Protocol of the Session on December 14, 2017

In Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, wie er uns allen hier vorliegt, legen Sie zwei grundlegende Änderungen dar, zum einen die Erweiterung der Paragrafen 50 bis 67 in Bezug auf die Ermächtigungsnormen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung, zum anderen die Befugnis zum Einsatz von sogenannten Bodycams. Der Innenminister hat es bereits angesprochen.

Einem von unserer Fraktion am 22.02.2017 eingebrachten Antrag zur Einführung von Körperkameras in Pilotprojekten und Videokameras in Streifenwagen erteilten Sie eine Absage mit der Begründung, dass diese Pilotprojekte bereits angedacht und in Vorbereitung seien. Unseren Antrag begründeten wir seinerzeit mit den gestiegenen Fallzahlen in Kriminalitätsschwerpunkten, auch im Zusammenhang mit der Grenzöffnung und dem unkontrollierten Zuzug von Migranten nach Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern. Darüber hinaus wiesen wir drei Pilotregionen aus, um den Einsatz der Bodycams effektiv testen zu können. Unsere Begründung für den Antrag waren die aktuelle Sicherheitslage unserer Bevölkerung und auch die gestiegenen Gewaltstraftaten von jungen Migranten.

In Ihrem Gesetzentwurf argumentieren Sie täuschend ähnlich beziehungsweise sind Diskursüberschneidungen klar erkennbar. Sie bemühen ebenfalls die aktuelle Sicherheitslage, die es dringend erforderlich macht, Anpassungen im Sicherheits- und Ordnungsgesetz vorzunehmen. Diese Sicherheitslage beziehen Sie auf die – und ich zitiere – „Anpassung ausländer-, aufenthalts-, straf- und strafprozessrechtlicher Regelungen“.

Die Schnittmengen fallen Ihnen sicher auf, liebe Kollegen. Es ist die aktuelle Sicherheitslage, auf die wir bereits vor Monaten als mehr als prekär hingewiesen haben, und wir bezogen uns direkt – das können Sie in der entsprechenden Drucksache nachlesen – auf die gestiegenen Gewaltstraftaten, die durch junge Migranten vor allem in Rostock und Schwerin verübt worden sind.

Nun ist Herr Glawe leider nicht anwesend.

(Harry Glawe, CDU: Doch!)

Herr Abgeordneter Glawe hat seinerzeit den Innenminister vertreten. Sie taten dies ab, und ich zitiere aus dem Plenarprotokoll: „… Plätze, wo sich Jugendliche gelegentlich ausleben“. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: „wo sich Jugendliche gelegentlich ausleben“! Massenschlägereien zwischen Jugendgruppen, Messerstechereien, ein Mehr an Straftaten sind für Herrn Glawe ein gelegentliches Ausleben von Jugendlichen.

(Torsten Renz, CDU: Wie ging denn der Satz weiter? Sie haben ja einen Teil zitiert.)

Dieser Satz ist tatsächlich ein Schlag ins Gesicht der Rostocker und Schweriner Bürger …

(Torsten Renz, CDU: Können Sie mal den ganzen Satz vorlesen?)

Kollege Renz …

(Torsten Renz, CDU: Den ganzen Satz bitte! – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Ist Zirkus Renz schon wieder in der Stadt?

(Torsten Renz, CDU: Sie reißen ein Stück raus, um das dann anders zu deuten. Das hat nichts mit seriöser Kritik zu tun.)

Dieser Satz ist tatsächlich ein Schlag ins Gesicht der Rostocker und Schweriner Bürger, die sich mit der von Ihnen genannten gelegentlichen Auslebung von Jugendlichen auseinandersetzen müssen, ob jene das nun wollen oder nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Was mich überdies stutzig macht, ist, dass Sie die geplante gesamte Novellierung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes bereits auch im Zusammenhang mit dem von uns eingebrachten Antrag in Bezug auf den finalen Rettungsschuss in der laufenden Legislaturperiode eher nach hinten verlagern wollten, gleichzeitig in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf aber auf Seite 3 darauf hinweisen, dass ein Abwarten der geplanten Novellierung mit Blick auf die aktuell bestehende Gefahr aufgrund der Sicherheitslage in Deutschland nicht vertretbar sei. Ein Abwarten sei also nicht vertretbar. Dieses Abwarten war aber vertretbar, als wir den Antrag einbrachten, und dass sich die Sicherheitslage nicht verbessert hat, sondern im Gegenteil sich eher stark verschlechtert hat, haben Sie selbst aufgezeigt.

