Protocol of the Session on December 14, 2017

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Susann Wippermann, SPD)

Das ist eine Frechheit sondergleichen. Die Politik hat die ureigenste Pflicht, sich an den hintergründigen Prozessen des Terrors abzuarbeiten. Eine politische Antwort ist rasch und umfassend vonnöten. Das heißt vor allem, der Radikalisierung die Wurzel mit einem durchschlagenden Rechtsstaat zu entziehen.

Liebe Bürger unseres Landes, die beispielhafte Gefahr eines Yamen A. wird an zwei Punkten deutlich. Er galt seit seiner Einreise als gut integrierte Person und er ist anerkannter Flüchtling. Beides passt nicht in die bunte Welt dieser Regierung. Die jüngsten Fälle zeigen also, dass es hierbei nicht um die Frage geht, ob eine Person aus Syrien, Bosnien oder Nigeria kommt beziehungsweise hier schon länger lebt. Die Fälle zeigen vielmehr, wir befinden uns an einem kulturellen Scheideweg: Entweder schützen wir konsequent das eigene Volk oder wir akzeptieren eine fortgesetzte Sicherheitserosion. Das ist die entscheidende Frage, die CDU und SPD mit ihrer pseudohumanitären Politik zukünftig zu beantworten haben. Vordergründig schmücken Sie sich lauthals damit, Flüchtlingen zu helfen. Doch in Wirklichkeit bauen Sie Luftschlösser der Integration auf dem Sand einer immer mehr von Terror und Gewalt bedrohten Gesellschaft.

(Heiterkeit bei Ann Christin von Allwörden, CDU)

Sie haben kein Konzept zur Integration, denn Sie wollen nicht klar sagen, worin die Integration bestehen soll und ob diese von den Zuwanderern überhaupt gewollt ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Sie haben kein Konzept gegen den Terrorismus, denn Sie betrachten die Kampfansage des Islamismus als einen Sturm im Wasserglas, der mit ein paar repressiven Maßnahmen einzufangen sei. Übersetzt heißt das, Ihre Migrationspolitik hat eine wachsende Terrorgefahr zugelassen, die in Mecklenburg-Vorpommern jetzt aufkeimt. Anstatt Botschaften des Friedens in die Welt zu senden, wie das traditionell an christlichen Feiertagen Brauch ist, sind die Bürger dieses Landes zunehmend ihrer Freiheit und Sicherheit beraubt. Dieser Terror ist der Ernstfall, er ist politischer Natur und fordert die Gewalt unseres Staates heraus. Welche Antworten geben Sie unseren Landsleuten?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Ums Wort gebeten hat der Minister für Inneres und Europa Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Zwei Vorbemerkungen, lieber Kollege Kramer:

Erstens ist das Thema viel zu ernst, als dass man damit populistische Forderungen aufmacht,

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

sondern man sollte das Thema sachlich und ohne Schaum vor dem Mund, wiederhole ich, aufarbeiten.

Zweitens haben Sie in Ihren eigenen Ausführungen an sich einen Widerspruch aufgemacht. Sie haben über die unkontrollierte Einreise und dass die kontrolliert werden muss ausgeführt. Im gleichen Atemzug führen Sie aber aus, dass Yamen A. voll integriert war, vernünftig eingereist ist, dementsprechende Papiere hatte und trotzdem durch unsere entsprechenden Ermittlungen festgestellt wurde, dass er offensichtlich eben auch terroristische Hintergedanken hat.

Also insofern ist das eine, was Sie sagen, und das andere nicht in jedem Fall identisch.

Ja, ich finde es gut und sogar richtig, dass wir solche Anlässe nutzen, um hier auch mal ein solch wichtiges Thema zu diskutieren. Hierzu haben wir uns, zumindest was die spezielle Problematik betrifft, im Landtag ja noch nicht weiter ausgetauscht. Mir war bei der Formulierung des Themas zunächst allerdings nicht so klar, um welche Art von Terrorismus es Ihnen geht. Es gibt den links, rechts und religiös motivierten Extremismus, durchaus in unterschiedlichen Facetten, aber ich ging schon richtig davon aus, dass es in der Frage in der Aussprache um Letzteres ging.

