Protocol of the Session on December 14, 2017

Ja, werden Sie auch noch hören, werden Sie auch noch hören. Wann denn?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Werden Sie nicht hören!)

Ach, werden Sie nicht hören! Na umso besser, wenn Sie das sagen!

(Thomas Krüger, SPD: Weil sie keine Alternativen haben.)

Umso besser, wenn Sie das sagen, dass von Ihnen keine Vorschläge zu hören sind, Professor Weber. Ist doch wunderbar, damit haben Sie Ihren Platz hier im Parlament als Nichtstuer doch ganz klar dargestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Frage, ob ein Familiennachzug ein taugliches Mittel gegen Radikalisierung sein kann, zu dieser Frage wird sich in Kürze die AfD im Bundestag positionieren müssen, im Übrigen auch alle anderen Fraktionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die aktuell rund 1.000 Terrorermittlungsverfahren, die selbstverständlich ernst zu nehmen sind, dürfen aber bundesweit keinen Anlass bieten zur Verbreitung von Panik. Zum einen gibt es inzwischen eine höhere Sensibilisierung der Ermittlungsbehörden, zum anderen eine wachsende Zahl von entsprechenden Hinweisen aus den Flüchtlingsunterkünften selbst. Diese sollte man noch viel ernster nehmen, wie der Fall Amri auf dramatische Weise zeigt. Ich habe heute bei einem anderen Tagesordnungspunkt auf die Hintergründe dieses Attentats in Berlin aufmerksam gemacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern ist sicherlich keine Hochburg der salafistischen Szene, wenn ich etwa im Vergleich an Nordrhein-Westfalen oder Berlin denke. Dennoch haben die Ereignisse in Schwerin gezeigt, dass auch in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Beweissicherung und Gefahrenabwehr ein schmaler Grat verläuft. Ob hier weiterer Abstimmungsbedarf – etwa zwischen den Landesbehörden und der Generalbundesanwaltschaft – besteht, ob hier eine weitere Bündelung oder eine Dezentralisierung der Ermittlungsarbeit geeigneter ist, das müssen die zuständigen Fachleute diskutieren. Aber ich glaube schon, dass die jüngsten Ereignisse gezeigt haben, dass vor allen Dingen wir als Parlament ein viel stärkeres Recht darauf haben müssen, zu erfahren, was der Generalbundesanwalt ermittelt, zu welchen Ergebnissen, zu welchen Erkenntnissen er kommt, warum auf Grundlage dieser Ergebnisse und Erkenntnisse ein Verfahren eingestellt wird oder weiterverfolgt wird. Hier tappen wir völlig im Dunkeln. Das ist für mich ein unhaltbarer Zustand, vor allen Dingen aufgrund der aktuellen Ereignisse, mit denen wir uns in jüngster Vergangenheit im

Innenausschuss beschäftigt haben, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit ausländischen Terrorgefahren.

Zum Informationsfluss hat sich auch der Innenminister an verschiedenen Stellen geäußert. Der Schweriner Fall zeigt aber für mich in aller Dringlichkeit das Gebot guter Integrationsarbeit, eine Problematik, die Sie ja völlig ausblenden. Ich habe mit Interesse Ihren Besuch in Neu Zippendorf verfolgt, auch die Berichterstattung in dem lokalen Fernsehsender. Und ich sage, ja, ich habe mich geärgert: Ritter, warum bist du nicht auf die Idee gekommen, unmittelbar nach Auffliegen dieser Person dort hinzufahren und Nachforschungen anzustellen. Das ist aber ein Lernprozess, den wir führen müssen. Da bin ich ehrlich genug, dieses auch hier zu sagen.

Aber was uns sicherlich unterscheiden wird, was uns sicherlich unterscheiden wird, das sind die Schlussfolgerungen, die wir aus einem solchen Besuch vor Ort ziehen. Ihre Schlussfolgerung ist: Alle ausweisen, keinen reinlassen. Meine Schlussfolgerung ist: Integrationsarbeit verstärken, aufeinander zugehen, miteinander reden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das unterscheidet uns politisch und das wird uns immer unterscheiden, Professor Weber, und da bin ich auch froh,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ich auch.)

denn ich möchte nie mit Ihnen auf einer politischen Linie stehen. Das sage ich hier ganz klar.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Ralph Weber, AfD: Da sind wir uns ausnahmeweise einmal einig.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Kampf dem Terrorismus von nebenan“ heißt für mich schließlich auch, Verbalradikalismus entgegenzutreten, denn oft folgt dem Wort die Tat, und Wortgeber sind Sie. Hier kann nämlich die AfD einiges tun in den eigenen Reihen oder bei ihrem eigenen Nachbarn. Bei ihrem eigenen Nachbarn!