Sehr geehrte Kollegen, obwohl wir hier als Partei der inneren Sicherheit Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung zustimmen würden,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

ist unsere Kritik an Ihrer abwartenden Haltung mehr als angebracht. Das Sicherheitsbedürfnis unserer Bürger muss an erster Stelle stehen. Parteipolitische Verzögerungstaktiken auf dem Rücken unserer Bürger hingegen auszutragen, ist verantwortungslos. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dachner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Zunächst einmal, Herr Kramer, zu Ihren Ausführungen. Natürlich haben wir am 22. Februar auch Ihren Antrag über die Einführung von Bodycams beraten und wir haben Ihnen eindeutig gesagt, dass wir 2016 im Koalitionsvertrag genau das reingeschrieben haben. 2016 gab es Sie noch gar nicht.

Erstens. Sie machen daraus einen Schaufensterantrag, um hier nur populistisch auf die Tagesordnung treten zu wollen und den Menschen einfach zu erzählen, wir tun etwas, die anderen nicht. Das haben wir Ihnen vorgeworfen. Doch niemand hat etwas gegen die BodycamEinführung gehabt. Wir haben Ihnen auch gesagt, dass in vielen Ländern die Einführung in der Pilotphase besteht, dass drei verschiedene Systeme erprobt wurden, wir uns deshalb die Zeit nehmen wollen, um genau die richtigen Systeme für unser Land zu beschaffen, und dann beginnen wir, wie geplant, und zwar planmäßig, diese Pilotphase. Das haben wir hier gesagt und nichts anderes. Wir haben Ihnen auch eindeutig gesagt, Sie haben in Ihrem Wahlprogramm vier Punkte für Sicherheit

und Ordnung reingeschrieben, davon haben Sie zwei abgeschrieben und zwei waren Bürgerwehren und anderes unsinniges Allgemeinzeug, wenn ich das mal so salopp sagen darf.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Also wir haben Ihnen vorgeworfen, Sie machen gar keine planmäßig koordinierte Sicherheitspolitik, sondern Sie greifen einfach etwas heraus, um populistisch tätig zu werden. Das war unser Vorwurf, mehr auch nicht.

Zweitens. Zum finalen Rettungsschuss haben wir auch Stellung genommen, aber das ist heute gar nicht unser Thema. Das verrühren Sie natürlich gern, um den Eindruck zu erzeugen, Sie wären diejenigen, die für Sicherheit und Ordnung in diesem Land eintreten.

Über die gestiegenen Fallzahlen haben wir auch diskutiert. Die gestiegenen Fallzahlen waren zu dem Zeitpunkt eindeutig aus den Asyl- und Ausländergesetzen herrührend. Wir haben gesagt, jeder Ausländer, der ohne Papiere herkommt, begeht nun mal eine Straftat, und da sind die Fallzahlen angestiegen. Wenn es heute ein bisschen anders aussieht, dann ist es eben so. Aber daraus zu schlussfolgern, wir hätten eine unheimlich verschlechterte Sicherheitslage, das ist doch totaler Populismus, um den Menschen das unsichere Gefühl zu geben, sie leben hier wirklich schlechter als in den Vorjahren.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Dr. Ralph Weber, AfD: Wenn Ihnen nichts mehr in der Sache einfällt, dann kommt immer der Vorwurf des Populismus.)

Nein, nein, Sie vergessen doch eindeutig, das will ich hier abschließend noch mal zu Ihren Ausführungen sagen,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gehen Sie mal in die Grenzregion! Gehen Sie mal zur Bevölkerung!)

Anfang der 90er-Jahre hatten wir auf 100.000 Einwohner eine Häufigkeitszahl von 12.800, vor zwei Jahren oder vor einem Jahr, als wir darüber gesprochen haben, waren es 6.800. Dann reden Sie von gesteigerten Zahlen

(Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD)

und kommen berechtigterweise mit Anstieg von Kriminalität, und zwar auch bedrohlicher Kriminalität von Ausländern. Natürlich muss man das sehen und muss man das auch bekämpfen und natürlich eindeutig so ansprechen, aber Sie vermischen es genau so, wie Sie es wollen. Sie verdrehen die Tatsachen. Und das, was gestern abgelaufen ist in der Haushaltsdebatte, das will ich heute gar nicht kommentieren, darauf komme ich gern ein anderes Mal zurück.

Also ich freue mich, meine Damen und Herren Abgeordnete, dass wir heute zumindest in der Ersten Lesung über präventive Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Gefahrenlagen sprechen und dass das natürlich zur Sicherheit unseres Landes, unserer Bürger erheblich beitragen wird.