Insbesondere die Radikalisierung und die Rekrutierung von Tätern aus den westlichen Ländern bereiten uns in der Tat Sorgen. Das habe ich gesagt und dazu stehe ich auch. Wenn es nicht so wäre, würde man der Entwicklung entgegenstehen. Insofern ist es unsere Verpflichtung, uns dementsprechend mit der Thematik auseinanderzusetzen und Lösungsansätze zu bieten. Und da sage ich, wenn ich jetzt die Landtagsanträge der zurückliegenden Monate angucke, kann ich zumindest nicht erkennen, dass die AfD einen Antrag eingebracht hat, der in der Form zur Lösung der Problematik mit Lösungsansätzen beiträgt.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber das nur am Rande.

Lassen Sie mich etwas Licht ins Dunkel bringen: Es ist ja hier bereits angeklungen, ja, die Lage im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist grundsätzlich vergleichbar mit der Lage in der Bundesrepublik Deutschland, also mit der Gesamtlage. Ich kann daher nicht ausschließen, dass sich auch weitere Personen in MecklenburgVorpommern aufhalten, die mit dem islamistischen Gedankengut sympathisieren oder diesem Spektrum angehören. Gewaltanschläge sind im Kontext der Gesamtgefährdungslage eben auch in Mecklenburg-Vorpommern leider nicht auszuschließen. Hierzu liegen uns jedoch derzeit keine aktuellen Erkenntnisse vor, insbesondere eben nicht für Mecklenburg-Vorpommern.

Grundsätzlich ist es so, dass die Landespolizei landesweit die islamistische Szene aufklärt und Gefährdungshinweisen beziehungsweise Straftaten nachgeht. So konnten 2017 Erkenntnisse zu terroristischem Personenpotenzial sowie zu Anschlagsvorbereitungen mit den

entsprechenden Nachfolgehandlungen gewonnen werden. Durch die Medien gingen dabei natürlich vor allem die Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt zu drei terroristischen Straftaten, die dem islamistischen beziehungsweise rechtsterroristischen Spektrum zuzuordnen sind.

In Deutschland insgesamt steigt die Zahl der polizeilich bekannten und potenziell gewaltbereiten Personen des militant salafistischen Spektrums seit 2012, also bereits lange vor der Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2015. Das ist eine Entwicklung, die sich aus unterschiedlichen Gründen in Deutschland schon seit 2012 ergab. Liegen Hinweise vor, dass diese sich bewaffnen beziehungsweise am bewaffneten Kampf beteiligen wollen, prüft die Polizei, ob eine Einstufung als Gefährder oder relevante Person erfolgt. Natürlich erfolgen in einem solchen Fall die entsprechenden polizeilichen oder strafrechtlichen Maßnahmen, und die eine oder andere Möglichkeit zur Verbesserung der Überwachung haben wir ja heute im Rahmen des SOG bereits angesprochen.

Mittlerweile werden Gefährder und relevante Personen bundeseinheitlich eingestuft und die sogenannten Standardmaßnahmen für den Umgang mit den Personen getroffen. Im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum arbeiten Polizei und Nachrichtendienste unter anderem zu diesem Zweck zusammen. Deswegen haben alle Länder auch Mitarbeiter in das GTAZ entsandt, sodass wir eine gemeinsame Sprache, eine gemeinsame Kommunikation und auch eine gemeinsame Datenerfassung machen.

In ihrer Arbeit stehen den Sicherheitsbehörden nach Amri unter anderem auch verschiedene computergestützte Programme zur Erkennung von Gefährdern zur Verfügung. Sie helfen der Polizei dabei, Wahrscheinlichkeitsaussagen zu potenziellen Sicherheitsaspekten und Schadenseintritten oder eben die notwendigen Risikoabschätzungen vorzunehmen. Da kann man sagen, es hat viel zu lange gedauert, bis die Programme da waren, aber ich sage, jetzt sind sie da und werden gemeinsam genutzt, und das ist auch wichtig.