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Ob die Gruppe Nordkreuz oder Prepper und ihre Namenslisten oder aber Arppe-Zitate und volle Waffenschränke, die Terrorgefahr ist näher unter uns, als wir es alle denken. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Friedriszik.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben die AfD heute mal wieder in ihrer Paraderolle erlebt, ihre Vermischung von Flucht und Vertreibung, Problemen bei der Integration vor Ort und der globalen terroristischen Bedrohung.

Meine Damen und Herren, seit den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 ist die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus eine permanente Aufgabe. Seitdem gab es eine Vielzahl umfangreicher gesetzlicher Maßnahmen, die dazu beigetragen haben, Deutschland

noch sicherer zu machen. Deutschland, Europa, der Westen insgesamt stehen im Zielspektrum des islamistischen Terrorismus. Angesichts dessen arbeiten die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern national und international eng zusammen. Allein schon in dieser Hinsicht ist eine Rückkehr zu nationalen Egoismen sehr gefährlich. Es ist geradezu widersinnig, wenn Populisten Europa gerade in einer Zeit schwächen wollen, wo wir zu unserer Sicherheit mehr denn je auf eine Zusammenarbeit in Europa angewiesen sind.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Deswegen waren Sie mal bei uns Mitglied.)

Damen und Herren Abgeordnete,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Deutschland ist eins der sichersten Länder der Welt. Aber auch die Bundesrepublik steht im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus. Nicht erst der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember letzten Jahres hat gezeigt, dass es auch bei uns in Deutschland terroristische Gefährder gibt, die Anschläge in Deutschland planen. Die Bundesanwaltschaft hat am 31. Oktober einen 19-jährigen syrischen Staatsangehörigen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch Spezialeinheiten der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes und des SEK der Landespolizei in Schwerin festnehmen lassen. Das zeigt, dass der islamistische Terrorismus auch vor Mecklenburg-Vorpommern nicht haltmacht. Es zeigt aber auch, dass die Sicherheitsbehörden professionell erfolgreich tätig sind, und dafür gilt ihnen unser ganzer Dank und unsere Anerkennung.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ausländischer Geheimdienst.)

Wer jetzt allerdings versucht, diese Situation parteipolitisch für sich zu nutzen, sollte sich klarmachen, was er damit anrichtet. Mit den Ängsten der Menschen spielt man nämlich nicht. Aber genau das versucht die sogenannte Alternative für Deutschland. Es ist bezeichnend, dass die AfD wieder nicht imstande ist, zu diesem Thema einen konkreten Antrag vorzulegen. Stattdessen beantragt sie lediglich diese Aussprache.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, bezeichnend ist auch das Verhalten der AfD bei den Haushaltsberatungen im für das Thema zuständigen Innen- und Europaausschuss. Zu dem Haushaltsplanentwurf für den Geschäftsbereich des Innenministeriums hat die AfD nicht einen einzigen Änderungsantrag vorgelegt.

(Marc Reinhardt, CDU: Siehste!)

Bei der Abstimmung hat sie nicht gegen den Einzelplan gestimmt, sie hat sich auch nicht enthalten.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das haben wir gestern erklärt. Wenn Sie nicht zuhören können!)

Nein, sie hat dem gesamten Einzelplan zugestimmt, und das ohne jeglichen kritischen Kommentar.

(Marc Reinhardt, CDU: Das stimmt.)

Es kam nicht eine Anmerkung von Ihnen.

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Und das sagen wir auch gerne noch 50 Mal. Weil das so schön ist.)

Vor diesem Hintergrund wird deutlich,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

dass die AfD kein eigenes Konzept hat.

(Zuruf von Ann Christin von Allwörden, CDU)

Stattdessen stellt sie Flüchtlinge pauschal unter Generalverdacht. Aber Lautstärke ist eben nicht gleich Stärke, meine Damen und Herren. Oder soll ich besser „Herren“ sagen, denn mit Frauen haben Sie es ja nicht so?!

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Schon wieder?!)

Statt terroristische Aktivitäten zu parteipolitischen Profilierungen zu nutzen, muss man mit der gebotenen Seriosität die richtigen Konsequenzen ziehen. Dabei geht es auch um die Frage, ob rechtliche Instrumentarien ausreichend sind und welche zusätzlichen Befugnisse die Behörden brauchen. So sieht die heute in Erster Lesung beratene Änderung des SOG etwa vor, zur Abwehr von terroristischen Gefährdungslagen Befugnisse zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung und Aufenthaltsanordnung zu schaffen.

Damen und Herren, überhaupt ist das Thema viel komplexer und vielschichtiger, als uns die AfD glauben machen will. Man kann nicht in die Köpfe der Menschen schauen. Ursache und Ablauf einer Radikalisierung sind individuell und nicht immer auf Anhieb zu erkennen.

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Genau. Richtig!)

Das gilt im Übrigen für Extremisten jeder Art – jeder Art! –,

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Richtig!)

für Deutsche oder

(Zuruf von Ann Christin von Allwörden, CDU)