ppm CO2 in der Atmosphäre überschritten. Es gibt nur ein Problem: Aktuell haben wir keine technische Möglichkeit, das Thermostat auch wieder herunterzudrehen. Wir wissen, dass die negativen Effekte einer um mehrere Grad wärmeren Atmosphäre die Zivilisation bedrohen. Es muss daher unser Anspruch sein, das Thermostat nicht noch weiter aufzudrehen. Wir sollten den CO2-Anteil in der Atmosphäre nicht weiter vergrößern, sondern zumindest konstant halten.

Und damit zurück zum Antrag. Dass die Energiewende im Bereich der Stromerzeugung nicht beendet ist, dürfte uns allen klar sein. Das Thema „CO2-Emission aus Mooren“ hat am Dienstag der Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus erst wieder ins Gedächtnis gerufen, auch wenn in den Haushaltsberatungen gerade die AfD eine etwas sonderliche Sicht auf die Welt an den Tag legte.

In anderen Bereichen sind die Lösungen leider nicht so einfach. Insbesondere der Verkehrssektor wird vor großen Herausforderungen stehen. Aktuell sprechen wir über Batterie- und vor allem Wasserstofftechnologien, die uns in Zukunft zur Verfügung stehen, um Mobilität zu ermöglichen.

(Dirk Lerche, AfD: Wasserstoff ist gut.)

Wir werden – davon gehe ich aus – einen Energiemix brauchen, und insbesondere im Bereich von Schifffahrt, Luftverkehr und Schwerlast stoßen diese bisher vor allem vorangetriebenen Technologien an ihre Grenzen.

Ein Lösungsansatz, der als Ergänzung zu Batterie und Wasserstoff die Mobilität auch in Zukunft sichern kann, sind sogenannte E-Fuels. Es handelt sich dabei um synthetische Kraftstoffe, die aus CO2, diversen weiteren Stoffen, wie zum Beispiel dem ebenfalls klimaschädlichen Methan, sowie großen Mengen an Energie synthetisiert werden. Verwendet man in dem Prozess CO2 aus Umgebungsluft und erneuerbare Energien, so sind die E-Fuels, wenn sie später im Verbrennungsmotor verbrannt werden, CO2-neutral für die Gesamtrechnung der Atmosphäre.

E-Fuels ist kein konkreter Kraftstoff, sondern ist ein Sammelbegriff für verschiedene synthetische Kraftstoffe, ob am Ende Methanol oder aber ein Dieselderivat, ist von dem ausgewähltem Verfahren abhängig. Wichtig ist,

dass E-Fuels weitgehend mit heute bestehender Technologie und Infrastruktur genutzt werden können und der Bedarf an seltenen Rohstoffen dabei geringer ist. Der Verband der Automobilindustrie, der VDA, hat Anfang November eine Studie veröffentlicht, die zum Ergebnis kommt, dass für die CO2-Neutralität des Verkehrs, damit einhergehend die Klimaneutralität, auf E-Fuels nicht verzichtet werden kann. Und gerade eben von mir ausgeführt: In Schwerlast, Schifffahrt, Flugverkehr können E-Fuels dazu beitragen, die zusätzliche CO2-Emission durch Verbrennen fossiler Rohstoffe schnell zu reduzieren.

Womit wir bei der Frage sind, welche Rolle MecklenburgVorpommern an dieser Stelle spielt. Wir haben als Land heute schon ein großes Angebot an Strom aus erneuerbaren Energien. Unsere Potenziale, gerade bei der Windenergie, sind enorm und primär durch den Schutz von Bürgerinnen und Bürgern und Leitungskapazitäten begrenzt. Wenn es also gelingt, gerade den Überschussstrom sinnvoll vor Ort zu nutzen und darauf aufbauend eine Industrie zu etablieren, die zusätzliche Industriearbeitsplätze im Land schafft, dann müssen wir dieses Thema nicht links liegen lassen, sondern frühzeitig unsere eigenen Chancen erörtern. Jede Kilowattstunde, die im Land direkt verbraucht wird, muss schließlich auch nicht mehr in den Süden geleitet oder abgeregelt werden. Das entlastet ganz nebenbei auch noch die Verbraucher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen beim Thema E-Fuels von Technologie, die sich jetzt gerade in der Phase aus dem Labor auf den Weg in die Praxis befindet. Wer in diesem Sektor künftig mitspielen möchte, muss sich über die eigenen Stärken klarwerden und darauf aufbauend Aktivitäten entwickeln, die die Potenziale für die wirtschaftliche Nutzung berücksichtigen, um so möglicherweise Unternehmen in diesem Bereich nach Mecklenburg-Vorpommern zu lotsen. Ich bin überzeugt, dass man nicht einmal viel locken muss, denn unsere Rahmenbedingungen hier im Land sind nicht die schlechtesten. Gerade dann, wenn man das für das Küstenland Mecklenburg-Vorpommern kritische Thema Klimaschutz mit dem Thema Wirtschaftsentwicklung verbinden kann, sollten wir das auch tun. Dabei ist es egal, ob es sich um die technologisch-relevanten und fortschrittlichen Paludikulturen dreht oder aber um das Zukunftsthema E-Fuels.

Und passend zu dieser Zeit: Wenn ich der Weihnachtsmann wäre, würde ich wahrscheinlich auf E-Fuels umsteigen, vorausgesetzt, mein Schlitten ist mit Kraftstoffen angetrieben. An dieser Stelle freue ich mich auf die angeregte Debatte. – Ho, ho, ho!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Bernhard Wildt, BMV – Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 180 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat ums Wort gebeten der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst hatte ich bisher verstanden, der Weihnachtsmann führe quasi mit Biogas. Aber ich lerne dazu.

Zweitens: Ich habe ein bisschen Sorge, dass das sehr naturwissenschaftliche Thema E-Fuels hier oder da heute auch zu einer umfangreichen Generaldebatte über erneuerbare Energien an sich führen kann. Sei dem so, dann gehe ich gerne später noch in die Bütt. Ich würde mich momentan tatsächlich konzentrieren wollen auf den Antrag und ich werbe dafür, dass wir bei allem, was man darüber an Streit führen kann, wie intensiv man Windkraft nutzen will, ob man sie nutzt, wie intensiv man erneuerbare Energien implementieren möchte in die jeweiligen Stromnetze und Stromsysteme, zumindest in diesem Bundesland einen Zustand erreicht hat, bei dem das längst der Fall ist.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)