Der Erfolg dieser Maßnahmen wird aber natürlich davon beeinflusst, wie viel wir über diese Menschen wissen und wie sie radikalisiert wurden. Das Empfinden über persönlich oder politisch empfundene Ungerechtigkeiten gehört hier ebenso dazu wie der Kontakt mit einer Ideologie, die Halt vorgibt, oder eben auch gruppendynamische Prozesse. Trotzdem heißt es aber noch lange nicht, dass die Radikalisierten dann auch zur Tat schreiten. Dazu benötigen die Sicherheitsbehörden weitere Erkenntnisse zu diesen Personen, beispielsweise, ob Person A Person B kennt. Sprich: Wir müssen als Staat wissen, mit wem wir es zu tun haben.

Und das ist das Recht, darauf haben die Bürger einen Anspruch. Deshalb haben wir die Aufnahmeverfahren so angepasst, dass die Sicherheitsbehörden direkt an der Grenze oder in den Aufnahmeeinrichtungen Fingerabdrücke und wichtigste Daten von den Asylsuchenden aufnehmen, die in unsere Sicherheitsdatenbanken aufgenommen werden, die mittlerweile auch alle untereinander vernetzt sind. Diese werden zwischen dem Bund und den Ländern dann entsprechend abgeglichen. Den Ausländerbehörden stehen seit Anfang dieses Jahres Dokumentenprüfgeräte zur Verfügung, mit denen gege

benenfalls auch geprüft werden kann, ob ein Fälschungsverdacht oder eben eine Fälschung vorliegt.

Neben diesen eher klassischen Mitteln staatlichen Handelns müssen wir aber vor allen Dingen verhindern, dass Menschen überhaupt erst radikalisiert werden. Wir können nicht wollen, dass wir alle etwas orientierungslosen 19-Jährigen wegsperren. Das Stichwort muss hierbei auf jeden Fall „Prävention“ heißen. Neben der Identität der betroffenen Personen setzt die Frage natürlich erst recht umfangreiches Wissen über das Umfeld voraus.

Hier spielen beispielsweise die sogenannten sozialen Medien, aber auch Messenger-Dienste eine große Rolle. Es wird landläufig ja oft behauptet, dass Islamisten über Plattformen wie Twitter oder YouTube Nachwuchs aus westlichen Ländern gewinnen, dass unbedarfte Nutzer plötzlich über islamistische Inhalte stolpern und sich durch die konsumierten Medien verleiten lassen. Aber es liegen zumindest wissenschaftliche Erkenntnisse vor, dass die Rekrutierung bereits im schon bestehenden sozialen Umfeld erfolgreich war. Insoweit sind über soziale Netzwerke verbreitete Videos also nicht unbedingt Teil einer Rekrutierungsstrategie, sondern sie sind Teil der Kriegsführung. Solche Inhalte und Accounts von ISUnterstützern aus den sozialen Medien zu löschen, ist dementsprechend natürlich folgerichtig. Besser ist noch, wenn es Gegenstrategien gibt, um Stimmen hörbar zu machen, die gegen Radikalisierung anreden.

Wir brauchen vor allen Dingen aber den Zugriff auf verschlüsselte Messenger, um Erkenntnisse über Gefährder und ihr Umfeld zu bekommen. Wenn die Radikalisierung im bereits bestehenden sozialen Umfeld erfolgt, müssen wir dort ansetzen, wo die Radikalisierung erfolgt. Und wie oft ist es nach Anschlägen passiert, dass Familie, Freunde oder Bekannte aus dem Umfeld eines Attentäters befragt wurden und sich überhaupt nicht erklären konnten, wie es zu der Tat kommen konnte, da die fragliche Person eigentlich immer sehr nett gewesen ist.