Zweitens – das sagte der Minister ebenfalls – werden wir Befugnisse in diesem Gesetz verabschieden wollen, die

die Sicherheit der Polizeibeamtinnen und -beamten erhöhen und natürlich auch Dritter. Das darf ich hier eindeutig sagen.

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf ist somit eine Fortsetzung der kontinuierlichen Sicherheitspolitik der Landesregierung. Mit diesem Gesetz sollen also die Befugnisse der Landespolizei zur terroristischen Gefährdungslage und vor allen Dingen zur Verhinderung von Straftaten geschaffen werden, um nicht erst dann, wenn die Straftaten passiert sind, tätig zu werden. Es geht hier um eine präventive Handlung der Polizei, die wir schaffen wollen. Der Handlungsbedarf wird also in der Schaffung von gesetzlichen Regelungen gesehen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung, der sogenannten elektronischen Fußfessel, des Aufenthaltsverbotes und des Kontaktverbotes. Ich begrüße es ausdrücklich, dass wir genau diese Überwachungsmaßnahmen der Personen unter Richtervorbehalt stellen, zunächst über drei Monate, und dann daraus weitere Maßnahmen gerichtlich oder rechtlich abgeleitet werden.

Weil wir mit diesem Gesetz, mit dieser Novellierung des SOG, des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, Grundrechte der Bürger berühren, bedarf es natürlich einer Novellierung der Erweiterungs- und Ermächtigungsbefugnisse im Gefahrenabwehrgesetz. Deshalb darf ich hier noch einmal betonen, das dürfte für jeden einleuchtend sein, dass die Abwehr terroristischer Handlungen nur flächendeckend und länderübergreifend stattfinden kann. Das mag manchen zu lange gedauert haben, mir auch, das sage ich eindeutig. Mir dauert es zu lange, aber es ist im tatsächlichen Föderalismus so, dass man sich mit anderen Ländern abstimmen muss, um einheitlich zu handeln. Deshalb, glaube ich, sind jetzt die präventiven Maßnahmen in anderen Ländern und bei uns so weit fortgeschritten, dass wir polizeiliche Befugnisse schnellstmöglich vornehmen können, ohne sie weiter hinauszuzögern.

In diesem Gesetzentwurf als auch schon im Koalitionspapier 2016 haben wir, wie schon von mir erwähnt, die Einführung einer Pilotphase für Bodycams festgeschrieben. Das erhöht die Sicherheit der Polizeibeamten und das ist auch unbedingt notwendig. Und ob wir nun eine zusätzliche Kriminalitätslage haben oder nicht, sie wären sowieso notwendig gewesen. Das sind wir unseren Beamtinnen und Beamten einfach schuldig, aber auch Dritten.

Diese Tonaufzeichnungen mit körpernahen Kameras, die werden offen getragen, werden an offenen Stellen, also auf Straßen, Wegen und Plätzen, durchgeführt, aber natürlich – und das mag bei manchen nicht auf Gegenliebe stoßen – auch in Wohnungen und in Gewerberäumen. Auch da gibt es genügend polizeiliche Alltagserfahrungen, um das möglich zu machen. Dass damit natürlich wiederum Grundrechte, unter anderem die informelle Selbstbestimmung, beeinträchtigt werden, dürfte uns klar sein, aber dafür gibt es auch besonders strenge Voraussetzungen und niemand von den Menschen in unserem Land muss befürchten, dass hier unverhältnismäßig oder gar gesetzeswidrig vorgegangen wird.

Ich glaube, wir haben diese Europäische Datenschutzgrundverordnung noch nicht im Landesgesetz verankert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das sollte längst passiert sein.)

Nach meiner Auffassung bedarf es auch dieser Befugnisse zunächst nicht, aber wir werden gemeinsam mit dem Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit über diesen Einsatz, insbesondere der Bodycams, sprechen müssen, insbesondere des Pre-Recordings zu diesen 60 Sekunden, was für manchen sehr fragwürdig sein mag. Aber da wollen wir zunächst einmal die Erfahrungen der Polizisten, also der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten hören, wie sie dazu stehen. Das sollte uns doch Anlass geben, darüber nachzudenken, wie wir damit weiter umgehen wollen.

Ob es DIE LINKE war, das weiß ich gar nicht, aber die Gewerkschaft hat zu bedenken gegeben, eine Pilotphase brauche man eigentlich nicht, es gab sie in den Ländern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehe ich ähnlich so.)

Aber es ist wie aus dem eigenen Leben, Erfahrungen müssen wir auch selbst sammeln. Erfahrung muss unsere Polizei selbst sammeln und wir sicher landesspezifisch auch.