Potenzielle Terroristen versuchen natürlich, persönlich einen harmlosen Eindruck zu erwecken, und lediglich von Auffälligkeiten im äußeren Erscheinungsbild auf extremistische Bestrebungen zu schließen, mit all den Konsequenzen im Bereich sicherheitsbehördlicher Interventionen, das geht nun einmal in unserem Rechtsstaat, den wir 1989 gemeinsam so wollten, nicht, und das ist auch gut so, dass wir die Rahmen dafür schaffen, was wir dürfen und was wir nicht dürfen. Für polizeiliche oder nachrichtendienstliche Ermittlungen braucht es noch immer einen hinreichenden Anfangsverdacht für kriminelles Verhalten. Wem muss ich das mehr erklären als einem Polizisten?!

Deshalb ist neben der Aufklärung Prävention so wichtig. Derzeit werden verschiedene Maßnahmen zur Prävention islamistischer Radikalisierung gezielt staatlich gefördert, beispielsweise das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“. Hierfür stellte der Bund allein im Jahr 2016 50 Millionen Euro für Projekte und Initiativen bereit. Gefördert werden deutschlandweit Kommunen, Landesdemokratiezentren, bundeszentrale Träger sowie Modellprojekte zu ausgewählten Phänomenen wie beispielsweise dem islamistischen Extremismus. Allein in unserem Bundesland gibt es 25 Partner beziehungsweise Kommunen, die sich daran beteiligen. Wir müssen aber noch weiter daran arbeiten, dass Prä

ventionsziele hinreichend konkret, transparent und überprüfbar sind.

Was aus meiner Sicht auch einen wichtigen Beitrag zur Präventionsarbeit leisten kann, ist die Frage, wie wir mit der Aufklärung zum Thema Islamismus umgehen. Ich erhoffe mir, dass über eine positive Wertevermittlung verunsicherte Personen Halt und Orientierung finden, bevor sie in die Hände von Rattenfängern kommen, die Hass predigen. Ich bin überzeugt davon, dass religiöse Toleranz uns gut steht und eine unserer größeren Stärken ist. Sie hat historisch gesehen nach dem Dreißigjährigen Krieg, der Aufklärung und dem Kulturkampf auch mit zum Frieden in Europa beigetragen, aber diese Toleranz kann nicht grenzenlos sein und muss zu unseren Bedingungen erfolgen. Und was hindert die islamistischen Verbände in Deutschland eigentlich daran, sich lautstark und vernehmlich – und vernehmbar! – zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen?!

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist die Frage.)

Das ist doch eigentlich das Mindeste, was wir fordern können, wenn es zu verhindern gilt, dass der Muslim von nebenan zum Islamisten von nebenan wird.

Die Problematik der Radikalisierung von Personen und unser Umgang damit sind natürlich viel komplexer. Ich wollte mit dem Kurzabriss aber einmal aufzeigen, was bereits läuft und wo aus meiner Sicht nach wie vor noch Handlungsbedarf ist. Ich bin gespannt auf weitere Diskussionen und bedanke mich schon jetzt für jeden Hinweis, der dazu beiträgt, dass wir das Land noch sicherer machen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Kramer, Sie haben es doch eigentlich gar nicht nötig, hier den Udo zu geben.

(Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Ooh!)

Erstens erreichen Sie dessen schauspielerisches Talent ohnehin nicht und zweitens müssen Sie sich doch über diese Art und Weise nicht noch weiter von den anderen Fraktionen zu entfernen versuchen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Fällt Ihnen irgendwann mal was Neues ein außer diesem dämlichen Vergleich?!)

Das haben Sie nicht nötig.

Herr Professor Weber, mit Ihnen rede ich gerade nicht, falls Sie das nicht mitkriegen. Ich wende mich an den Kollegen Kramer, Ihren Fraktionsvorsitzenden. Weil Ihre Einordnung, Professor Weber, die haben Sie ja selber vorgenommen – in das Lager der Biodeutschen. Damit ist Ihre Kategorisierung klar und deswegen habe ich da auch kein Interesse und keine Lust, das stets und ständig zu wiederholen.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Hier zum letzten Mal: Die politische Einordnung des Kollegen Professor Weber ist hier eindeutig

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)